Zusammenfassung
Ziel: Die Radiojodtherapie (RJT) ist ein wichtiges Therapieverfahren in der definitiven Behandlung des Morbus Basedow (MB). Allerdings kann die RJT die Entstehung einer endokrinen Orbitopathie triggern oder eine bereits bestehende endokrine Orbitopathie verstärken. Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) empfiehlt daher bei vorbestehender endokriner Orbitopathie eine therapiebegleitende Glukokortikoidgabe. Ziel dieser Studie ist es, den Einfluss einer protektiven Glukokortikoidtherapie auf die intratherapeutische Biokinetik des 131I bei Patienten mit MB zu untersuchen. Material und Methoden: In einer retrospektiven Analyse wurden 211 Patienten mit MB untersucht, die sich ohne thyreostatische Medikation einer RJT unterzogen hatten. Es wurden prä- und intratherapeutisch der extrapolierte maximale Uptake (EMU) und die effektive Halbwertszeit des 131I in der Schilddrüse ermittelt. Patienten mit endokriner Orbitopathie erhielten ab dem Vortag der RJT Glukokortikoide nach einem festgelegten Schema, Patienten ohne endokrine Orbitopathie erhielten keine Glukokortikoide. Zur Auswertung wurden die intratherapeutisch ermittelten Parameter auf die prätherapeutisch im Radiojodtest ermittelten Parameter bezogen und die beiden Gruppen hinsichtlich dieser Quotienten statistisch miteinander verglichen. Um weitere Faktoren zu berücksichtigen, wurden die Gruppen auch in Hinblick auf Alter, Gewicht sowie TSH, TRAK, TAK und MAK untersucht. Ergebnisse: In der Gruppe der Patienten mit Glukokortikoideinnahme zeigte sich ein Rückgang des medianen EMU von 44 % im Radiojodtest auf intratherapeutisch 35 %. In der Kontrollgruppe ohne Glukokortikoide entsprach der prätherapeutische (47 %) dem intratherapeutischen EMU (46 %). Im Vergleich der EMU-Änderung der beiden Gruppen zeigte sich ein statistisch signifikanter Unterschied (p < 0,001). Der Vergleich aller weiteren Parameter einschließlich der effektiven Halbwertszeit (p = 0,79) ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der vorliegenden Studie legen nahe, dass Glukokortikoide einen Einfluss auf die Biokinetik von 131I haben, indem sie dessen Speicherung in der Schilddrüse reduzieren. Für Patienten unter Glukokortikoidtherapie, die keine thyreostatische Medikation erhalten, könnte daher eine entsprechende Anpassung der aus den Daten des Radiojodtests berechneten 131I-Therapieaktivität erwogen werden.