Entwicklung von Handkoordination, exekutiven Funktionen und Schulleistungen bei Kindern mit Auffälligkeiten in der Handgeschicklichkeit

Author(s):  
Eva Michel ◽  
Patrizia Cimeli ◽  
Regula Neuenschwander ◽  
Marianne Röthlisberger ◽  
Claudia M. Roebers

In der vorliegenden Studie wurden die Handgeschicklichkeit, exekutive Funktionen und Schulleistungen bei Vorschulkindern mit und ohne Problemen in der Handgeschicklichkeit über einen 3-Jahres-Zeitraum untersucht. Insgesamt wurden N = 94 Kinder, die zu Beginn 5- oder 6-jährig waren, untersucht, davon 47 Risikokinder mit sehr niedrigen Leistungen in der Handgeschicklichkeit und 47 Vergleichskinder. Diese wurden anhand der Variablen Alter, sozioökonomischer Status und nonverbale Intelligenz bestimmt. Die Risikokinder zeigten persistierende Defizite in der Handkoordination über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg. Obwohl sich alle Kinder insgesamt deutlich in den exekutiven Funktionen verbesserten, zeigten die Risikokinder ferner eine bedeutsam schlechtere Interferenzkontrolle und kognitive Flexibilität als die Vergleichskinder. Auch die schulischen Leistungen in den Bereichen Lesen, Schreiben und Mathematik zu Beginn der Beschulung waren bei den Risikokindern niedriger als bei den Vergleichskindern. Diese Befunde deuten auf domänübergreifende Probleme bei inhibitorischen und/oder Automatisierungsprozessen bei Kindern mit Auffälligkeiten in der Handgeschicklichkeit hin und geben wichtige Hinweise auf notwendige Interventionsmaßnahmen.

2015 ◽  
Vol 24 (2) ◽  
pp. 78-85 ◽  
Author(s):  
Maria von Salisch ◽  
Martha Hänel ◽  
Susanne A. Denham

Um die Beziehungen zwischen den rasch wachsenden Fähigkeiten zur Selbstregulation durch Exekutive Funktionen (EF) und dem Emotionswissen einerseits und Veränderungen bei Aufmerksamkeitsproblemen andererseits auszuleuchten, wurden 261 3- bis 6-jährige Kinder einzeln zu diesen Konstrukten befragt und ihre Erzieherinnen im Kindergarten zu zwei Messzeitpunkten im Abstand von etwa 14 Monaten um Einschätzungen eventueller Aufmerksamkeitsprobleme gebeten. Hierarchische Regressionsanalysen weisen darauf hin, dass die beiden Testverfahren zur Messung von Arbeitsgedächtnis und Inhibition bei den EF und das Emotionswissen jeweils zur Vorhersage der Veränderungen der Aufmerksamkeitsprobleme beitrugen, auch wenn bekannte Prädiktoren wie Geschlecht, sozioökonomischer Status und Sprachverständnis kontrolliert worden waren. Wurden Emotionswissen und EF in ein gemeinsames Modell einbezogen, dann klärte das Emotionswissen über die beiden Varianten der EF hinaus zusätzliche Varianz bei den Veränderungen der Aufmerksamkeitsprobleme auf. Diskutiert werden die Wege, durch die das Emotionswissen die Aufmerksamkeitslenkung beeinflusst.


2012 ◽  
Vol 31 (06) ◽  
pp. 450-454
Author(s):  
K. Hille ◽  
S. Schoch ◽  
Z. Sosic-Vasic ◽  
J. Streb

ZusammenfassungZiel der Untersuchungen war es, ein im Internet verfügbares Aufmerksamkeitstraining für den Einsatz im Kindergarten zu erproben und zu prüfen, ob das Training den Kindern schulisch nutzbare Kompetenzen vermittelt. 30 Kindergartenkinder im Alter von vier bis sechs Jahren wurden in eine Experimental- und eine Kontrollgruppe aufgeteilt. Vor und nach dem Training wurden die Leistungen beider Gruppen mit der Dots-Aufgabe und dem differenziellen Leistungstest für die Eingangsstufe untersucht. Die Dots-Aufgabe misst exekutive Funktionen wie Inhibitionsfähigkeit, kognitive Flexibilität und Arbeitsgedächtnis, während der differenzielle Leistungstest Leistungen konzentrierter Tätigkeiten in fremdgesetzten Aufgabenstellungen erfasst. Die Kinder der Experimentalgruppe trainierten an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen für 30 bis 40 Minuten mit dem von Posner und Kollegen entwickelten Programm. Das Training zur Verbesserung der Aufmerksamkeitsleistung hatte positive Effekte auf die Fehlerquote der Dots-Aufgabe. Die Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, exekutive Funktionen, besonders die Hemmung automatischer Reaktionen und der flexible Wechsel zwischen Aufgaben, zu trainieren. Exekutive Funktionen sind zentrale Faktoren erfolgreicher Selbststeuerung und stehen im Zusammenhang mit Schulerfolg.


2021 ◽  
pp. 1-12
Author(s):  
Eva Michel ◽  
Lena Söll ◽  
Sabine Molitor

Zusammenfassung. Einleitung: Unter dem Begriff exekutive Funktionen (EF) werden häufig die Komponenten Inhibition, kognitive Flexibilität und Aktualisierung von Arbeitsgedächtnisrepräsentationen subsumiert. EF sind bereichsübergreifende Prädiktoren schulischer Leistungen. Verschiedene Operationalisierungen derselben Komponente, z.B. Performanztests und Elterneinschätzungen, zeigen häufig nur geringe Interkorrelationen. Die Methoden scheinen unterschiedliche Aspekte einer Komponente zu erfassen, daher könnte eine Kombination zur Vorhersage schulischer Leistungen sinnvoll sein. Methode: N = 96 Erst- und Zweitklässler_innen mit und ohne Entwicklungsauffälligkeiten wurden mittels EF-Performanztests und Schulleistungstests zu Mathematik und Lesen untersucht. Per Fragebogen wurden elternbeurteilte EF und als Kontrollvariablen der sozioökonomische Status (SÖS) und das Vorliegen von Merkmalen einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erfasst. Ergebnisse: Elternbeurteilungen hatten über die Performanztests hinaus einen bedeutsamen Vorhersagewert für die Mathematik- und Leseleistung. Der Einfluss von Alter, SÖS und ADHS-Merkmalen wurde kontrolliert. Diskussion: Die kombinierte Anwendung beider Erfassungsmethoden scheint somit vorteilhaft für die Prognose schulischer Leistungen und die Prävention von Schulleistungsproblemen.


Author(s):  
Marianne Röthlisberger ◽  
Regula Neuenschwander ◽  
Eva Michel ◽  
Claudia Maria Roebers

Zusammenfassung. Die Bedeutung der Exekutiven Funktionen im Vorschulalter rückt zunehmend in den Fokus entwicklungspsychologischer Forschungsliteratur. Diese exekutiven Kontrollprozesse sind nicht nur zentral für die kognitive, soziale und motorische Entwicklung der Kinder im späten Vorschulalter, sondern gelten ebenso als bedeutsame Prädiktoren für den Schulerfolg. Die vorliegende Studie versucht auf der Grundlage der Daten von insgesamt 410 Kindern (61–88 Monate) die Frage von Entwicklungsveränderungen und Beziehungsmuster verschiedener Prozesse Exekutiver Funktionen zu klären. Die Befunde sprechen für eine wichtige Entwicklungsphase der Exekutiven Funktionen im späten Vorschulalter und bedeutsame Zusammenhänge zwischen den Exekutiven Funktionen und den Individualfaktoren Sprache, Intelligenz, Motorik und Selbstregulation sowie dem Umweltfaktor sozioökonomischer Status. Kein Zusammenhang wurde allerdings zwischen den Exekutiven Funktionen und der elterlichen Unterstützung bzw. Förderung gefunden. Die Ergebnisse werden bezüglich der Struktur des Konstrukts der Exekutiven Funktionen und hinsichtlich der Relevanz der Exekutiven Funktionen im Rahmen der Entwicklungsvoraussetzungen für die Schulbereitschaft diskutiert.


2017 ◽  
Vol 74 (9) ◽  
pp. 503-509
Author(s):  
Klemens Gutbrod ◽  
Dörthe Heinemann ◽  
René Müri

Zusammenfassung. Eine erworbene Hirnschädigung ist die häufigste Ursache für eine chronische Behinderung im Erwachsenenalter. Trotz neurologischer Erholung können neuropsychologische Störungen persistieren und die Lebensqualität des Patienten einschränken. Aus diesem Grund ist die kognitive Rehabilitation eine wichtige Komponente der Neurorehabilitation. Kognitive Störungen nach einer Hirnschädigung finden sich am häufigsten in den Bereichen Gedächtnis, Aufmerksamkeit, exekutive Funktionen und Neglect. Für jeden dieser Bereiche werden in dieser Überblicksarbeit die verschiedenen Therapiemöglichkeiten beschrieben. Für alle diese kognitiven Domänen existieren evidenzbasierte Studien zur spezifischen Therapiewirksamkeit, welche eine Empfehlung eines Standards für die klinische Praxis erlauben.


2016 ◽  
Vol 30 (1) ◽  
pp. 35-44 ◽  
Author(s):  
Frank Niklas ◽  
Caroline Cohrssen ◽  
Collette Tayler ◽  
Wolfgang Schneider

Zusammenfassung. Da Vorlesen die Vorläuferfertigkeiten des Schriftspracherwerbs von Kindern stärkt, wird ein früher Beginn des Vorlesens als wichtig angesehen. Allerdings fehlen bislang Studien, die sich damit auseinandersetzen, ob der Vorlesebeginn ein spezifischer Prädiktor für sprachliche Fähigkeiten unter Kontrolle von Hintergrundvariablen ist. Wir untersuchten diese Fragestellung anhand einer deutschen Vorschulstichprobe (N = 746) kurz vor der Einschulung und verglichen die Ergebnisse mit Befunden einer aktuellen australischen Studie. Neben Vorlesebeginn und aktuellem Vorleseverhalten, erfasst im Elternbericht, wurden Alter und Geschlecht der Kinder, Migrationshintergrund und sozioökonomischer Status sowie sprachliche und andere kognitive Fähigkeiten berücksichtigt. Wie schon in der australischen Stichprobe zeigte sich auch für die deutsche Stichprobe, dass ein früher Vorlesebeginn die spätere Vorlesehäufigkeit sowie sprachliche Fähigkeiten im Vorschulalter unter Berücksichtigung von Kontrollvariablen vorhersagte, während dies für andere kognitive Fähigkeiten nur bedingt zutraf. Die Ergebnisse deuten an, dass der Vorlesestart ein guter Indikator für die schriftsprachliche Lernumwelt und ein spezifischer Prädiktor für schriftsprachliche Vorläuferfertigkeiten zu sein scheint.


Author(s):  
Manfred Hintermair ◽  
Désirée Korneffel

Fragestellung: Da im Zuge inklusiver Bestrebungen immer mehr hörgeschädigte Kinder eine allgemeine Schule besuchen werden, gilt es, relevante entwicklungspsychologische Voraussetzungen hierfür genauer zu betrachten. In einer Studie wurden deshalb sozial-emotionale Probleme hörgeschädigter Kinder an allgemeinen Schulen im Zusammenhang mit möglichen Problemen in der Entwicklung exekutiver Funktionen und der kommunikativen Kompetenz diskutiert. Methodik: Eine Stichprobe von 69 Schülern wurde mit einer deutschen Version des «Behavior Rating Inventory of Executive Functions (BRIEF)», einer Kurzskala zur Erfassung der kommunikativen Kompetenz sowie dem Strengths and Difficulties Questionnaire untersucht. Die Daten wurden mit einer Normierungsstichprobe verglichen, weiter wurden korrelative und regressionsanalytische Zusammenhänge der Variablen berechnet. Ebenso wurden Zusammenhänge der exekutiven Funktionen mit soziodemographischen Variablen analysiert. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass in fast allen Bereichen exekutiver Funktionen die hörgeschädigten Kinder mehr Probleme aufweisen als die Kinder der hörenden Normierungsstichprobe und die Prävalenzrate durchschnittlich ca. dreimal höher ist. Der Index für verhaltensregulierende exekutive Funktionen erweist sich neben dem Geschlecht am besten zur Vorhersage sozial-emotionaler Probleme. Schlussfolgerungen: Für die pädagogische Praxis ergibt sich, dass hörgeschädigte Schüler an allgemeinen Schulen in Bezug auf ihre psychosoziale Entwicklung von einem pädagogischen Konzept profitieren, das neben der Förderung sprachkommunikativer Kompetenzen auch auf die Stärkung von Selbstkontrolle und Selbstwirksamkeit der Kinder fokussiert.


Author(s):  
Athanasios Chasiotis ◽  
Florian Kießling

Zusammenfassung. Eine Reihe neuerer Untersuchungen zur Beziehung zwischen der Entwicklung der kindlichen “theory of mind“ (TOM) und inhibitorischer Fähigkeiten weisen auf einen engen Zusammenhang beider Konstrukte hin, der selbst nach Kontrolle signifikanter Einflussvariablen wie verbale Intelligenz, Geburtsrang und sozioökonomischer Status bestehen bleibt. In der vorliegenden Arbeit wird an zwei Stichproben explorativ untersucht, ob sich dieser für das Kindesalter bekannte Zusammenhang auch im Erwachsenenalter zeigt. Zur Erfassung der TOM im Erwachsenenalter wurden Geschichten verwendet, die das mentalistische Verständnis komplexer sozialer Situationen erfordern. Als Maß für die inhibitorischen Fähigkeiten im Erwachsenenalter wurde die Leistung im für Erwachsene modifizierten Selbstregulations- und Konzentrationstest (SRKT-K, Kuhl und Kraska, 1992 ) erhoben. Während die aus der Kindheit bekannten Kontextvariablen im Erwachsenenalter über beide Stichproben hinweg keine konsistente Rolle spielten, ließ sich der bereits im Kindesalter spezifische Zusammenhang zwischen mentalistischer Kompetenz und inhibitorischen Fähigkeiten auch im Erwachsenenalter nachweisen.


Author(s):  
Kirsten Schuchardt ◽  
Jeanette Piekny ◽  
Dietmar Grube ◽  
Claudia Mähler

Das Ziel der längsschnittlich angelegten Studie besteht darin, frühe Einflussfaktoren auf die numerische Entwicklung im Alter von sechs Jahren ausfindig zu machen. Hierzu werden kognitive Faktoren (Intelligenz, Arbeitsgedächtnis, Abruf von Informationen aus dem Langzeitgedächtnis, phonologische Bewusstheit) sowie Merkmale der sozialen Umgebung (sozioökonomischer Status, Migrationshintergrund, Home Numeracy Environment, Home Literacy Environment, mütterliche Selbsteinschätzung in Bezug auf Mathematik) als Prädiktoren für die numerischen Kompetenzen an einer Stichprobe von 132 Fünfjährigen analysiert. Die Ergebnisse legen ein multiples Bedingungsgefüge nahe. Während die Intelligenz und die phonologische Bewusstheit keinen bedeutsamen Beitrag zur Varianzaufklärung leisteten, stellten das visuell-räumliche Arbeitsgedächtnis sowie die Abrufgeschwindigkeit aus dem Langzeitgedächtnis wichtige Einflussfaktoren der frühen numerischen Leistungen dar. Von den Merkmalen der sozialen Umwelt konnten darüber hinaus der sozioökonomische Status und die häusliche numerische Umgebung zusätzlich bis zu 12 % Varianz aufklären. Die Bedeutung der Befunde für die Diagnostik und Intervention bei Risikokindern wird diskutiert.


2015 ◽  
Vol 24 (3) ◽  
pp. 181-188 ◽  
Author(s):  
Sabine Molitor ◽  
Eva Michel ◽  
Wolfgang Schneider
Keyword(s):  

Zunehmend wird die Rolle exekutiver Funktionen bei motorischen Entwicklungsstörungen diskutiert. In der vorliegenden Studie wurden kognitive und motorisch-koordinative Fähigkeiten von Kindergartenkindern mit und ohne motorische Auffälligkeiten verglichen (N = 96). Die parallelisierte Stichprobe bestand aus je n = 48 auffälligen Kindern und der Kontrollgruppe. Die motorisch auffälligen Kinder zeigten im Mittel deutliche Defizite in exekutiven Funktionen, insbesondere im Bereich der Inhibition und Interferenzkontrolle. Allerdings zeigte eine Subgruppe dieser Kinder keine kognitiv-exekutiven Probleme. Diese Kinder waren den übrigen motorisch auffälligen Kindern vor allem im Bereich der Handgeschicklichkeit überlegen. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund möglicher zugrunde liegender Prozesse und Interventionsansätze diskutiert.


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