Posttraumatische Reaktionen polizeilicher Einsatzkräfte

2011 ◽  
Vol 30 (01/02) ◽  
pp. 59-65
Author(s):  
K. E. Buchmann ◽  
J. Kepplinger ◽  
S. Rösch ◽  
F. A. Muthny ◽  
E. Bayard

ZusammenfassungHintergrund: 2002 waren über dem Bodensee eine amerikanische Frachtmaschine und ein russisches Passagierflugzeug kollidiert und 71 Tote zu beklagen, darunter 45 Kinder. Methodik: Polizeibeamte, die an dem Einsatz beteiligt waren, wurden ein Jahr danach per Fragebogen anonym auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) untersucht, wobei primär die PTBS-Symptom-Scale-Self-Report (PSS-SR) eingesetzt wurde. Ziel der vorliegenden Arbeit war eine Reanalyse des Datensatzes durch eine multivariate Analyse möglicher Einflussfaktoren und im Hinblick auf Kennzeichen von Risikoclustern. Die PSS-SR erfasst anhand von 17 Items die Kriterien des DSMIV in den Bereichen Wiedererleben, Übererregung und Vermeidung. Die Datenbasis bildeten Antworten einer Stichprobe von 1 103 Polizeibeamten. Ergebnisse: Die Kriterien des Vollbildes einer PTBS nach dem DSM-IV erfüllten ein Jahr nach dem Ereignis 3,1% der Beamten; nach der ICD-10 waren es 7,0%; subsyndromale Scores wurden wesentlich häufiger gemessen. Bivariate Zusammenhänge mit dem PSS-Gesamtscore zeigten vor allem Alter, Gesamtzeit des Einsatzes und die Zahl berichteter belastender Einzelergebnisse: allerdings wurden nur Korrelationen von maximal r = 0,25 erreicht. Die Clusteranalyse ergab ein belastetes Risikocluster (ca. 20% der Beamten) mit hohen PTBS-Werten (MW = 4,4), das durch die relativ längsten Einsatzzeiten (und eine entsprechend höchste Zahl belastender Ereignisse), vor allem aber durch eine intensive Konfrontation mit Leichen charakterisiert ist. Die Ergebnisse zeigen eine ausgeprägte Dosis- Wirkungsbeziehung im Hinblick auf einsatzspezifische Belastungen und die Entwicklung einer PTBS. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse sprechen klar für besondere Nachbetreuungsangebote für Beamte mit dieser Risikokonstellation, unabhängig, ob persönlicher Betreuungsbedarf geäußert bzw. im Screening- Fragebogen angegeben wird.

2008 ◽  
Vol 17 (4) ◽  
pp. 205-209 ◽  
Author(s):  
Rita Rosner ◽  
Maria Hagl

Bei der Posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um eine vieldiskutierte Diagnose. Aktuell erörtert werden dabei die Unterschiede zwischen den beiden Diagnosesystemen DSM-IV-TR und ICD-10, deren Auswirkungen auf die klinische Praxis und spezifisch die Anwendbarkeit der Diagnosekriterien auf Kinder und Jugendliche. Außerdem werden Vorschläge zur Klassifikation im Bereich chronischer und schwerer Traumatisierung, der aktuelle Stand zur Berücksichtigung entwicklungspsychologischer Aspekte in der Modellbildung sowie Diskrepanzen zwischen Therapieforschung und Praxis dargestellt.


1998 ◽  
Vol 13 (5) ◽  
pp. 246-253 ◽  
Author(s):  
H Ottosson ◽  
O Bodlund ◽  
L Ekselius ◽  
M Grann ◽  
L von Knorring ◽  
...  

SummaryObjectiveDiagnosing personality disorders according to structured expert interviews is time-consuming and costly. For epidemiological studies, self-report instruments have several advantages. The DSM-IV and ICD-10 personality questionnaire (DIP-Q) is a selfreport questionnaire constructed to identify personality disorder according to DSM-IV and ICD-10.MethodsThe DIP-Q is validated vs a structured expert interview in a clinical sample of 138 individuals. In addition, prevalence rates yielded by DIP-Q among 136 healthy volunteers are assessed and compared to expected prevalence.ResultsFor DSM-IV the agreement for any personality disorder as measured by Cohen's Kappa was 0.61 and 0.56 for ICD-10. Overall sensitivity for any personality disorder was for DSM-IV 0.84 and for ICD-10 0.85. However, specificity was lower: 0.77 and 0.70, respectively. When dimensional scores between self-report and interview for each personality disorder were compared, the intraclass correlation for the DSMIV entities was 0.37–0.87 and for the ICD-10 entities 0.33–0.73. Among healthy volunteers the base rate of personality disorders was found to be 14%.ConclusionsDIP-Q can be used as a screening instrument for personality disorders according to DSM-IV and ICD-10. Self-report questionnaires such as DIP-Q will probably play an increasingly important role in future epidemiological studies.


2021 ◽  
Vol 30 (3) ◽  
pp. 144-153 ◽  
Author(s):  
Rebekka Eilers ◽  
Rita Rosner

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Die ICD-11 enthält reformulierte Kriterien für die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und die neue Diagnose komplexe PTBS (kPTBS). Fragestellung: Wie wirken sich die Neuerungen auf die Diagnostik und Behandlung von Kindern und Jugendlichen aus? Methode: In dieser Übersichtsarbeit werden die neuen Kriterien vorgestellt und mit früheren Diagnosemanualen verglichen. Bisherige Forschungsergebnisse zu PTBSICD-11 und kPTBS bei Kindern und Jugendlichen werden zusammengefasst und diskutiert. Ergebnisse: Die PTBSICD-11-Kriterien führen eher zu geringeren Prävalenzraten verglichen mit PTBSICD-10, PTBSDSM-IV und PTBSDSM-5. Erste Studien weisen darauf hin, dass evidenzbasierte traumafokussierte Therapiemanuale auch zur Behandlung der kPTBS geeignet sind. Diskussion und Schlussfolgerung: Die Anwendung neuer Kriterien stellt Praktiker_innen und Forscher_innen vor Herausforderungen. Bisherige Ergebnisse deuten an, dass die kPTBS gut behandelbar ist.


1996 ◽  
Vol 30 (6) ◽  
pp. 824-833 ◽  
Author(s):  
Gordon Parker ◽  
Dusan Hadzi-Pavlovic ◽  
Kay Wilhelm ◽  
Marie-Paule Austin ◽  
Catherine Mason ◽  
...  

Objective: We seek to improve the definition and classification of the personality disorders (PDs) and derive a large database for addressing this objective. Method: The paper describes the rationale for the development of a large set of descriptors of the PDs (including all DSM-IV and ICD-10 descriptors, but enriched by an additional 109 items), the design of parallel self-report (SR) and corroborative witness (CW) measures, sample recruitment (of 863 patients with a priori evidence of personality disorder or disturbance) and preliminary descriptive data. Results: Analyses (particularly those comparing ratings on molar PD descriptions with putative PD dimensions) argue for acceptable reliability of the data set, while both the size of the sample and the representation of all PD dimensions of interest argue for the adequacy of the database. Conclusions: We consider in some detail current limitations to the definition and classification of the PDs, and foreshadow the analytic techniques that will be used to address the key objectives of allowing the PDs to be modelled more clearly and, ideally, measured with greater precision and validity.


Author(s):  
Christine M. Freitag
Keyword(s):  
Dsm 5 ◽  
Icd 10 ◽  

Die Autismus-Spektrum Störung (ASS) wird in DSM-5 als eine Erkrankung aus den ICD-10 bzw. DSM-IV TR-Diagnosen frühkindlicher Autismus, Asperger Syndrom und atypischer Autismus/PDD-nos zusammengefasst und weist entsprechend revidierte Kriterien auf. In dem vorliegenden Artikel werden diese Kriterien vergleichend dargestellt, Studien zu Validität und Reliabilität der neuen ASS-Diagnose präsentiert und offene Fragen diskutiert. Ein Ausblick auf die klinische und wissenschaftliche Bedeutung wird gegeben.


Author(s):  
Inge Kamp-Becker ◽  
Klaus Baumann ◽  
Linda Sprenger ◽  
Katja Becker

Fragestellung: Die «Multiple complex developmental disorder» (MCDD) ist ein wenig bekanntes Störungsbild, das durch Auffälligkeiten in der Emotionsregulation, der sozialen Interaktion und Denkstörungen gekennzeichnet ist. Weder im Klassifikationssystem des ICD-10, noch im DSM-IV kommt diese Diagnose vor. Methodik: In der vorliegenden Arbeit wird eine Übersicht über die diagnostischen Kriterien und den aktuellen Forschungsstand zum Konzept der MCDD gegeben und anhand einer Kasuistik eines 17-jährigen Jugendlichen illustriert. Ergebnis: Das Störungsbild der MCDD weist Überschneidungen zu autistischen Störungen, aber auch zu Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis auf. Eine klare Abgrenzung bzw. Zuordnung ist bisher nicht eindeutig möglich. Schlussfolgerungen: Viele Fragen bezüglich des Störungsbildes bleiben offen, weitere Forschung ist hier vonnöten.


2020 ◽  
Vol 68 (1) ◽  
pp. 16-32
Author(s):  
Franka Metzner ◽  
Kim Sobania ◽  
Mira Vasileva ◽  
Michelle Wichmann ◽  
Daniela Lempertz ◽  
...  

Zusammenfassung. Kinder im Vorschulalter zwischen drei und sechs Jahren weisen ein hohes Risiko für Gewalterfahrungen und Unfälle auf oder können durch lebensbedrohliche Erkrankungen bzw. schwere medizinische Eingriffe bei sich oder engen Bezugspersonen bereits schwere psychische Belastungen erleben. Dennoch lassen sich Studien zur Häufigkeit von traumatischen Erfahrungen sowie zu Traumafolgestörungen, wie der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), bei Vorschulkindern weltweit bisher nur vereinzelt finden. Der Beitrag a) gibt daher einen Überblick über Kriterien und Instrumente zur Diagnostik der PTBS bei Vorschulkindern, b) fasst die Ergebnisse eines systematischen Literaturreviews zur Häufigkeit der PTBS bei traumatisierten Vorschulkindern zusammen und c) beschreibt die wenigen verfügbaren Befunde zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung junger Kinder mit Traumafolgestörungen unter Berücksichtigung möglicher Barrieren für die Inanspruchnahme von professionellen Hilfen in Deutschland. Die sieben in das Literaturreview eingeschlossenen Studien, in denen insgesamt 1029 Drei- bis Sechsjährige mit Kriegserlebnissen und anderen Traumata in Israel bzw. Palästinensischen Gebieten, USA und Deutschland untersucht wurden, zeigten PTBS-Häufigkeiten zwischen 0 % und 50 %. Die wenigen Untersuchungen zur Inanspruchnahme von Psychotherapien durch Vorschulkinder in Deutschland deuten auf eine Unterversorgung dieser Gruppe hin. Es fehlt allerdings an repräsentativen Studien zur Häufigkeit der PTBS im Vorschulalter sowie zur Versorgung von posttraumatisch belasteten Vorschulkindern. Bei traumatisierten Vorschulkindern muss unter anderem aufgrund der für diese Altersgruppe wenig sensitiven PTBS-Kriterien in der ICD-10, der starken Abhängigkeit von Bezugspersonen und vom sozialen Umfeld sowie aufgrund genereller Barrieren in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung von einer Unterschätzung der Anzahl an betroffenen Kindern sowie von einer Unterversorgung ausgegangen werden.


Author(s):  
Christina Stadler

Dieser Beitrag diskutiert die prädiktive Validität der allgemeinen Diagnosekriterien von Störungen des Sozialverhaltens nach ICD-10 und DSM-IV-TR. Dabei wird Bezug genommen auf aktuelle Befunde, die eine Phänotypisierung früh beginnender Störungen des Sozialverhaltens auf der Basis neurobiologischer und persönlichkeitsspezifischer Faktoren nahelegen. Untersuchungsergebnisse, die auf defizitäre neurobiologische Mechanismen aggressiven Verhaltens in Bezug auf Prozesse der Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation hinweisen, werden dargestellt, wobei auch die Bedeutung möglicher mediierender Einflüsse früher psychosozialer Erfahrungen auf neurobiologische Funktionen erörtert wird. Die klinischen Implikationen für die Klassifikation, den Verlauf und die Behandlung von Störungen des Sozialverhaltens werden abschließend diskutiert.


Diagnostica ◽  
2011 ◽  
Vol 57 (2) ◽  
pp. 84-98 ◽  
Author(s):  
Annette F. Bölter ◽  
Julia Lange ◽  
Bernd Anger ◽  
Christian Geiser ◽  
Heinz-Martin Süß ◽  
...  

Zusammenfassung. Nach DSM-IV können lebensbedrohliche Erkrankungen wie Krebs eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) auslösen. Der Erfassung mit üblichen PTSD-Diagnoseinstrumenten wie der Impact-of-Event-Scale (IES-R) mangelt es jedoch an Validität. Methodik: Ein krebsspezifisches PTSD-Konzept wurde theoriebasiert entwickelt und über die IES-R sowie neu formulierte Items erfasst. 400 Rehabilitationspatienten mit heterogenen Tumordiagnosen und Diagnosestellung vor max. einem Jahr wurden untersucht. Faktorenanalytisch (CFA) wurde ein Screeninginstrument, der Fragebogen zur krebsspezifischen posttraumatischen Belastung (PTB-KS), entwickelt. Der Reliabilitätsanalyse folgte eine Konstruktvalidierung. Ergebnis: Die statistischen Analysen unterstützen die Modellannahmen (χ2/df = 2.28; CFI = .960; RMSEA = .057). Der PTB-KS umfasst auf vier Skalen Intrusionen und Vermeidung (IES-R), krebsspezifische Belastung sowie Fehlanpassung. Reliabilität und konvergente Validität sind zufriedenstellend, die diskriminante Validität ist nicht hinreichend gesichert. Diskussion: Das erweiterte diagnostische Modell verbessert die Erfassung von posttraumatischer Belastung bei Krebspatienten. Aus klinischer Sicht eignet es sich trotz methodischer Einschränkungen als Screeninginstrument.


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