Welterschließende Affekte und das explanative Potenzial eines psychoanalytischen Konzepts für die Kulturpsychologie: Abjektion
ZusammenfassungNach einer Empfehlung, Gefühle (Affekte, Emotionen) als eigenständige, welterzeugende und -erschließende Phänomene zu analysieren, wird auf Abjektivierungen und Abjektionen fokussiert. Das von Julia Kristeva eingeführte psychoanalytische Konzept wird als ein für die Kulturpsychologie heuristisch wertvoller Begriff vorgestellt. Damit lassen sich die in verletzten Selbstgefühlen, gefährdeter Selbstachtung und „seelischer Selbstvergiftung“ (Max Scheler) begründeten Abwertungen und radikalen Entwertungen von Anderen, kulturell Fremden zumal, verstehend erklären. Abjektivierungen und Abjektionen dienen der Bewahrung eigener psychischer, sozialer, kultureller und politischer Ordnungen. Sie zeitigen dabei jedoch polemogene, destruktive Effekte, die das einvernehmliche Zusammenleben von Menschen und den für jede differenzsensible, pluralistische und tolerante Gesellschaft notwendigen Zusammenhalt untergraben und massiv gefährden. Der Beitrag endet mit einem Plädoyer für eine psychologische Aufklärung, die Gefühlsarbeit – eine mühsame Verwandlung affektiver Abjektivierungen und Abjektionen – nach sich ziehen muss.