Abhängigkeitspotenzial und andere Risiken von Opioidanalgetika im Alter

Author(s):  
Dirk K. Wolter

Zusammenfassung. Zielsetzung: Übersicht über Suchtpotenzial und andere Risiken von Opioidanalgetika im höheren Lebensalter. Methodik: Narrativ review. Literaturrecherche in PubMed (Suchbegriffe: opioid analgesics UND abuse; opioid analgesics UND dependence; opioid analgesics UND addiction; opioid analgesics UND adverse effects; jeweils UND elderly) sowie aktuellen einschlägigen Standardwerken; Auswahl nach altersmedizinischer Relevanz und Aktualität. Ergebnisse: Die Verordnung von Opioidanalgetika (OA) hat in den letzten 25 Jahren massiv zugenommen, die weitaus meisten Verordnungen entfallen auf alte Menschen und Menschen mit chronischen Nicht-Tumorschmerzen (CNTS). Die diagnostischen Kriterien für die Opiatabhängigkeit in ICD-10 und DSM-5 sind für die OA-Behandlung von CNTS ungeeignet. Bei langfristiger OA-Behandlung bei CNTS kann eine spezifische Form von Abhängigkeit entstehen, die nicht mit der illegalen Opiat-(Heroin-)Sucht gleichzusetzen ist. Vorbestehende Suchterkrankungen und andere psychische Störungen sind die wesentlichsten Risikofaktoren. Weitere Nebenwirkungen sind zu beachten. Schmerztherapie bei Suchtkranken stellt eine besondere Herausforderung dar. Schlussfolgerungen: Die Anwendung von OA bei CNTS verlangt eine sorgfältige Indikationsstellung. Die besondere Form der Abhängigkeit von OA ist nicht ausreichend erforscht und wird zu wenig beachtet.

2020 ◽  
Vol 29 (4) ◽  
pp. 173-177
Author(s):  
Alexander von Gontard ◽  
Margarete Bolten ◽  
Monika Equit ◽  
Tina In-Albon

Zusammenfassung. Psychische Störungen sind bei Säuglingen, Klein- und Vorschulkindern mit einer Prävalenz von 10 – 15 % häufig. Sie sind vielfältig und umfassen sowohl externalisierende Störungen (wie ADHS und Störung des Sozialverhaltens) als auch internalisierende (wie Depression und Angststörungen). Sie weisen hohe Komorbiditätsraten auf und können langfristig persistieren und chronifizieren. Darüber hinaus können viele seltene Störungen junge Kinder betreffen und beeinträchtigen. Manche Störungen sind sogar spezifisch für das junge Alter. Ferner spielen die Beziehung zur Bezugsperson – und die Identifizierung von Beziehungsstörungen – eine besondere Rolle. Da die diagnostischen Kriterien der bisherigen Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-5 für junge Kinder nicht sensibel genug sind, wurde das Klassifikationssystem DC: 0 – 5 für das Alter von 0 bis 5 Jahren entwickelt. Das Ziel dieses Sonderheftes ist es, einen Überblick über die DC: 0 – 5 zu vermitteln. In der ersten Übersichtsarbeit wird der diagnostische Prozess aufgezeigt. Die zweite Übersichtsarbeit widmet sich dem Aufbau und den Neuerungen der DC: 0 – 5. Eine dritte Übersichtsarbeit untersucht die Diagnosen nach ICD-10 und DC: 0 – 5 im Vergleich in einem naturalistischen Setting. Eine letzte Originalarbeit untersucht die psychometrischen Eigenschaften des strukturierten Interviews SIVA 0 – 6, das auch für DC: 0 – 5 kodiert. Zusammengefasst ist die DC: 0 – 5 das zurzeit genaueste Klassifikationssystem zur Diagnose psychischer Störungen bei jungen Kindern in der Praxis und in der Forschung.


2014 ◽  
Vol 71 (10) ◽  
pp. 599-607 ◽  
Author(s):  
Martin Neuenschwander

Digitale Medien sind mittlerweile unentbehrlich in Schule, Beruf, Familie und Freizeit und durchdringen unseren Alltag immer stärker. Dazu vermögen sie die Menschen aller Altersstufen zu faszinieren dank vielfältiger und immer neuer Nutzungsmöglichkeiten für Kommunikation, Unterhaltung und Spiel. Von großer Relevanz sind diesbezüglich insbesondere soziale Netzwerke und Onlinespiele, an denen sich täglich Millionen beteiligen. Der Großteil der Bevölkerung nutzt diese interaktiven Medien funktional, selbstbestimmt und genussvoll. Andererseits belegen empirische Studien, dass eine Minderheit von 1 % bis 6 % ein dysfunktionales, suchtartiges Verhalten zeigt, typischerweise bei der Onlinekommunikation, beim Computerspiel oder beim Konsum von erotisch-pornografischem Bildmaterial. Das Störungsbild „Onlinesucht“ ist zwar eine Realität, figuriert bisher aber nicht als offizielle Diagnose in den Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-5. Die Fachdiskussion über die nosologische Einordnung des Störungsbildes ist noch im Gang. Für die klinische Praxis existieren allerdings bereits jetzt valide diagnostische Hilfestellungen. Da das zur Verfügung stehende professionelle Beratungs- und Therapieangebot nur spärlich in Anspruch genommen wird, kommt der medizinischen Grundversorgung für die Früherkennung und Triage hinsichtlich adäquater Interventionen eine wichtige Bedeutung zu. Im deutschsprachigen Raum stehen verschiedene webbasierte Plattformen für Prävention, Beratung und Therapie zur Verfügung.


Author(s):  
Timo D. Vloet ◽  
Marcel Romanos

Zusammenfassung. Hintergrund: Nach 12 Jahren Entwicklung wird die 11. Version der International Classification of Diseases (ICD-11) von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Januar 2022 in Kraft treten. Methodik: Im Rahmen eines selektiven Übersichtsartikels werden die Veränderungen im Hinblick auf die Klassifikation von Angststörungen von der ICD-10 zur ICD-11 zusammenfassend dargestellt. Ergebnis: Die diagnostischen Kriterien der generalisierten Angststörung, Agoraphobie und spezifischen Phobien werden angepasst. Die ICD-11 wird auf Basis einer Lebenszeitachse neu organisiert, sodass die kindesaltersspezifischen Kategorien der ICD-10 aufgelöst werden. Die Trennungsangststörung und der selektive Mutismus werden damit den „regulären“ Angststörungen zugeordnet und können zukünftig auch im Erwachsenenalter diagnostiziert werden. Neu ist ebenso, dass verschiedene Symptomdimensionen der Angst ohne kategoriale Diagnose verschlüsselt werden können. Diskussion: Die Veränderungen im Bereich der Angsterkrankungen umfassen verschiedene Aspekte und sind in der Gesamtschau nicht unerheblich. Positiv zu bewerten ist die Einführung einer Lebenszeitachse und Parallelisierung mit dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5). Schlussfolgerungen: Die entwicklungsbezogene Neuorganisation in der ICD-11 wird auch eine verstärkte längsschnittliche Betrachtung von Angststörungen in der Klinik sowie Forschung zur Folge haben. Damit rückt insbesondere die Präventionsforschung weiter in den Fokus.


Author(s):  
Christine M. Freitag
Keyword(s):  
Dsm 5 ◽  
Icd 10 ◽  

Die Autismus-Spektrum Störung (ASS) wird in DSM-5 als eine Erkrankung aus den ICD-10 bzw. DSM-IV TR-Diagnosen frühkindlicher Autismus, Asperger Syndrom und atypischer Autismus/PDD-nos zusammengefasst und weist entsprechend revidierte Kriterien auf. In dem vorliegenden Artikel werden diese Kriterien vergleichend dargestellt, Studien zu Validität und Reliabilität der neuen ASS-Diagnose präsentiert und offene Fragen diskutiert. Ein Ausblick auf die klinische und wissenschaftliche Bedeutung wird gegeben.


Praxis ◽  
2015 ◽  
Vol 104 (23) ◽  
pp. 1271-1277
Author(s):  
Paul Hoff ◽  
Paul Camenisch
Keyword(s):  
Dsm 5 ◽  

Zusammenfassung. Das Thema «Persönlichkeitsstörungen» berührt viele grundsätzliche Fragen der Psychiatrie: Gibt es eine klare Grenze zwischen normalem und krankhaftem Verhalten? Nach welchen Kriterien wird sie festgelegt? Handelt es sich bei Persönlichkeitsstörungen wirklich um psychische Krankheiten oder nicht doch «nur» um Variationen menschlicher (Er-)Lebensstile? Der Beitrag zeichnet die Entwicklung des Begriffsfeldes Psychopathie/Persönlichkeitsstörung vom frühen 19. Jahrhundert bis zur heutigen Diagnostik nach ICD-10 und DSM-5 nach. Die Debatte bewegt sich dabei – wie bei jeder psychischen Störung – zwischen den Polen psychopathologischer, neurobiologischer und sozialwissenschaftlicher Ansätze. Praktisch bedeutsam ist, dass heute wirksame Therapieoptionen zur Verfügung stehen, dass also der früher verbreitete therapeutische Nihilismus in Bezug auf Menschen mit Persönlichkeitsstörungen fehl am Platz ist.


2017 ◽  
Vol 46 (3) ◽  
pp. 176-186 ◽  
Author(s):  
Jürgen Margraf ◽  
Jan Christopher Cwik ◽  
Verena Pflug ◽  
Silvia Schneider

Zusammenfassung. Psychische Störungen können über die ganze Lebensspanne auftreten. Strukturierte klinische Interviews sind zentrale Hilfsmittel für ihre rasche, zuverlässige und umfassende Diagnostik. Im deutschsprachigen Raum stehen mit den Verfahren der DIPS-Familie Interviews zur Diagnostik psychischer Störungen über die gesamte Lebensspanne zur Verfügung, die seit den 90er Jahren regelmäßig aktualisiert wurden. Ihre Reliabilität, Validität und Akzeptanz wurde wiederholt in großen Stichproben aus ambulanten, stationären und Forschungssettings überprüft. Die Einführung des DSM-5 erforderte eine umfassende Überarbeitung der DIPS-Interviews, deren wesentliche Merkmale dargestellt werden. Um die breitere Verwendung von strukturierten klinischen Interviews zu fördern, werden die Verfahren der DIPS-Familie neu als „Open Access-Dokumente“ zur Verfügung gestellt. Abschließend werden weitere Entwicklungen zu Training, Dissemination und Computerisierung im Ausblick angesprochen.


2013 ◽  
Author(s):  
Barbara J. Thompson ◽  
Barbara L. Vivino
Keyword(s):  
Dsm 5 ◽  

2015 ◽  
Vol 34 (11) ◽  
pp. 880-887
Author(s):  
L. Sabaß ◽  
J. Dewald-Kaufmann ◽  
A. Jobst ◽  
F. Padberg

ZusammenfassungChronische Verläufe depressiver Störungen werden diagnostisch in ICD-10 nicht ausreichend abgebildet. Zu der im neuen DSM-5 verankerten Krankheitsentität der “persistierenden depressiven Störung” gibt es kein Korrelat. Gleichwohl ist der Langzeitverlauf depressiver Störungen von hoher klinischer Relevanz. Chronizität ist mit Therapieresistenz und vermehrter Suizidalität assoziiert, ist durch erhebliche psychosoziale Einschränkungen gekennzeichnet und mit z. B. einer höheren Komorbidität mit Angstsyndromen, somatoformen Beschwerden und Persönlichkeitsstörungen vergesellschaftet. In vielen Leitlinien wird dabei ein kombiniertes Vorgehen aus Pharmakotherapie, anderen neurobiologischen Therapieansätzen und Psychotherapie empfohlen. Diese Übersichtsarbeit stellt die wesentlichen psychotherapeutischen Ansätze für die Behandlung chronischer Depressionen zusammen und bewertet die Studienlage. Aufgrund der aktuellen Datenlage ergibt sich hierbei ein Fokus auf das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP), das gegenwärtig in vielen Kliniken sowie in ambulanten und teilstationären Settings erprobt wird. Zudem wird ein Ausblick auf notwendige Entwicklungen und Forschungsbedarf im Bereich chronischer Depressionen gegeben.


2015 ◽  
Vol 12 (02) ◽  
pp. 110-117
Author(s):  
O. Pogarell ◽  
G. Koller
Keyword(s):  
Dsm 5 ◽  
Icd 10 ◽  

Zusammenfassung Hintergrund: Im Jahr 2014 wurde das DSM-IV durch die fünfte Version des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSM-5) abgelöst. In der vorliegenden Übersicht soll auf die Darstellung der Abhängigkeitserkrankungen im DSM-5 (Kapitel: Substance Related and Addictive Disorders, in der Übersetzung: Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen und abhängige Verhaltensweisen) eingegangen werden. Ziel: Nach einem Überblick über die neue Systematik werden die entsprechenden Änderungen und Besonderheiten gegenüber DSM-IV und ICD-10 erläutert, sowie die Rezeption im deutschsprachigen Raum dargestellt.


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