Knochen und Diabetes mellitus

2020 ◽  
Vol 29 (01) ◽  
pp. 7-12
Author(s):  
Stephan H. Scharla

ZusammenfassungDiabetes mellitus ist mit einem erhöhten Risiko für Osteoporose und Frakturen assoziiert. Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 sind stärker betroffen, mit einem relativen Risiko für Hüftfrakturen von 2,5 bis 12. Das Risiko für Wirbelfrakturen ist bis 2-fach erhöht. Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist das Frakturrisiko nicht so deutlich erhöht und mit der Zeitdauer der Diabetes-Erkrankung, dem Vorliegen von vaskulären Schäden, einer Neuropathie und mit einer Insulintherapie assoziiert. Ursachen für das gesteigerte Frakturrisiko sind toxische Effekte von hohen Glukosekonzentration auf Osteoblasten, die Glykierung von Knochenmatrixproteinen mit Veränderung der Kollagenstruktur, hormonelle Veränderungen und eine Störung der Knochenarchitektur. Das Frakturrisiko kann auch schon ohne deutliche Knochendichte-Minderung bereits erhöht sein. Die therapeutische Interventionsschwelle bei der Knochendichtemessung sollte deshalb in Richtung höhere Werte angepasst werden. Der Knochen als endokrines Organ moduliert aber auch den Zuckerstoffwechsel. Das aus dem Knochen freigesetzte untercarboxylierte Osteocalcin stimuliert die Insulinsekretion im Pankreas, verbessert die Insulinsensitivität und ist mit dem Risiko für die Manifestation des Diabetes mellitus assoziiert.

2018 ◽  
Vol 16 (03) ◽  
pp. 112-117
Author(s):  
Stephan Scharla

ZUSAMMENFASSUNGDiabetes mellitus und Osteoporose sind häufige Erkrankungen. Deshalb gibt es viele Patienten, die an beiden Krankheiten gleichzeitig leiden. Darüber hinaus sind jedoch sowohl der Typ-1- als auch der Typ-2-Diabetes jeweils prädisponierende Erkrankungen, die das Risiko für Osteoporose und Frakturen erhöhen. Dabei ist das Risiko bei einem Diabetes mellitus Typ 1 stärker ausgeprägt, während bei Diabetes mellitus Typ 2 vor allem Patienten mit längerer Krankheitsdauer, schlechter Stoffwechsellage, Insulinpflichtigkeit und vaskulären Folgeschäden frakturgefährdet sind. Die Knochendichte ist bei Menschen mit Typ-1-Diabetes erniedrigt, während insbesondere adipöse Typ-2-Diabetespatienten auch höhere Knochendichtewerte aufweisen können. Das Frakturrisiko wird jedoch nicht nur durch Veränderungen der Knochendichte und der Knochenarchitektur erhöht, sondern auch durch veränderte Knochenmaterialeigenschaften (veränderte Kollagen-Quervernetzung). Pathogenetische Faktoren sind Hyperglykämie, hormonelle Veränderungen und der Einfluss von oralen Antidiabetika. Während Inkretine und DPP-4-Hemmer das Frakturrisiko zu senken scheinen, sind Glitazone mit höherem Risiko assoziiert. Auch SGLT-2-Hemmer könnten bei eingeschränkter Nierenfunktion mit einem höheren Frakturrisiko behaftet sein. Die Therapie der Osteoporose bei Menschen mit Diabetes mellitus unterscheidet sich nicht vom Vorgehen bei primärer Osteoporose. Die Effizienz von antiresorptiven Medikamenten wird durch den Diabetes mellitus nicht beeinflusst.


2007 ◽  
Vol 7 (04) ◽  
pp. 203-208
Author(s):  
Wieland Kiess ◽  
Thomas Kapellen ◽  
Angela Galler

ZusammenfassungGene spielen bei der Pathogenese des Diabetes mellitus eine wichtige Rolle. Die häufigste Form bei Kindern und Jugendlichen ist der Diabetes mellitus Typ 1. Bei vorhandener genetischer Prädisposition kann durch verschiedene Umweltfaktoren eine Autoimmunreaktion ausgelöst werden, welche durch Zerstörung der Betazellen zum Insulinmangel und somit zum Diabetes mellitus Typ 1 führt. Beim Diabetes mellitus Typ 2, welcher bei der zunehmenden Adipositas im Kindes- und Jugendalter in den letzten Jahren in Deutschland häufiger zu beobachten ist, spielen genetische Faktoren eine entscheidende Rolle. Der Diabetes mellitus Typ 2 wird polygen vererbt. Bisher liegen jedoch nur unzureichende Daten vor, um eine genetische Diagnostik in der Praxis sinnvoll erscheinen zu lassen. Bei einer Reihe von weiteren Diabetestypen ist deren genetische Ursache in den letzten Jahrzehnten geklärt worden. Eine genetische Diagnostik ist in diesen Fällen notwendig und sinnvoll. Der Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY) fällt meist durch seine im Vergleich zum Diabetes mellitus Typ 1 mildere Verlaufsform auf und wird mit einer Häufigkeit von 5–10% aller Diabetesformen beziffert. Der MODY Typ 2 wird durch eine Mutation im Glukokinase-Gen hervorgerufen, der MODY Typ 3 durch eine Mutation im HNF-1α-Gen. Der mitochondriale Diabetes mellitus wird aufgrund der häufig auftretenden Schwerhörigkeit auch als MIDD (Maternally Inherited Diabetes and Deafness) bezeichnet und durch Mutationen im mitochondrialen Genom hervorgerufen. Weiterhin wurden in den letzten Jahren verschiedene Genmutationen beim sehr seltenen neonatalen Diabetes mellitus (transienter und permanenter neonataler Diabetes mellitus) aufgeklärt.


2002 ◽  
Vol 59 (8) ◽  
pp. 388-392 ◽  
Author(s):  
Stöckli ◽  
Keller

Übergewicht kann als der Hauptfaktor in der Pathogenese des Diabetes mellitus Typ 2 angesehen werden. Nicht nur die Menge an Fettmasse ist relevant, sondern auch die Art der Fettverteilung: stammbetonte Adipositas ist häufiger mit metabolischen Komplikationen assoziiert als hüftbetonte. Die primäre Abnormität bei der Adipositas-bedingten verminderten Glukoseintoleranz ist eine Insulin-Resistenz. Diese betrifft vorwiegend Muskulatur, Fettgewebe und Leber. In den letzten Jahren ist zunehmend die Rolle des Fettgewebes als aktives endokrines Organ erkannt worden. Substanzen aus Fettzellen wie Resistin, Adiponectin und TNF-alpha werden neben den freien Fettsäuren und dem lokalen Glukokortikoidmetabolismus als Auslöser der Insulinresistenz erkannt. Drei Studien zeigten vor kurzem, dass das Risiko der Entstehung eines Diabetes bei gefährdeten Individuen durch Änderung der Lebensgewohnheiten (Ernährung, Bewegung, Gewichtsreduktion) um mindestens 50% vermindert werden kann. Die neue Gruppe der Thiazolidinedione (Glitazone) bewirkt bei manifestem Diabetes über Regulationsfaktoren im Fettgewebe eine Abnahme der Insulinresistenz und damit eine Blutzucker-senkende Wirkung.


Praxis ◽  
2008 ◽  
Vol 97 (11) ◽  
pp. 613-621
Author(s):  
T. Chatterjee ◽  
T. Chatterjee ◽  
A. Ritz ◽  
H. Ince ◽  
Ch. A. Nienaber ◽  
...  

Fettleibigkeit erhöht das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Abdominales Fettgewebe ist ein hochaktives endokrines Organ. Die Freisetzung der Stoffe führt zu einer systemischen Entzündungsreaktion, verstärktem oxidativem Stress und Gerinnungsstörungen und somit zur Arteriosklerose. Rimonabant ist der erste Endocannabinoid Rezeptorenantagonist der zur Behandlung der Adipositas, des Diabetes mellitus Typ 2 und zur positiven Beeinflussung der kardiovaskulären Risikofaktoren entwickelt wurde. Dieser Artikel soll eine Übersicht über das Endocannabinoidsystem und Rimonabant geben.


2017 ◽  
Vol 74 (8) ◽  
pp. 441-444
Author(s):  
Anna Minder

Zusammenfassung. Aufgrund der stark schwankenden Blutzucker(BZ)-Werte sind BZ-Messungen bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 ein unverzichtbarer Bestandteil der Therapie, da es diese dem gut geschulten Patienten ermöglichen, wichtige Therapieanpassungen vorzunehmen. Bei kapillären Messungen ist eine Frequenz von mindestens viermal täglichen Messungen sinnvoll (jeweils präprandial und vor Nachtruhe) und mit einer besseren Diabeteskontrolle assoziiert. Die Anwendung von Sensoren bietet den Patienten die Möglichkeit noch häufiger korrigierend einzugreifen. Bei Diabetes mellitus Typ 2, welcher nicht mit Insulin behandelt wird, ist die Blutzuckerselbstkontrolle primär ein Instrument der Schulung für den Patienten. Dieser muss also sowohl über die Bedeutung und Einflussfaktoren der BZ-Werte, als auch über die daraus folgenden Rückschlüsse informiert sein. Ansonsten ist eine BZ-Messung bei diesen Patienten weniger sinnvoll, wie verschiedene Studien gezeigt haben. Die Frequenz der BZ-Messungen richtet sich hier nach der eingesetzten Therapie und reicht von keiner Messung bis zu einer mehrfach täglichen Messung, je nach individuellen Therapiezielen und Intensität der Behandlung. Zentral für die Bedeutung der BZ-Messung ist neben der Schulung des Patienten auch die interaktive Betrachtung und Diskussion der Werte mit entsprechendem Feedback durch den Arzt oder das Behandlungsteam.


2017 ◽  
Vol 37 (06) ◽  
pp. 395-400 ◽  
Author(s):  
S. Scharla

ZusammenfassungDiabetes mellitus und Osteoporose sind häufige Erkrankungen. Deshalb gibt es viele Patienten, die an beiden Krankheiten gleichzeitg leiden. Darüber hinaus stellt jedoch sowohl der Typ-1-als auch der Typ-2-Diabetes mellitus jeweils eine prädisponierende Erkrankung dar, die das Risiko für Osteoporose und Frakturen erhöht. Dabei ist das Risiko bei Typ-1-Diabetes mellitus stärker ausgeprägt, während bei Diabetes mellitus Typ 2 vor allem Patienten mit längerer Krankheitsdauer, schlechter Stoffwechsellage, Insulinpflichtigkeit und vaskulären Folgeschäden frakturgefährdet sind. Die Knochendichte ist bei Typ-1-Diabetes mellitus erniedrigt, während insbesondere adipöse Typ-2-Diabetes-Patienten auch höhere Knochendichtewerte aufweisen können. Das Fraktur-risiko wird nicht nur durch Veränderungen der Knochendichte und der Knochenarchitektur erhöht, sondern auch durch veränderte Knochenmaterialeigenschaften (veränderte Kollagen-Quervernetzung). Pathogenetische Faktoren sind Hyperglykämie, hormonelle Veränderungen, und der Einfluss von oralen Antidiabetika. Während Inkretine und DPP-4-Hemmer das Frakturrisiko zu senken scheinen, sind Glitazone mit höherem Risiko assoziiert. Auch SGLT-2-Hemmer könnten bei eingeschränkter Nierenfunktion mit einem höheren Frakturrisiko behaftet sein. Die Therapie der Osteoporose bei Diabetes mellitus unterscheidet sich nicht vom Vorgehen bei primärer Osteoporose. Die Effizienz von antiresorptiven Medikamenten wird nicht durch Diabetes mellitus beeinflusst.


Praxis ◽  
2017 ◽  
Vol 106 (16) ◽  
pp. 887-892 ◽  
Author(s):  
Beat Knechtle ◽  
Pantelis T. Nikolaidis

Zusammenfassung. Wir berichten über einen 64-jährigen Marathonläufer mit bisher 990 erfolgreich gefinishten Marathons, der fälschlicherweise mit Diabetes mellitus Typ 2 diagnostiziert und therapiert wurde. Unter peroraler Therapie mit Metformin kam es zu keiner Reduktion der Blutzuckerwerte. Nach korrekter Diagnose und Therapie mit Insulin ist der Läufer wieder voll im Training, um bald seinen 1000. Marathon zu laufen. Für Sportler mit Diabetes mellitus Typ 1 ist es wichtig, den Blutzucker vor, während und nach Belastung zu messen und die Insulindosis individuell während eines Wettkampfs, wie etwa einem Marathon, zu reduzieren.


2016 ◽  
Vol 73 (3) ◽  
pp. 159-165 ◽  
Author(s):  
Min Jeong Kim ◽  
Helmut Hopfer ◽  
Michael Mayr

Zusammenfassung. Verschiedene Nierenerkrankungen können mit erhöhten Harnsäurewerten einhergehen, wobei die pathophysiologischen Vorgänge sich stark unterscheiden. Dies ist nicht nur von akademischer Bedeutung, sondern hat auch wichtige therapeutische Konsequenzen. Während ein massiver und plötzlicher Harnsäure-Anfall im Rahmen eines Tumor-Lyse-Syndroms zum akuten Nierenversagen führen kann, liegen der umstrittenen chronischen Urat-Nephropathie dauerhaft erhöhte Harnsäurewerte zugrunde. Möglicherweise ist hier das entscheidende Agens aber gar nicht die Hyperurikämie per se, sondern Blei, zumindest gibt es diese Assoziation. Bei der Nephrolithiasis mit Harnsäuresteinen ist der entscheidende Faktor nicht wie zu vermuten wäre eine Hyperurikämie oder Hyperurikosurie, sondern eine Azidifikationsstörung auf renaler Ebene mit persistierend tiefem Urin-pH. Es gibt starke Hinweise, dass die beiden metabolischen Erkrankungen Adipositas und der Diabetes mellitus Typ 2 mit Insulinresistenz wichtige pathophysiologische Faktoren in der Entstehung dieser Azidifikationsstörung sind. Patienten mit Harnsäuresteinen sollten deshalb immer auf das Vorliegen dieser metabolischen Faktoren abgeklärt und dementsprechend behandelt werden.


Praxis ◽  
2006 ◽  
Vol 95 (50) ◽  
pp. 1983-1986
Author(s):  
Daum ◽  
Zeitz

Das klassische Krankheitsbild der einheimischen Sprue mit starker Gewichtsabnahme und Fettstühlen wird im Vergleich zu den atypischen milden Formen heutzutage verhältnismässig deutlich seltener diagnostiziert. Zu den atypischen Manifestationen der einheimischen Sprue zählen inzwischen nicht nur internistische Krankheitsbilder wie Leber- und Gelenkserkrankungen, sondern auch gynäkologische, dermatologische und neurologische Erkrankungen. Daneben sollte das erhöhte Risiko einer einheimischen Sprue immer bei Vorliegen eines Diabetes mellitus Typ 1, eines IgA-Mangels und anderer autoimmuner Erkrankungen bedacht werden. Die Differentialdiagnostik der unter einer glutenfreien Diät refraktären Sprue umfasst eine Vielzahl von unterschiedlichen Grunderkrankungen. Neben einem erhöhten Risiko mit unbehandelter einheimischer Sprue ein intestinales T-Zelllymphom zu entwickeln, besteht auch ein erhöhtes Risiko für andere Malignome, wie z.B. das Ösophaguskarzinom.


Praxis ◽  
2019 ◽  
Vol 108 (8) ◽  
pp. 527-533
Author(s):  
Heiko Pohl ◽  
Florence Vallelian ◽  
Gregor Herfs

Zusammenfassung. Eine Hyperurikämie kann zu Gicht führen, aber auch das Auftreten weiterer Erkrankungen wie arterielle Hypertonie, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus Typ 2, Myokardinfarkte und Schlaganfälle begünstigen. Harnsäure hat jedoch nicht nur negative Folgen für den Körper, sondern scheint auch eine positive Wirkung auf bestimmte degenerative und entzündliche neurologische Erkrankungen auszuüben. Die Entzündungsreaktion, die bei einem Gichtanfall auftritt, wird durch IL-1β vermittelt. Somit können IL-1- oder IL-1-Rezeptor-Antagonisten eingesetzt werden, wenn Kolchizin, Kortikosteroide und NSAR kontraindiziert oder wirkungslos sind. Medikament der ersten Wahl zur langfristigen Senkung des Harnsäurespiegels ist Allopurinol, das auch eine positive Wirkung auf Komorbiditäten hat.


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