ZusammenfassungDer Beitrag verortet digitale Technologien in der Geschichte moderner Beobachtungsformate. Das Konzept des Beobachtungsformats verhilft dazu, Einrichtungen in einen Zusammenhang zu bringen, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben: die amtliche Statistik, die Meinungs- und Marktforschung, Monitoringsysteme und digitale Beobachtungsinstrumente wie Suchmaschinen, soziale Netzwerke oder Recommendersysteme. Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass es sich in allen Fällen um Instanzen handelt, die regelmäßig Daten erheben und in diesen Daten nach Ordnungsmustern suchen. Sie sind markante Beispiele des Quantifizierungsschubs, der die (westlichen) Gesellschaften seit dem 18. Jahrhundert erfasst hat. Der Beitrag greift zwei Beispiele heraus – die Bevölkerungsstatistik als historisch erstes modernes Beobachtungsformat und personalisierte Recommendersysteme als prototypischen Fall digitaler Beobachtungsinstrumente – und vergleicht sie in Hinblick auf ihre Beobachtungstechnik: Wie werden die Zahlen fabriziert, mit deren Hilfe die amtliche Statistik die Gesellschaft beobachtet, und welche Beobachtungsverfahren setzen Recommendersysteme ein, um zu personalisierten Empfehlungen zu gelangen, und welche Rolle spielen dabei Vergleich, Bewertung, Kategorisierung und Quantifizierung? Der Vergleich macht nicht nur sichtbar, wie Statistiken und digitale Technologien beobachten und worin sich ihre Beobachtungstechnik unterscheidet, sondern er gibt auch Aufschluss darüber, wie sich die Praktiken und Prämissen sozialer Beobachtung in den letzten 200 Jahren verändert haben.