Liebeskummer

2021 ◽  
Vol 40 (12) ◽  
pp. 963-976
Author(s):  
Henrik Walter

ZUSAMMENFASSUNGLiebeskummer, die emotionale Reaktion auf romantische Zurückweisung, ist ein normaler Bestandteil des Lebens und wird üblicherweise nicht als psychische Erkrankung verstanden. Dennoch kann er zu viel Leid führen und ist ein wichtiger Risikofaktor für Suizid bei Jugendlichen und im jungen Erwachsenenalter. In diesem Artikel wird der Liebeskummer genauer unter die psychiatrische Lupe genommen. Dabei werden seine Psychologie, Neurobiologie und Therapie dargestellt, die Frage gestellt, ob er mehr als eine Anpassungsstörung sein kann und sein soziologischer Kontext und seine Zukunft untersucht. Dem Liebeskummer, so das Fazit, sollte in Psychiatrie und Psychotherapie mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Zudem kann er der psychiatrischen Forschung als Modell dienen, um Aspekte stressbezogener Erkrankungen wie Anpassungsstörungen, anhaltende Trauer, posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und Sucht besser untersuchen und verstehen zu können.

2017 ◽  
Vol 65 (4) ◽  
pp. 219-229 ◽  
Author(s):  
Lisa-Marina Fritz ◽  
Sabine Domin ◽  
Annekatrin Thies ◽  
Julia Yang ◽  
Martin Stolle ◽  
...  

Zusammenfassung. Psychisch erkrankte Eltern erleben mehr elterlichen Stress als psychisch gesunde Eltern. Elterliche psychische Erkrankungen sowie elterlicher Stress sind mit ungünstigen Erziehungspraktiken assoziiert. Kinder psychisch erkrankter Eltern haben ein erhöhtes Risiko, ebenfalls psychisch zu erkranken. Psychische Auffälligkeiten des Kindes und das elterliche Stresserleben beeinflussen sich wiederum wechselseitig. Komplexe Maßnahmen erscheinen notwendig, die die elterliche psychische Erkrankung, die elterliche Stressbelastung, psychische Erkrankungen des Kindes und die Eltern-Kind-Interaktion gleichermaßen berücksichtigen. Das Eltern-Kind-Projekt des Ev. Krankenhauses Alsterdorf in Hamburg bietet im Verbund mit dem Werner Otto Institut ein stationäres Behandlungsprogramm, in dem psychisch erkrankte Elternteile und ihr ebenfalls psychisch erkranktes Kind gemeinsam aufgenommen werden. Für diese psychisch erkrankten Elternteile wurde das Gruppenprogramm SEEK (Seelische Erkrankungen, Eltern und Kinder) entwickelt, das die Themen Elternschaft und psychische Erkrankung behandelt. Eine klinische Gruppe (N = 28) nahm während ihres stationären Aufenthaltes zusätzlich zum üblichen Behandlungsprogramm am Gruppenprogramm SEEK teil, eine Vergleichsgruppe (N = 26) durchlief das übliche Behandlungsprogramm. Die elterliche Stressbelastung wurde zu Beginn und am Ende des stationären Aufenthaltes in beiden Gruppen anhand des Eltern-Belastungs-Inventars (EBI) sowie zwei selbst entwickelter Items erhoben. Elterliche psychische Symptome wurden zu Beginn und am Ende des stationären Aufenthaltes in beiden Gruppen anhand der Hopkins-Symptom-Checkliste-25 (HSCL-25) erfasst. Die Ergebnisse zeigen die hohe Belastung der Elternteile in dieser Stichprobe. Am Ende des stationären Aufenthaltes waren in beiden Gruppen die elterliche Stressbelastung sowie die psychische Belastung signifikant reduziert: In der klinischen Gruppe reduzierte sich die mittlere Belastung im Elternbereich (EBI) von M = 81.82 auf M = 74.39, in der Vergleichsgruppe von M = 80.85 auf M = 74.92. Die mittlere Belastung im Kindbereich (EBI) verringerte sich in der klinischen Gruppe von M = 68.75 auf M = 63.04, in der Vergleichsgruppe von M = 74.65 auf M = 68.15. Die mittlere Symptombelastung im Bereich Angst (HSCL-25) reduzierte sich in der klinischen Gruppe von M = 21.25 auf M = 18.71, in der Vergleichsgruppe von M = 20.88 auf M = 17.69. Im Bereich Depression (HSCL-25) verringerte sich die mittlere Symptombelastung in der klinischen Gruppe von M = 33.57 auf M = 28.50, in der Vergleichsgruppe von M = 33.27 auf M = 25.96. Jedoch ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in der elterlichen Stressbelastung und in der psychischen Belastung zwischen den Gruppen.


2011 ◽  
Vol 20 (2) ◽  
pp. 95-102 ◽  
Author(s):  
Veronica Kirsch ◽  
Jörg M. Fegert ◽  
Diana C. M. Seitz ◽  
Lutz Goldbeck

Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) sind eine häufige Folge von Missbrauch und Misshandlung im Kindes- und Jugendalter. Die Wirksamkeit der traumafokussierten kognitiven Verhaltenstherapie (Tf-KVT) nach sexuellem Missbrauch ist gut belegt. Diese Pilotstudie untersucht Machbarkeit und Behandlungsergebnisse bei Patienten mit posttraumatischen Stresssymptomen nach unterschiedlichen Misshandlungsformen und häuslicher Gewalt. 15 Kinder und Jugendliche mit klinisch relevanten PTBS Symptomen (sechs weiblich; Alter M = 10.5; SD = 3.7) wurden mit 12 bis 31 Sitzungen Tf-KVT behandelt. Die Symptomatik wurde im prä-post-Vergleich analysiert. Die Hintergründe von drei Therapieabbrüchen wurden ermittelt. Die Tf-KVT führte zu einer signifikanten Symptomreduktion (Gesamtrohwert im Interview für Belastungsstörungen vor Therapie: 40.6; SD = 10.5; nach Therapie: M = 15.2; SD = 14.3; p < .001; d = 1.8). Der Grund für Therapieabbrüche war Vermeidungsverhalten bei psychisch belasteten Bezugspersonen. Die Ergebnisse können als Hinweis für die Wirksamkeit der Tf-KVT bei Kindern und Jugendlichen mit PTBS nach unterschiedlichen Misshandlungsformen gewertet werden. Die Therapie setzt die psychosoziale Stabilität von Patienten und Bezugspersonen voraus.


2006 ◽  
Vol 35 (1) ◽  
pp. 12-20 ◽  
Author(s):  
Ulrike Gäbel ◽  
Martina Ruf ◽  
Maggie Schauer ◽  
Michael Odenwald ◽  
Frank Neuner

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Posttraumatische Belastungsstörungen (PTSD) spielen in der Asylverfahrenspraxis eine zunehmende Rolle. Dennoch liegen bislang keine Daten zur Prävalenz unter Asylbewerbern in Deutschland vor. Auch ist nicht bekannt, inwieweit Einzelentscheider des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) Anzeichen auf eine Traumatisierung bei der Anhörung erkennen können. Fragestellungen: Stellt PTSD eine relevante Größe unter Asylbewerbern in Deutschland dar? Können Einzelentscheider mit Hilfe von Kurzinstrumenten Anzeichen auf eine PTSD erkennen? Methode: eigens geschulte Einzelentscheider befragten 76 Asyl-Erstantragsteller mit der eng am DSM-IV orientierten PDS (Posttraumatic Diagnostic Scale). 42 dieser Personen wurden in einem klinisch strukturierten Interview anhand der Sektion N des M-CIDI ausführlich nachuntersucht. Ergebnisse: Bei Asylsuchenden beträgt die PTSD-Punkt-Prävalenz ca. 40%. Es ergab sich keine überzufällige Erkennung dieser psychischen Erkrankung durch die Einzelentscheider. Schlussfolgerungen: Die Posttraumatische Belastungsstörung tritt bei Asylbewerbern in Deutschland deutlich häufiger auf als bisher angenommen. Die Schwierigkeit, traumatische Erfahrungen und resultierende PTSD-Symptome im Rahmen der Erstanhörung durch geschulte Mitarbeiter des BAFl zu erkennen, weist auf eine gewisse Verbesserungswürdigkeit der Verfahrensökononie des Asylverfahrens hin.


2008 ◽  
Vol 37 (3) ◽  
pp. 172-178 ◽  
Author(s):  
Alexandra Meyer ◽  
Dorit Wollbrück ◽  
Roland Täschner ◽  
Susanne Singer ◽  
Carina Ehrensperger ◽  
...  

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Die vollständige Entfernung des Kehlkopfes (Laryngektomie) stellt Patienten und deren Familien vor viele Herausforderungen. Das psychische Befinden der Partner kehlkopfloser Karzinompatienten wurde bisher kaum wissenschaftlich erforscht. Fragestellung: Die Studie untersucht das psychische Befinden, die psychische Morbidität sowie die Inanspruchnahme psychosozialer Unterstützungsangebote der Partner laryngektomierter Karzinompatienten. Methode: Die Daten wurden in einer multizentrischen Querschnittstudie an 106 Partnern mittels eines strukturierten Interviews (SKID) und standardisierter Fragebögen (HADS, KFA) erfasst. Ergebnisse: Die Partner waren signifikant ängstlicher als die laryngektomierten Patienten und die Allgemeinbevölkerung, bei gleicher Ausprägung von Depressivität. Trotz der hohen Belastung wiesen nur 14% der Partner eine psychische Erkrankung auf. Psychosoziale Unterstützungsangebote werden von einem Bruchteil der Befragten genutzt. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse indizieren eine psychosoziale Unterversorgung der Partner laryngektomierter Karzinompatienten. Zukünftige Forschungsprojekte sollten die Ursachen für diese Unterversorgung detailliert erfragen, um bedarfsgerechte Behandlungsmöglichkeiten anbieten zu können.


2019 ◽  
Vol 38 (07) ◽  
pp. 470-473 ◽  
Author(s):  
Peter Brieger ◽  
Susanne Menzel

ZUSAMMENFASSUNGArbeit hat auch bei psychisch erkrankten Menschen eine überwiegend salutogenetische Bedeutung – sie macht nicht krank, sondern gesund. Der Artikel stellt Veränderungen der Arbeitswelt durch den gesellschaftlichen Wandel dar, er diskutiert, welche Auswirkungen dies auf psychisch kranke Menschen haben kann und welche Ansatzpunkte es für eine diesbezüglich bessere Versorgung gibt.


2017 ◽  
Vol 36 (09) ◽  
pp. 745-746
Author(s):  
T. Kammer ◽  
E.-J. Sim ◽  
V. Tumani

ZusammenfassungDie Misophonie ist eine aus der audiologischen Literatur stammende Störung, die zunehmend als eine neue psychische Erkrankung angesehen wird. Zwar sind Ätiologie und Entstehungsmechanismen der Misophonie noch weitgehend unklar und eine solide Evidenz für eine eigenständige Krankheitsentität noch zu erbringen, allerdings deuten Studienergebnisse zu Phänomenologie, natürlichem Verlauf, biologischen Korrelaten mittels struktureller und funktioneller Bildgebung (fMRT) sowie ersten therapeutischen Erfahrungen darauf hin, dass Misophonie eine eigene Erkrankung darstellt, die durch weitere systematische Untersuchungen weiter zu charakterisieren ist.


2013 ◽  
Vol 32 (08) ◽  
pp. 592-594
Author(s):  
K. Holtz ◽  
J. Tiefensee ◽  
T. Bresner ◽  
A. Kästner ◽  
A. Kopf ◽  
...  

ZusammenfassungMehr als die Hälfte älterer Langzeitarbeitsloser leidet unter einer psychischen Erkrankung, wobei nur eine Minderheit eine leitlinienkonforme Behandlung erhält. Dabei kann die psychische Erkrankung sowohl Folge, als auch Ursache für die Arbeitslosigkeit sein. In jedem Fall stellt die psychische Erkrankung eine Quelle unnötigen Leidens der Betroffenen und ein beseitigbares Vermittlungshemmnis dar. Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Leipzig bietet (gemeinsam mit dem Jobcenter) Langzeitarbeitslosen das “Psychosoziale Coaching” an, mit dem Ziel, diagnostische und therapeutische Defizite zu identifizieren und über Vermittlung in das Versorgungssystem abzubauen. Die modellhaft entwickelten Konzepte und Materialien haben sich bewährt und können von anderen Regionen in Deutschland übernommen werden.


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