ZusammenfassungThromboembolische Komplikationen in der Schwangerschaft sind seltene, wegen des Risikos einer Lungenembolie jedoch lebensbedrohliche Krankheitszustände. Auch Langzeitschäden an den Venenklappen, die zu einem postthrombotischen Syndrom führen können, sind zu bedenken. Da in jedem Fall die Antikoagulation als erste therapeutische Maßnahme angezeigt ist, war es naheliegend, Heparin nicht nur wegen seiner akut einsetzenden Wirkung, sondern auch wegen fehlender Plazentagängigkeit einzusetzen. Hier liegt der Unterschied zu den Kumarinderivaten, die beim Fetus neben einer Kumarinembryopathie auch Blutungen auslösen können, so daß nur in zwei Drittel aller Schwangerschaften mit einem unkomplizierten Verlauf gerechnet werden kann.Ein wesentlicher Nachteil der Heparine ist, daß sie nur parenteral eingesetzt werden können und die Langzeitanwendung über 2-bis 3malige tägliche subkutane Injektionen erfolgen muß.Inzwischen sind Indikationen zur Prophylaxe thromboembolischer Erkrankungen in der Schwangerschaft etabliert. Liegt eine thromboembolisehe Erkrankung in der Anamnese vor, ist langdauernde Bettruhe mit oder ohne Tokolyse angezeigt und sind operative Eingriffe in der Schwangerschaft erforderlich, ist eine Prophylaxe mit niederdosiertem Heparin angezeigt. Insbesondere bei postthrombotischem Zustand kann es erforderlich sein, über viele Wochen subkutan Heparin zur Prophylaxe anzuwenden. Eine ähnliche Situation entsteht auch bei Patientinnen mit Herzklappenersatz, die dann allerdings therapeutisch antikoaguliert sind und Heparin, im allgemeinen subkutan über mehrere tägliche Dosen verteilt, erhalten. Relativ häufig ergeben sich Unverträglichkeitsreaktionen, die auf die häufigen Injektionen und die Antigenität des unfraktionierten Heparins zurückzuführen sind. Hier scheinen die niedermolekularen Heparine wegen ihres verzögerten Umsatzes und ihrer geringeren Antigenität ein alternatives Behandlungskonzept zur eröffnen.Ihre ausgeprägt anionische Ladungseigenschaft scheint in Übereinstimmung mit Befunden beim unfraktionierten Heparin für die fehlende Plazentapassage verantwortlich zu sein. In zahlreichen Tierversuchen konnte radioaktiv markiertes niedermolekulares Heparin beim Fetus nicht nachgewiesen werden und funktionelle Veränderungen (Anstieg der Anti-Xa-Aktivität bzw. eine Verlängerung der aPTT) waren nicht festzustellen.Erste Untersuchungen beim Menschen zeigten nach hochdosierter Anwendung niedermolekularen Heparins bei Müttern nach Schwangerschafts-abbrüchen im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel keine Veränderung funktioneller Gerinnungsparameter beim Fetus.In einzelnen Fällen therapeutischer und prophylaktischer Antikoagulation bei Unverträglichkeitsreaktionen auf konventionelles Heparin wurde niedermolekulares Heparin erfolgreich über längere Zeiträume eingesetzt. Bei den Neugeborenen waren keine Gerinnungsveränderungen nachweisbar, die Mütter profitierten von geringeren Nebenwirkungen und längeren Inj ektionsin t ervallen.In einer eigenen prospektiven Studie wurde niedermolekulares Heparin bei einer Reihe von Patientinnen mit Unverträglicheitsreaktionen angewendet. In Übereinstimmung mit der bisher bekannten Literatur war ein Übertritt auf die Neugeborenen funktionell nicht nachweisbar. Weitere Fallbeobachtungen sollten angeschlossen werden, um die Vorteile niedermolekularen Heparins in der Schwangerschaft breiter nutzen zu können.