Rechenschwach oder nicht rechenschwach?

2012 ◽  
Vol 1 (2) ◽  
pp. 099-117 ◽  
Author(s):  
Elisabeth Moser Opitz ◽  
Erich Ramseier
Keyword(s):  
Icd 10 ◽  

Zusammenfassung: Trotz verstärkten Forschungsaktivitäten bezogen auf das Thema Rechenschwäche bleiben bezüglich deren Diagnose viele Fragen offen. Diagnoseinstrumente liegen im deutschsprachigen Raum fast ausschließlich für den Grundschulbereich vor, und es fehlen Tests, die sich zum Einsatz bei älteren Lernenden eignen. Zudem werden die auf der ICD-10 bzw. der DSM-IV basierenden Diagnose- und Klassifikationskriterien und das Diskrepanzmodell kritisch diskutiert. Diese Auseinandersetzung wird im Artikel dargestellt. Davon ausgehend wird auf die Bedeutung der verwendeten Instrumente und deren Validität – insbesondere deren Inhaltsvalidität – verwiesen, und es wird herausgearbeitet, welche empirischen Ergebnisse als Grundlage für die Auswahl von Testinhalten und Aufgaben dienen können. Einige ausgewählte Rechenschwäche-Tests werden hinsichtlich ihrer Begründung der Validität untersucht. Anschließend wird anhand von Daten aus Basisdiagnostik Mathematik für die Klassen 4 – 8 aufgezeigt, dass die Verwendung von unterschiedlich effektiven Rechenstrategien bei einfachen Kopfrechenaufgaben (z. B. Abrufen von Ergebnissen versus Abzählen/schriftliches Rechnen) als eigenständiges Diagnosekriterium sinnvoll ist und bei der Testkonstruktion vermehrt berücksichtigt werden müsste. Weiter wird dargestellt, dass die Bestimmung der Kriteriumsvalidität auf der Basis von Noten und Leistungseinschätzungen der Lehrperson fragwürdig ist und dass im Sinne einer integralen Validierung möglichst viele weitere Aspekte wie Intelligenz und Strategieverwendung einbezogen und insbesondere die inhaltlich-theoretische Begründung der ausgewählten Testaufgaben als Basis der Validität genutzt werden müssen.

Author(s):  
S. Bölte ◽  
F. Poustka

Zusammenfassung: Fragestellung: Abklärung der psychometrischen Eigenschaften der Diagnostischen Beobachtungsskala für Autistische Störungen, der deutschsprachigen Fassung des Autism Diagnostic Observation Schedule (ADOS). Methodik: In einer Stichprobe von 137 Probanden mit frühkindlichem Autismus, 23 mit atypischem Autismus oder nicht näher bezeichneter tiefgreifender Entwicklungsstörung, 16 mit Asperger-Syndrom und 13 mit einer anderen psychiatrischen Störung nach ICD-10 wurden die Interrater- und Retestreliabilität, interne Konsistenz, konvergente und diagnostische Validität bestimmt. Ergebnisse: Interrater- und Retestreliabilität erwiesen sich sowohl auf Diagnosen- (kappaw = 1.00 bzw. .62) als auch auf Skalenebene (rtt = .84 bzw. .79) als gut, ebenso die interne Konsistenz der Algorithmusskala Kommunikation und soziale Interaktion der Module 1 bis 4 (rtt = .78 bis .89). Die Diagnosenkonvergenz mit dem Autismus Diagnostischen Interview-Revision (ADI-R) lag bei 79% (kappa = .23), bei moderater Korrelation der korrespondierenden Subskalen der Verfahren (rtc = .31 bis .45). Die Übereinstimmung von ADOS und klinischer Konsensusdiagnose war 77% (kappaw = .37), bei einer Sensitivität des Verfahrens von 90.4% und einer Spezifität von 48.1% für die Diskrimination von Autismus und anderen autistischen Störungen. Schlussfolgerungen: Das ADOS ist ein für die Erfassung autistischer Störungen zuverlässiges und ausreichend sensitives klinisches Diagnostikum. Damit eine psychiatrische Diagnose nach ICD-10 und DSM-IV gestellt werden kann und um hohe Spezifität der psychiatrischen Klassifikation zu gewährleisten, muss das ADOS durch Informationen zu stereotypem, repetitivem Verhalten sowie anamnestische Daten (z.B. aus dem ADI-R) ergänzt werden.


Author(s):  
Christine M. Freitag
Keyword(s):  
Dsm 5 ◽  
Icd 10 ◽  

Die Autismus-Spektrum Störung (ASS) wird in DSM-5 als eine Erkrankung aus den ICD-10 bzw. DSM-IV TR-Diagnosen frühkindlicher Autismus, Asperger Syndrom und atypischer Autismus/PDD-nos zusammengefasst und weist entsprechend revidierte Kriterien auf. In dem vorliegenden Artikel werden diese Kriterien vergleichend dargestellt, Studien zu Validität und Reliabilität der neuen ASS-Diagnose präsentiert und offene Fragen diskutiert. Ein Ausblick auf die klinische und wissenschaftliche Bedeutung wird gegeben.


Author(s):  
Inge Kamp-Becker ◽  
Klaus Baumann ◽  
Linda Sprenger ◽  
Katja Becker

Fragestellung: Die «Multiple complex developmental disorder» (MCDD) ist ein wenig bekanntes Störungsbild, das durch Auffälligkeiten in der Emotionsregulation, der sozialen Interaktion und Denkstörungen gekennzeichnet ist. Weder im Klassifikationssystem des ICD-10, noch im DSM-IV kommt diese Diagnose vor. Methodik: In der vorliegenden Arbeit wird eine Übersicht über die diagnostischen Kriterien und den aktuellen Forschungsstand zum Konzept der MCDD gegeben und anhand einer Kasuistik eines 17-jährigen Jugendlichen illustriert. Ergebnis: Das Störungsbild der MCDD weist Überschneidungen zu autistischen Störungen, aber auch zu Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis auf. Eine klare Abgrenzung bzw. Zuordnung ist bisher nicht eindeutig möglich. Schlussfolgerungen: Viele Fragen bezüglich des Störungsbildes bleiben offen, weitere Forschung ist hier vonnöten.


Author(s):  
Christina Stadler

Dieser Beitrag diskutiert die prädiktive Validität der allgemeinen Diagnosekriterien von Störungen des Sozialverhaltens nach ICD-10 und DSM-IV-TR. Dabei wird Bezug genommen auf aktuelle Befunde, die eine Phänotypisierung früh beginnender Störungen des Sozialverhaltens auf der Basis neurobiologischer und persönlichkeitsspezifischer Faktoren nahelegen. Untersuchungsergebnisse, die auf defizitäre neurobiologische Mechanismen aggressiven Verhaltens in Bezug auf Prozesse der Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation hinweisen, werden dargestellt, wobei auch die Bedeutung möglicher mediierender Einflüsse früher psychosozialer Erfahrungen auf neurobiologische Funktionen erörtert wird. Die klinischen Implikationen für die Klassifikation, den Verlauf und die Behandlung von Störungen des Sozialverhaltens werden abschließend diskutiert.


Praxis ◽  
2015 ◽  
Vol 104 (23) ◽  
pp. 1271-1277
Author(s):  
Paul Hoff ◽  
Paul Camenisch
Keyword(s):  
Dsm 5 ◽  

Zusammenfassung. Das Thema «Persönlichkeitsstörungen» berührt viele grundsätzliche Fragen der Psychiatrie: Gibt es eine klare Grenze zwischen normalem und krankhaftem Verhalten? Nach welchen Kriterien wird sie festgelegt? Handelt es sich bei Persönlichkeitsstörungen wirklich um psychische Krankheiten oder nicht doch «nur» um Variationen menschlicher (Er-)Lebensstile? Der Beitrag zeichnet die Entwicklung des Begriffsfeldes Psychopathie/Persönlichkeitsstörung vom frühen 19. Jahrhundert bis zur heutigen Diagnostik nach ICD-10 und DSM-5 nach. Die Debatte bewegt sich dabei – wie bei jeder psychischen Störung – zwischen den Polen psychopathologischer, neurobiologischer und sozialwissenschaftlicher Ansätze. Praktisch bedeutsam ist, dass heute wirksame Therapieoptionen zur Verfügung stehen, dass also der früher verbreitete therapeutische Nihilismus in Bezug auf Menschen mit Persönlichkeitsstörungen fehl am Platz ist.


2011 ◽  
Vol 30 (11) ◽  
pp. 902-907
Author(s):  
P. Schönknecht ◽  
A.-K. Allgaier ◽  
V. Henkel ◽  
U. Hegerl ◽  
R. Mergl
Keyword(s):  
Icd 10 ◽  

ZusammenfassungPatienten mit depressiven Syndromen bei starker Beeinträchtigung des psychosozialen Funktionsniveaus, die aber die nach ICD-10 oder DSM-IV-TR erforderlichen Kriterien einer depressiven Störung nur teilweise erfüllen, sind in nervenärztlichen Praxen häufig anzutreffen. Im Folgenden werden wichtige therapeutische Ansätze bei derartigen minoren Depressionen präsentiert und deren klinische Signifikanz diskutiert. Da die Evidenzbasis für eine spezifische Pharmakooder Psychotherapie unzureichend ist, kommen aktives Monitoring oder unspezifische Beratungsund Betreuungsangebote in Betracht. Spezifische Behandlungsangebote (Antidepressiva, Psychotherapie) müssen in Erwägung gezogen werden bei Suizidalität, Suizidversuchen in der Anamnese, hohem Leidensdruck, früheren depressiven Episoden, Residualsymptomatik nach majorer Depression oder positiver Familienanamnese für affektive Störungen.


2011 ◽  
Vol 30 (01/02) ◽  
pp. 59-65
Author(s):  
K. E. Buchmann ◽  
J. Kepplinger ◽  
S. Rösch ◽  
F. A. Muthny ◽  
E. Bayard

ZusammenfassungHintergrund: 2002 waren über dem Bodensee eine amerikanische Frachtmaschine und ein russisches Passagierflugzeug kollidiert und 71 Tote zu beklagen, darunter 45 Kinder. Methodik: Polizeibeamte, die an dem Einsatz beteiligt waren, wurden ein Jahr danach per Fragebogen anonym auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) untersucht, wobei primär die PTBS-Symptom-Scale-Self-Report (PSS-SR) eingesetzt wurde. Ziel der vorliegenden Arbeit war eine Reanalyse des Datensatzes durch eine multivariate Analyse möglicher Einflussfaktoren und im Hinblick auf Kennzeichen von Risikoclustern. Die PSS-SR erfasst anhand von 17 Items die Kriterien des DSMIV in den Bereichen Wiedererleben, Übererregung und Vermeidung. Die Datenbasis bildeten Antworten einer Stichprobe von 1 103 Polizeibeamten. Ergebnisse: Die Kriterien des Vollbildes einer PTBS nach dem DSM-IV erfüllten ein Jahr nach dem Ereignis 3,1% der Beamten; nach der ICD-10 waren es 7,0%; subsyndromale Scores wurden wesentlich häufiger gemessen. Bivariate Zusammenhänge mit dem PSS-Gesamtscore zeigten vor allem Alter, Gesamtzeit des Einsatzes und die Zahl berichteter belastender Einzelergebnisse: allerdings wurden nur Korrelationen von maximal r = 0,25 erreicht. Die Clusteranalyse ergab ein belastetes Risikocluster (ca. 20% der Beamten) mit hohen PTBS-Werten (MW = 4,4), das durch die relativ längsten Einsatzzeiten (und eine entsprechend höchste Zahl belastender Ereignisse), vor allem aber durch eine intensive Konfrontation mit Leichen charakterisiert ist. Die Ergebnisse zeigen eine ausgeprägte Dosis- Wirkungsbeziehung im Hinblick auf einsatzspezifische Belastungen und die Entwicklung einer PTBS. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse sprechen klar für besondere Nachbetreuungsangebote für Beamte mit dieser Risikokonstellation, unabhängig, ob persönlicher Betreuungsbedarf geäußert bzw. im Screening- Fragebogen angegeben wird.


2007 ◽  
Vol 26 (07) ◽  
pp. 603-608
Author(s):  
A. Spießl ◽  
C. Cording ◽  
H. E. Klein ◽  
H. Spießl
Keyword(s):  
Icd 10 ◽  

ZusammenfassungIntelligenzminderung wird in der ICD-10 und im DSM-IV als eine sich in der Kindheit und Adoleszenz manifestierende unvollständige Entwicklung der geistigen Fähigkeiten definiert und entsprechend ihrem Schweregrad klassifiziert (F70 bis F79). Neben Verhaltensstörungen besteht eine häufige Komorbidität mit psychischen und körperlichen Störungen, die oft eine Klinikaufnahme bedingen. Ein umfassendes Assessment ist notwendig, um dem multidimensionalen Krankheitsbild gerecht zu werden. Die vorliegende Übersicht soll einen aktuellen Überblick über Einteilung, Häufigkeit, Ursachen und Diagnose geben.


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