Der Verlauf von Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) im Jugend- und Erwachsenenalter

2002 ◽  
Vol 11 (2) ◽  
pp. 73-81 ◽  
Author(s):  
Christopher Adam ◽  
Manfred Döpfner ◽  
Gerd Lehmkuhl

Zusammenfassung. Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine häufige Diagnose im Kindesalter. Die Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV erlauben die Diagnose auch im Erwachsenenalter, jedoch unterscheidet sich die Symptomatik von der des Kindesalters. Bei Jugendlichen und Erwachsenen ist mit einer heterogeneren Symptomatik zu rechnen. In großen Studien konnte gezeigt werden, daß die Symptome bei bis zu 30 % der Betroffenen bis ins frühe Erwachsenenalter persistieren können, allerdings leidet ein höherer Prozentsatz weiterhin unter Teilsymptomen mit klinischer Wertigkeit. Insbesondere komorbid auftretende Störungen des Sozialverhaltens, affektive Störungen, psychosoziale Belastungsfaktoren und ADHS in der Familie sind Risikofaktoren für eine Persistenz. Die heterogene Symptomatik im Jugend- und Erwachsenenalter sowie die komorbiden Störungen erfordern ein individuelles therapeutisches Vorgehen mit entwicklungsspezifischen Elementen unter Umständen über mehrere Lebensphasen hinweg.

Author(s):  
Christina Stadler

Dieser Beitrag diskutiert die prädiktive Validität der allgemeinen Diagnosekriterien von Störungen des Sozialverhaltens nach ICD-10 und DSM-IV-TR. Dabei wird Bezug genommen auf aktuelle Befunde, die eine Phänotypisierung früh beginnender Störungen des Sozialverhaltens auf der Basis neurobiologischer und persönlichkeitsspezifischer Faktoren nahelegen. Untersuchungsergebnisse, die auf defizitäre neurobiologische Mechanismen aggressiven Verhaltens in Bezug auf Prozesse der Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation hinweisen, werden dargestellt, wobei auch die Bedeutung möglicher mediierender Einflüsse früher psychosozialer Erfahrungen auf neurobiologische Funktionen erörtert wird. Die klinischen Implikationen für die Klassifikation, den Verlauf und die Behandlung von Störungen des Sozialverhaltens werden abschließend diskutiert.


2011 ◽  
Vol 30 (11) ◽  
pp. 902-907
Author(s):  
P. Schönknecht ◽  
A.-K. Allgaier ◽  
V. Henkel ◽  
U. Hegerl ◽  
R. Mergl
Keyword(s):  
Icd 10 ◽  

ZusammenfassungPatienten mit depressiven Syndromen bei starker Beeinträchtigung des psychosozialen Funktionsniveaus, die aber die nach ICD-10 oder DSM-IV-TR erforderlichen Kriterien einer depressiven Störung nur teilweise erfüllen, sind in nervenärztlichen Praxen häufig anzutreffen. Im Folgenden werden wichtige therapeutische Ansätze bei derartigen minoren Depressionen präsentiert und deren klinische Signifikanz diskutiert. Da die Evidenzbasis für eine spezifische Pharmakooder Psychotherapie unzureichend ist, kommen aktives Monitoring oder unspezifische Beratungsund Betreuungsangebote in Betracht. Spezifische Behandlungsangebote (Antidepressiva, Psychotherapie) müssen in Erwägung gezogen werden bei Suizidalität, Suizidversuchen in der Anamnese, hohem Leidensdruck, früheren depressiven Episoden, Residualsymptomatik nach majorer Depression oder positiver Familienanamnese für affektive Störungen.


2005 ◽  
Vol 14 (4) ◽  
pp. 244-254 ◽  
Author(s):  
Christiane Desman ◽  
Franz Petermann

Zusammenfassung. Bereits mit Erscheinen des DSM-IV wurde die Validität der dort benannten Subtypen der ADHS hinterfragt. Hinzu kommt eine abweichende Subgruppenbildung in der ICD-10. Seitdem sind die Subtypen in verschiedenen Zusammenhängen untersucht worden. Dabei festgestellte Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Subtypen werden aus sechs Perspektiven (verhaltensbezogen, genetisch, geschlechtsspezifisch, entwicklungsbezogen, neurobiologisch, neuropsychologisch) betrachtet, um Informationen über mögliche notwendige Veränderungen im DSM-V zu erlangen. Die Befunde legen zunächst nahe, sich bei zukünftigen Klassifikationskriterien nicht auf die Verhaltensebene zu beschränken, sondern insbesondere neuropsychologische aber auch neurobiologische Aspekte einzubeziehen. So wird unter Berücksichtigung dieser Ebenen für den bisherigen vorwiegend unaufmerksamen Subtyp eine weitere Differenzierung angedeutet: in eine Gruppe mit verlangsamtem kognitiven Tempo, die eventuell sogar eine eigenständige Störung darstellt, sowie einen vorwiegend unaufmerksamen Subtyp der ADHS, der aber schwache Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität aufweist. Des Weiteren deutet sich zwar auf einigen Ebenen ein eigenständiger Subtyp ADHS mit komorbiden Störungen des Sozialverhaltens beziehungsweise einer Hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens an. Jedoch sind Befunde anderer Ebenen noch nicht eindeutig und somit ist weitere Forschung notwendig. Zudem scheinen gesonderte Kriterien für die Geschlechter nicht erforderlich, vielmehr sollte stärker beachtet werden, dass auch Mädchen diese Störung aufweisen können. Abschließend werden Implikationen für zukünftige Klassifikationen und ihre Bedeutung für unterschiedliche Behandlungsverfahren diskutiert.


Author(s):  
Christina Stadler ◽  
Sonja Rohrmann ◽  
Andrea Knopf ◽  
Fritz Poustka

Zusammenfassung: Fragestellung: Die vorliegende Studie überprüft, ob sich Patienten mit Störungen des Sozialverhaltens von gesunden Kindern hinsichtlich ihres moralischen Entwicklungsniveaus unterscheiden und inwieweit kognitive Faktoren, Erziehungsfaktoren sowie psychosoziale Belastungsfaktoren eine mediierende Rolle für die Stufe des sozio-moralischen Entwicklungsniveaus spielen. Methodik: Untersucht wurden 16 9- bis 14-jährige Jungen mit einer nach ICD-10 diagnostizierten Störung des Sozialverhaltens und 16 klinisch nicht-auffällige Jungen. Das Entwicklungsniveau sozio-moralischen Denkens wurde mit der deutschsprachigen Version des Sociomoral Reflection Measure ( Gibbs et al.,1992 ) untersucht. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass sich die untersuchten Patienten tendenziell von gesunden Kindern im sozio-moralischen Entwicklungsniveau unterscheiden. In Anlehnung an Gibbs und Mitarbeiter (1992) sind gesunde Kinder in ihrem moralischen Urteil bereits einer reifen Entwicklungsstufe zuzuordnen (charakterisiert durch eine prosoziale und wechselseitige moralische Haltung), während Kinder mit einer Störung des Sozialverhaltens auf einer Übergangsstufe zwischen unreifem und reifem sozio-moralischem Niveau stehen, sie folgen eher einer rationalen, austauschorientierten Moral. Entscheidenden Einfluss auf die soziale Moralentwicklung nehmen die Faktoren «Intelligenz» und «mütterliche Unterstützung». Diskussion: Es ist zu überprüfen, inwieweit die gefundenen Ergebnisse in einer größeren Stichprobe generalisiert werden können.


Author(s):  
Anja Görtz-Dorten ◽  
Manfred Döpfner

Fragestellung: Der Fremdbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (FBB-ADHS) ist Bestandteil des Diagnostik-Systems für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM-IV (DISYPS-II). Er erfasst in 20 Items die Symptomkriterien nach ICD-10 und DSM-IV und enthält zusätzlich 6 Kompetenzitems. Die vorliegende Studie untersucht in einer repräsentativen Stichprobe auf der Basis der Elternurteile Symptom- und Diagnoseprävalenzen, Reliabilität und faktorielle Validität, Korrelationen mit anderen Auffälligkeiten, Komorbiditätsraten sowie Alters- und Geschlechtseffekte. Methodik: Der Fragebogen wurde in einer per Zufall ausgewählten Feldstichprobe von N = 713 Eltern von Kindern und Jugendlichen im Alter von 4;0 bis 17;11 Jahren beantwortet. Ergebnisse: Laut Elternurteil schwanken die Symptomprävalenzen zwischen 4.5 % und 22.3 %. Die Diagnoseprävalenzen auf der Basis der Symptomkriterien nach DSM-IV liegen bei 11.5 %; nach ICD-10 bei 3.4 %. Bei Berücksichtigung von Funktionseinschränkungen sinken die Prävalenzraten auf 7.9 % bzw. 3.0 %. Die Reliabilitäten der Subskalen sind zufrieden stellend bis sehr gut. In den exploratorischen Faktorenanalysen ließ sich sowohl die Einteilung nach DSM-IV (Unaufmerksamkeit versus Impulsivität/Hyperaktivität) als auch die Aufteilung nach ICD-10 mit drei Faktoren (Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit) replizieren. Signifikante Alters-/Geschlechtseffekte zeigen sich auf den meisten Skalen. Zu den Elternurteilen über Störungen des Sozialverhaltens, Angst- und depressive Störungen fanden sich mittlere Korrelationen und Komorbiditätsraten zwischen 7 % und 39 %. Schlussfolgerungen: Die ermittelten Prävalenzraten entsprechen den Ergebnissen internationaler Studien. Der FBB-ADHS ist als Elternfragebogen ein intern konsistentes und valides Verfahren. Mit der Vorlage von Normen kann er in der Praxis gut eingesetzt werden.


Author(s):  
Elke Wriedt ◽  
Anja Wiberg ◽  
Vehbi Sakar ◽  
Michele Noterdaeme

Einleitung: Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über psychiatrische Störungen, komorbide somatische Erkrankungen, psychosoziale Belastungsfaktoren sowie psychosoziale Anpassung von Kindern und Jugendlichen mit Intelligenzminderung, die durch den Mobilen kinder- und jugendpsychiatrischen Dienst des Heckscher Klinikums behandelt wurden. Methodik: Die Befunde von 257 psychiatrisch auffälligen Kindern und Jugendlichen mit Intelligenzminderung wurden ausgewertet. Ergebnisse: In den betreuten ambulanten und teilstationären Einrichtungen waren ca. 14 %, im Wohnheimbereich über 40 % der Kinder und Jugendlichen mit intellektueller Behinderung psychiatrisch auffällig. Der Schwerpunkt der gestellten Diagnosen lag bei den Anpassungsstörungen, hyperkinetischen Störungen, Störungen des Sozialverhaltens, emotionalen Störungen sowie tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. Die untersuchten Patienten, insbesondere mit schwerer Intelligenzminderung, wiesen ein großes Spektrum an zusätzlichen körperlichen Erkrankungen und Behinderungen auf und waren in ihrer psychosozialen Anpassung schwer beeinträchtigt. Schlussfolgerungen: Anhand der vorliegenden Zahlen lässt sich der große Bedarf nach psychiatrischer Versorgung in den Einrichtungen für Kinder und Jugendliche mit Intelligenzminderung belegen. Die Entwicklung integrativer, multidimensionaler und multiprofessioneller Behandlungsmodelle, die die besonderen Bedürfnisse der jungen Menschen mit Intelligenzminderung bzw. Mehrfachbehinderung berücksichtigen, ist dringend erforderlich.


Author(s):  
Christine M. Freitag
Keyword(s):  
Dsm 5 ◽  
Icd 10 ◽  

Die Autismus-Spektrum Störung (ASS) wird in DSM-5 als eine Erkrankung aus den ICD-10 bzw. DSM-IV TR-Diagnosen frühkindlicher Autismus, Asperger Syndrom und atypischer Autismus/PDD-nos zusammengefasst und weist entsprechend revidierte Kriterien auf. In dem vorliegenden Artikel werden diese Kriterien vergleichend dargestellt, Studien zu Validität und Reliabilität der neuen ASS-Diagnose präsentiert und offene Fragen diskutiert. Ein Ausblick auf die klinische und wissenschaftliche Bedeutung wird gegeben.


Author(s):  
Inge Kamp-Becker ◽  
Klaus Baumann ◽  
Linda Sprenger ◽  
Katja Becker

Fragestellung: Die «Multiple complex developmental disorder» (MCDD) ist ein wenig bekanntes Störungsbild, das durch Auffälligkeiten in der Emotionsregulation, der sozialen Interaktion und Denkstörungen gekennzeichnet ist. Weder im Klassifikationssystem des ICD-10, noch im DSM-IV kommt diese Diagnose vor. Methodik: In der vorliegenden Arbeit wird eine Übersicht über die diagnostischen Kriterien und den aktuellen Forschungsstand zum Konzept der MCDD gegeben und anhand einer Kasuistik eines 17-jährigen Jugendlichen illustriert. Ergebnis: Das Störungsbild der MCDD weist Überschneidungen zu autistischen Störungen, aber auch zu Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis auf. Eine klare Abgrenzung bzw. Zuordnung ist bisher nicht eindeutig möglich. Schlussfolgerungen: Viele Fragen bezüglich des Störungsbildes bleiben offen, weitere Forschung ist hier vonnöten.


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