Gesundheitskompetenz im höheren Lebensalter

2018 ◽  
Vol 82 (05) ◽  
pp. 407-412 ◽  
Author(s):  
Dominique Vogt ◽  
Eva-Maria Berens ◽  
Doris Schaeffer

Zusammenfassung Hintergrund Gesundheitskompetenz – international als Health Literacy bezeichnet – ist ein zunehmend diskutiertes Thema. Obschon die Studienlage in Deutschland noch lückenhaft ist, deutet sich an, dass bestimmte Gruppen sich häufiger vor Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen gestellt sehen als die Allgemeinbevölkerung. Dazu gehören auch ältere Menschen. In der deutschsprachigen Forschung zur Gesundheitskompetenz wurden sie bisher jedoch kaum untersucht oder nur als homogene Gruppe betrachtet. Ziele und Methode Ziel des vorliegenden Beitrags ist eine Analyse der Gesundheitskompetenz bzw. Health Literacy von Menschen im höheren Lebensalter. Auf der Basis der Daten der HLS-GER-Studie wird die Gesundheitskompetenz von Menschen im Alter von 65 Jahren und älter unterteilt in 3 Altersgruppen untersucht. Der Fokus liegt auf den Bereichen Krankenversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung und den unterschiedlichen Dimensionen der Informationsverarbeitung (finden, verstehen, beurteilen und anwenden). Die Gesundheitskompetenzniveaus in den einzelnen Bereichen und Dimensionen werden differenziert nach Altersgruppen deskriptiv dargestellt. Mögliche Altersgruppenunterschiede werden mit Hilfe einfaktorieller Varianzanalyse auf Basis der Mittelwerte der einzelnen Subskalen auf Signifikanz geprüft. Ergebnisse Von den 475 einbezogenen Menschen ab 65 Jahren sehen sich mehr als zwei Drittel vor Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformation gestellt und haben eine eingeschränkte Health Literacy. Besonders im Bereich Krankenversorgung wird der Umgang mit Gesundheitsinformationen von älteren Menschen als schwierig eingeschätzt; ähnliches gilt für die Suche und Beurteilung von gesundheitsrelevanten Informationen. Dabei zeigen sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen den betrachteten Altersgruppen. Schlussfolgerung Die Analyse unterstreicht die Notwendigkeit weiterer altersdifferenzierter Studien zur Gesundheitskompetenz. Auch bei der Interventionsentwicklung sind unterschiedliche, nach Altersgruppen differenzierte Strategien erforderlich.

Author(s):  
Lisa Paulsen ◽  
Lea Benz ◽  
Claudia Vonstein ◽  
Jens Bucksch

Zusammenfassung Hintergrund und Ziel der Arbeit Eine Analyse bewegungsförderlicher Verhältnisse in der Wohnumwelt ist für die Planung der kommunalen Bewegungsförderung für ältere Menschen unerlässlich. Der vorliegende Beitrag untersucht, welche Instrumente zur Messung baulicher und natürlicher Umweltdeterminanten, wie der Nutzung von Bewegungsmöglichkeiten (z. B. Grünflächen), zur Verfügung stehen und inwiefern sie auf die Zielgruppe Älterer durch kommunale Praktikerinnen und Praktiker der Prävention und Gesundheitsförderung anwendbar sind. Material und Methoden Im Rahmen einer selektiven Übersichtsarbeit wurden mittels systematischer Literaturrecherche in einschlägigen Datenbanken und Webseiten Instrumente zur Erfassung der kommunalen Bewegungsverhältnisse älterer Menschen anhand von vorab definierten Ein- und Ausschusskriterien identifiziert (z. B. Zielgruppe, Erfassung der Umwelt). Diese Tools wurden in einem nächsten Schritt anhand weiterer Kriterien, wie z. B. der Verfügbarkeit im deutschen Sprachraum, der Praktikabilität für die Kommune und der Testgüte, weiter unterteilt. Ergebnisse Insgesamt konnten 118 Tools identifiziert werden, welche sich den Kategorien Fragebögen, Audits und Bürgerbeteiligungsverfahren zuordnen lassen. Von diesen wurden 12 Instrumente als „vielversprechend“ eingestuft, die den Kriterien in besonderem Maße entsprachen. Schlussfolgerung Erhebungsinstrumente zur Messung zielgruppenspezifischer Aspekte der Bewegungsumwelt sind weitestgehend unbekannt und liegen nur in der Ausnahme für den deutschsprachigen Raum getestet vor. Zukünftige Studien sollten methodisch reliable und valide Messinstrumente einsetzen und diese für kommunale Praktikerinnen und Praktiker der Prävention und Gesundheitsförderung praktikabel gestalten.


Author(s):  
Cornelia Geukes ◽  
Anna Lea Stark ◽  
Christoph Dockweiler

Zusammenfassung Hintergrund Digitale Technologien stellen ein großes Potenzial für Prävention und Gesundheitsförderung im Hinblick auf die Reichweite und individualisierte sowie bedürfnisorientierte Gestaltung von Informationen dar. Diese müssen von Nutzer*innen verstanden, aber auch innerhalb der Settingprävention vor allem von Organisationen adäquat eingesetzt und in Prozesse der Sturkturentwicklung überführt werden. Das Konzept der eHealth Literacy setzt verschiedenen Determinanten dafür in Zusammenhang. Ziel und Methodik Um einen Einblick über die Verwendung des Konzepts eHealth Literacy in der Forschung zu digitalen Technologien der Gesundheitsförderung und Prävention zu erhalten, wurde eine systematisierte Literaturrecherche durchgeführt. Dabei wurden die Datenbanken MEDLINE, CINAHL, SocINDEX, PsycINFO, Psyndex, IEEE Xplore, BASE und Web of Science durchsucht. Ergebnisse Es wurden 35 Artikel identifiziert, die Health Literacy in Bezug zu digitalen Technologien fokussieren. Die Ergebnisse zeigen eine marginale wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Konzept. Bisher findet keine Anpassung digitaler Technologien an die Health Literacy der Nutzer*innen statt. Das führt zu einer verkürzten Perspektive und zu ungenutztem Potenzial, welches das Konzept bietet. Schlussfolgerung Es besteht ein dringender Bedarf, ein evidenzbasiertes eHealth-Literacy-Konzept zu entwickeln und anzuwenden, um digitale Technologien und Gesundheitsinformationen zielgruppenspezifisch und ressourcenorientiert modifizieren und in Settings einsetzen zu können.


Author(s):  
C. Güttler ◽  
N. Kohls

Zusammenfassung Hintergrund Um mit den zunehmenden Belastungen und Herausforderungen umgehen zu können, wird Gesundheitskompetenz (GK) im Alltag und Arbeitskontext immer wichtiger. Ziel der Arbeit Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine Analyse der selbsteingeschätzten GK der Mitarbeitenden eines Unternehmens der verarbeitenden Metallindustrie durchzuführen und auf deren Grundlage Handlungsempfehlungen zur Stärkung der GK herauszustellen. Material und Methoden In dieser Arbeit wurde die GK der Mitarbeitenden mit der Kurzform des European Health Literacy Questionnaire (HLS-EU-Q16) sowie Angaben zum soziodemographischen Hintergrund, Gesundheitsverhalten, Gesundheitszustand und Wohlbefinden erhoben und analysiert. Mit Hilfe einer Online- und Paper-pencil-Befragung sollte in dieser quantitativen Erhebung eine repräsentative Stichprobe aus der Gesamtbelegschaft generiert werden. Ergebnisse Die meisten Mitarbeitenden der 458 teilgenommenen Personen verfügten über eine ausreichende GK (39,7 %). Mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden (60,3 %) wies jedoch eine problematische oder inadäquate GK auf. Es konnten Zusammenhänge zwischen der GK und dem Wohlbefinden, Gesundheitszustand und verschiedenen gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen festgestellt werden. Diskussion Die Ergebnisse verdeutlichen, dass ein Handlungsbedarf zur Stärkung der GK von Beschäftigten besteht. Durch die genannten Handlungsempfehlungen kann diese erzielt werden. Um deren Wirksamkeit zu überprüfen, sollte eine Folgeerhebung als Vergleich dienen. Weiterhin benötigt es einer dauerhaften Sensibilisierung aller Führungskräfte und Mitarbeitenden für die Förderung der GK.


2020 ◽  
Vol 82 (11) ◽  
pp. 836-843
Author(s):  
Doris Schaeffer ◽  
Lennert Griese ◽  
Eva-Maria Berens

Zusammenfassung Hintergrund Menschen mit chronischen Erkrankungen (MmcE) sind mit vielfältigen Anforderungen der Krankheitsbewältigung und der Versorgungsnutzung konfrontiert. Entsprechend hoch ist ihr Bedarf an Information und auch an Gesundheitskompetenz (GK). Während das Thema international seit längerem die Aufmerksamkeit der Forschung findet, fehlen für Deutschland bislang Untersuchungen zur GK von MmcE. Ziel und Methode Ziel der vorliegenden Analyse ist es, die GK von MmcE in Deutschland vertiefend zu analysieren. Dazu wurden Querschnittsdaten von insgesamt 499 MmcE des deutschen Gesundheitskompetenzsurveys (HLS-GER) genutzt. Die GK wurde mit dem European Health Literacy Survey Questionnaire (HLS-EU-Q 47) erfasst. Potenzielle Unterschiede bei der Verteilung von GK wurden nach Geschlecht, Alter, Sozialstatus, finanzielle Ressourcen, Bildungsniveau und literale Fähigkeiten (gemessen mit dem Newest Vital Sign (NVS)) und krankheitsbezogenen Merkmalen (Krankheitsanzahl und -dauer) mittels Chi-Quadrat Test geprüft. Ebenso wurde der Einfluss dieser Faktoren auf GK bei MmcE mittels multipler logistischer Regression untersucht. Ergebnisse 72,7% der MmcE weisen eine geringe GK auf. Dabei variiert die GK stark nach den untersuchten Bereichen Krankheitsbewältigung/-versorgung, Prävention und Gesundheitsförderung. Ein niedriger Sozialstatus (Odds Ratio (OR): 4,4 [1, 8; 10, 7]), geringe finanzielle Ressourcen (OR: 2,0 [1,2; 3,1]), limitierte literale Fähigkeiten (OR: 2,7 [1,4; 5,0]) sowie ein mittleres Bildungsniveau (OR: 0,5 [0,3; 0,9]) sind in der multiplen logistischen Regression mit geringer Gesundheitskompetenz assoziiert. Krankheitsanzahl und -dauer zeigen keinen signifikanten Zusammenhang mit geringer GK. Schlussfolgerung Die Analyse liefert erste Erkenntnisse für Deutschland, die künftig der Vertiefung bedürfen. Sie liefern aber schon jetzt wichtige Hinweise für die Interventionsentwicklung. Erforderlich ist es, zielgruppenspezifische Interventionen zur Stärkung der persönlichen GK von MmcE zu entwickeln, die sich speziell an chronisch Erkrankte mit niedrigem Sozialstatus, geringen finanziellen Ressourcen und eingeschränkter Literalität richten. Um Stigmatisierungen zu vermeiden, ist es wichtig, dass Interventionen zugleich auf die Reduktion bestehender Anforderungen in der Lebensumwelt zielen und die Suche, Aneignung und Verarbeitung von Information erleichtern und damit zur Verringerung von Ungleichheiten beitragen.


Author(s):  
Julian Wangler ◽  
Michael Jansky

Zusammenfassung Hintergrund Gerade im höheren Lebensalter kann regelmäßige körperliche Aktivität einen wertvollen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge und zum Erhalt eines selbständigen Lebens leisten. Das hausärztliche Setting gilt als gut geeignet, um ältere Patienten kompetent zu beraten, sie auf geeignete Bewegungsformate hinzuweisen und zu einer längerfristigen Wahrnehmung selbiger zu motivieren. Ziel der Arbeit Die Studie soll einen Beitrag leisten, den Status quo des Themas Bewegungsförderung für ältere Menschen im hausärztlichen Setting zu explorieren. Material und Methoden Zwischen März und September 2020 wurden 38 qualitative Einzelinterviews mit Hausärzt*innen in Rheinland-Pfalz und Hessen geführt. Ergebnisse Die Interviewten zeigen ein ausgeprägtes Maß an Bewusstsein und Sensitivität in Bezug auf die Gesundheits- und Bewegungsförderung im höheren Lebensalter. Viele Ärzte sind engagiert, wenn es darum geht, geeignete Aktivitäten für ältere Patienten zu identifizieren und diese nachhaltig zu einer Teilnahme zu bewegen. Einige Ärzte arbeiten eng mit Gesundheits- und Sportakteuren vor Ort zusammen. Die Interviewten benennen Herausforderungen, insbesondere ein Fehlen adäquater Strukturen zur Bewegungsförderung. Einem Teil der Hausärzte mangelt es an einem Überblick, welche Bewegungsangebote in der Umgebung angeboten werden; Kooperationen mit Gesundheitsanbietern sind nicht immer gegeben. Schlussfolgerung Hausärzt*innen sollten in einer aktiven Rolle im Bereich der Bewegungs- und Gesundheitsförderung bestärkt werden. Damit sie effektiv auf Angebote verweisen bzw. Patienten dorthin vermitteln können, kommt es darauf an, das hausärztliche Setting in ein kommunales Netzwerk der Prävention und Gesundheitsförderung einzubinden. Gezielte Schulungen können das hausärztliche Team darin unterstützen, Praxisbesuche älterer Patienten systematisch zu nutzen, um auf den Wert körperlicher Aktivität hinzuweisen.


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