Antikoagulation bei chronischer koronarer Herzkrankheit

2019 ◽  
Vol 48 (03) ◽  
pp. 82-85
Author(s):  
Uwe Zeymer

ZUSAMMENFASSUNGDie derzeitigen Leitlinien empfehlen bei Patienten mit chronischer koronarer Herzkrankheit (KHK) eine antithrombotische Therapie mit Acetylsalicylsäure (ASS) oder Clopidogrel. Die orale Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten (VKA) ist wenigstens genauso effektiv, aber mit mehr Blutungskomplikationen assoziiert. Daher wird diese Therapie in der klinischen Praxis bei Patienten ohne Zusatzindikation (Vorhofflimmern, Kunstklappe, venöse Thrombembolie) nicht eingesetzt. Eine Kombinationstherapie von ASS und einem VKA im Vergleich zu ASS reduziert die Rate von Herzinfarkten und Schlaganfällen, ist aber am ehesten wegen der deutlich höheren Blutungsrate, nicht mit einer Reduktion der kardiovaskulären Sterblichkeit verbunden. In der COMPASS-Studie führte die Kombination einer niedrig dosierten Therapie mit dem Faktor-Xa-Hemmer und ASS zu einer Senkung der kardiovaskulären und auch Gesamt-Sterblichkeit bei Patienten mit chronischer KHK. Die Reduktion der Rate ischämischer Ereignisse war in dieser Studie sogar größer als die durch ASS alleine im Vergleich zu Placebo. Damit steht mit der Kombination von ASS und 2x2,5 mg Rivaroxaban eine neue antithrombotische Therapie bei Patienten mit chronischer KHK und erhöhtem Risiko für ischämische Ereignisse zur Verfügung.

2012 ◽  
Vol 31 (11) ◽  
pp. 813-820
Author(s):  
T. Lewalter ◽  
L. Eckardt ◽  
A. Treszl ◽  
K. Wegscheider ◽  
G. Breithardt ◽  
...  

ZusammenfassungVorhofflimmern ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung und stellt eine häufige Indikation zur Verhinderung thrombembolischer Ereignisse bei Patienten mit zusätzli-chen Risikofaktoren dar. Über mehrere Jahrzehnte hinweg waren orale Vitamin-K-Antagonisten – trotz ihrer bekannten Limitationen wie die Notwendigkeit einer individuellen Dosierung, zahlreiche Interaktionen und das dadurch notwendige regelmäßige Monitoring der Antikoagulation – die Standardtherapie. Neu entwickelte Antikoagulantien beinhalten orale, direkte Thrombinantagonisten (Dabigatran) und Faktor-Xa-Antagonisten (Rivaroxaban, Apixaban). Neben einem geringeren Potenzial für Interaktionen und einer dadurch erleichterten klinischen Anwendung konnte für diese neuen Substanzen in großen randomisierten klinischen Studien eine mit VitaminK-Antagonisten vergleichbare Effektivität in der Verhinderung thrombembolischer Ereignisse bei gleichzeitiger Reduktion von hämorrhagischen Schlaganfällen bzw. intrakraniellen Blutungen – auch in der Sekundärprophylaxe bei Hochrisikopatienten – nachgewiesen werden.


Author(s):  
Hartmuth Nowak ◽  
Matthias Unterberg

ZusammenfassungOrale Antikoagulation bei chirurgischen Patienten erfolgt meistens mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) oder nicht-Vitamin-K-antagonistischen oralen Antikoagulanzien (NOAK). Während VKA wegen ihrer langen Halbwertszeit über die INR gesteuert werden, ist bei NOAK in der Regel keine Gerinnungskontrolle notwendig. Die Gabe erfolgt in festen Dosierungen. Spezifische Gerinnungswerte zur Bestimmung der Wirkung von NOAK können über die Anti-Faktor-Xa(FXa)-Aktivität (für FXa-Inhibitoren: Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban) und die verdünnte Thrombinzeit (für Dabigatran) erfolgen. Es gibt aktuell keine validierten Grenzwerte, die mit einem erhöhten Risiko für perioperative Blutungen einhergehen. Während VKA perioperativ auf eine parenterale Antikoagulation (z. B. niedermolekulares Heparin) umgestellt werden („Bridging“), werden NOAK pausiert. Ebenso ist nach ausreichendem Sicherheitsabstand die Durchführung von rückenmarksnahen Regionalanästhesieverfahren möglich. Falls erforderlich können NOAK auch auf ein parenterales Verfahren umgestellt werden („Switching“). Lebensbedrohliche Blutungskomplikationen können sowohl unter VKA als auch unter NOAK mit Prothrombinkomplex (PPSB) behandelt werden. Für Dabigatran steht ein Antidot zur Verfügung.


2019 ◽  
Vol 48 (03) ◽  
pp. 96-101
Author(s):  
Wolfgang Bocksch ◽  
Martin Steeg ◽  
Antonios Kilias

ZUSAMMENFASSUNGDer Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) ist heute der häufigste Eingriff an der Aortenklappe in Deutschland, Tendenz steigend. Gegenüber der konservativen Therapie der Aortenklappenstenose bei inoperablen Patienten ist die TAVI hochüberlegen, bei operablen Hochrisiko-, Intermediärrisiko- und auch Niedrigrisiko-Patienten ist die TAVI gleichwertig oder sogar dem operativen Aortenklappenersatz überlegen. Die peri- und postinterventionelle antithrombotische Therapie ist in kontrollierten klinischen Studien vergleichsweise schlecht untersucht. Ziel einer effizienten antithrombotischen Therapie ist die Minimierung des Thrombembolierisikos respektive Schlaganfallrisikos nach TAVI sowie die Reduktion passagerer Klappenthrombosen bei vertretbarem Blutungsrisiko. Die Standardbehandlung nach TAVI ist derzeit die duale Plättchenhemmung mit 100 mg ASS und 75 mg Clopidogrel für 3–6 Monate (ESC IIaC), Patienten mit hohem Blutungsrisiko können auch vertretbar mit einer Monotherapie versorgt werden (ESC IIbC). Patienten mit Vorhofflimmern sollten konventionell antikoaguliert werden (Vitamin K-Antagonist mit Ziel-INR 2–3 oder NOAK) kombiniert mit einer antithrombozytären Monotherapie für 3–6 Monate. Im Fall einer diagnostizierten Klappenthrombose ist die orale Antikoagulation mit einem NOAK oder einem Vitamin-K-Antagonisten mit einer Ziel-INR 3–4 bis zur Normalisierung des transstenotischen Gradienten zu verordnen.


2008 ◽  
Vol 28 (05) ◽  
pp. 400-420 ◽  
Author(s):  
S. Alban

ZusammenfassungJahrzehntelang beschränkten sich die Optionen für die Anti koagulation auf unfraktioniertes Heparin (UFH) und Vitamin-K-Antagonististen (VKA). Mit der Einführung der niedermolekularen Heparine (NMH) wurde die kurz- und mittelfristige Antikoagulation entscheidend verbessert; eine Alternative zu den VKA für die Langzeitanwendung steht noch aus. Da die Heparine belegen, dass Faktor Xa und Thrombin geeignete Angriffspunkte für die Antikoagulation darstellen, konzentriert sich die industrielle Antikoagulanzien- Forschung auf die Entwicklung direkter Thrombin- (DTI) und Faktor-Xa-Inhibitoren (DXI). Die verfügbaren bzw. in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittenen Antikoagulanzien lassen sich in zwei Klassen einteilen: 1.) Glyko-Antikoagulanzien mit den natürlichen sulfatierten Glykosaminoglykanen (GAG) (UFH, NMH, Danaparoid) und den synthetisch hergestellten Oligosacchariden (Fondaparinux, Idraparinux und SR123781A), 2.) Xenobiotika, d. h. Proteine und chemisch-synthetische Moleküle. Die Glyko-Antikoagulanzien wirken partiell (GAG) oder ausschließlich (Oligosaccharide) durch die Katalyse von Antithrombin (AT), während die Xenobiotika direkt Thrombin oder Faktor Xa hemmen. Zurzeit stehen mit Lepirudin, Bivalirudin, Argatroban drei parenterale DTI sowie mit Dabigatranetelxilat ein oraler DTI für begrenzte Anwendungsgebiete zur Verfügung. Mit Rivaroxaban wurde kürzlich der erste orale DXI zugelassen. In dieser Übersicht werden die Entwicklung der Antikoagulanzien und das pharmakologische Profil der in der Praxis eingesetzten Antikoagulanzien beschrieben.


2004 ◽  
Vol 23 (07) ◽  
pp. 378-382
Author(s):  
J. Bogdanov ◽  
M. Dütsch ◽  
C. Rauch ◽  
R. Handschu ◽  
U. Nixdorff ◽  
...  

ZusammenfassungKumarinderivate sind sekundäre Pflanzenstoffe und hemmen in der Leber über einen Vitamin-K-Antagonismus die Synthese der plasmatischen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Im deutschsprachigen Raum wird vor allem Phenprocoumon eingesetzt, das eine Halbwertszeit von 6 Tagen besitzt und erst nach 6-9 Tagen voll wirksam ist. Die häufigste neurologische Indikation besteht in der Sekundärprophylaxe zerebrovaskulärer Ereignisse bei kardialer Emboliequelle. Für diese Indikation ist eine Risikoreduktion für ein Schlaganfallrezidiv von ca. 70% und für vorzeitigen Tod von ca. 30% belegt. Weitere Indikationen können in der Primärprävention bei Vorhofflimmern – wenn zusätzlich andere strukturelle Herzbefunde vorliegen –, in extra-und intrakraniellen Gefäßstenosen, vorübergehend nach Dissektionen und Hirnvenenthrombosen, im hohen therapeutischen Bereich beim Antiphospholipidsyndrom und mitunter lebenslang bei genetisch determinierten Thrombophilien bestehen. Bei diesen Indikationen ist die Effizienz jedoch nicht durch Studien ausreichend belegt. Trotz der in randomisierten Studien nachgewiesenen Effektivität der oralen Antikoagulation wird diese Therapie im klinischen Alltag zu wenig, und zwar nur bei 40-50% der geeigneten Patienten, eingesetzt. Darüber hinaus finden sich in klinischen Beobachtungsstudien eine hohe Rate von Therapieabbrechern und häufig außerhalb des Therapiekorridors liegende Gerinnungsanalysen. Das Blutungsrisiko ist unter Nicht-Studienbedingungen allerdings nicht erhöht. Verbesserungen bei der Therapie mit oraler Antikoagulation könnten im Umstieg auf Warfarin, das eine günstigere Pharmakokinetik aufweist, in der Einführung einer Antikoagulanzienfachkraft, die im niedergelassenen Bereich die Therapiedurchführung unterstützt, oder im INR-Selbstmanagement bestehen. Die neuen Antithrombotika (Faktor-Xa-Inhibitoren wie Fondaparinux und direkte Thrombininhibitoren wie Ximelagatran) könnten in Zukunft die Antikoagulation wesentlich vereinfachen.


2021 ◽  
Vol 10 (05) ◽  
pp. 459-464
Author(s):  
Karl La Rosée ◽  
Thomas Klingenheben

ZusammenfassungPatienten mit angeborenen Herzfehlern weisen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten thrombembolischer Ereignisse auf. Je nach zugrunde liegender Anatomie/operativer Korrektur ist dieses Risiko jedoch individuell sehr unterschiedlich und lässt sich weder hinsichtlich Embolierisiko noch hinsichtlich Blutungsrisiko durch die gängigen Risikoscores (z. B. CHA2DS2-VASc oder HAS-BLED) verlässlich abbilden. Neben der Frage der Indikationsstellung zur oralen Antikoagulation ist die Frage nach der Möglichkeit des Einsatzes neuer oraler Antikoagulanzien (NOAK) anstelle der Standardtherapie mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) eine immer drängendere, sofern kein mechanischer Klappenersatz und keine schwergradige Mitralstenose vorliegt. Bei atrialen Arrhythmien/Vorhofflimmern können nach momentaner Datenlage Patienten mit als „leicht“ klassifizierbaren Vitien mit NOAK behandelt werden, während Patienten mit mittelgradigen oder schweren/komplexen Herzfehlern eher mit VKA behandelt werden sollten.


2015 ◽  
Vol 44 (S 01) ◽  
pp. 27-31 ◽  
Author(s):  
Julia Ludwig ◽  
Wolfgang Vocke ◽  
Joëlle Beauport ◽  
Jürgen Bauer ◽  
Matthias Antz

Die Entscheidung, eine orale Antikoagulation bei Vorhofflimmer-Patienten im hohen Lebensalter durchzuführen, fällt häufig schwer, da nicht nur das Thrombembolie-Risiko sondern auch das Blutungs-Risiko erhöht ist. Trotz klarer Indikation werden viele dieser älteren Patienten nicht oral antikoaguliert, da Blutungskomplikationen befürchtet werden. Aktuelle Studiendaten zeigen aber, dass bei adäquater Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten oder mit an Alter und Nierenfunktion angepasster Dosis der direkten oralen Antikoagulanzien der klinische Nutzen einer oralen Antikoagulation höher ist als das Risiko schwerer Komplikationen.


2020 ◽  
Vol 49 (03) ◽  
pp. 97-101
Author(s):  
Matthias Leschke

ZUSAMMENFASSUNGIn den neuen ESC-Leitlinien zum chronischen Koronarsyndrom werden aktuelle, evidenzbasierte antithrombotische Therapiekonzepte angeführt. Auf der Basis der aktuellen Studienlage wird bei Patienten mit Vorhofflimmern und Koronarstenting bevorzugt eine duale antithrombotische Therapie aus einem NOAK und einem P2Y12-Inhibitor empfohlen. In der Phase des chronischen Koronarsyndroms wird bei Patienten mit zuvor erfolgtem Koronarstenting oder nachgewiesener chronischer Koronarer Herzkrankheit eine Monotherapie mit einem NOAK oder einem Vitamin-K-Antagonisten empfohlen. Für Patienten mit einem erhöhten ischämischen Ereignisrisiko, aber geringem Blutungsrisiko wird eine verlängerte intensivierte antithrombotische Therapie mit einer zweiten antithrombotischen Substanz diskutiert. Im direkten Vergleich einer verlängerten dualen Plättchenhemmung bei Post-Myokardinfarkt-Patienten (PEGASUS-Prinzip) erscheint eine antithrombotische Therapie aus niedrigdosiertem Rivaroxaban kombiniert mit ASS aufgrund des Mortalitätsbenefits mit möglicherweise geringerer Blutungsneigung vorteilhafter (COMPASS-Strategie).


2017 ◽  
Vol 86 (02) ◽  
pp. 117-124
Author(s):  
Clemens Küpper ◽  
Lars Kellert ◽  
Steffen Tiedt ◽  
Frank Arne Wollenweber

ZusammenfassungZur Prophylaxe des kardioembolischen Schlaganfalls stehen neben Vitamin K-Antagonisten in Deutschland seit 2011 die sogenannten neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) zur Verfügung. Eine Zulassung besteht für nicht-valvuläres Vorhofflimmern. Obwohl in Deutschland eine intensive Kontroverse zu diesem Thema geführt wird, wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis der NOAK im Vergleich zu Vitamin K-Antagonisten von den neurologischen und kardiologischen Fachgesellschaften als günstiger bewertet. Dieser Effekt wird insbesondere durch die Risikoreduktion für intrazerebrale Blutungen vermittelt. Ein spezifisches Antidot steht für Dabigatran zur Verfügung und ist für die Faktor Xa-Inhibitoren in der klinischen Prüfung. Aus Mangel an direkten Vergleichsstudien kann keines der NOAK dem anderen als überlegen angesehen werden. Die Auswahl eines NOAK sollte sich daher unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Zulassungsstudien an praktischen Aspekten und Komorbiditäten des einzelnen Patienten orientieren.


2015 ◽  
Vol 44 (S 01) ◽  
pp. 32-39
Author(s):  
Daniel Dürschmied ◽  
Christoph Bode

Medikamentös sollte die Atherothrombose des akuten Koronarsyndroms (ACS) „bimodal“ antithrombotisch durch plasmatische Antikoagulation (insbesondere akut) und Thrombozytenhemmung (akut und chronisch) behandelt werden. Beide Ansätze – wie auch Kombinationsregime – wurden in den letzten Jahren verfeinert. Die duale Antiplättchentherapie wurde 2014 sowohl im Hinblick auf den Zeitpunkt der Initiierung (ein Pre-loading mit Ticagrelor erscheint im Gegensatz zu Prasugrel generell sinnvoll) als auch ihre Dauer diskutiert. Die intravenöse ADP-Rezeptorblockade mit Cangrelor ist noch nicht zugelassen (eine positive Empfehlung liegt der Zulassungsbehörde vor), sodass die Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren bislang die einzigen parenteralen Plättcheninhibitoren sind. Die dreifache Thrombozytenhemmung mit ASS, Clopidogrel und Vorapaxar, dem ersten Vertreter der Thrombinrezeptor-Blocker, ist zur ACS-Sekundärprophylaxe (bei negativer Schlaganfall-Anamnese) seit 2014 in den USA zugelassen (in Europa liegt eine positive Empfehlung vor). Bislang zeichnet sich in Deutschland noch kein breiter Einsatz des Faktor-Xa-Hemmers Rivaroxaban in ultraniedriger Dosierung (2 × 2,5 mg) zur Sekundärprophylaxe des ACS ab. Die Zulassung beschränkt sich auf die Kombinationstherapie mit ASS und Clopidogrel. Periinterventionell kann Thrombin direkt mit Bivalirudin gehemmt werden. Aktuelle Daten identifizierten Patienten mit NSTEMI und hohem Blutungsrisiko als diejenige Gruppe, die hiervon am ehesten profitiert, während für Patienten mit STEMI die Risikoerhöhung für frühe Stentthrombosen ein relevantes Problem darstellt.


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