Jodmangel als Bestandsproblem in einem ökologisch geführten Milchviehbetrieb
Zusammenfassung: Gegenstand: Abklärung von Umfangsvermehrungen in der Kehlgangsregion, Entwicklungsstörungen und Atemwegserkrankungen bei Kälbern in einem bayerischen Biobetrieb. Methoden: Drei Kälber wurden an die Klinik für Wiederkäuer der LMU München zur Abklärung des Bestandsproblems überwiesen. In der Folge fand ein Betriebsbesuch statt und ein Kalb wurde zur Behandlung in der Klinik aufgestallt. Ergebnisse: Alle Kälber im Betrieb im Alter zwischen einem Tag und 6 Monaten waren abgemagert und im Wachstum zurückgeblieben. Acht Kälber zeigten im Larynxbereich eine palpierbare Umfangsvermehrung. Bei neun Kälbern sowie fünf laktierenden Kühen wurden Blutproben auf Glutathion-Peroxidase-Aktivität (GSH-Px), Thyroxin- (T4) und Selenkonzentration (Se) untersucht. Die drei zuvor an die Klinik überwiesenen Patienten zeigten vergleichbare Symptome. Bei der Sektion fanden sich Umfangsvermehrungen im Kehlgangsbereich mit einem Durchmesser von 7–15 cm. Ferner bestand eine hochgradige Broncho pneumonie und in einem Fall eine fibrinöse Pleuritis. Der histologische Befund der Umfangsvermehrungen lautete Hypertrophie und Hyperplasie mit Hyperämie der Schilddrüse (Struma). Die T4-Serumkonzentration war bei drei von neun Tieren sehr niedrig (< 0,5 μg/l) und die GSH-Px-Aktivität lag bei allen Tieren unter 42 U/g Hb. Eine Futtermittelanalyse des ad libitum gefütterten Heus ergab eine Jodkonzentration von 0,32 mg/kg Trockensubstanz. Das angebotene Mineralfutter enthielt kein Selen oder Jod. Das in der Klinik aufgestallte eintägige Kalb mit Struma, Selenmangel und Bronchopneumonie wurde mit Kaliumjodid, Selen, Vitamin E und einem Antibiotikum behandelt, erholte sich und wurde geheilt entlassen. Schlussfolgerung und klinische Relevanz: Anhand der Befunde wurde ein Jod- und Selenmangel verbunden mit gehäuft auftretenden Broncho - pneumonien als Bestandsproblem diagnostiziert. Für Jod und Selen gibt es in den Richtlinien für ökologisch geführte Betriebe keine Restriktionen. Es wird empfohlen, in Betrieben in Jod- und Selenmangelgebieten ein besonderes Augenmerk auf die Mineralstoff- und Spurenelementversorgung zu legen. Dies gilt besonders für ökologisch geführte Betriebe, wenn diese nur betriebseigene Futtermittel einsetzen.