scholarly journals Die Bedeutung der Elektrokonvulsionstherapie (EKT) in der multimodalen Behandlung depressiver Störungen

2020 ◽  
Vol 10 (2) ◽  
pp. 61-73
Author(s):  
Holger Himmighoffen ◽  
Heinz Böker

Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist Teil des multimodalen Behandlungskonzepts in der Behandlung insbesondere depressiver Erkrankungen. Die therapieresistente Depression ist als ein wesentlicher Indikationsbereich anzusehen. Nach jahrzehntelanger Erfahrung erweist sich EKT weiterhin als sehr wirksame und aufgrund der heutigen Standards und Technik als sichere und relativ nebenwirkungsarme Behandlungsmethode. Daher überrascht ihre vorurteilsbeladene und negative Wahrnehmung und Bewertung. Auch die sehr häufige Einschätzung der EKT als eine «Ultima ratio» führt dazu, dass sie in vielen Fällen erst zu einem sehr späten Zeitpunkt im Krankheitsverlauf angewandt wird – trotz anderslautender Empfehlung bspw. der S3-Leitlinie Unipolare Depression der DGPPN. Der Indikationsbereich für EKT ist klar umrissen und es gibt nur wenige absolute Kontraindikationen; auch eine Kombination von EKT mit anderen Behandlungsverfahren ist möglich und sinnvoll. Zentrales Anliegen dieses Artikels ist die notwendige Enttabuisierung: EKT sollte im Rahmen einer umfassenden Therapieplanung als mögliche Behandlungsoption angeboten werden. Oftmals ermöglicht erst sie die Überwindung depressiver Blockaden, die Auseinandersetzung mit biografisch relevanten Konfliktthemen, dysfunktionalen Bewältigungsmechanismen, traumatischen Erfahrungen und auch dem «existenziellen Thema der verlorenen Lebenszeit» infolge einer therapieresistenten Depression.

Author(s):  
Gernot Fugger ◽  
Lucie Bartova ◽  
Markus Dold ◽  
Siegfried Kasper

ZusammenfassungDie unipolare Depression zählt weltweit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und ist mit einer enormen Krankheitslast assoziiert. Trotz Verfügbarkeit von zahlreichen effektiven und gut verträglichen antidepressiv wirksamen Psychopharmakotherapeutika erreicht nur etwa ein Drittel unserer Patientinnen und Patienten auf eine etablierte antidepressive „First-line-Therapie“ eine vollständige Remission. Im Gegensatz dazu spricht ein weiteres Drittel aller Betroffenen auf zwei konsekutive, adäquate antidepressive Therapien mit gleich oder unterschiedlich wirkenden Antidepressiva, die ausreichend hoch dosiert und genügend lange verabreicht wurden, nur unzureichend an und erfüllt somit die Kriterien einer therapieresistenten Depression (TRD). Das Vorhandensein einer TRD stellt für Behandler häufig eine sehr anspruchsvolle, klinische Herausforderung dar. Der folgende Artikel unterstreicht die Wichtigkeit der therapeutischen Beziehung und effektiver, transparenter Kommunikation sowie die absolute Notwendigkeit, das therapeutische Vorgehen strikt nach bestehenden Leitlinien auszurichten, um einen optimalen Therapieerfolg zu gewährleisten. Ein Fallbericht skizziert eine erfolgreiche Anwendung von Esketamin-Nasenspray als höchst effektive neu zugelassene Behandlungsoption.


2012 ◽  
Vol 31 (10) ◽  
pp. 699-707 ◽  
Author(s):  
K. G. Kahl

ZusammenfassungDie therapieresistente Depression (TRD) ist ein häufiges Problem in der klinischen Versorgung. Im Gegensatz zu depressiven Episoden hat die TRD eine schlechtere klinische, funk-tionelle und soziale Prognose. Es besteht eine Reihe von Optionen zur Therapie der TRD, die Evidenzlage ist – nicht zuletzt aufgrund der uneinheitlichen Operationalisierung von TRD – schmal. Neue Therapiestrategien, die auf eine Veränderung von Neurotransmittersystemen außerhalb der klassischen Monoaminhypothese zielen, werden mit vielversprechenden Ergebnissen untersucht. Augmentations- und Kombinationsstrategien mit Lithium, atypischen Neuroleptika und neueren Antidepressiva sind eine interessante und valide Option.


2021 ◽  
Vol 53 (03) ◽  
pp. 116-119
Author(s):  
Katrin Pfuhlmann ◽  
Petra Klose ◽  
Jost Langhorst

ZusammenfassungBestimmte Extrakte des Johanniskrautes sind in Deutschland als Arzneimittel zugelassen und können auf Patientenwunsch zur Therapie der leichten bis mittelschweren Depression sowie zur kurzzeitigen symptomatischen Therapie bei leichter depressiver Verstimmung angewandt werden. Eine Überlegenheit oder Gleichwertigkeit von Johanniskraut gegenüber Placebo in klinischen Studien, geringe Nebenwirkungen sowie eine gute Patientenakzeptanz natürlicher Arzneimittel sind Gründe, die für eine Therapie mit Johanniskraut sprechen. Klinische Studien, welche explizit die Wirksamkeit von Johanniskraut auf die Depressivität onkologischer PatientInnen untersuchen, liegen derzeit nicht vor. Die S3 Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen“ beschreibt, in Anlehnung an die Nationale Versorgungsleitlinie „Unipolare Depression“, eine mögliche Anwendung im Rahmen auftretender Depressionen im onkologischen Kontext. Im Rahmen der Therapie des Mammakarzinoms kann Johanniskraut gegen Hitzewallungen eingesetzt werden. Erste experimentelle Ex-vivo-Versuche zeigen eine mögliche antikanzerogene Wirkung des Johanniskrautes. Diese Ergebnisse gilt es in großangelegten, qualitativ hochwertigen, klinischen Studien zu prüfen.


2017 ◽  
Vol 14 (03) ◽  
pp. 164-170
Author(s):  
M. Plichta ◽  
N.-C. Köstner ◽  
P. Zwanzger ◽  
A. J. Fallgatter

ZusammenfassungEine leitliniengerechte Therapie der Depression umfasst heute gleichermaßen pharmakologische sowie psychotherapeutische Ansätze. Allerdings sprechen nach wie vor ca. 20-25% der Patienten nicht ausreichend auf die Therapie an. Im Fall von Therapieresistenz ist nationalen wie internationalen Standards zufolge derzeit die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) Mittel der Wahl. Demgegenüber ist der aktuelle Stellenwert moderner Hirnstimulationsverfahren unterschiedlich zu beurteilen. Während mittlerweile gute Daten zum Einsatz der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) sowie begrenzt zum Einsatz der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) bei Depression vorliegen, erfordern die vielversprechenden Befunde zur Vagusnervstimulation (VNS) sowie zur tiefen Hirnstimulation (THS) weitere Forschungsaktivitäten.


2019 ◽  
Vol 70 (02) ◽  
pp. 57-64
Author(s):  
Corina Carmen Blunschi ◽  
Birgit Watzke

Zusammenfassung Einleitung Ratgeberbücher für Menschen mit Depressionen und deren Angehörige sind weitverbreitete und niedrigschwellige Informationsquellen, die im Sinne des Empowerments dazu beitragen können, dass Depressionen früher erkannt und fachgerecht behandelt werden. Eine Überprüfung ihrer Qualität, insbesondere ihrer Evidenzbasierung, steht noch aus. Vor diesem Hintergrund wurden die Inhalte von Depressionsratgebern untersucht, indem sie systematisch mit Inhalten und Empfehlungen der S3-/NV-Leitlinie für Unipolare Depression verglichen wurden. Methoden Basierend auf einer systematischen Recherche in Datenbanken des Buchhandels wurden die 30 am meisten verbreiteten deutschsprachigen Ratgeber analysiert. Hierfür wurde ein Ratinginstrument (RLP-D) mit 54 Diagnostik- und Behandlungsitems aus der aktuellen S3/NV Leitlinie abgeleitet. Mittels RLP-D führte eine Raterin bei den Ratgebern sowohl Ausführlichkeits- als auch Korrektheitsratings durch. Ergebnisse Zwischen 7,4 und 81,5% der Items, d. h. der Leitlinieninhalte, fehlen in den analysierten Ratgebern (Mdn=25,9%, IQR=22,7%). Im Mittel wird ca. ein Drittel der Items ausführlich und ohne Widersprüche zur Leitlinie beschrieben (Mdn=36,1%, IQR=17,1%, Range: 1,9–64,8%). Bei im Mittel ca. einem Fünftel (Mdn=20,4%; IQR=19,0%, Range: 2,9–47,6%) der beschriebenen Items zeigen sich klinisch relevante Abweichungen von der Leitlinie. Informationen zur Psychotherapie und Pharmakotherapie als Behandlungsmöglichkeit sind die am häufigsten ausführlich und korrekt abgedeckten Inhalte, sie werden jeweils in mehr als 83% der Ratgeber ausführlich und korrekt angegeben. Diskussion Es zeigt sich eine beträchtliche Variabilität sowohl in der Ausführlichkeit als auch der Korrektheit diagnostischer und therapeutischer Inhalte zwischen den Ratgebern; dies gilt auch und insbesondere für die besonders kritisch anzusehenden fehlerhaften Inhalte von Ratgebern. Die weiterführende Überprüfung des Ratinginstrumentes RLP-D stellt einen wichtigen nächsten Arbeitsschritt dar. Eine Anwendung und Reduktion auf die Core-Inhalte der Leitlinie könnte das aktuell recht aufwändige Ratingverfahren der Qualitätsbewertung vereinfachen. Schlussfolgerung Obwohl einige Basisinformationen in fast allen Ratgebern gegeben werden, können Depressionsratgeber aufgrund der grossen Qualitätsunterschiede nicht per se empfohlen werden. Systematische Qualitätsbewertungen sollten etabliert werden, um eine fundierte Auswahl von Ratgebern zu ermöglichen, eine Basis sowie einen Anreiz für deren Weiterentwicklung zu geben und hierüber die Information und Aufklärung von Patienten zu verbessern.


Author(s):  
Max Schmauß ◽  
Elisabeth Schramm ◽  
Mathias Berger
Keyword(s):  

Sign in / Sign up

Export Citation Format

Share Document