Antikoagulation bei Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern (nvVHF) und eingeschränkter Nierenfunktion (NI)

2019 ◽  
Vol 144 (23) ◽  
pp. 1642-1649
Author(s):  
Uwe Zeymer ◽  
Hendrik Bonnemeier ◽  
Christoph Wanner

ZusammenfassungNichtvalvuläres Vorhofflimmern (nvVHF) ist wegen des assoziierten Schlaganfallrisikos eine Hauptindikation der oralen Antikoagulation. Viele dieser Patienten zeigen eine eingeschränkte Nierenfunktion, die das Schlaganfall- und Blutungsrisiko erhöht. Bei Niereninsuffizienz und nvVHF werden Vitamin-K-Antagonisten (VKA) von den Leitlinien aufgrund der heterogenen Studienlage nur zurückhaltend empfohlen – laut Fachinformation sind sie bei manifester Nierenfunktionsstörung kontraindiziert. Neue orale Antikoagulanzien (NOAK) sind bei Patienten mit Niereninsuffizienz ab einer Kreatinin-Clearance (KrCl) von 25 oder 30 ml/min klinisch untersucht und zugelassen, die Faktor-Xa-Inhibitoren können auch bei einer KrCl > 15 ml/min angewendet werden. NOAK zeigen gegenüber VKA ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil bei der Reduktion von Schlaganfällen, sonstigen thromboembolischen Ereignissen und Todesfällen einerseits und beim Auftreten von Blutungen andererseits und werden daher von den ESC-Leitlinien empfohlen.

2011 ◽  
Vol 30 (09) ◽  
pp. 663-668
Author(s):  
K. Geckeis ◽  
F. Laubenthal ◽  
T. Budde

ZusammenfassungDie Behandlung häufiger kardiologischer Erkrankungen wie dem Vorhofflimmern, der arteriellen Hypertonie, des akuten Koronarsyndroms und der stabilen Angina pectoris werden die etablierten Therapieformen durch neue Substanzen ergänzt. Durch die Einführung des CHA2D2s-VASc-Scores und die damit entstandene neue Risikostratifizierung bei Vorhofflimmern wurde die Indikation zur oralen Antikoagulation erweitert. Neue orale Antikoagulanzien werden in Kürze die Zulassung für die Indikation Vorhofflimmern erhalten. Dabei handelt es sich zum einen um den direkten Thrombininhibitor Dabigatran, zum anderen um die Faktor-Xa-Inhibitoren Rivaroxaban und Apixaban. Auch in der Therapie des Vorhofflimmerns steht mit Dronedaron eine neue Substanz sowohl für die Rhythmusals auch Herzfrequenzkontrolle zur Verfügung. Aliskiren, der erste direkte Renininhibitor, bereichert die Therapieoptionen bei der arteriellen Hypertonie. Im Bereich der Thrombozytenaggregationshemmung haben Prasugrel, ein Thienpyridin der 3. Generation, und Ticagrelor, ein reversibler Thrombozytenaggregationshemmer, eine Überlegenheit gegenüber der empfohlenen Therapie beim akuten Koronarsyndrom mit Clopidogrel gezeigt. In der Behandlung der stabilen Angina pectoris hat Ranolazin als Monosubstanz und Kombination mit anderen Antianginosa die Verringerung der Angina-pectoris-Anfälle und die Reduktion des oralen Nitratverbrauchs nachgewiesen.


2019 ◽  
Vol 48 (03) ◽  
pp. 73-77
Author(s):  
Samer Alsaid ◽  
Christoph Bode ◽  
Daniel Duerschmied

ZUSAMMENFASSUNGDas primäre Ziel in der Behandlung von Patienten mit arteriosklerotischen Erkrankungen ist die Verhinderung atherothrombotischer Ereignisse. Bislang standen die Plättchenhemmer Aspirin und Clopidogrel in der Primär- und Sekundärprophylaxe stabiler Patienten zur Verfügung. Doch auch mit Thrombozytenaggregationshemmern erleiden manche Patienten mit Arterienerkrankungen kardiovaskuläre ischämische Ereignisse, die auf eine übermäßige Thrombinbildung zurückzuführen sind. Deshalb wurden Nicht-Vitamin-K-Antagonist orale Antikoagulanzien (NOAKs), insbesondere die Faktor-Xa-Inhibitoren, entweder allein oder in Kombination mit einer Antiplättchen-Therapie bei der Behandlung von arteriellen Erkrankungen getestet. Die COMPASS-Studie untersuchte die niedrig dosierte Antikoagulation bei stabiler KHK oder AVK. Die Zugabe von 2 × 2,5 mg Rivaroxaban zur Dauertherapie mit Aspirin verhinderte nicht nur kardiovaskulären Tod, Myokardinfarkt und Schlaganfall, sondern reduzierte sogar die Gesamtmortalität um 18 % nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 23 Monaten. Dieser Vorteil ging allerdings auf Kosten von mehr gastrointestinalen Blutungen. Interessanterweise gab es jedoch keine Zunahme von tödlichen oder intrakraniellen Blutungen. Daher könnte in naher Zukunft eine neue Standardtherapie für Hochrisikopatienten mit atherosklerotischer Erkrankung verfügbar werden.


Author(s):  
Hartmuth Nowak ◽  
Matthias Unterberg

ZusammenfassungOrale Antikoagulation bei chirurgischen Patienten erfolgt meistens mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) oder nicht-Vitamin-K-antagonistischen oralen Antikoagulanzien (NOAK). Während VKA wegen ihrer langen Halbwertszeit über die INR gesteuert werden, ist bei NOAK in der Regel keine Gerinnungskontrolle notwendig. Die Gabe erfolgt in festen Dosierungen. Spezifische Gerinnungswerte zur Bestimmung der Wirkung von NOAK können über die Anti-Faktor-Xa(FXa)-Aktivität (für FXa-Inhibitoren: Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban) und die verdünnte Thrombinzeit (für Dabigatran) erfolgen. Es gibt aktuell keine validierten Grenzwerte, die mit einem erhöhten Risiko für perioperative Blutungen einhergehen. Während VKA perioperativ auf eine parenterale Antikoagulation (z. B. niedermolekulares Heparin) umgestellt werden („Bridging“), werden NOAK pausiert. Ebenso ist nach ausreichendem Sicherheitsabstand die Durchführung von rückenmarksnahen Regionalanästhesieverfahren möglich. Falls erforderlich können NOAK auch auf ein parenterales Verfahren umgestellt werden („Switching“). Lebensbedrohliche Blutungskomplikationen können sowohl unter VKA als auch unter NOAK mit Prothrombinkomplex (PPSB) behandelt werden. Für Dabigatran steht ein Antidot zur Verfügung.


2008 ◽  
Vol 28 (05) ◽  
pp. 400-420 ◽  
Author(s):  
S. Alban

ZusammenfassungJahrzehntelang beschränkten sich die Optionen für die Anti koagulation auf unfraktioniertes Heparin (UFH) und Vitamin-K-Antagonististen (VKA). Mit der Einführung der niedermolekularen Heparine (NMH) wurde die kurz- und mittelfristige Antikoagulation entscheidend verbessert; eine Alternative zu den VKA für die Langzeitanwendung steht noch aus. Da die Heparine belegen, dass Faktor Xa und Thrombin geeignete Angriffspunkte für die Antikoagulation darstellen, konzentriert sich die industrielle Antikoagulanzien- Forschung auf die Entwicklung direkter Thrombin- (DTI) und Faktor-Xa-Inhibitoren (DXI). Die verfügbaren bzw. in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittenen Antikoagulanzien lassen sich in zwei Klassen einteilen: 1.) Glyko-Antikoagulanzien mit den natürlichen sulfatierten Glykosaminoglykanen (GAG) (UFH, NMH, Danaparoid) und den synthetisch hergestellten Oligosacchariden (Fondaparinux, Idraparinux und SR123781A), 2.) Xenobiotika, d. h. Proteine und chemisch-synthetische Moleküle. Die Glyko-Antikoagulanzien wirken partiell (GAG) oder ausschließlich (Oligosaccharide) durch die Katalyse von Antithrombin (AT), während die Xenobiotika direkt Thrombin oder Faktor Xa hemmen. Zurzeit stehen mit Lepirudin, Bivalirudin, Argatroban drei parenterale DTI sowie mit Dabigatranetelxilat ein oraler DTI für begrenzte Anwendungsgebiete zur Verfügung. Mit Rivaroxaban wurde kürzlich der erste orale DXI zugelassen. In dieser Übersicht werden die Entwicklung der Antikoagulanzien und das pharmakologische Profil der in der Praxis eingesetzten Antikoagulanzien beschrieben.


2004 ◽  
Vol 23 (07) ◽  
pp. 378-382
Author(s):  
J. Bogdanov ◽  
M. Dütsch ◽  
C. Rauch ◽  
R. Handschu ◽  
U. Nixdorff ◽  
...  

ZusammenfassungKumarinderivate sind sekundäre Pflanzenstoffe und hemmen in der Leber über einen Vitamin-K-Antagonismus die Synthese der plasmatischen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Im deutschsprachigen Raum wird vor allem Phenprocoumon eingesetzt, das eine Halbwertszeit von 6 Tagen besitzt und erst nach 6-9 Tagen voll wirksam ist. Die häufigste neurologische Indikation besteht in der Sekundärprophylaxe zerebrovaskulärer Ereignisse bei kardialer Emboliequelle. Für diese Indikation ist eine Risikoreduktion für ein Schlaganfallrezidiv von ca. 70% und für vorzeitigen Tod von ca. 30% belegt. Weitere Indikationen können in der Primärprävention bei Vorhofflimmern – wenn zusätzlich andere strukturelle Herzbefunde vorliegen –, in extra-und intrakraniellen Gefäßstenosen, vorübergehend nach Dissektionen und Hirnvenenthrombosen, im hohen therapeutischen Bereich beim Antiphospholipidsyndrom und mitunter lebenslang bei genetisch determinierten Thrombophilien bestehen. Bei diesen Indikationen ist die Effizienz jedoch nicht durch Studien ausreichend belegt. Trotz der in randomisierten Studien nachgewiesenen Effektivität der oralen Antikoagulation wird diese Therapie im klinischen Alltag zu wenig, und zwar nur bei 40-50% der geeigneten Patienten, eingesetzt. Darüber hinaus finden sich in klinischen Beobachtungsstudien eine hohe Rate von Therapieabbrechern und häufig außerhalb des Therapiekorridors liegende Gerinnungsanalysen. Das Blutungsrisiko ist unter Nicht-Studienbedingungen allerdings nicht erhöht. Verbesserungen bei der Therapie mit oraler Antikoagulation könnten im Umstieg auf Warfarin, das eine günstigere Pharmakokinetik aufweist, in der Einführung einer Antikoagulanzienfachkraft, die im niedergelassenen Bereich die Therapiedurchführung unterstützt, oder im INR-Selbstmanagement bestehen. Die neuen Antithrombotika (Faktor-Xa-Inhibitoren wie Fondaparinux und direkte Thrombininhibitoren wie Ximelagatran) könnten in Zukunft die Antikoagulation wesentlich vereinfachen.


2016 ◽  
Vol 49 (3) ◽  
pp. 216-226 ◽  
Author(s):  
Philipp Bahrmann ◽  
Fred Harms ◽  
Christian Martin Schambeck ◽  
Martin Wehling ◽  
Jürgen Flohr

2017 ◽  
Vol 20 (3) ◽  
pp. 251-264
Author(s):  
J. Koscielny ◽  
C. Rosenthal ◽  
C. von Heymann

Der Hausarzt ◽  
2013 ◽  
Vol 50 (19) ◽  
pp. 67-67
Author(s):  
Christian Vajda

2017 ◽  
Vol 86 (02) ◽  
pp. 117-124
Author(s):  
Clemens Küpper ◽  
Lars Kellert ◽  
Steffen Tiedt ◽  
Frank Arne Wollenweber

ZusammenfassungZur Prophylaxe des kardioembolischen Schlaganfalls stehen neben Vitamin K-Antagonisten in Deutschland seit 2011 die sogenannten neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) zur Verfügung. Eine Zulassung besteht für nicht-valvuläres Vorhofflimmern. Obwohl in Deutschland eine intensive Kontroverse zu diesem Thema geführt wird, wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis der NOAK im Vergleich zu Vitamin K-Antagonisten von den neurologischen und kardiologischen Fachgesellschaften als günstiger bewertet. Dieser Effekt wird insbesondere durch die Risikoreduktion für intrazerebrale Blutungen vermittelt. Ein spezifisches Antidot steht für Dabigatran zur Verfügung und ist für die Faktor Xa-Inhibitoren in der klinischen Prüfung. Aus Mangel an direkten Vergleichsstudien kann keines der NOAK dem anderen als überlegen angesehen werden. Die Auswahl eines NOAK sollte sich daher unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Zulassungsstudien an praktischen Aspekten und Komorbiditäten des einzelnen Patienten orientieren.


Der Internist ◽  
2010 ◽  
Vol 51 (12) ◽  
pp. 1571-1581 ◽  
Author(s):  
H. Völler ◽  
S. Alban ◽  
D. Westermann

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