Pharmakologie der Heparine und der direkten Antikoagulanzien

2008 ◽  
Vol 28 (05) ◽  
pp. 400-420 ◽  
Author(s):  
S. Alban

ZusammenfassungJahrzehntelang beschränkten sich die Optionen für die Anti koagulation auf unfraktioniertes Heparin (UFH) und Vitamin-K-Antagonististen (VKA). Mit der Einführung der niedermolekularen Heparine (NMH) wurde die kurz- und mittelfristige Antikoagulation entscheidend verbessert; eine Alternative zu den VKA für die Langzeitanwendung steht noch aus. Da die Heparine belegen, dass Faktor Xa und Thrombin geeignete Angriffspunkte für die Antikoagulation darstellen, konzentriert sich die industrielle Antikoagulanzien- Forschung auf die Entwicklung direkter Thrombin- (DTI) und Faktor-Xa-Inhibitoren (DXI). Die verfügbaren bzw. in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittenen Antikoagulanzien lassen sich in zwei Klassen einteilen: 1.) Glyko-Antikoagulanzien mit den natürlichen sulfatierten Glykosaminoglykanen (GAG) (UFH, NMH, Danaparoid) und den synthetisch hergestellten Oligosacchariden (Fondaparinux, Idraparinux und SR123781A), 2.) Xenobiotika, d. h. Proteine und chemisch-synthetische Moleküle. Die Glyko-Antikoagulanzien wirken partiell (GAG) oder ausschließlich (Oligosaccharide) durch die Katalyse von Antithrombin (AT), während die Xenobiotika direkt Thrombin oder Faktor Xa hemmen. Zurzeit stehen mit Lepirudin, Bivalirudin, Argatroban drei parenterale DTI sowie mit Dabigatranetelxilat ein oraler DTI für begrenzte Anwendungsgebiete zur Verfügung. Mit Rivaroxaban wurde kürzlich der erste orale DXI zugelassen. In dieser Übersicht werden die Entwicklung der Antikoagulanzien und das pharmakologische Profil der in der Praxis eingesetzten Antikoagulanzien beschrieben.

2004 ◽  
Vol 23 (07) ◽  
pp. 378-382
Author(s):  
J. Bogdanov ◽  
M. Dütsch ◽  
C. Rauch ◽  
R. Handschu ◽  
U. Nixdorff ◽  
...  

ZusammenfassungKumarinderivate sind sekundäre Pflanzenstoffe und hemmen in der Leber über einen Vitamin-K-Antagonismus die Synthese der plasmatischen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Im deutschsprachigen Raum wird vor allem Phenprocoumon eingesetzt, das eine Halbwertszeit von 6 Tagen besitzt und erst nach 6-9 Tagen voll wirksam ist. Die häufigste neurologische Indikation besteht in der Sekundärprophylaxe zerebrovaskulärer Ereignisse bei kardialer Emboliequelle. Für diese Indikation ist eine Risikoreduktion für ein Schlaganfallrezidiv von ca. 70% und für vorzeitigen Tod von ca. 30% belegt. Weitere Indikationen können in der Primärprävention bei Vorhofflimmern – wenn zusätzlich andere strukturelle Herzbefunde vorliegen –, in extra-und intrakraniellen Gefäßstenosen, vorübergehend nach Dissektionen und Hirnvenenthrombosen, im hohen therapeutischen Bereich beim Antiphospholipidsyndrom und mitunter lebenslang bei genetisch determinierten Thrombophilien bestehen. Bei diesen Indikationen ist die Effizienz jedoch nicht durch Studien ausreichend belegt. Trotz der in randomisierten Studien nachgewiesenen Effektivität der oralen Antikoagulation wird diese Therapie im klinischen Alltag zu wenig, und zwar nur bei 40-50% der geeigneten Patienten, eingesetzt. Darüber hinaus finden sich in klinischen Beobachtungsstudien eine hohe Rate von Therapieabbrechern und häufig außerhalb des Therapiekorridors liegende Gerinnungsanalysen. Das Blutungsrisiko ist unter Nicht-Studienbedingungen allerdings nicht erhöht. Verbesserungen bei der Therapie mit oraler Antikoagulation könnten im Umstieg auf Warfarin, das eine günstigere Pharmakokinetik aufweist, in der Einführung einer Antikoagulanzienfachkraft, die im niedergelassenen Bereich die Therapiedurchführung unterstützt, oder im INR-Selbstmanagement bestehen. Die neuen Antithrombotika (Faktor-Xa-Inhibitoren wie Fondaparinux und direkte Thrombininhibitoren wie Ximelagatran) könnten in Zukunft die Antikoagulation wesentlich vereinfachen.


2017 ◽  
Vol 86 (02) ◽  
pp. 117-124
Author(s):  
Clemens Küpper ◽  
Lars Kellert ◽  
Steffen Tiedt ◽  
Frank Arne Wollenweber

ZusammenfassungZur Prophylaxe des kardioembolischen Schlaganfalls stehen neben Vitamin K-Antagonisten in Deutschland seit 2011 die sogenannten neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) zur Verfügung. Eine Zulassung besteht für nicht-valvuläres Vorhofflimmern. Obwohl in Deutschland eine intensive Kontroverse zu diesem Thema geführt wird, wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis der NOAK im Vergleich zu Vitamin K-Antagonisten von den neurologischen und kardiologischen Fachgesellschaften als günstiger bewertet. Dieser Effekt wird insbesondere durch die Risikoreduktion für intrazerebrale Blutungen vermittelt. Ein spezifisches Antidot steht für Dabigatran zur Verfügung und ist für die Faktor Xa-Inhibitoren in der klinischen Prüfung. Aus Mangel an direkten Vergleichsstudien kann keines der NOAK dem anderen als überlegen angesehen werden. Die Auswahl eines NOAK sollte sich daher unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Zulassungsstudien an praktischen Aspekten und Komorbiditäten des einzelnen Patienten orientieren.


2019 ◽  
Vol 144 (20) ◽  
pp. 1417-1422
Author(s):  
Patrick Behm ◽  
Thomas Nührenberg ◽  
Florian Bönner ◽  
Franz-Josef Neumann

Was ist neu Präprozedurale, diagnostische und die Wahl der Revaskularisationsstrategie betreffende Aspekte Interventionen zur Revaskularisation sollten nur an Kliniken mit ausreichend hohen Fallzahlen bzw. ausreichend hoher Expertise erfolgen. Die Indikation zur Revaskularisation kann bei stabiler koronarer Herzkrankheit (KHK) aus prognostischen sowie symptomatischen Gründen gestellt werden. Zur Indikationsstellung ist eine Ischämie-Testung wichtig; hier stehen verschiedene nichtinvasive Techniken zur Verfügung. Ob eine perkutane Koronarintervention (PCI) oder Bypass-Operation durchgeführt werden soll, ist möglichst evidenzbasiert auch mithilfe von Risiko-Scores zu entscheiden. Wichtig ist zudem die Nephroprotektion: Laut Klasse-I-Empfehlung soll bei allen Patienten vor Intervention das Risiko für das Auftreten eines kontrastmittelinduzierten Nierenversagens abgeschätzt werden. Zudem ist eine ausreichende Hydrierung zu gewährleisten. Intraprozedurale, die Revaskularisation selbst betreffende Neuerungen Für die Intervention ist der radiale Zugangsweg dem femoralen vorzuziehen. Der arterielle Bypass ist dem venösen überlegen. Für die intraprozedurale Beurteilung der Flussreserve in stenosierten Koronargefäßen gibt es geänderte Empfehlungen. Bezüglich der zu verwendeten Stents sind „drug-eluting stents“ (DES) der neuen Generation erste Wahl. Als Antikoagulans während der Intervention wird unfraktioniertes Heparin empfohlen. Postprozedurale Aspekte nach erfolgter Myokardrevaskularisation Nach erfolgter Revaskularisation soll der Patient im Hinblick auf mögliche Ischämien systematisch reevaluiert werden. Zur antithrombotischen Therapie ist Clopidogrel bevorzugt mit neuen oralen Antikoagulanzien (NOAKs) zu kombinieren (statt mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA)). Bei bestimmten Patienten kann von einer Therapie mit potenteren P2Y12-Rezeptorantagonisten auf Clopidogrel umgestellt werden.


2008 ◽  
Vol 28 (01/02) ◽  
pp. 51-61 ◽  
Author(s):  
S. Alban

ZusammenfassungAntikoagulanzien auf der Basis von Glykosaminoglykanen (GAG) sind seit Jahrzehnten dominierend in der Therapie und Prophylaxe thromboembolischer Erkrankungen. Grundsätzlich ist zwischen den natürlichen GAG-Antikoagulanzien, komplex zusammengesetzten Molekülgemischen, und den synthetischen GAG-Antikoagulanzien, chemisch definierten Oligosacchariden, zu unterscheiden. Zur ersten Gruppe zählen unfraktioniertes Heparin, die verschiedenen niedermolekularen Heparine und Danaparoid. Vertreter der zweiten Gruppe sind Fondaparinux, Idraparinux und das Hexadecasaccharid SR123781A.Allen gemeinsam ist lediglich eines der Wirkprinzipien des endogenen Antithromboticums Heparansulfat, nämlich die Katalyse der Antithrombin-vermittelten Hemmung von Faktor Xa. Die strukturellen Unterschiede der GAG-Antikoagulanzien bedingen ansonsten zum Teil sehr distinkte Arzneistoffprofile. Dies betrifft ihre Pharmakodynamik, Pharmakokinetik und auch praxisrelevante Aspekte wie Dosierung, Monitoring, Akkumulationsneigung, Antagonisierbarkeit und HIT Typ II.


2019 ◽  
Vol 144 (23) ◽  
pp. 1642-1649
Author(s):  
Uwe Zeymer ◽  
Hendrik Bonnemeier ◽  
Christoph Wanner

ZusammenfassungNichtvalvuläres Vorhofflimmern (nvVHF) ist wegen des assoziierten Schlaganfallrisikos eine Hauptindikation der oralen Antikoagulation. Viele dieser Patienten zeigen eine eingeschränkte Nierenfunktion, die das Schlaganfall- und Blutungsrisiko erhöht. Bei Niereninsuffizienz und nvVHF werden Vitamin-K-Antagonisten (VKA) von den Leitlinien aufgrund der heterogenen Studienlage nur zurückhaltend empfohlen – laut Fachinformation sind sie bei manifester Nierenfunktionsstörung kontraindiziert. Neue orale Antikoagulanzien (NOAK) sind bei Patienten mit Niereninsuffizienz ab einer Kreatinin-Clearance (KrCl) von 25 oder 30 ml/min klinisch untersucht und zugelassen, die Faktor-Xa-Inhibitoren können auch bei einer KrCl > 15 ml/min angewendet werden. NOAK zeigen gegenüber VKA ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil bei der Reduktion von Schlaganfällen, sonstigen thromboembolischen Ereignissen und Todesfällen einerseits und beim Auftreten von Blutungen andererseits und werden daher von den ESC-Leitlinien empfohlen.


2012 ◽  
Vol 69 (11) ◽  
pp. 657-660 ◽  
Author(s):  
Haschke

Die neuen oralen Antikoagulantien wie die Faktor Xa-Hemmer Rivaroxaban und Apixaban oder der Thrombin-Hemmer Dabigatran versprechen eine einfachere Handhabung als die altbekannten Vitamin K-Antagonisten. Trotz Wegfallen des Routine-Monitorings ist auch bei den neuen Substanzen aufgrund ihrer pharmakologischen Eigenschaften in bestimmten Situationen mit erheblichen Schwankungen der Exposition zu rechnen. Dabigatran wird überwiegend unverändert renal elimiert, entsprechend muss bei eingeschränkter Nierenfunktion die Dosis reduziert werden. Die Faktor Xa-Hemmer sind CYP3A4-Substrate und dürfen nicht zusammen mit potenten CYP3A4-Hemmern kombiniert werden. Bei Blutungen oder thromboembolischen Ereignissen unter Therapie kann ein gezieltes Monitoring der Wirkstoffkonzentration oder der anti-FXa- bzw. der anti-FIIa-Aktivität bei der Ursachensuche hilfreich sein. Im Gegensatz zu den Vitamin K-Antagonisten oder Heparin stehen für die neuen Antikoagulantien keine Antidote zur Verfügung und das optimale Vorgehen bei lebensbedrohlichen Blutungen ist noch nicht definiert. Für gewisse Indikationen wie die Thromboembolie-Prophylaxe bei akut erkrankten medizinischen Patienten stehen (noch) keine Studiendaten zur Verfügung. Bezüglich Lokalisation der Blutungen verfügen die neuen Substanzen über ein im Vergleich zu Vitamin K-Antagonisten leicht anderes Profil (weniger intrakranielle Blutungen) und die Erfahrungen bei Langzeitanwendung (> 5 Jahre) sind limitiert. Aus diesen Gründen erfordert der Einsatz der neuen Antikoagulantien trotz Wegfallen des Routine-Monitorings eine sorgfältige klinische Überwachung der Patienten unter Berücksichtigung von Co-Medikation und Co-Morbidität um eine sichere Therapie zu gewährleisten.


2012 ◽  
Vol 69 (11) ◽  
pp. 611-615
Author(s):  
Graf

Das Verständnis für die Blutgerinnung ist parallel zur Entwicklung der Antikoagulantien gewachsen. Im Gegensatz zu den Vitamin K-Antagonisten und den Heparinen, deren Entdeckung und Entwicklung teils auf Zufälligkeiten beruhte, wird bei der Suche nach neuen Antikoagulantien gezielt versucht, einzelne Faktoren im Gerinnungssystem zu hemmen. Im aktuell gültigen Zell-basierten Gerinnungsmodell nehmen der aktivierte Faktor X (FXa) sowie Thrombin sehr zentrale Stellungen ein. Es ist deshalb gut verständlich, dass sich gerade diese beiden Faktoren als Angriffspunkte bei der Entwicklung neuer Antikoagulantien herauskristallisiert haben. Dass die gezielte Hemmung von Einzelfaktoren klinisch tatsächlich erfolgreich ist, wurde mit dem direkten Thrombininhibitor Hirudin und dem indirekten FXa-Inhibitor Fondaparinux für die jeweiligen Targets bewiesen. Mit dem direkten Thrombininhibitor Dabigatran etexilat und den direkten Faktor Xa-Inhibitoren Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban hat mittlerweile eine ganze Gruppe neuer, oral applizierbarer Substanzen die Marktzulassung erlangt. Es befindet sich zudem eine ganze Palette weiterer FXa- und Thrombininhibitoren, die sich von den bereits zugelassenen Substanzen vor allem in der Pharmakokinetik unterscheiden, in einem bereits fortgeschrittenen Entwicklungsstadium. Auch das Konzept der direkten Hemmung von Faktor VIII ist in der Entwicklung bereits weiter fortgeschritten. Weitere Antikoagulationskonzepte wie die Hemmung der Initiationsphase der Gerinnung über Faktor VIIa, die Hemmung des Kontaktfaktors XII oder die Hemmung von Faktor IX befinden sich erst in einer frühen experimentellen Phase.


2017 ◽  
Vol 142 (20) ◽  
pp. 1548-1551 ◽  
Author(s):  
Thomas Schuh ◽  
Claudia Stöllberger

Zusammenfassung Zusammenfassung Rivaroxaban, ein oraler Faktor Xa Inhibitor, ist zur Behandlung venöser Thromboembolien zugelassen. Es ist unklar, ob die Dosis bei einem Body-Mass-Index (BMI) > 40 kg/m2 ausreichend ist. Anamnese Die 45-jährige Patientin wurde wegen zunehmender Atemnot stationär aufgenommen. In der Anamnese fand sich eine Pulmonalembolie vor 30 Monaten, eine Faktor V Leiden-Mutation und mehrere stationäre Aufenthalte wegen Dermatomykosen. Die Patientin stand unter einer oralen Antikoagulationsbehandlung mit Rivaroxaban 20 mg. Sechs Monate vor der Aufnahme hatte die Patientin wegen eines zahnärztlichen Eingriffs Rivaroxaban pausiert und eine Rezidiv-Pulmonalembolie erlitten. Untersuchungen und Diagnose Im Status finden sich eine morbide Adipositas mit einem BMI von 59,3 kg/m2 und ein Intertrigo der unteren Extremitäten. Das EKG zeigte einen überdrehten Rechtstyp, ein P-Pulmonale und einen inkompletten Rechtsschenkelblock. Die Computertomografie der Lunge zeigte eine Thromboembolie im linken Unterlappen. Der Truncus pulmonalis war erweitert und der rechte Vorhof vergrößert. 16 Stunden nach Beginn der Symptomatik, 22 Stunden nach der letzten Einnahme, war die Plasmakonzentration von Rivaroxaban 137 ng/ml. Laut Hersteller soll die Plasmakonzentration nach 2 – 4 Stunden 22 – 535 ng/ml und nach 24 Stunden 6 – 239 ng/ml betragen. Therapie und Verlauf Nach Einleitung einer Therapie mit niedermolekularem Heparin besserte sich die Atemnot. In den folgenden Tagen wurde eine Therapie mit Phenprocoumon begonnen und die Patientin nach 7 Tagen entlassen. Folgerung Es lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit vermuten, dass die Pulmonalembolie zu einem Zeitpunkt aufgetreten ist, in dem die Rivaroxaban-Plasmakonzentration in einem Bereich lag, der als therapeutisch angenommen wird. Da es nur wenige Daten über den Einsatz von Rivaroxaban und anderen nicht Vitamin-K-Antagonisten (NOAKs) bei Patienten mit morbider Adipositas gibt sollten die Empfehlungen der „International Society for Thrombosis and Haemostasis” befolgt werden: Rivaroxaban und andere NOAKs sollen bei Patienten mit einem BMI > 40 kg/m2 oder einem Gewicht > 120 kg nicht verwendet werden. Ist der Einsatz von NOAKs erforderlich, sollten Plasmakonzentrationen gemessen werden.


2016 ◽  
Vol 73 (10) ◽  
pp. 545-549 ◽  
Author(s):  
Lukas Graf ◽  
Wolfgang Korte

Zusammenfassung. Auf Grund demographischer Faktoren und besserer Risikostratifizierung vergrössert sich die Gruppe der Patienten, welche oral antikoaguliert sind ständig. Naturgemäss sind somit auch mehr Patienten, die operiert werden müssen, antikoaguliert. Das periinterventionelle Vorgehen hängt einerseits vom eingesetzten Antikoagulans und andererseits vom individuellen Patientenrisiko ab. Im Vergleich zu den Vitamin K Antagonisten weisen die direkten oralen Antikoagulanzien (DOACs) eine deutlich kürzere Halbwertszeit auf. In ihrem pharmakokinetischen Verhalten sind sie mit subkutan applizierten niedermolekularen Heparinen vergleichbar. Deshalb kann in der periinterventionellen Situation bei den DOACs mit einer einfachen «stop and go» Strategie gearbeitet werden, während bei Vitamin K Antagonisten in ausgewählten Fällen (hohes Thromboembolie- oder Schlaganfallsrisiko) ein «Bridging» mit einer kürzer wirksamen Substanz (z. B. niedermolekulare Heparine) notwendig sein kann. Wie bei allen Antikoagulantien können bei DOACs in der periinterventionellen Situation Blutungen als unerwünschte Wirkung auftreten. Diese sind jedoch in aller Regel wegen der kurzen Halbwertszeit gut beherrschbar, zudem sind Antidots bereits (Dabigatran) respektive in absehbarer Zeit (Faktor Xa-Inhibitoren) verfügbar.


2020 ◽  
Vol 39 (10) ◽  
pp. 670-675
Author(s):  
Florian Masuhr ◽  
Christian Weimar

ZUSAMMENFASSUNGDie zerebrale Venen- und Sinusthrombose (CVST) ist eine seltene Erkrankung der zerebralen venösen Blutleiter mit einer Inzidenz von etwa 2,8/100 000/Jahr bei Frauen im gebährfähigen Alter und etwa 1,3/100 000/Jahr in der allgemeinen Bevölkerung. Die häufigsten Risikofaktoren umfassen Wochenbett, eine orale hormonale Kontrazeption sowie Gerinnungsstörungen. Sowohl die venöse Angiografie mittels CT als auch MRT sind zum Nachweis einer CVST geeignet, wobei die MR-Angiografie vor allem für kleine kortikale venöse Thrombosen sensitiver ist.In der Akutphase wird Heparin für alle Patienten mit CVST empfohlen, auch bei septischer Thrombose oder hämorrhagischer Infarzierung. Eine lokale Thrombolyse oder mechanische Thrombektomie konnte in einer Studie bei schwer betroffenen Patienten keinen Vorteil gegenüber einer Antikoagulation nachweisen. Patienten mit Hirndruck und drohender Einklemmung sollten umgehend eine Kraniotomie ohne Ausräumung einer Blutung oder eines Infarktgebietes erhalten.Eine Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten nach der Akutphase wird für 3 bis 12 Monate empfohlen. Neue Antikoagulanzien wie Thrombin- oder Faktor-Xa-Antagonisten werden zunehmend als Alternative zu Vitamin-K-Antagonisten eingesetzt. Eine Langzeitantikoagulation wird nur bei Patienten mit schwerer Koagulopathie oder rezidivierenden venösen Thrombosen empfohlen.


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