Belastungen bei Kindern und Jugendlichen in der Inobhutnahme

2015 ◽  
Vol 34 (01/02) ◽  
pp. 43-48 ◽  
Author(s):  
P. Büttner ◽  
I. Böge ◽  
U. Koglin ◽  
J. M. Fegert ◽  
F. Petermann ◽  
...  

ZusammenfassungGegenstand und Ziel: Inobhutnahmen in Deutschland haben zum Ziel, Kindern und Jugendlichen bei akuten familiären Krisen Schutz und Geborgenheit zu bieten. Vielfach gelingt dies unter den Bedingungen in den Einrichtungen jedoch nur eingeschränkt. Besondere psychische Belastungen bei in Obhut genommenen Kindern und Jugendlichen werden in den Einrichtungen zudem oftmals übersehen, und dringend benötigte Versorgungsleistungen bleiben aus. Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, anhand einer Stichprobe von n = 141 Kindern und Jugendlichen, die in den Jahren 2011 und 2012 in einer Inobhutnahme-Einrichtung in Hessen aufgenommen wurden, die psychischen Belastungen und die familiären Risikokonstellationen zu beschreiben. Material und Methoden: Die Fallberichte aus der Inobhutnahme- Einrichtung wurden quantitativen Inhaltsanalysen unterzogen. Ergebnisse: Die Auswertungen unterstreichen das hohe, überdauernde sowie akute Belastungsausmaß bei in Obhut genommenen Kindern und Jugendlichen. Besonders familiäre Konflikte, ein Mangel an Wärme in der Eltern-Kind-Beziehung sowie Kindesmisshandlung sind Kennzeichen der Lebensumstände vor der Inobhutnahme. Während des Aufenthalts berichten die Fachkräfte über die Kinder und Jugendlichen häufig weitere, akute Belastungsreaktionen. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit legen dringend eine konzeptionelle Weiterentwicklung des Settings Inobhutnahme nahe. Fachkräfte in Einrichtungen der Inobhutnahme sollten für die Erkennung spezifischer Belastungen sensibilisiert werden, um dringend benötigte Versorgungen einzuleiten. Klinische Relevanz: Bei den oftmals stark belasteten, in Obhut genommenen Kindern und Jugendlichen ergibt sich ein besonderer Betreuungs- und Behandlungsbedarf, der ausschließlich interdisziplinär umgesetzt werden kann.

2015 ◽  
Vol 34 (01/02) ◽  
pp. 26-32 ◽  
Author(s):  
J. M. Fegert ◽  
A. Witt ◽  
L. Goldbeck ◽  
A. Münzer

ZusammenfassungGegenstand und Ziel: Sexuelle Viktimisierung kann zu massiven Belastungen führen, der die Kinderund Jugendhilfe sowie Angebote therapeutischer Versorgung zu begegnen versuchen. Die vorliegende Studie untersucht die aktuelle psychische Gesundheit sexuell viktimisierter Kinder und Jugendlicher sowie ihre Inanspruchnahme von Hilfen. Material und Methode: Von 70 Kindern und Jugendlichen und ihren Bezugspersonen wurden die genaue Misshandlungsanamnese, aktuelle psychische Belastungen sowie die Inanspruchnahme von Hilfen erfasst. Ergebnisse: Die Inanspruchnahme von Hilfen war in der Untersuchungsgruppe unabhängig vom Vorliegen einer gegenwärtigen psychischen Störung. Über 60% der psychisch auffälligen Teilnehmer nahm keine missbrauchsbezogene therapeutische Hilfe in Anspruch. Genutzte Angebote wurden als überwiegend hilfreich bewertet. Schlussfolgerungen: Viele psychisch erkrankte Betroffene bleiben unversorgt. Klinische Relevanz: Es ergibt sich die Herausforderung einer missbrauchsbezogenen Interventionsplanung und traumafokussierten therapeutischen Versorgung.


2006 ◽  
Vol 19 (1) ◽  
pp. 7-15 ◽  
Author(s):  
Thomas Gunzelmann ◽  
Silke Schmidt ◽  
Cornelia Albani ◽  
Elmar Brähler

Zusammenfassung: Lebensqualität und Wohlbefinden haben hohe klinische Relevanz in der Bewertung therapeutischer Maßnahmen bei älteren Menschen, so dass geeignete diagnostische Verfahren notwendig sind. In der vorliegenden Arbeit wird die psychometrische Qualität des EUROHIS-QOL und des WHO-5 in einer Stichprobe von N = 744 60-Jährigen und Älteren (51 % weiblich) geprüft. Beide Verfahren weisen eine hohe Reliabilität (Cronbach's α) von .86 bzw. .92 auf. Während die eindimensionale faktorielle Struktur des WHO-5 bestätigt werden konnte, wurde für den EUROHIS-QOL eine zweidimensionale Struktur ermittelt (personale und externale Faktoren der Lebensqualität). Als Referenzdaten für Ältere werden Häufigkeiten der Antwortkategorien, Mittelwerte und Prozentrangwerte dargestellt. Es wurden keine bedeutsamen Alters- oder Geschlechtseffekte gefunden.


2011 ◽  
Vol 59 (4) ◽  
pp. 267-274 ◽  
Author(s):  
Anja Hilbert

Zusammenfassung.Die Klassifikation von Essstörungen steht im Zentrum aktuellen Forschungsinteresses. Gerade relativ rezente diagnostische Kategorien wie die Binge-Eating- oder Essanfallsstörung (Binge Eating Disorder, BED) und diagnostische Hauptmerkmale wie Essanfälle bedürfen im Zuge der Überarbeitungen des DSM einer Überprüfung. In dem vorliegenden Artikel werden zunächst die für das DSM-V vorgeschlagenen Veränderungen der diagnostischen Kriterien der BED und anderer Essstörungen beschrieben. An­schließend wird das Essanfallsmerkmal der Größe der verzehrten Nahrungsmenge in einer Forschungsübersicht hinsichtlich seiner klinischen Relevanz für die BED betrachtet. Dabei zeigt sich, dass sowohl objektive als auch subjektive Essanfälle psychopathologisch relevant sind. Jedoch sind objektive Essanfälle aufgrund ihrer Assoziation mit einem geringeren Behandlungserfolg, einer größeren residualen Symptomatik und vermehrten Rückfalltendenzen das vergleichsweise stringentere Erfolgskriterium in der Therapieerfolgsforschung der BED. Vor diesem Hintergrund erscheint es für die BED zentral, neben objektiven Essanfällen zusätzlich auch subjektive Essanfälle zu erfassen. Für das DSM-V wird empfohlen, ein Schema zu entwerfen, um das Auftreten und die Häufigkeit dieser Formen von Essanfällen für die BED sowie für andere klinische und subklinische Formen von Essanfällen systematisch zu erheben. Eine sorgfältige Erfassung der Essanfallsgröße in Studien zur Psychopathologie, zum Verlauf und zur Behandlung, wird es erlauben, die klinische Relevanz dieses Merkmals über das Essstörungsspektrum hinweg weiter zu klären.


2020 ◽  
Vol 68 (1) ◽  
pp. 16-32
Author(s):  
Franka Metzner ◽  
Kim Sobania ◽  
Mira Vasileva ◽  
Michelle Wichmann ◽  
Daniela Lempertz ◽  
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Zusammenfassung. Kinder im Vorschulalter zwischen drei und sechs Jahren weisen ein hohes Risiko für Gewalterfahrungen und Unfälle auf oder können durch lebensbedrohliche Erkrankungen bzw. schwere medizinische Eingriffe bei sich oder engen Bezugspersonen bereits schwere psychische Belastungen erleben. Dennoch lassen sich Studien zur Häufigkeit von traumatischen Erfahrungen sowie zu Traumafolgestörungen, wie der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), bei Vorschulkindern weltweit bisher nur vereinzelt finden. Der Beitrag a) gibt daher einen Überblick über Kriterien und Instrumente zur Diagnostik der PTBS bei Vorschulkindern, b) fasst die Ergebnisse eines systematischen Literaturreviews zur Häufigkeit der PTBS bei traumatisierten Vorschulkindern zusammen und c) beschreibt die wenigen verfügbaren Befunde zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung junger Kinder mit Traumafolgestörungen unter Berücksichtigung möglicher Barrieren für die Inanspruchnahme von professionellen Hilfen in Deutschland. Die sieben in das Literaturreview eingeschlossenen Studien, in denen insgesamt 1029 Drei- bis Sechsjährige mit Kriegserlebnissen und anderen Traumata in Israel bzw. Palästinensischen Gebieten, USA und Deutschland untersucht wurden, zeigten PTBS-Häufigkeiten zwischen 0 % und 50 %. Die wenigen Untersuchungen zur Inanspruchnahme von Psychotherapien durch Vorschulkinder in Deutschland deuten auf eine Unterversorgung dieser Gruppe hin. Es fehlt allerdings an repräsentativen Studien zur Häufigkeit der PTBS im Vorschulalter sowie zur Versorgung von posttraumatisch belasteten Vorschulkindern. Bei traumatisierten Vorschulkindern muss unter anderem aufgrund der für diese Altersgruppe wenig sensitiven PTBS-Kriterien in der ICD-10, der starken Abhängigkeit von Bezugspersonen und vom sozialen Umfeld sowie aufgrund genereller Barrieren in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung von einer Unterschätzung der Anzahl an betroffenen Kindern sowie von einer Unterversorgung ausgegangen werden.


Praxis ◽  
2019 ◽  
Vol 108 (9) ◽  
pp. 609-614
Author(s):  
Elias Villiger ◽  
Tanja Grandinetti ◽  
Giorgio Tamborrini
Keyword(s):  

Zusammenfassung. Informationen zu Gesundheitsthemen im Internet werden rege genutzt. Ein angemessenes Prüfen dieser Daten auf ihre Qualität, Vertrauenswürdigkeit und klinische Relevanz stellt aber selbst für viele Fachkräfte eine Herausforderung dar. Das hier vorgestellte Projekt bietet von Fachpersonen zusammengestellte und geprüfte Inhalte im Bereich des Bewegungsapparates an. Insgesamt sind 222 Begriffe definiert, beschrieben und mit klinisch relevanten Details versehen, um interessierten Fachpersonen einen schnellen und umfassenden Zugang zu hochwertigen, themenspezifischen Informationen zu gewährleisten. Ausserdem sind die Begriffe mit insgesamt 2150 Links auf geprüfte weiterführende Webseiten ergänzt. Alle Inhalte sind auf Deutsch und Englisch verfügbar und können entweder über eine Webseite oder per App abgerufen werden.


2014 ◽  
Vol 23 (3) ◽  
pp. 161-173 ◽  
Author(s):  
Marc Schmid ◽  
Claudia Dölitzsch ◽  
Tania Pérez ◽  
Nils Jenkel ◽  
Klaus Schmeck ◽  
...  

Über 20 % der stationären Jugendhilfemaßnahmen werden ungeplant beendet. Um Hilfe- und Beziehungsabbrüche vermeiden zu können, ist es wichtig, Jugendliche, welche die Jugendhilfe in besonderem Maße herausfordern, frühzeitig zu identifizieren, und besser zu verstehen, welche Faktoren das Risiko eines Abbruches erhöhen. Psychische Belastungen, Traumata, eine „Jugendhilfe-Karriere”, Delinquenz und psychopathische Persönlichkeitszüge gelten als Risikofaktoren für einen negativen Verlauf, weshalb sie in dieser Studie gezielt erfasst wurden. In einer Stichprobe von 497 Bewohnern Schweizer sozialpädagogischer Institutionen im Alter von 6 bis 26 Jahren wurden Teilnehmer mit und ohne irregulärem Maßnahmenende mittels uni- und multivariater Analyseverfahren miteinander verglichen. Sowohl univariate Analysen als auch eine binär logistische Regressionsanalyse ergaben, dass neben dem Alter vor allem psychopathische Persönlichkeitseigenschaften der zentrale Prädiktor für einen Abbruch der stationären Maßnahme sind. Das relative Risiko, die Maßnahme irregulär zu beenden, ist bei Teilnehmern mit auffällig hohen Werten auf Skalen, die psychopathische Eigenschaften erfassen, im Vergleich zu Teilnehmern mit durchweg unauffälligen Psychopathie-Werten um das Zwei- bis Dreifache erhöht. Aufgrund der Ergebnisse sollten spezifische pädagogische, milieu- und psychotherapeutische Konzepte für Jugendliche mit limitierten prosozialen Fertigkeiten entwickelt und evaluiert werden. Zudem sollten die Jugendlichen gezielt einem Screening unterzogen werden, um sicherzustellen, dass diese Persönlichkeitszüge im Rahmen der Hilfeplanung adäquat berücksichtigt werden können.


2016 ◽  
Vol 25 (4) ◽  
pp. 201-203 ◽  
Author(s):  
Franz Petermann ◽  
Ulrike Petermann

Zusammenfassung. Die Anzahl und die kulturelle Verschiedenheit der unbegleiteten Kinder und Jugendlichen, die in den letzten Monaten nach Deutschland gekommen sind, stellen eine große Herausforderung dar. Soziale Integration bildet die generelle Anforderung, wobei die Vielzahl der Erwartungen, unterschiedliche Wertesysteme und psychische Belastungen Barrieren einer erfolgreichen Integration bilden. Psychologische und therapeutische Maßnahmen sowie Angebote der Jugendhilfe können viele Probleme abfangen und als umfassendes Betreuungsangebot wertvolle Dienste leisten.


Die Hebamme ◽  
2019 ◽  
Vol 32 (05) ◽  
pp. 27-38
Author(s):  
Marco Kauert

In der Zeit von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett wirken physische und psychische Belastungen und Veränderungen auf Mutter und Kind ein. Eine osteopathische Behandlung kann Beschwerden lindern, auf die Geburt vorbereiten und in der Zeit des Wochenbetts unterstützen. Sie sollte dafür neben der Betreuung durch die Hebamme und den Arzt erfolgen, um Komplikationen zu vermeiden. Der Autor erklärt, was Osteopathie leisten kann und warum die Berufsgruppen voneinander lernen können.


2020 ◽  
Vol 48 (05) ◽  
pp. 301-309
Author(s):  
Karl Nuss ◽  
Simon Nogler ◽  
Isabelle Lüchinger ◽  
Michael Hässig ◽  
Laura Pieper ◽  
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Keyword(s):  

Zusammenfassung Gegenstand und Ziel Bei einer Milchkuhherde, die von Anbinde- in Laufstallhaltung umgestallt wurde, sollten die Veränderungen der Klauengesundheit, die der Schädigungen der Karpal- und Tarsalgelenke sowie der mit der Umstallung verbundene Stress untersucht werden. Material und Methoden Bei 4 Betriebsbesuchen im Abstand von 4–5 Monaten erfolgte bei initial 57 Milchkühen eine Befunderhebung im Klauenstand. Unterschieden wurde zwischen Klauenhorn- und Klauenhauterkrankungen sowie Schädigungen von Karpus und Tarsus. Beim 2. Besuch wurden einige Schwanzhaare abgeschnitten und deren Kortisolgehalt in 3 Segmenten analysiert. Ergebnisse Die schon in der Anbindehaltung hohe Prävalenz der Hauterkrankungen veränderte sich im Untersuchungszeitraum nicht (49 % beim 1. Besuch, 46 % beim letzten Besuch). Die Ballenhornfäule betraf im Anbindestall nur wenige (14 %) und zuletzt alle Kühe (100 %). Die Prävalenz der sonstigen Schäden des Hornschuhs nahm tendenziell ab. Nach der Umstallung kam es zu einer signifikanten Reduktion der Häufigkeit und Ausprägung der Karpal- und Tarsalschäden. Die Haarkortisolkonzentration war im Zeitraum der Umstallung sowie im Laufstall signifikant höher als im Anbindestall. Diskussion und Schlussfolgerung Unter der Vielzahl der beeinflussenden Faktoren hatten wahrscheinlich die bequemen Liegeboxen und die Gummilaufflächen den größten positiven Einfluss auf die Gesundheit der Karpal- und Tarsalgelenke. Die wechselnde Häufigkeit der Klauenhornschäden zeigte, dass diesbezüglich eine ständige Kontrolle erforderlich ist. Der Verlauf der Kortisolkonzentration kann auf erhöhtem Stress im Laufstall, jedoch auch auf einem ein „Auswascheffekt“ aus den älteren Haarsegmenten beruhen. Klinische Relevanz Die Verhältnisse der untersuchten Aufstallungsformen lassen sich nur bedingt auf andere Betriebe übertragen. Anhand der Besserung von Karpal- und Tarsalschäden wird jedoch die entscheidende Bedeutung des Kuhkomforts ersichtlich. Der signifikante Anstieg der Prävalenz der Ballenhornfäule weist auf die Schwächung des Hornschuhs im Laufstallmilieu hin.


2020 ◽  
Vol 18 (07) ◽  
pp. 276-282
Author(s):  
Berthold Maier
Keyword(s):  

ZUSAMMENFASSUNGDiabetespatienten mit Spritzenphobien beschreiben im Vorfeld und während des Spritzvorgangs bzw. beim Kathetersetzen panikartige Angstzustände, häufig mit Ohnmacht. In der Folge vermeiden Betroffene das Insulinspritzen, wann immer möglich. Die klinische Relevanz der eher seltenen und vorwiegend bei Kindern vorkommenden Angststörung ergibt sich aus der stark erschwerten Umsetzung der Insulintherapie mit dem Ziel des Erreichens normnaher Glukosewerte. Bei der Therapie hat sich die Methode der graduierten Exposition als wirksam erwiesen. Bei Patienten mit Furcht vor Einstichschmerzen helfen anfänglich Entspannungsmethoden, Kontrolle über das Angstgeschehen zu erleben. Bei zurückliegenden Ohnmachtserfahrungen können Patienten diese durch die Methode der „angewandten Anspannung“ kontrollieren. Die Reduktion phobischer Ängste gelingt mittelfristig jedoch nur durch Kontrollerfahrungen ohne Anwendung von Sicherheits- und Vermeidungsverhalten.


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