Pharmakotherapie von Abhängigkeits- und Entzugssyndromen
Störungen durch psychotrope Substanzen umfassen im engeren Sinn die akute Intoxikation, den schädlichen Gebrauch, die Abhängigkeit sowie die Entzugssyndrome. Im erweiterten Sinn können komorbide psychische Störungen sowie somatische Folgeschäden auftreten. In der Akutbehandlung erfolgen zunächst die Entgiftung und der Entzug psychotroper Substanzen, anschließend dienen die medikamentöse Rückfallprophylaxe oder eine Substitutionsbehandlung zur Stabilisierung bei bestehender Abhängigkeitserkrankung. Die Pharmakotherapie ist neben den psychosozialen Therapien ein entscheidender Grundpfeiler in der Behandlung der Abhängigkeitserkrankungen und Entzugssyndrome. In dieser Übersicht werden evidenzbasierte medikamentöse Behandlungsstrategien der häufigsten substanzbezogenen Störungsbilder anhand aktueller Leitlinien beschrieben und diskutiert. Für die Alkoholabhängigkeit werden langwirksame Benzodiazepine oder Clomethiazol im Entzug sowie Acamprosat und Naltrexon für die Rückfallprophylaxe empfohlen. Für die Cannabisabhängigkeit existieren bisher noch keine etablierten pharmakotherapeutischen Konzepte zur Rückfallsprophylaxe. Für die Kokainabhängigkeit besteht die grösste Evidenz im Entzug für antriebssteigernde trizyklische Antidepressiva. Auch für die Kokainabhängigkeit gibt es derzeit noch keine ausreichend gesicherte Evidenz für eine Rückfallprophylaxe. Stimmungsstabilisierer wie Topiramat und Tiagabin sowie Disulfiram stellen hier Behandlungsalternativen dar. Gesichert ist die Gabe von Methylphenidat für die Kokainabhängigkeit bei komorbider Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Für die Opioidabhängigkeit stellt die Substitutionsbehandlung mit Methadon oder Buprenorphin die Therapie der ersten Wahl dar. Für die Tabakabhängigkeit kann die Nikotinersatztherapie für den Entzug und die medikamentöse Behandlung mit Bupropion oder Vareniclin als Rückfallprophylaxe empfohlen werden.