Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status und Entwicklungsstand – Datenlinkage von Ergebnissen der Kita- und Schulaufnahmeuntersuchung mit einer sächsischen Geburtskohortenstudie

2021 ◽  
Author(s):  
Dorothea Redemann ◽  
Katrin Arnold ◽  
Diana Druschke ◽  
Luise Heinrich ◽  
Mario Rüdiger ◽  
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Zusammenfassung Hintergrund Die kindliche Entwicklung ist durch biologische (z. B. Geschlecht, Geburtsreife) und psychosoziale Faktoren (z. B. sozioökonomischer Status, außerfamiliäre Tagesbetreuung) determiniert. Ziel der Arbeit Es wurde die Stärke des Zusammenhanges zwischen dem familiären sozioökonomischen Status (SES) sowie biologischer und weiterer psychosozialer Faktoren und dem Entwicklungsstand von 4- und 6-jährigen Kindern untersucht. Methodik Mittels Datenlinkage von Primärdaten einer Geburtskohortenstudie und Routinedaten der sächsischen Gesundheitsämter zu Kindern der Geburtsjahrgänge 2007 bis 2008, die sowohl die Kita- als auch die Schulaufnahmeuntersuchung durchlaufen hatten (N=615), wurden Auffälligkeiten der Sprache, Feinmotorik und Grobmotorik auf Zusammenhänge mit psychosozialen und biologischen Faktoren geprüft. Potenzielle Assoziationen wurden auf Signifikanz getestet sowie mittels binär logistischer Regression als Chancenverhältnis dargestellt. Ergebnisse Der Großteil sächsischer Kinder entwickelte sich bis zum Schuleintritt unauffällig. Die Sprache zeigte sich jedoch mit Auffälligkeiten bei 37% der Kinder zu beiden Untersuchungszeitpunkten als sensibler Entwicklungsbereich. In beiden Altersgruppen waren Jungen, Frühgeborene und Kinder mit niedrigem SES häufiger von Entwicklungsverzögerungen betroffen. Frühgeborene mit niedrigem SES weisen das höchste Risikopotential auf. Weiterhin scheint dem außerfamiliären Betreuungsbeginn Bedeutung zuzukommen. Schlussfolgerung Die Ergebnisse stehen in Einklang mit nationalen und internationalen Untersuchungsbefunden. Eine wichtige neue Erkenntnis ist die deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für Entwicklungsauffälligkeiten beim Zusammentreffen biologischer und psychosozialer Risikofaktoren. Zur Betrachtung von Entwicklungsverläufen und zur Evaluation initiierter Maßnahmen sind jedoch Längsschnittanalysen erforderlich.

2014 ◽  
Vol 11 (02) ◽  
pp. 113-121
Author(s):  
F. Mancke ◽  
S. C. Herpertz

ZusammenfassungDie Verknüpfung zwischen Persönlichkeitseigenschaften und antisozialen Verhaltensweisen kann anhand der Antisozialen Persönlichkeitsstörung (ASP) nach DSM-5, der Dissozialen Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 oder dem Konstrukt der „Psychopathy“ nach Hare erfasst werden. Unterschiede zwischen diesen Konzepten finden sich vor allem in der Gewichtung affektiver und interpersoneller Persönlichkeitszüge. Zur Ätiopathogenese tragen genetische, weitere neurobiologische und multiple psychosoziale Faktoren (Erziehungsstil, Misshandlungen, sozioökonomischer Status etc.) sowie deren Wechselwirkungen bei. Befunde aus der Bildgebung weisen auf eine besondere Bedeutung präfrontaler und amygdalärer Strukturen hin. Testosteron und Vasopressin zeigen einen positiven Zusammenhang mit antisozialen Verhaltensweisen, wohingegen Serotonin, Kortisol und Oxytocin eine negative Assoziation aufweisen. Neurokognitive Defizite finden sich v.a. bei psychopathischen Individuen und beinhalten eine Einschränkung der emotionalen Empathie und des emotionalen Lernens. Psychotherapeutische Interventionen sollten hochstrukturiert und eher behavioral ausgerichtet sein. Psychopharmakologische Interventionen erfolgen „off-label“ und symptomorientiert


Author(s):  
Lea Jahnen ◽  
Kerstin Konrad ◽  
Brigitte Dahmen ◽  
Beate Herpertz-Dahlmann ◽  
Christine Firk

Zusammenfassung. Fragestellung: Ziel der Längsschnittstudie ist es, herauszufinden, welche mütterlichen Faktoren die Auswirkungen adoleszenter Mutterschaft auf die kognitive und sprachliche Entwicklung sowie Verhaltensprobleme bei Kindern im Vorschulalter beeinflussen. Basierend auf dem aktuellen Stand der Literatur wurden mütterliche Feinfühligkeit (EA), Sozioökonomischer Status (SES) und psychische Belastung als mögliche Einflussfaktoren identifiziert. Methodik: N = 31 adoleszente und N = 47 adulte Mütter mit ihren Kindern im Alter von 3.0 bis 5.9 Jahren (M = 3.55) nahmen an der Studie teil. Kindliche Variablen beinhalteten die kognitive Entwicklung (WPPSI-III), Sprachentwicklung (SSV) und Verhaltensprobleme (SDQ). Mütterliche Faktoren umfassen mütterliche Feinfühligkeit in der Mutter-Kind Interaktion (EA), sozioökonomischen Status (SES) sowie psychische Belastung (BSI-18). Ergebnisse: Kinder adoleszenter Mütter erzielten schlechtere Leistungen in ihrer kognitiven und sprachlichen Entwicklung und wurden von ihren Müttern als verhaltensauffälliger beschrieben als Kinder adulter Mütter. Mediationsanalysen zeigten, dass der Effekt des Alters der Mütter auf die kognitive Entwicklung der Kinder über eine geringere Feinfühligkeit mediiert wurde. Ferner wurde der Zusammenhang zwischen mütterlichem Alter und kindlichen Verhaltensauffälligkeiten über eine höhere psychische Belastung der Mütter mediiert. Schlussfolgerung: Kinder adoleszenter Mütter weisen, verglichen mit gleichaltrigen Kindern adulter Mütter, im Vorschulalter Entwicklungsdefizite auf. Diese können teilweise durch eine geringere Feinfühligkeit und eine höhere psychische Belastung adoleszenter Mütter erklärt werden.


2014 ◽  
Vol 71 (8) ◽  
pp. 509-513 ◽  
Author(s):  
Manuel Battegay ◽  
David Hans-U. Haerry ◽  
Jan Fehr ◽  
Cornelia Staehelin ◽  
Gilles Wandeler ◽  
...  

Psychosoziale Faktoren spielen eine zentrale Rolle in der Behandlung der HIV-Infektion. Sie beeinflussen die Bereitschaft der Patienten, die antiretrovirale Therapie zu beginnen und langfristig erfolgreich einzunehmen. Angst begleitet in unterschiedlichem Ausmaß den ganzen Verlauf der HIV-Infektion, vom „Diagnoseschock“ bis zum Entscheid, eine Therapie zu beginnen. Dies stellt insbesondere eine Herausforderung bei Patienten mit psychiatrischen Komorbiditäten wie Depression oder Suchtkrankheiten und ihren behandelnden Ärzten dar. Stigmatisierung und Diskriminierung im sozialen Umfeld, vom engen familiären Kreis bis hin zum Arbeitsplatz und im Alltag, betreffen die meisten HIV-infizierten Menschen, vor allem Drogenkonsumenten und Migranten. Die Erkennung und Berücksichtigung von psychosozialen Aspekten ist eine der Voraussetzungen für eine erfolgreiche, langfristige HIV-Behandlung.


2006 ◽  
Vol 19 (4) ◽  
pp. 221-227 ◽  
Author(s):  
Ulrich Voßmann ◽  
Dieter Geyer

Zusammenfassung: Sucht im Alter verläuft in der Regel mehr im Verborgenen, wird häufig nicht wahrgenommen oder verharmlost. Psychosoziale Faktoren wie Altersstress, Hilflosigkeit, Depressionen, Vereinsamung und Verlusterlebnisse begünstigen eine Suchtentwicklung im höheren Lebensalter. Bei entsprechender Motivation und Behandlung in altersentsprechenden Seniorengruppen sind die Erfolgsaussichten wesentlich günstiger als allgemein angenommen. Anhand des Therapiekonzeptes der Fachklinik Fredeburg werden die therapeutisch-praktischen Erfahrungen und Behandlungsergebnisse dargestellt.


Praxis ◽  
2006 ◽  
Vol 95 (9) ◽  
pp. 311-320
Author(s):  
von Känel

Patienten suchen ihren Hausarzt meistens wegen körperlichen Symptomen auf. Weder der Hausarzt noch sein Patient wissen unmittelbar, ob psychosoziale Faktoren bei der Manifestation der körperlichen Beschwerden von Bedeutung sind. Ist dies der Fall, werden dem Grundversorger erst ein patientenzentriertes Vorgehen und biopsychosoziale Grundkenntnisse erlauben, die richtige Diagnose zu stellen, eine angemessene Therapie einzuleiten und die oft langjährige Begleitung des Patienten erfolgreich zu gestalten. Dieser Artikel gibt einen Überblick zum Management psychosomatischer Krankheiten in der Grundversorgung (d.h. körperliche Krankheiten verstärkt durch psychosoziale Faktoren, medizinisch ungeklärte körperliche Symptome, funktionelle somatische Syndrome und körperliche Manifestation einer psychischen Störung). Dieses Vorgehen wird den Hausarzt darin unterstützen, dass die durchschnittlich 30-50% seiner Patienten mit psychosomatischen Beschwerden zwar eine Herausforderung bleiben, jedoch nicht zur Überforderung werden.


2016 ◽  
Vol 30 (1) ◽  
pp. 35-44 ◽  
Author(s):  
Frank Niklas ◽  
Caroline Cohrssen ◽  
Collette Tayler ◽  
Wolfgang Schneider

Zusammenfassung. Da Vorlesen die Vorläuferfertigkeiten des Schriftspracherwerbs von Kindern stärkt, wird ein früher Beginn des Vorlesens als wichtig angesehen. Allerdings fehlen bislang Studien, die sich damit auseinandersetzen, ob der Vorlesebeginn ein spezifischer Prädiktor für sprachliche Fähigkeiten unter Kontrolle von Hintergrundvariablen ist. Wir untersuchten diese Fragestellung anhand einer deutschen Vorschulstichprobe (N = 746) kurz vor der Einschulung und verglichen die Ergebnisse mit Befunden einer aktuellen australischen Studie. Neben Vorlesebeginn und aktuellem Vorleseverhalten, erfasst im Elternbericht, wurden Alter und Geschlecht der Kinder, Migrationshintergrund und sozioökonomischer Status sowie sprachliche und andere kognitive Fähigkeiten berücksichtigt. Wie schon in der australischen Stichprobe zeigte sich auch für die deutsche Stichprobe, dass ein früher Vorlesebeginn die spätere Vorlesehäufigkeit sowie sprachliche Fähigkeiten im Vorschulalter unter Berücksichtigung von Kontrollvariablen vorhersagte, während dies für andere kognitive Fähigkeiten nur bedingt zutraf. Die Ergebnisse deuten an, dass der Vorlesestart ein guter Indikator für die schriftsprachliche Lernumwelt und ein spezifischer Prädiktor für schriftsprachliche Vorläuferfertigkeiten zu sein scheint.


Author(s):  
Ariane Kraft ◽  
Susanne Knappe ◽  
Katja Petrowski ◽  
Johanna Petzoldt ◽  
Julia Martini

Zusammenfassung. Fragestellung: Untersuchung der Bedeutung von mütterlicher Sozialer Phobie für die Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung in einer prospektiv-longitudinalen Studie. Methodik: Eine Teilstichprobe von 46 Frauen mit vs. ohne Lebenszeitdiagnose einer Sozialen Phobie und deren Kindern wurde analysiert. Soziale Phobien der Mütter wurden mit dem Composite International Diagnostic Interview für Frauen (CIDI-V) erhoben. Die Mütter wurden zum ante- und postnatalen Bonding befragt (MAAS, MPAS) und die Kinder wurden 16 Monate nach der Geburt mit dem Fremde-Situations-Test beobachtet. Ergebnisse: Kinder von sozialphobischen Müttern waren in der Verhaltensbeobachtung prozentual häufiger unsicher gebunden (45.4 % vs. 33.3 %) und brauchten signifikant länger, um den Kontakt zur Mutter in der Wiedervereinigungsphase wiederherzustellen (U = 160.0, p = .019). In Bezug auf das ante- (t = -.151, p = .881) und postnatale (t = .408, p = .685) Bonding der Mutter an das Kind sowie im widerstehenden (U = 262.5, p = .969), vermeidenden (U = 311.5, p = .258) und kontakterhaltenden (U = 224.0, p = .373) Verhalten des Kindes in der Fremden Situation zeigten beide Gruppen vergleichbare Werte. Schlussfolgerungen: Möglicherweise haben Mütter mit Sozialer Phobie eine gehemmte Verhaltensdisposition weitergegeben oder ihre Kinder weniger zur sozialen Interaktion ermutigt als Mütter ohne Soziale Phobie. Wenn Kinder von sozialphobischen Müttern Interaktionsängste zeigen, sollte eine Aufklärung über verschiedene Therapiemöglichkeiten sowie über mögliche Konsequenzen des eigenen (Vermeidungs-)Verhaltens für die kindliche Entwicklung erfolgen.


Author(s):  
Athanasios Chasiotis ◽  
Florian Kießling

Zusammenfassung. Eine Reihe neuerer Untersuchungen zur Beziehung zwischen der Entwicklung der kindlichen “theory of mind“ (TOM) und inhibitorischer Fähigkeiten weisen auf einen engen Zusammenhang beider Konstrukte hin, der selbst nach Kontrolle signifikanter Einflussvariablen wie verbale Intelligenz, Geburtsrang und sozioökonomischer Status bestehen bleibt. In der vorliegenden Arbeit wird an zwei Stichproben explorativ untersucht, ob sich dieser für das Kindesalter bekannte Zusammenhang auch im Erwachsenenalter zeigt. Zur Erfassung der TOM im Erwachsenenalter wurden Geschichten verwendet, die das mentalistische Verständnis komplexer sozialer Situationen erfordern. Als Maß für die inhibitorischen Fähigkeiten im Erwachsenenalter wurde die Leistung im für Erwachsene modifizierten Selbstregulations- und Konzentrationstest (SRKT-K, Kuhl und Kraska, 1992 ) erhoben. Während die aus der Kindheit bekannten Kontextvariablen im Erwachsenenalter über beide Stichproben hinweg keine konsistente Rolle spielten, ließ sich der bereits im Kindesalter spezifische Zusammenhang zwischen mentalistischer Kompetenz und inhibitorischen Fähigkeiten auch im Erwachsenenalter nachweisen.


Author(s):  
Kirsten Schuchardt ◽  
Jeanette Piekny ◽  
Dietmar Grube ◽  
Claudia Mähler

Das Ziel der längsschnittlich angelegten Studie besteht darin, frühe Einflussfaktoren auf die numerische Entwicklung im Alter von sechs Jahren ausfindig zu machen. Hierzu werden kognitive Faktoren (Intelligenz, Arbeitsgedächtnis, Abruf von Informationen aus dem Langzeitgedächtnis, phonologische Bewusstheit) sowie Merkmale der sozialen Umgebung (sozioökonomischer Status, Migrationshintergrund, Home Numeracy Environment, Home Literacy Environment, mütterliche Selbsteinschätzung in Bezug auf Mathematik) als Prädiktoren für die numerischen Kompetenzen an einer Stichprobe von 132 Fünfjährigen analysiert. Die Ergebnisse legen ein multiples Bedingungsgefüge nahe. Während die Intelligenz und die phonologische Bewusstheit keinen bedeutsamen Beitrag zur Varianzaufklärung leisteten, stellten das visuell-räumliche Arbeitsgedächtnis sowie die Abrufgeschwindigkeit aus dem Langzeitgedächtnis wichtige Einflussfaktoren der frühen numerischen Leistungen dar. Von den Merkmalen der sozialen Umwelt konnten darüber hinaus der sozioökonomische Status und die häusliche numerische Umgebung zusätzlich bis zu 12 % Varianz aufklären. Die Bedeutung der Befunde für die Diagnostik und Intervention bei Risikokindern wird diskutiert.


Author(s):  
Eva Michel ◽  
Patrizia Cimeli ◽  
Regula Neuenschwander ◽  
Marianne Röthlisberger ◽  
Claudia M. Roebers

In der vorliegenden Studie wurden die Handgeschicklichkeit, exekutive Funktionen und Schulleistungen bei Vorschulkindern mit und ohne Problemen in der Handgeschicklichkeit über einen 3-Jahres-Zeitraum untersucht. Insgesamt wurden N = 94 Kinder, die zu Beginn 5- oder 6-jährig waren, untersucht, davon 47 Risikokinder mit sehr niedrigen Leistungen in der Handgeschicklichkeit und 47 Vergleichskinder. Diese wurden anhand der Variablen Alter, sozioökonomischer Status und nonverbale Intelligenz bestimmt. Die Risikokinder zeigten persistierende Defizite in der Handkoordination über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg. Obwohl sich alle Kinder insgesamt deutlich in den exekutiven Funktionen verbesserten, zeigten die Risikokinder ferner eine bedeutsam schlechtere Interferenzkontrolle und kognitive Flexibilität als die Vergleichskinder. Auch die schulischen Leistungen in den Bereichen Lesen, Schreiben und Mathematik zu Beginn der Beschulung waren bei den Risikokindern niedriger als bei den Vergleichskindern. Diese Befunde deuten auf domänübergreifende Probleme bei inhibitorischen und/oder Automatisierungsprozessen bei Kindern mit Auffälligkeiten in der Handgeschicklichkeit hin und geben wichtige Hinweise auf notwendige Interventionsmaßnahmen.


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