Entwicklung von Affiliation während der Psychotherapieausbildung
Zusammenfassung Fragestellung Die Studie untersuchte die Entwicklung von Affiliation bei psychotherapeutischen Ausbildungskandidat:innen in Bezug auf ihr therapeutisches Handeln, ihre Selbstwahrnehmung und ihre Wahrnehmung von Klient:innen. Zudem wurde der Einfluss von Bindungsrepräsentationen und Selbsterfahrung auf die Affiliation betrachtet. Material und Methode In einem naturalistischen Prä-Post-Design bewerteten Ausbildungskandidat:innen unterschiedlicher therapeutischer Orientierungen (n = 126) verschiedene Affiliationsdimensionen in schwierigen Therapiesituationen (Intrex Questionnaire Short Form) über den Abstand von 3 Jahren. Bindungsangst und Bindungsvermeidung wurden zu Beginn (Experiences in Close Relationships, ECR-RD), Länge und Zufriedenheit der Selbsterfahrung am Ende des Erhebungszeitraums erfasst. Die Zusammenhangsanalysen wurden in Mehrebenenmodellen realisiert. Ergebnisse Die Affiliation im eigenen therapeutischen Verhalten und in der Wahrnehmung des Klient:innenverhaltens zeigte Steigerungen kleiner Effektgröße, wobei Bindungsvermeidung eine geringere Affiliation im eigenen Verhalten voraussagte. Die selbstbezogene Affiliation nahm mit einer mittleren Effektgröße ab; hierbei war Bindungsangst mit einer niedrigeren Affiliation assoziiert. Die Selbsterfahrungsdauer wies einen negativen Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Klient:innenverhaltens auf; dieser Effekt kehrte sich bei hoher Bindungsvermeidung um. Die Zufriedenheit mit Selbsterfahrung hatte keinen Einfluss auf die Affiliationsentwicklung. Schlussfolgerung Die interpersonelle und intrapsychische Affiliation von angehenden Psychotherapeut:innen ist z. T. durch Bindungsrepräsentationen geprägt, unterliegt aber Entwicklungsprozessen. Die Abnahme selbstbezogener Affiliation zeigt die Notwendigkeit für kompensatorische und ressourcenstärkende Maßnahmen in der Psychotherapieausbildung.