Antithrombotische Therapie bei Niereninsuffizienz

2020 ◽  
Vol 49 (03) ◽  
pp. 79-84
Author(s):  
Mark Dominik Alscher

ZUSAMMENFASSUNGChronische Nierenerkrankungen (CKD) nehmen weltweit zu. Derzeit haben bis zu 15 % der erwachsenen Bevölkerung eine CKD. Erkrankungen wiederum, welche einer Antikoagulation bedürfen, finden sich in dieser Gruppe gehäuft, beispielsweise ein Vorhofflimmern. Bei Hämodialysepatienten findet sich dieses bei bis zu 12 % der Patienten. Auch lässt sich für diese Kombination eine erhöhte Rate von ischämischen apoplektischen Insulten demonstrieren (um das 1,6-fache gesteigert). Eine Antikoagulation bei Vorhofflimmern bei CKD ist jedoch – insbesondere bei Dialysepatienten – umstritten. Die Studienergebnisse wiederum wurden überwiegend bei Gabe von Vitamin-K-Antagonisten (VKA) erhoben. Für neuere Antikoagulantien (NOAK) sieht die Faktenlage anders aus. Es wird deshalb heute bei Notwendigkeit zur Antikoagulation bei CKD bis Stadium G4 (entsprechend Creatinin-Clearance > 15 ml/min) die Gabe von NOAK empfohlen.

2020 ◽  
Vol 49 (03) ◽  
pp. 97-101
Author(s):  
Matthias Leschke

ZUSAMMENFASSUNGIn den neuen ESC-Leitlinien zum chronischen Koronarsyndrom werden aktuelle, evidenzbasierte antithrombotische Therapiekonzepte angeführt. Auf der Basis der aktuellen Studienlage wird bei Patienten mit Vorhofflimmern und Koronarstenting bevorzugt eine duale antithrombotische Therapie aus einem NOAK und einem P2Y12-Inhibitor empfohlen. In der Phase des chronischen Koronarsyndroms wird bei Patienten mit zuvor erfolgtem Koronarstenting oder nachgewiesener chronischer Koronarer Herzkrankheit eine Monotherapie mit einem NOAK oder einem Vitamin-K-Antagonisten empfohlen. Für Patienten mit einem erhöhten ischämischen Ereignisrisiko, aber geringem Blutungsrisiko wird eine verlängerte intensivierte antithrombotische Therapie mit einer zweiten antithrombotischen Substanz diskutiert. Im direkten Vergleich einer verlängerten dualen Plättchenhemmung bei Post-Myokardinfarkt-Patienten (PEGASUS-Prinzip) erscheint eine antithrombotische Therapie aus niedrigdosiertem Rivaroxaban kombiniert mit ASS aufgrund des Mortalitätsbenefits mit möglicherweise geringerer Blutungsneigung vorteilhafter (COMPASS-Strategie).


2019 ◽  
Vol 48 (03) ◽  
pp. 82-85
Author(s):  
Uwe Zeymer

ZUSAMMENFASSUNGDie derzeitigen Leitlinien empfehlen bei Patienten mit chronischer koronarer Herzkrankheit (KHK) eine antithrombotische Therapie mit Acetylsalicylsäure (ASS) oder Clopidogrel. Die orale Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten (VKA) ist wenigstens genauso effektiv, aber mit mehr Blutungskomplikationen assoziiert. Daher wird diese Therapie in der klinischen Praxis bei Patienten ohne Zusatzindikation (Vorhofflimmern, Kunstklappe, venöse Thrombembolie) nicht eingesetzt. Eine Kombinationstherapie von ASS und einem VKA im Vergleich zu ASS reduziert die Rate von Herzinfarkten und Schlaganfällen, ist aber am ehesten wegen der deutlich höheren Blutungsrate, nicht mit einer Reduktion der kardiovaskulären Sterblichkeit verbunden. In der COMPASS-Studie führte die Kombination einer niedrig dosierten Therapie mit dem Faktor-Xa-Hemmer und ASS zu einer Senkung der kardiovaskulären und auch Gesamt-Sterblichkeit bei Patienten mit chronischer KHK. Die Reduktion der Rate ischämischer Ereignisse war in dieser Studie sogar größer als die durch ASS alleine im Vergleich zu Placebo. Damit steht mit der Kombination von ASS und 2x2,5 mg Rivaroxaban eine neue antithrombotische Therapie bei Patienten mit chronischer KHK und erhöhtem Risiko für ischämische Ereignisse zur Verfügung.


2012 ◽  
Vol 31 (11) ◽  
pp. 813-820
Author(s):  
T. Lewalter ◽  
L. Eckardt ◽  
A. Treszl ◽  
K. Wegscheider ◽  
G. Breithardt ◽  
...  

ZusammenfassungVorhofflimmern ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung und stellt eine häufige Indikation zur Verhinderung thrombembolischer Ereignisse bei Patienten mit zusätzli-chen Risikofaktoren dar. Über mehrere Jahrzehnte hinweg waren orale Vitamin-K-Antagonisten – trotz ihrer bekannten Limitationen wie die Notwendigkeit einer individuellen Dosierung, zahlreiche Interaktionen und das dadurch notwendige regelmäßige Monitoring der Antikoagulation – die Standardtherapie. Neu entwickelte Antikoagulantien beinhalten orale, direkte Thrombinantagonisten (Dabigatran) und Faktor-Xa-Antagonisten (Rivaroxaban, Apixaban). Neben einem geringeren Potenzial für Interaktionen und einer dadurch erleichterten klinischen Anwendung konnte für diese neuen Substanzen in großen randomisierten klinischen Studien eine mit VitaminK-Antagonisten vergleichbare Effektivität in der Verhinderung thrombembolischer Ereignisse bei gleichzeitiger Reduktion von hämorrhagischen Schlaganfällen bzw. intrakraniellen Blutungen – auch in der Sekundärprophylaxe bei Hochrisikopatienten – nachgewiesen werden.


2019 ◽  
Vol 48 (03) ◽  
pp. 61-67
Author(s):  
Maria-Theresa Harris ◽  
Bernd-Dieter Gonska

ZUSAMMENFASSUNGLeitlinien stellen Werkzeuge dar, die den Prozess zur Entscheidungsfindung einer zufriedenstellenden Gesundheitsversorgung unterstützen. Diese Hilfsmittel bedürfen einer kontinuierlichen Aktualisierung, um den Fortschritten und Entwicklungen in der Medizin gerecht zu werden. Die 2018 erschienene Leitlinienaktualisierung zur Myokardrevaskularisation umfasste unter anderem die Thematik der antithrombotischen Therapie. Änderungen betreffen Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) und begleitender Plättchenhemmertherapie, bei welchen die Bevorzugung von einem direkten oralen Antikoagulans (DOAK) gegenüber einem Vitamin-K-Antagonisten (VKA) bzw. die Wahl einer höheren Dabigatrandosis (150 mg vs. 110 mg) empfohlen wird. Des Weiteren wurde die Relevanz von Plättchenfunktionstests thematisiert. Die Leitlinien sehen eine mögliche Plättchenhemmerstufentherapie bei Patienten mit einem akuten Koronarsyndom (ACS) zur Blutungsminimierung vor. Dabei kann eine Deeskalation von höher potenten auf niedriger potente P2Y12-Hemmer in Abhängigkeit eines Plättchenfunktionstests erfolgen. Der Bivalirudineinsatz verliert bei ACS-Patienten an Bedeutung und erfährt ein downgrading. Schlussendlich kann die Gabe von intravenösen antithrombotischen Medikamenten wie einem Glykoprotein-IIb/IIIa-Hemmer (bei ACS-Patienten) und Cangrelor (bei einer Koronarintervention) in Betracht gezogen werden.


2019 ◽  
Vol 48 (03) ◽  
pp. 96-101
Author(s):  
Wolfgang Bocksch ◽  
Martin Steeg ◽  
Antonios Kilias

ZUSAMMENFASSUNGDer Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) ist heute der häufigste Eingriff an der Aortenklappe in Deutschland, Tendenz steigend. Gegenüber der konservativen Therapie der Aortenklappenstenose bei inoperablen Patienten ist die TAVI hochüberlegen, bei operablen Hochrisiko-, Intermediärrisiko- und auch Niedrigrisiko-Patienten ist die TAVI gleichwertig oder sogar dem operativen Aortenklappenersatz überlegen. Die peri- und postinterventionelle antithrombotische Therapie ist in kontrollierten klinischen Studien vergleichsweise schlecht untersucht. Ziel einer effizienten antithrombotischen Therapie ist die Minimierung des Thrombembolierisikos respektive Schlaganfallrisikos nach TAVI sowie die Reduktion passagerer Klappenthrombosen bei vertretbarem Blutungsrisiko. Die Standardbehandlung nach TAVI ist derzeit die duale Plättchenhemmung mit 100 mg ASS und 75 mg Clopidogrel für 3–6 Monate (ESC IIaC), Patienten mit hohem Blutungsrisiko können auch vertretbar mit einer Monotherapie versorgt werden (ESC IIbC). Patienten mit Vorhofflimmern sollten konventionell antikoaguliert werden (Vitamin K-Antagonist mit Ziel-INR 2–3 oder NOAK) kombiniert mit einer antithrombozytären Monotherapie für 3–6 Monate. Im Fall einer diagnostizierten Klappenthrombose ist die orale Antikoagulation mit einem NOAK oder einem Vitamin-K-Antagonisten mit einer Ziel-INR 3–4 bis zur Normalisierung des transstenotischen Gradienten zu verordnen.


2018 ◽  
Vol 75 (8) ◽  
pp. 496-501
Author(s):  
Sebastian Werth

Zusammenfassung. Durch die Implikation von neuen Diagnosealgorithmen in unserem klinischen Alltag, wurden die diagnostische Sicherheit insbesondere beim Ausschluss von venösen Thromboembolien (VTE) so vereinfacht, dass auch der Hausarzt bereits eine venöse Thromboembolie mit hinreichender Sicherheit ausschliessen kann. Die Einführung von Risikoscores kann helfen bei Patienten mit bestätigter Diagnose die Patienten herauszufiltern, die besonders gefährdet sind, um diese einer genaueren Überwachung zuzuführen. Dahingegen nimmt die Ambulantisierung von Patienten mit Lungenarterienembolie im Niedrig-Risiko-Bereich deutlich zu. Mit der Einführung der neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) ist die Therapie dieser Patienten deutlich vereinfacht worden, zudem konnte das Risiko für schwere Blutungen im Vergleich zu den Vitamin-K-Antagonisten deutlich gesenkt werden. Für die Patienten mit paraneoplastischen VTEs stellen die NOAKs in Zukunft ebenfalls eine Option dar, welche in Studien noch genauer validiert werden muss. Aufgrund des niedrigen Blutungsrisikos von den NOAKs in der prophylaktischen Dosierung wird der Anteil der Patienten, die einer verlängerten Sekundärprophylaxe zugeführt werden, zukünftig weiter steigen und somit das Risiko für VTE-Rezidive gesenkt werden.


2012 ◽  
Vol 69 (9) ◽  
pp. 517-522 ◽  
Author(s):  
J. Seiffge ◽  
Nedeltchev ◽  
A. Lyrer
Keyword(s):  

Nach 60 Jahren der Monopolstellung von Vitamin-K Antagonisten (VKA) zur Primär- und Sekundärprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) haben nun neue Substanzen, Dabigatran, Rivaroxaban und Apixaban, den Beweis der gleicher Wirksamkeit bei geringer Rate von Blutungskomplikationen erbracht. Auch wenn die neuen Substanzen klare Vorteile gegenüber VKA zeigen (fixe Dosierung, keine Gerinnungskontrollen, weniger Interaktionen mit Lebensmitteln und anderen Medikamenten) lässt sich aktuell bei keiner der Substanzen ein klarer Vorteil erkennen. Welche Patienten sind Kandidaten für die neuen oralen Antikoagulanzien (oAK)? Die präsentierten Studiendaten beziehen sich ausschließlich auf die Primär- und Sekundärprävention bei VHF. Ideale Kandidaten für die neuen Substanzen sind aus heutiger Sicht Patienten mit VHF, deren Einstellung auf einen therapeutischen INR sich mit VKA als schwierig erweist bzw. die regelmäßige Blutentnahmen nicht wünschen oder aber deren Durchführung schwierig ist (z. B. weite Entfernung zum nächsten Arzt). Dies kann auch auf Patienten nach Hirnschlag infolge Vorhofflimmerns angewendet werden. Welche Patienten erhalten (weiterhin) VKA? Es besteht keine Indikation, Patienten die jahrelang unter VKA-Therapie stabil gewesen sind und insbesondere stabile INR-Werte innerhalb des therapeutischen Bereichs aufweisen auf eine der neuen Substanzen umzustellen. Auch wird weiterhin eine Therapie mit VKA notwendig sein bei Patienten mit einer schweren Niereninsuffizienz oder Patienten, die eine Therapie mit einem Medikament benötigen, welches mit den neuen oAK interagiert (z. B. Ketoconazol) oder eine weitere Indikation für VKA (z. B. ein mechanischer Herzklappenersatz) besitzen.


Sign in / Sign up

Export Citation Format

Share Document