Übereinstimmung von Mutter-Kind-Aussagen und deren Einflussfaktoren am Beispiel des Kinder-DIPS in der Diagnostik psychischer Störungen im Jugendalter

2014 ◽  
Vol 43 (2) ◽  
pp. 92-103 ◽  
Author(s):  
Olga Propp ◽  
Anna Schilder ◽  
Kurt Hahlweg ◽  
Jasmin Hannighofer ◽  
Wolfgang Schulz

Theoretischer Hintergrund: In der Diagnostik psychischer Störungen im Jugendalter wird der Einbezug unterschiedlicher Urteilerperspektiven empfohlen. Die Aussagen unterschiedlicher Urteiler korrelieren jedoch nur gering. Fragestellung: Die Ziele dieser Arbeit bestehen in der Darstellung der Prävalenzen, der Übereinstimmung von Mutter-Kind-Aussagen sowie der Identifikation potentieller Prädiktoren von Nichtübereinstimmung hinsichtlich psychischer Störungen im Jugendalter. Methode: Die Stichprobe stammt aus dem DFG-Projekt „Zukunft Familie III” der Technischen Universität Braunschweig. Es wurden 234 Mütter (Alter: M = 46.4 Jahre, SD = 4.7) und deren Kinder im Alter zwischen 11 und 17 Jahren mit Hilfe des Diagnostischen Interviews bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter (Kinder-DIPS) und weiteren Verfahren befragt. Ergebnisse: Insgesamt liegen geringe Prävalenzen psychischer Störungen vor. Die Aussagen von Müttern und Jugendlichen weisen eine geringe bis mäßige Übereinstimmung auf (durchschnittliches κ = .26). Die Mütter berichten mehr externalisierende Störungen. Für internalisierende Störungen wurde kein signifikanter Unterschied zwischen Müttern und Jugendlichen gefunden. Die Jugendlichen berichten mehr Essstörungen und tendenziell mehr Schlafstörungen. Die psychische Belastung der Mutter, Konflikte innerhalb der Mutter-Kind-Beziehung und das Alter des Jugendlichen sind signifikante Prädiktoren für die Nichtübereinstimmung der Mutter-Kind-Aussagen. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, sowohl das Urteil der Mutter als auch das Urteil des Kindes in der Diagnostik psychischer Störungen im Jugendalter zu beachten. Praktische Implikationen werden abgeleitet.

1999 ◽  
Vol 28 (2) ◽  
pp. 95-104 ◽  
Author(s):  
Christa Winkler Metzke ◽  
Hans-Christoph Steinhausen

Zusammenfassung. Im Zürcher Adoleszenten-Psychopathologie-Projekt (ZAPP) wurden für Jungen und Mädchen allgemeine Risikofaktoren bzw. kompensatorische Faktoren für Indikatoren psychischer Störungen (internalisierende und externalisierende Störungen) sowie Protektions- und Vulnerabilitätsfaktoren bei N = 1110 10-17jährigen Probanden einer schulbasierten Quotenstichprobe erhoben. Dieser zweite Bericht behandelt die Beziehung von Belastungen durch Lebensereignisse mit dem perzipierten Erziehungsverhalten der Eltern, Faktoren der Schulumwelt und dem sozialen Netzwerk. Allgemeine kompensatorische Faktoren für beide Geschlechter waren Wärme und Unterstützung durch die Eltern sowie die Anerkennung durch Gleichaltrige, allgemeine Risikofaktoren für beide Geschlechter waren die wahrgenommene Ablehnung und psychischer Druck durch die Eltern, Konkurrenzverhalten zwischen den Schülern, Leistungsdruck und Kontrolle durch die Lehrperson. Ebenfalls für beide Geschlechter hatten die Faktoren des elterlichen Erziehungsverhaltens ‘Wärme/Unterstützung’ sowie ‘Regeln/Kontrolle’, die Anerkennung durch Gleichaltrige und die Effizienz des sozialen Netzwerkes einen protektiven Effekt, Ablehnung durch die Eltern einen Vulnerabilitätseffekt auf internalisierende Störungen. Nur für die Mädchen zeigte die Ablehnung durch die Eltern, nur für die Jungen der schulische Leistungsdruck einen Vulnerabilitätseffekt jeweils auf externalisierende Störungen.


Author(s):  
Inge Seiffge-Krenke ◽  
Sina Nitzko

Fragestellung: In der Qualitätssicherung der analytischen Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen fehlen bislang Studien, die die Effizienz aus der Sicht unterschiedlicher, an der Behandlung beteiligter Personen erheben. Methodik: In 28 Langzeitpsychotherapien bei Jugendlichen wurde die Effizienz der Behandlung aus der Sicht von Jugendlichen, ihren Eltern sowie ihren Therapeuten über drei Messzeitpunkte in einem Zeitraum von durchschnittlich 113 Stunden untersucht. Ergebnisse: Die Therapiegruppe (n = 28) unterschied sich von einer unbehandelten Wartekontrollgruppe (n = 32) nicht in wesentliche Stichprobenmerkmalen; auch das Diagnosespektrum war gleich. Die Therapeuten berichteten eine starke Veränderung in der psychischen und körperlichen Symptomatik (η2 = .62) und beschrieben auch einen deutlichen Rückgang in den zuvor bestandenen kommunikativen Beeinträchtigung des Kindes in Bezug auf Eltern, Geschwister und Freunde (η2 = .57) durch die Behandlung. Die Jugendlichen und ihre Eltern nahmen ebenfalls eine Abnahme internalisierender Symptome, externalisierender Symptome und der Gesamtsymptombelastung wahr (η2 = .26), allerdings sind die Ausgangswerte der Jugendlichen in der Selbsteinschätzung höher als in der Fremdeinschätzung. In Bezug auf die Diagnose (internalisierende Störungen vs. externalisierende Störungen) konnten keine Effekte auf die Behandlungseffizienz aus Sicht der Jugendlichen und Eltern festgestellt werden. Schlussfolgerungen: Die unterschiedlichen Perspektiven sollten in der therapeutischen Arbeit berücksichtigt werden.


Author(s):  
Christa Winkler Metzke ◽  
Hans-Christoph Steinhausen

Zusammenfassung. An einer schulbasierten Quotenstichprobe von N = 661 Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren wurde in zwei dreijährigen Follow-Ups (1) der Zusammenhang individueller und kollektiver Wahrnehmungen klassenspezifischer Lernumweltmerkmale (Anerkennung durch Peers, Konkurrenzdruck, Leistungsdruck, Bevormundung durch Lehrperson, Mitbestimmungschancen) mit internalisierenden und externalisierenden Störungen untersucht; (2) clusteranalytisch typische Ausprägungsmuster der erfassten Lernumweltmerkmale ermittelt; (3) der Verlauf der Lernumweltmerkmale in Abhängigkeit von der besuchten Schulart sowie die Prädiktion internalisierender und externalisierender Störungen durch individuell und kollektiv wahrgenommene Lernumweltmerkmale untersucht. Individuell wahrgenommene Lernumweltmerkmale korrelierten stärker mit den Parametern psychischer Befindlichkeit als Aggregatdaten. Clusteranalytisch ließen sich zwei günstige und drei ungünstige Lernumwelten ermitteln, letztere zeigten querschnittlich signifikant höhere Werte auf den Skalen internalisierende und externalisierende Störungen. Die Veränderung der Lernumweltmerkmale geschieht in Interaktion mit der besuchten Schulart. Prädiktoren für internalisierende Störungen waren bei den Mädchen die Individualdaten ,Leistungsdruck‘ und ,mangelnde Mitbestimmungschancen‘, für externalisierende Störungen die Individualdaten ,Konkurrenz‘ und ,mangelnde Mitbestimmungschancen‘ sowie die kollektiv wahrgenommene Lehrerkontrolle. Bei den Jungen waren Prädiktoren für externalisierende Störungen individuell wahrgenommene mangelnde Mitbestimmungschancen sowie die kollektiv wahrgenommene Anerkennung durch Peers.


Author(s):  
Isabel Boege ◽  
Renate Schepker ◽  
Dieter Grupp ◽  
Jörg M. Fegert

Zusammenfassung. Fragestellung: Aufsuchende stationsäquivalente Behandlung (StäB) ist seit dem 01.01.2017 in Deutschland möglich und seit dem 01.01.2018 abrechenbar. Dennoch wird StäB unter Infragestellung der Machbarkeit der Rahmenbedingungen derzeit nur an wenigen Standorten der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Deutschland regelhaft angeboten. Ziel war es, anhand der ersten 58 stationsäquivalent behandelten Kinder und Jugendlichen am ZfP Südwürttemberg (2018–2019) die Machbarkeit und Kosten von StäB zu evaluieren. Methodik: Es wurden alle seit dem 01.01.2018 konsekutiv stationsäquivalent behandelten Fälle eingeschlossen und anhand von rein deskriptiven Analysen in SPSS.25 evaluiert. Ergebnisse: Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug 37.95 Tage (SD 15.35), 86.2 % aller Familien beendeten die Behandlung regelgerecht, es kam nur bei drei Patientinnen und Patienten zu einem einvernehmlichen Behandlungsabbruch, fünf mussten in eine stationäre Behandlung verlegt werden. Es wurden primär internalisierende Störungen indiziert (70.7 %), während externalisierende Störungen nur ein Viertel der Behandlungsfälle ausmachten (27.8 %). Kosten einer StäB beliefen sich im Durchschnitt auf 8779,25 €. Schlussfolgerungen: StäB stellt eine neue Behandlungsform im familiären Umfeld dar, welche täglich stattfindet. Multiprofessionalität der Behandlung ist Voraussetzung. Eine Umsetzung in den gegebenen Rahmenbedingungen ist möglich. Eine Akzeptanz von den Familien ist gegeben, die durchschnittliche Behandlungsdauer liegt leicht über dem stationären Bundesdurchschnitt.


2002 ◽  
Vol 11 (4) ◽  
pp. 201-211 ◽  
Author(s):  
Wolfgang Ihle ◽  
Günter Esser ◽  
Martin H. Schmidt ◽  
Bernhard Blanz

Zusammenfassung. Fragestellung: Prospektive Bedeutung von Risikofaktoren des Kindes- und Jugendalters für externalisierende und internalisierende Störungen. Methode: Prospektive Längsschnittstudie vom Grundschul- zum frühen Erwachsenenalter. 321 Personen nahmen an allen Untersuchungen im Alter von 8, 13, 18 und 25 Jahren teil. Ergebnisse: Es zeigte sich, daß psychische Störungen in hohem Maße geschlechtsabhängig sind. Besonders groß waren die Unterschiede im frühen Erwachsenenalter, wobei internalisierende Störungen bei Frauen und externalisierende Störungen bei Männern deutlich überwogen. Externalisierende Störungen des Erwachsenenalters ließen sich besser vorhersagen als internalisierende Störungen. Dies ließ sich vor allem durch die größere prädiktive Bedeutung früher Risikofaktoren bis zum Alter von 8 Jahren erklären. Für die Vorhersage internalisierender Störungen war hingegen der Einfluß der Risikofaktoren des späten Jugendalters und des Übergangs zum Erwachsenenalter größer. 10 % der untersuchten Stichprobe wies persistente Störungen auf und stellt damit eine Hochrisikogruppe dar. Dieser Verlaufstyp zeichnet sich durch stabil hohe Risikokonstellationen zu allen Untersuchungszeitpunkten aus.


1999 ◽  
Vol 28 (1) ◽  
pp. 45-53 ◽  
Author(s):  
Christa Winkler Metzke ◽  
Hans-Christoph Steinhausen

Zusammenfassung. Im Zürcher Adoleszenten-Psychopathologie-Projekt (ZAPP) wurden für Jungen und Mädchen allgemeine Risikofaktoren bzw. kompensatorische Faktoren für Indikatoren psychischer Störungen (internalisierende und externalisierende Störungen) sowie Protektions- und Vulnerabilitätsfaktoren bei N = 1110 10-17jährigen Probanden einer schulbasierten Quotenstichprobe erhoben. Dieser erste Bericht analysiert die Beziehung der Belastung durch Lebensereignisse mit Bewältigungsstrategien und selbstbezogenen Kognitionen. Allgemeine Risikofaktoren für beide Geschlechter waren problemmeidendes Verhalten und erhöhte Selbstaufmerksamkeit. Ein allgemeiner kompensatorischer Faktor ebenfalls für beide Geschlechter war das Selbstwertgefühl. Aktive Bewältigungsstrategien stellten bei den Mädchen einen Protektionsfaktor für internalisierende Störungen dar. Problemmeidendes Verhalten erwies sich bei Jungen und Mädchen als Vulnerabilitätsfaktor für internalisierende Störungen. Darüberhinaus zeigte sich, daß problemmeidendes Verhalten bei den Jungen mit einer stärkeren Zunahme an externalisierenden Störungen einhergeht als bei den Mädchen.


2000 ◽  
Vol 29 (4) ◽  
pp. 284-292 ◽  
Author(s):  
Manfred Laucht ◽  
Günter Esser ◽  
Martin H. Schmidt

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: In taxonomischen Systemen psychischer Auffälligkeiten des Kindesalters werden externalisierende von internalisierenden Störungen abgegrenzt. Fragestellung: Es wurde der Frage nachgegangen, ob diesen Störungsmustern eine spezifische Pathogenese und eine differentielle Ätiologie zugrunde liegen. Methode: Im Rahmen einer prospektiven Längsschnittstudie an 362 Kindern mit unterschiedlichen organischen und psychosozialen Risikobelastungen wurden emotionale und Verhaltensauffälligkeiten vom Säuglings- bis zum Grundschulalter mittels eines standardisierten klinischen Interview diagnostiziert. Merkmale der frühen Mutter-Kind-Interaktion wurden mit Hilfe einer standardisierten Verhaltensbeobachtung im Alter von 3 Monaten erfaßt. Ergebnisse: Externalisierende Störungen manifestierten sich früher, kamen auf jeder Altersstufe häufiger vor, und zeigten eine größere Stabilität als internalisierende Störungen. Frühindikatoren späterer Störungen ließen sich bereits ab dem Kleinkindalter nachweisen. Vor allem externalisierende Störungen standen im Zusammenhang mit frühen psychosozialen Risiken. Vorläufer späterer Störungen fanden sich in spezifischen dysfunktionalen Interaktionsmustern der Mutter-Kind-Interaktion im frühen Säuglingsalter. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse stehen im Einklang mit der Vorstellung entwicklungspsychopathologisch distinkter Störungskategorien.


Author(s):  
G. Hinrichs ◽  
A. Behnisch ◽  
K. Krull ◽  
S. Reimers

Zusammenfassung Fragestellung: An einer Stichprobe von 145 männlichen Inhaftierten des Jugendstrafvollzuges wurden Einflussfaktoren, Struktur und Vorhersagbarkeit von Therapiemotivation erfasst. Methodik: Als Prädiktoren dienten biographische Daten, die Therapieerwartung, Persönlichkeitsmerkmale (gemessen mit dem FPI-R) sowie die psychische Belastung (erhoben über die Symptomcheckliste). Das Kriterium Therapiemotivation untergliederte sich in die Bereiche: Leidensdruck, Unzufriedenheit, Änderungswunsch, Hilfewunsch und Erfolgserwartung. Ergebnisse: Innerhalb der Stichprobe fand sich eine deutliche biographische, psychische und symptomatologische Belastung. Bei mittleren Werten für die Therapieerwartung und -motivation erklärten sich zwei Drittel zu einer Behandlung während ihrer Inhaftierung bereit. Schlussfolgerungen: Therapiemotivation erwies sich als eindimensionales Konstrukt, ließ sich am ehesten aus der emotionalen Labilität vorhersagen, gefolgt von der Symptombelastung, der Therapieerwartung sowie der Gehemmtheit. Bedeutsame Unterschiede durch zusätzliche Gruppenvergleiche fanden sich im Wesentlichen für die testpsychologischen Kennwerte, nicht so sehr für das Konstrukt der Therapiemotivation.


2001 ◽  
Vol 58 (7) ◽  
pp. 413-418 ◽  
Author(s):  
Jean Siegfried ◽  
G. Wellis ◽  
S. Scheib ◽  
D. Haller ◽  
A. M. Landolt ◽  
...  

Das Gamma Knife ist ein stereotaktisch-radiochirurgisches Gerät, das erlaubt, radiologisch scharf begrenzte Hirntumore (oder arteriovenöse Missbildungen) mit einem Durchmesser von maximal 3,5 cm und einem Volumen von höchstens 25 cm3 zu behandeln. Diese Methode ist eine echte Alternative zur klassischen Behandlung von Hirnmetastasen mit operativer Entfernung und/oder Ganzhirnbestrahlung. Die Vorteile dieser Technik sind klar: die Methode ist nicht invasiv, die Behandlung benötigt nur eine Sitzung mit einer kurzen Hospitalisation von höchstens zwei bis drei Tagen, die physische und psychische Belastung ist gering, der Kopf wird weder rasiert noch verliert der Patient durch die Behandlung seine Haare; für eine befriedigende Überlebenszeit wird eine gute Lebensqualität erreicht und im Kostenvergleich mit alternativen Methoden (Operation und/oder anschließender Ganzhirnbestrahlung) wirtschaftlich günstiger. Von September 1994 bis Dezember 2000 wurden am Gamma Knife Zentrum in Zürich 140 an Hirnmetastasen leidende Patienten mit dieser Methode behandelt. Mit einer Überlebenszeit von durchschnittlich 263 Tagen und einem Maximum von drei Jahren entsprechen unsere Resultate denjenigen der Literatur mit weltweit über 30000 behandelten Patienten. Günstige Prognosen sind ein Karnofsky Performance Rating Scale Score zwischen 70 und 100, kleine Volumina der Metastasen, kontrollierter Primärtumor und fehlende oder stabile extrakranielle Metastasen.


Author(s):  
Sebastian Trautmann ◽  
Lars Pieper ◽  
Sören Kuitunen-Paul ◽  
Jakob Manthey ◽  
Hans-Ulrich Wittchen ◽  
...  
Keyword(s):  

Zusammenfassung. Zielsetzung: Erfassung der Prävalenz und Behandlungsraten von Störungen durch Alkoholkonsum (SdA) in der primärärztlichen Versorgung in Deutschland. Methodik: Die Stichprobe umfasst 1356 von 2304 diagnostizierten Patienten mit SdA aus 76 von 207 zufällig gezogenen Hausarztpraxen in Berlin, Brandenburg und Sachsen. Daten zu Diagnosen, störungsbezogener Behandlung und Behandlungskorrelaten wurden 2013/2014 durch Dokumentation der Ärzte sowie durch persönliche/telefonische Patientenbefragung erfasst (Stichtagserhebung). Ergebnisse: In der primärärztlichen Versorgung lag die 12-Monatsprävalenz der Alkoholabhängigkeit bei 17.0 % für Männer und 6.4 % für Frauen, die Behandlungsrate betrug für Männer 22.3 % und für Frauen 6.7 %. Die Prävalenz von Alkoholmissbrauch (nur Patientenbefragung) lag bei 3.6 %, hier befand sich keiner der Fälle aktuell in einer störungsbezogenen Behandlung. Konsummenge und -muster (Hochkonsum, Rauschtrinken) sowie somatische (Lebererkrankung) und psychische (schwere psychische Belastung) Komorbidität waren positiv mit dem Behandlungsstatus assoziiert. Schlussfolgerungen: Trotz hoher Prävalenz ist die Behandlungsrate von SdA in der primärärztlichen Versorgung gering, wobei v. a. Patienten mit einer schweren SdA sowie somatischen und psychischen Folgeerscheinungen behandelt werden. Durch frühzeitiges Erkennen von SdA und eine frühere Initiierung einer Behandlung könnten niedergelasssene Ärzte zur Vermeidung einer Chronifizierung mit entsprechenden Folgeschäden beitragen.


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