Zusammenfassung
Ziele der Studie Bestimmungsfaktoren einer Teilnahme von Brustkrebspatientinnen an einer onkologischen Rehabilitation sind bislang wenig erforscht. Der vorliegende Beitrag untersucht, welche soziodemografischen, medizinischen und arbeitsplatzbezogenen Prädiktoren die Inanspruchnahme und den Beginn einer onkologischen Rehabilitation nach einer Brustkrebsoperation voraussagen.
Methodik Die vorliegende Untersuchung basiert auf einer schriftlichen Wiederholungsbefragung von erwerbstätigen Brustkrebspatientinnen im Rahmen einer in Niedersachsen durchgeführten multizentrischen Studie der Medizinischen Hochschule Hannover. Es wurden logistische Regressionen zur Inanspruchnahme einer Rehabilitation und lineare Regressionen zum Zeitpunkt des Maßnahmenbeginns gerechnet. Die abhängige Variable der linearen Regression ist die Anzahl der Wochen nach der primären OP bis zum Reha-Beginn.
Ergebnisse Die Stichprobe besteht aus 409 Brustkrebspatientinnen, die zu allen 3 Zeitpunkten an der Befragung teilgenommen hatten. Die Responserate der Erstbefragung 3 Wochen nach der OP (t0) betrug 80,1%, die der Zweitbefragung nach 6 Monaten (t1) 95,2% und die der Drittbefragung nach 12 Monaten (t2) 89,9%. Innerhalb des ersten Jahres nach der Operation nahmen 294 Patientinnen und damit 72% aller Studienteilnehmerinnen an einer onkologischen Rehabilitation teil. Die Befragten, die ihre Reha zu 90% vor der Rückkehr in den Beruf antraten, begannen ihre Rehabilitation im Durchschnitt 21 Wochen nach ihrer primären Operation. Eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit der Reha-Teilnahme zeigte sich, wenn zu t0 ein Bedürfnis nach der Klärung der beruflichen Situation bestand (OR=2,74, p<0,01) oder wenn die Patientinnen ein ungünstiges Verhältnis zwischen Verausgabung und Belohnung am Arbeitsplatz im Sinne des Gratifikationskrisenmodells angaben (OR=3,89, p<0,05). Mit zunehmendem Alter und unter Realschulabsolventinnen im Vergleich zu Hauptschulabsolventinnen (OR=4,23) zeigte sich ebenfalls eine vermehrte Aussicht auf eine Reha-Teilnahme sowie bei Studienteilnehmerinnen, die zu t0 im SF-12 eine reduzierte körperliche Gesundheit (OR=0,94, p<0,01) aufwiesen.
Schlussfolgerung Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass Brustkrebspatientinnen mit höheren Verausgabungen am Arbeitsplatz und mit vermehrtem Klärungsbedarf ihrer beruflichen Situation mit höherer Wahrscheinlichkeit an einer onkologischen Reha teilnehmen als Patientinnen in einer weniger belasteten Situation. Dieser Befund kann als Indiz gewertet werden, dass der erhöhte Bedarf dieser Personengruppe tatsächlich auch zu einer vermehrten Inanspruchnahme einer Rehabilitation führt, die angetreten wird, sobald es die medizinischen Nachbehandlungen erlauben. Die relativ frühe Inanspruchnahme der Patientinnen mit einer verminderten psychischen Gesundheit richtet den Blick auf den besonderen Bedarf dieser Personengruppe.