Differentielle Betrachtung des Zusammenhangs von therapeutischer
Beziehung und Therapieerfolg in einem tagesklinischen
Versorgungssetting
Zusammenfassung Ziel der Studie Die therapeutische Beziehung gilt als bedeutsamer und empirisch gut gesicherter Einflussfaktor auf den Psychotherapieerfolg. Ziel der vorliegenden Studie war es, diesen Effekt anhand einer großen tagesklinischen Stichprobe zu replizieren sowie verschiedene Einschätzungsbereiche der therapeutischen Beziehung in einer Extremgruppe besonders niedriger Beziehungszufriedenheit gesondert zu betrachten. Methodik Es erfolgte eine longitudinale Betrachtung von n=809 Patienten (MW=34,32; SD=10,7; 72,6% weiblich) in einem tagesklinischen Versorgungssetting. Der Zusammenhang von therapeutischer Beziehung (Helping Alliance Questionnaire; HAQ-S) in der dritten Behandlungswoche und Therapieerfolg (Brief Symptom Inventory-18; BSI-18) wurde mittels multipler Regressionanalysen berechnet. Dies erfolgte sowohl für die Gesamtstichprobe, als auch die Extremgruppe des unteren Dezils der Fälle mit der geringsten Beziehungszufriedenheit sowie der übrigen 90 % der Fälle. Hierbei wurde zwischen Beziehungs- und Erfolgszufriedenheit als Subskalen des HAQ differenziert. Ergebnisse Die therapeutische Beziehung nach 3 Wochen war ein signifikanter Prädiktor von Therapieerfolg. In der Extremgruppe des Dezils mit der initial niedrigsten Beziehungszufriedenheit zeigte sich dieser Zusammenhang als statistisch signifikant und stark, jedoch aufgrund des breiten Konfidenzintervalls nicht praktikabel zur Prädiktion individueller Fälle (β=0,622; 95% KI [0,051; 1,095]). Dagegen ergab sich für die übrigen 90% der Fälle für die Beziehungszufriedenheit keine über die Aufklärung durch die Erfolgszufriedenheit (β=0,244; 95% KI [0,176; 0,391]) hinausgehende Varianzaufklärung beim Therapieerfolg. Diskussion Die Ergebnisse bestätigen die Bedeutung des Wirkfaktors der therapeutischen Beziehung auch in einem tagesklinischen Setting. Der Beziehungszufriedenheit kommt nur in der Extremgruppe besonders unzufriedener Patienten eine zentrale, andere Faktoren übersteigende Bedeutung in der Prädiktion des Therapieerfolges zu. Schlussfolgerung Die Sicherstellung einer zumindest ausreichend guten therapeutischen Beziehung ist von großer Bedeutung und Bedarf daher der frühzeitigen Identifizierung und gegebenenfalls Intervention bei besonders ungünstig verlaufender therapeutischer Beziehung.