Analyse biografischer Ereignisse bei unterschiedlichen Gruppen von Konsumierenden amphetaminartiger Substanzen in Deutschland: Eine qualitative Studie

Suchttherapie ◽  
2021 ◽  
Author(s):  
Heike Zurhold ◽  
Marcus Sebastian Martens ◽  
Peter Degkwitz ◽  
Moritz Rosenkranz ◽  
Uwe Verthein

Zusammenfassung Hintergrund Amphetaminartige Stimulanzien (ATS; so wie Amphetamin, Methamphetamin und 3,4-Methylenedioxymethamphetamin (MDMA oder Ecstasy) und Ritalin) sind die zweithäufigsten konsumierten Substanzen in Europa. Dennoch liegen nur wenige Studien dazu vor, unter welchen Bedingungen sich unterschiedliche Konsummuster von ATS entwickeln. Um die Konsumverläufe bei 6 unterschiedlichen Konsumgruppen zu untersuchen, wurde die europäische ATTUNE Studie durchgeführt. Anhand der in Deutschland durchgeführten 60 qualitativen Interviews werden die biografischen Hintergründe vor dem Einstieg in einen ATS Konsum und die damit verbundenen Lebensereignisse im Lebenslauf untersucht. Methodik Die Entwicklungsbedingungen vor dem Einstieg wurden im Gruppenvergleich zwischen aktuell konsumierenden und aktuell abstinenten ATS-Abhängigen, häufigen, gelegentlichen und nicht ATS Konsumierenden analysiert. Begleitend zum Interview wurden Life Course Charts eingesetzt, mit denen alle wichtigen Lebensereignisse dokumentiert wurden. Die durchschnittliche Anzahl positiver, neutraler und negativer Lebensereignisse im Lebenslauf wurde für die Gruppen und nach Geschlecht ermittelt und durch non-parametrische Verfahren ausgewertet. Ergebnisse ATS-Abhängige waren im Vergleich zu allen anderen Gruppen vor Konsumbeginn signifikant stärker durch negative Lebensereignisse wie der Alkoholabhängigkeit eines Elternteils und Gewalterfahrungen belastet. Frauen waren deutlich belasteter als Männer. Stabile Entwicklungsbedingungen durch familiäre Fürsorge, Freunde und eine Ausbildung wiesen primär die häufigen und gelegentlichen ATS Konsumierenden auf. In diesen Gruppen dominierten zudem positive Ereignisse im gesamten Lebenslauf. Frühe und fortgesetzte Belastungen stellen einen hohen Risikofaktor für die Entwicklung eines problematischen ATS Konsums dar, während positive Lebensereignisse eine protektive Wirkung haben. Schlussfolgerungen Da sich abhängige und nicht-abhängige ATS Konsumierende in ihren Unterstützungsbedürfnissen unterscheiden, müssen präventive Maßnahmen auf die jeweiligen Konsummuster abgestimmt sein .Hierzu zählen Nightlife-Präventionsangebote durch peers für einen ATS Konsum im Partysetting sowie spezifische Beratungs-und Behandlungsangebote für diejenigen mit einem abhängigen und oder problematischen Konsum. Angesichts der hohen Belastung von Frauen durch negative Lebensereignisse besteht der Bedarf nach frauenspezifischen Angeboten.

Author(s):  
Tania Zittoun ◽  
Jaan Valsiner ◽  
Dankert Vedeler ◽  
Joao Salgado ◽  
Miguel M. Goncalves ◽  
...  

Author(s):  
M. Laucht

Zusammenfassung: Ausmaß und Verbreitung von Gewalt und Delinquenz unter Kindern und Jugendlichen haben in den letzten 15 Jahren kontinuierlich zugenommen. Bei dem Bestreben, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, können neuere Erkenntnisse der entwicklungspsychopathologischen und neurobiologischen Forschung wichtige Hilfestellung leisten. In einem Modell von Moffitt werden zwei Entwicklungswege antisozialer Verhaltensprobleme beschrieben, die sich hinsichtlich des Störungsbeginns und -verlaufs unterscheiden: ein Pfad, der durch eine frühzeitig einsetzende und über den Lebenslauf stabile Symptomatik charakterisiert ist (“life-course persistent”), sowie ein Pfad mit einem episodenhaften, auf das Jugendalter begrenzten Auftreten antisozialer Auffälligkeiten (“adolescence-limited”). Während im letzteren Fall die spezifischen Entwicklungsaufgaben und Lebensbedingungen Jugendlicher eine maßgebliche Rolle bei Entstehung und Verlauf spielen, entsteht persistentes antisoziales Verhalten als Resultat eines transaktionalen Prozesses zwischen Kind und Umwelt. Neben psychosozialen Faktoren kommt dabei biologischen Prädispositionen (genetische Belastung) und psychologischen Dispositionen (Temperaments- und Persönlichkeitsmerkmale) eine zentrale Bedeutung zu. Wichtige Aufschlüsse über die zugrunde liegenden Mechanismen versprechen die jüngsten Fortschritte der neurobiologischen und persönlichkeitspsychologischen Forschung. Die Integration beider Ansätze kann dazu beitragen, Maßnahmen der Prävention und Frühintervention zielgruppenorientierter auszurichten und damit wirkungsvoller zu gestalten.


2005 ◽  
Vol 62 (9) ◽  
pp. 629-633 ◽  
Author(s):  
Corti ◽  
Sudano ◽  
Spieker ◽  
Binggeli ◽  
Hermann ◽  
...  

Der Genuss von Kaffee, dem weltweit am weitesten verbreiteten Getränk, wurde in den Vergangenheit immer wieder als möglicher kardiovaskulärer Risikofaktor diskutiert. Deutliche Beweise dafür aber fehlen und neuere Studien lassen sogar einen eher günstigen Effekt vermuten. Trotz vielfältiger Untersuchungen konnte bis heute keine klare Assoziation zwischen Kaffee-Genuss und dem Risiko für eine arterielle Hypertonie, Myokardinfarkt und andere kardiovaskuläre Krankheiten bewiesen werden. Im Gegensatz zu den früheren Theorien weisen die neusten Publikationen darauf hin, dass mäßiger Kaffeegenuss kein konkretes gesundheitliches Risiko darstellt und sogar eine gewisse protektive Wirkung hat.


2014 ◽  
Vol 71 (8) ◽  
pp. 498-502
Author(s):  
Vineeta Bansal Zweifel ◽  
Christoph Berger ◽  
David Nadal ◽  
Claudia Grawe

Der Einsatz und Erfolg der kombinierten antiretroviralen Therapie hat dazu geführt, dass heterosexuelle sowie vertikale HIV-Transmissionen nur noch selten vorkommen. HIV-infizierte Frauen werden immer häufiger schwanger und können durch präventive Maßnahmen, v. a. in den industrialisierten Ländern, HIV-negative gesunde Kinder gebären. Im nachfolgenden Artikel gehen wir auf die Bedeutung einer HIV-Infektion und auf die wichtigsten diagnostischen sowie therapeutischen Aspekte in der Schwangerschaft ein.


2016 ◽  
Vol 73 (7) ◽  
pp. 431-435
Author(s):  
Markus G. Mohaupt

Zusammenfassung. Kardiovaskuläre Erkrankungen sind eine Hauptursache für Morbidität und Mortalität. Es ist vordringlich, diese Bedrohung zu minimieren. Hypertensive Schwangerschaften treten einerseits bevorzugt bei Frauen auf, die zu kardiovaskulären Erkrankungen tendieren, andererseits prädisponieren hypertensive Schwangerschaftserkrankungen, z.B. eine Präeklampsie, für spätere kardiovaskuläre Komplikationen. So sollten präventive Massnahmen schon früh nach der akuten Erkrankungen dieses Risiko reduzieren. Dazu gehört die Information bezüglich eines gesunden Lebensstil und zukünftige hausärztliche Kontrolluntersuchungen der kardiovaskulären Risikoindikatoren. In ähnlicher Weise sind Kinder mit einem erniedrigten Geburtsgewicht bzw. Mangelgeburtlichkeit für ein gegebenes Gestationsalter betroffen. Da diese Geburtskomplikationen häufiger bei hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen auftreten, sollten den Müttern vergleichbare langfristige präventive Massnahmen getroffen werden. Zusammenfassend benötigen Mutter und häufig auch die Kinder aus hypertensiven Schwangerschaften geeignete kardiovaskuläre langfristige Präventionsmassnahmen. Frauen mit einem bislang nicht erkannten metabolischen bzw. Herz-Kreislauferkrankungsrisiko können damit einem sorgfältigen Follow-up zugeführt werden. Somit kann die hypertensive Schwangerschaft als Risikoindikator die Basis für eine frühzeitige Risikoprävention und ein gesundes Leben legen.


Author(s):  
Anne S. Hinckers ◽  
Josef Frank ◽  
Andreas Heinz ◽  
Gunter Schumann ◽  
Martin H. Schmidt ◽  
...  

Zusammenfassung: Fragestellung: Übermäßiger Alkoholkonsum im Jugendalter erhöht das Risiko einer späteren Alkoholerkrankung. Geeignete präventive Maßnahmen bedürfen eines ätiologischen Modells, in das sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eingehen. Welche Rolle dabei Wechselwirkungen zwischen Genotyp und Umwelt zukommt, soll in einer Literaturübersicht geprüft werden. Methodik: Mit Hilfe der Datenbank Medline Advanced wurden themenbezogene Artikel gesucht. Diese wurden auf ihre Relevanz überprüft und nach genetischen Faktoren, Umweltfaktoren und deren Wechselwirkung geordnet. Ergebnisse: Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, isoliert und in Kombination mit anderen, den Alkoholkonsum Jugendlicher. Dabei erklärt jede einzelne Variable nur einen geringen Anteil der Variation des Konsumverhaltens. Schlussfolgerungen: Die vielfältigen Möglichkeiten von Wechselwirkungen zwischen einzelnen Faktoren werden deutlich. Der Bedarf an umfassenden Modellen zum erhöhten Alkoholkonsum Jugendlicher und der Integration bisheriger Ergebnisse in diese Modelle ist groß.


Pflege ◽  
2015 ◽  
Vol 28 (2) ◽  
pp. 111-121 ◽  
Author(s):  
Cornelia Küttel ◽  
Petra Schäfer-Keller ◽  
Corinne Brunner ◽  
Antoinette Conca ◽  
Philipp Schütz ◽  
...  

Hintergrund: Pflegende Angehörige tragen eine große Verantwortung bei der Betreuung ihres älteren kranken Familienmitglieds. Sie sind nach einem Spitalaufenthalt des kranken Familienmitglieds oft ungenügend über den Gesundheitszustand, Prognosen, Komplikationen sowie Pflege- und Betreuungsmaßnahmen informiert. Unbekannt ist, was sie hinsichtlich ihres Alltags nach der Entlassung beschäftigt und welche Bedürfnisse sie diesbezüglich für sich haben. Ziel: Mit der Studie wurde untersucht, was pflegende Angehörige in ihrer Lebenssituation vor der Entlassung ihres Familienmitglieds beschäftigte und was sie für sich benötigten. Methode: Es wurden acht narrative Interviews mit Angehörigen von pflegebedürftigen älteren Patient(inn)en geführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Ergebnisse: Die pflegenden Angehörigen beschäftigten sich mit dem Erhalten eines funktionierenden Alltags. Dazu gehörten Pflege- und Haushaltsarbeiten und das Bedürfnis nach persönlichem Freiraum. Die Hoffnung half, die Realität des sich verschlechternden Gesundheitszustands des Familienmitglieds auszuhalten. Die Art der familiären Bindung beeinflusste den funktionierenden Alltag. Die pflegenden Angehörigen hatten unterschiedliche Erwartungen an ein Eingebunden sein im Spital. Schlussfolgerung: Um pflegende Angehörige in ihrer Lebenssituation zu unterstützen ist es wichtig, die funktionierende Alltagsroutine zu erfassen, sowie das Bedürfnis nach Freiraum und den Edukationsbedarf bezüglich Krankheitsverlauf, Unterstützungsangeboten und Symptommanagement zu erkennen. Es braucht Untersuchungen, wie pflegende Angehörige im Entlassungsprozess ihre Verantwortung einbringen und welche Aufgaben sie übernehmen können.


Pflege ◽  
2010 ◽  
Vol 23 (1) ◽  
pp. 15-24
Author(s):  
Anne Grunau

Prävention von Kindesmisshandlung bedeutet, Risikomechanismen und familiären Unterstützungsbedarf frühzeitig zu erkennen, um eine mögliche Kindeswohlgefährdung durch rechzeitig eingeleitete Hilfemaßnahmen zu vermeiden. Kinderkliniken kommt bei der Früherkennung von Risiken und dem Einleiten unterstützender Interventionen eine bedeutende Funktion zu. Pflegende können dabei einen wichtigen Beitrag leisten, wenn sie für die Erfassung von Risikofaktoren sensibilisiert sind und diese Einschätzung systematisch in den Pflegeprozess integrieren. Als besonders gewichtige und tendenziell vorhersagestarke Risikofaktoren für eine Kindeswohlgefährdung gelten biografische Aspekte der Eltern, ausgeprägte Belastungsgefühle und inadäquate bzw. fehlende Kompetenzen in der Wahrnehmung und Erfüllung der Bedürfnisse des Kindes. Die Anwendung standardisierter Risikoerfassungsinstrumente wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Die Gefahr einer Stigmatisierung und eingeschränkte psychometrische Eigenschaften sprechen gegen, die gesellschaftliche Verpflichtung zum Schutz von Kindern für die Anwendung vorhandener Instrumente. Ein aus pflegerischer Perspektive konzipiertes und wissenschaftlich überprüftes Instrument steht in Deutschland bisher noch nicht zur Verfügung. Die Einschätzung der elterlichen Kompetenz und der situativen elterlichen Belastung stellt aus pflegerischer Perspektive einen Dreh- und Angelpunkt dar, an dem gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen ansetzen könnten. Hierzu könnte die Theorie der Dependenzpflege eine geeignete Grundlage bieten.


Pflege ◽  
2018 ◽  
Vol 31 (5) ◽  
pp. 245-254
Author(s):  
Ariane Rolf ◽  
Anna Drees ◽  
Nils Sebastian Vetter ◽  
Norbert Seidl ◽  
Änne-Dörte Latteck
Keyword(s):  

Zusammenfassung.Hintergrund: Pflegende Frauen erleben aufgrund ihrer pflegenden Tätigkeit vielschichtige Belastungen im Alltag. Betreute Urlaube sind eine Option zu bestehenden Entlastungs- und Unterstützungsleistungen. Bislang fehlen empirisch gesicherte Erkenntnisse zu Bedarfen und Einstellungen pflegender Frauen zu diesen Urlauben sowie Hinweise zu deren Gestaltung. Ziel: Erhebung der Einstellungen und Erwartungen pflegender Frauen bezüglich betreuter Urlaube, um positive Effekte und fördernde Faktoren zu identifizieren. Methode: Es wurden zehn problemzentrierte Interviews mit pflegenden Frauen, die betreute Urlaubsreisen in Anspruch nahmen, ein Gruppeninterview mit Mitarbeiterinnen eines Anbieters für betreute Urlaubsreisen sowie ein Experteninterview mit der Leitung des Anbieters durchgeführt. Die Auswertung folgte den Kriterien der qualitativen Inhaltsanalyse nach 13-1Gläser und Laudel (2010). Ergebnisse: Durch eine gezielte Anamnese vor dem Urlaub, kontinuierlichen Vertrauens- und Beziehungsaufbau sowie professionelle, proaktive Unterstützung und Übernahme von pflegerischen Tätigkeiten können pflegende Frauen im Urlaub Entlastung und Erholung erfahren. Wesentlich tragen sechs identifizierte Gelingensbedingungen („Abstand vom Alltag“, „Verantwortung abgeben“, „Pflege abgeben“, „Wohlbefinden des Ehepartners“, „Verstanden fühlen“ sowie die „Professionalität“) zur Erholung während des Urlaubs bei. Schlussfolgerungen: Durch sorgfältig organisierte und auf einer vertrauensvollen Grundlage durchgeführte Urlaube erschließt sich den Mitarbeitenden eine umfangreiche Informationsbasis, die für eine kontinuierliche Betreuung nach dem Urlaub genutzt werden sollte. Betreute Urlaube sollten als selbstverständliche Entlastungsoption für pflegende Frauen professionell im Betreuungsprozess verankert sein.


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