ZusammenfassungIn der vorliegenden Studie wird elterliches Motivierungshandeln spezifisch im Kontext eines unsicheren Übertrittsentscheids untersucht. Die Sortierung der Schülerinnen und Schüler auf unterschiedlich anforderungsreiche Schultypen erzwingt von den Eltern und den schulischen Akteuren eine Entscheidung über den weiteren Bildungsweg des Kindes. Boudon (1974) zufolge dürften Eltern dabei relativ reflektiert Aspirationen und Leistungen des Kindes, schulische und berufliche Konsequenzen sowie Chancen und Gefahren beim Übertritt in bestimmte Bildungsgänge gegeneinander abwägen und schließlich mit dem Kind ein Übertrittsziel definieren, welches einen maßgeblichen Einfluss auf ihr häusliches Unterstützungshandeln, u. a. ihre kontroll- und wertbezogenen Aussagen gegenüber dem Kind, ausüben dürfte. Auch die Klassenlehrkräfte nehmen eine Beurteilung vor und geben je nach Schulsystem eine mehr oder weniger bindende Empfehlung ab. Nachdem PISA 2000 für die gegliederten, relativ früh selektionierenden Bildungssysteme in den deutschsprachigen Ländern eine nach wie vor enge Koppelung zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg offengelegt hatte (OECD, 2001), widmet sich die Bildungs- und Sozialstrukturforschung (wieder) verstärkt der Frage, welchen Anteil das Elternhaus daran trägt und welcher Anteil dem Bildungssystem und dem Handeln seiner Akteure zugeschrieben werden kann. Das vorliegende Kapitel widmet sich schwerpunktmäßig dem institutionellen Aspekt: Nach einer Erläuterung der zentralen Unterscheidung Boudons zwischen primären und sekundären Herkunftseffekten und der Vorstellung der Befundlage zu seinen Postulaten wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Befürchtungen der Eltern bezüglich des Ausleseverhaltens der Lehrkräfte sowie einer potentiellen schulischen und beruflichen Benachteiligung ihres Kindes bei einer Zuteilung zum weniger anforderungsreichen Schultyp (vgl. die Interviewausschnitte in Kapitel 1.1) auf der Grundlage entsprechender Befunde der neueren empirischen Bildungsforschung berechtigt scheinen. Das Kapitel wird mit einer Kommentierung der Ergebnisse, spezifisch mit Blick auf die konkrete organisatorische Ausgestaltung des Übertrittsverfahrens in der Volksschule des Kantons Zürich sowie einer Einschätzung darüber, wie stark das Verfahren die einzelnen an der Untersuchung teilnehmenden Elternteile in ihrem Motivierungshandeln beeinflusst haben mag, abgeschlossen.