Für welche Patienten und Patientinnen ist eine webbasierte psychotherapeutische Nachsorge nach psychosomatischer Rehabilitation am besten geeignet?

Author(s):  
Alina Dahmen ◽  
Lingling Gao ◽  
Franziska Maria Keller ◽  
Petra Becker ◽  
Sonia Lippke

Zusammenfassung Ziel der Studie Zur Aufrechterhaltung der in der psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme erzielten Effekte ist eine psychosomatische Reha-Nachsorge bei den meisten Rehabilitanden indiziert. Auf Grund der derzeitig geringen wohnortnahen Versorgung mit durch die Deutsche Rentenversicherung zur Nachsorge zugelassenen Psychotherapeuten (sog. Nachsorgetherapeuten) sind webbasierte Nachsorge-Angebote eine gleichwertige Alternative zu analogen Angeboten. Die vorliegende Arbeit klärt, bei welchen Merkmalen eine webbasierte Nachsorge empfohlen werden kann und wie diese webbasierten Formate insbesondere in Bezug auf die therapeutische Beziehung durch die Teilnehmenden bewertet werden. Methodik 142 psychosomatische Rehabilitanden wurden bei Verfügbarkeit eines wohnortnahen Angebotes der analogen Nachsorge oder der webbasierten Nachsorge randomisiert zugewiesen (Äquivalenzstudiendesign). Die Testvariablen wurden durch Fragebögen erhoben und zum Teil stratifiziert nach Alter und Geschlecht analysiert. Ergebnisse Für männliche Teilnehmende ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Nachsorge-Formaten (webbasierte vs. analoge Nachsorge). Frauen scheinen langfristig geringere Werte für Depressivität aufzuweisen, wenn sie an der webbasierten Nachsorge teilnehmen im Vergleich zur analogen Nachsorge. Teilnehmende bis 50 Jahren profitieren signifikant mehr von der webbasierten Nachsorge als Teilnehmende über 50 Jahre. Die Qualität der therapeutischen Beziehung wird in beiden Nachsorge-Formaten gleich gut beurteilt. Diskussion Webbasierte Nachsorge-Angebote bieten insbesondere angesichts der zunehmenden Digitalisierung des Gesundheitswesens im Rahmen der Corona-Pandemie die Möglichkeit, Patienten wohnortunabhängig und mit gleichem Nutzen wie analoge Angebote zu versorgen. Eine therapeutische Beziehung kann aus Patientensicht in beiden Formaten hergestellt werden. Bei der Indikationsstellung sind demografische Faktoren wie das Alter und Geschlecht zu beachten. Schlussfolgerung Therapeuten sollten die Empfehlung einer webbasierten Nachsorge besonders für jüngere Patienten und für Frauen aussprechen, während Männern und älteren Patienten beide Formate gleichermaßen empfohlen werden können. Therapeuten, die eine webbasierte Nachsorge anbieten, sollten vorab, wie in der vorliegenden Arbeit geschehen, zu technischen und inhaltlichen Aspekten geschult werden.

2015 ◽  
Vol 72 (4) ◽  
pp. 225-231
Author(s):  
Irene Bopp-Kistler

Vor der Diagnoseeröffnung geht sowohl für die Demenzerkrankten, wie aber auch für ihre Angehörigen eine lange Zeit der Unsicherheit, der Verunsicherung, der Angst, der Zweifel, aber auch von Konflikten voraus. Der Beginn einer neurodegnerativen Erkrankung ist immer mit sehr vielen offenen Fragen verbunden. Wenn jüngere Patienten noch im Berufsleben stehen, löst bereits das Stadium des Mild Cognitive Impairment Fehlleistungen, Burnout, Mobbing, Depression und Krankschreibung aus. In der Partnerschaft entstehen Konflikte und Schuldzuweisungen. Es ist viel zu wenig bekannt, dass meist diese Probleme auf Beziehungsebene belastender sind als die typischen Defizite, die auf die Demenzerkrankung zurückzuführen sind. Es besteht leider immer noch die Meinung, dass sich eine Abklärung und Diagnosestellung nur bei Krankheiten lohnt, die auch behandelbar sind. Ziel jeder evidenzbasierten Medizin sollte es aber sein, den Patienten und ihren Angehörigen eine möglichst gute Lebensqualität zu geben. Und diese Forderung ist besonders bezüglich Demenzdiagnose zu stellen. Ein offenes Diagnoseeröffnungsgespräch ermöglicht es den Patienten und ihren Angehörigen, sich mit der Situation auseinander zu setzen, miteinander Lösungsstrategien zu suchen in der herausfordernden Situation einer Demenzerkrankung, die immer das ganze familiäre und soziale System betrifft. Der Patient hat das Recht auf Information über seine Diagnose, das gilt auch für die Demenzerkrankten. Das Diagnosegespräch erfordert Zeit und höchste Professionalität, das Wissen um die individuellen Defizite und Ressourcen, die soziale Situation und die Biographie und Persönlichkeit der Patienten, aber auch ihrer Angehörigen. Das Diagnosegespräch löst viele Emotionen aus, es ist wichtig auf diese einzugehen und diese auch aufzunehmen. Primär sollte mit dem Patienten gesprochen werden, aber möglichst im Beisein der Angehörigen, wichtig dabei ist die Wertschätzung des Demenzerkrankten auch bei Anosognosie. Den Angehörigen sollten nicht Ratschläge gegeben werden, sondern es sollte in einem therapeutischen Gespräch auf ihre Gefühle des permanenten Abschiednehmens der geliebten Person eingegangen werden, auf ihre Trauer und Wut. Erst dann wird die Grundlage gelegt, damit gemeinsam im Sinne eines verhaltenstherapeutisch-systemischen Settings Lösungsstrategien gefunden werden können. Begleitung von Demenzerkrankten und ihren Angehörigen bedeutet somit nicht nur Case-Management und Beratung, wobei auch dies von großer Wichtigkeit ist, sondern sich Einlassen auf die veränderte Beziehung und Situation. Dann kann Resilienz entstehen, welche Voraussetzung dafür ist, dass die langdauernde Krankheit, die mit einem permanenten Abschiednehmen verbunden ist, gemeistert werden kann.


Praxis ◽  
2019 ◽  
Vol 108 (14) ◽  
pp. 931-936
Author(s):  
Sarah Stidwill ◽  
Iris Cook-Müller

Zusammenfassung. Essstörungen wie Anorexia nervosa und Bulimia nervosa werden bevorzugt interdisziplinär therapiert. Neben somatischer und psychologischer/psychiatrischer Fachbegleitung stellt die Ernährungsberatung einen wichtigen Pfeiler dar. Die Er- und Bearbeitung verschiedener Themen wie inkorrektes Ernährungswissen, Hunger und Sättigung, Verbote und schlechtes Gewissen sind zentral. Auf den Erfolg wirkt sich die therapeutische Beziehung zur Ernährungsfachperson aus.


2005 ◽  
Vol 5 (04) ◽  
pp. 193-196
Author(s):  
Edith Schober ◽  
Birgit Rami

ZusammenfassungDie Prävalenz der Zöliakie ist bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 höher als in der Normalbevölkerung. Meistens liegt eine atypische oder silente Form der Zöliakie vor. Die beiden Erkrankungen sind assoziiert, es sind Autoimmunerkrankungen mit einem gemeinsamen genetischen Hintergrund. Weiters nehmen die Prävalenz der Zöliakie sowie die Inzidenz des Diabetes mellitus Typ 1 laufend zu. Die meisten diabetischen Patienten mit Zöliakie werden erst durch ein gezieltes Screening mittels Antikörper entdeckt und es sind eher jüngere Patienten betroffen. Der Goldstandard der Zöliakie-Therapie ist nach wie vor eine lebenslange glutenfreie Diät. Widersprüchliche Ansichten bestehen über den klinischen Benefit einer frühzeitigen Diagnose der silenten Zöliakie durch Screening von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und frühzeitiger Therapie mit einer glutenfreien Diät bei diesen Patienten.Eine klare Aussage, ob die glutenfreie Diät in diesen Fällen einen Einfluss auf die Längen- und Gewichtsentwicklung bzw. die metabolische Kontrolle hat, ist derzeit noch unklar.


Author(s):  
Peter Sinapius

In der Gesundheitsversorgung spielt der Begriff »Krankheitsbild« eine Rolle, der eine Symptomatik in eine statistisch darstellbare Größe überführt. In der therapeutischen Praxis – wie z.B. in der humanistischen Psychologie – spielt darüber hinaus das »Menschenbild« eine Rolle, das einen entscheidenden Einfluss hat auf die therapeutische Beziehung und das individuelle Bild, das der Therapeut vom Patienten gewinnt. Rezeptionsästhetisch lässt sich der Begriff »Bild«, der hier in unterschiedlicher Weise Verwendung findet, differenziert beschreiben und mit ihm anthropologische und ästhetische Aspekte der therapeutischen Beziehung. Die Art und Weise der Wahrnehmung, mit der der Therapeut dem Patienten begegnet, bringt dabei nicht nur etwas über ihn in Erfahrung, sondern zeigt sich auch als aktive Geste, die Wirklichkeit neu konstituiert. Diese Wahrnehmung zeigt sich insbesondere da als relevant, wo sie auf ein Gegenüber trifft, das – wie z.B. Menschen im hohen Alter – aus einer pathologischen Perspektive in erster Linie an seinem Unvermögen oder seinen Defiziten gemessen wird.


2021 ◽  
Author(s):  
David A. Jobes

Der CAMS-Ansatz steht dafür, die Suizidalität als eigenständiges Phänomen – unabhängig von psychiatrischen Diagnosen – gemeinsam mit den Patient*innen in den Fokus zu nehmen und eine vertrauensvolle, von Offenheit geprägte therapeutische Beziehung aufzubauen. Offen über Suizidalität sprechenDer CAMS-Ansatz steht dafür, die Suizidalität als eigenständiges Phänomen - unabhängig von psychiatrischen Diagnosen - gemeinsam mit den Patientinnen in den Fokus zu nehmen und eine vertrauensvolle, von Offenheit geprägte therapeutische Beziehung aufzubauen. Diese Haltung verbindet sich mit einem therapeutischen Werkzeug: der Suizidstatusform (SSF). Dieses Instrument dient der Beurteilung des Suizidrisikos und der Navigation durch die Behandlung. Die SSF beinhaltet wichtige Therapiebausteine wie den Behandlungsplan und einen Notfallplan für Krisensituationen. Downloadmaterialien mit praktischen Formulierungshilfen unterstützen offene Gespräche zu einem schwierigen Thema.


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