DFG-Sonderforschungsbereich SFB1193 „Neurobiologie der Resilienz gegenüber stressinduzierter psychischer Dysfunktion: Mechanismen verstehen und Prävention fördern“

e-Neuroforum ◽  
2017 ◽  
Vol 23 (2) ◽  
Author(s):  
Raffael Kalisch ◽  
Michèle Wessa ◽  
Beat Lutz

ZusammenfassungStressbedingte psychische Erkrankungen wie Angst, Depression, chronischer Schmerz oder Sucht können großes individuelles Leid sowie hohe gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgekosten nach sich ziehen. Fortschritte in unserem Verständnis der zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen und insbesondere in der Entwicklung neuer Therapien waren trotz großer Forschungsanstrengungen in den letzten Jahrzehnten nur begrenzt; stressbedingte Erkrankungen sind immer noch weit verbreitet. Wir glauben daher, dass es an der Zeit ist, pathophysiologische Forschung durch einen alternativen Ansatz zu ergänzen, der darin besteht, Schutzmechanismen zu untersuchen, die die Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit während und nach Lebenskrisen (z.B. potenziell traumatisierende Ereignisse, schwierige Lebensumstände oder Lebensumbrüche, körperliche Erkrankungen) unterstützen. Eine Fokussierung auf Resilienz anstatt auf Krankheit stellt einen Paradigmenwechsel in der psychischen Gesundheitsforschung dar und birgt Chancen für die Entwicklung von Präventionsstrategien. Mit unserer SFB-Initiative möchten wir zu diesem Paradigmenwechsel beitragen, indem wir (i) eine kohärente Theorie für die neurobiologische Erforschung der Resilienz gegen stressbedingte psychische Störungen entwickeln (Ziel 1 des SFB), (ii) neurobiologische Resilienzmechanismen identifizieren und besser verstehen (Ziel 2) und (iii) die auf diese Weise gewonnenen Einsichten für neue oder verbesserte Präventionen nutzbar machen (Ziel 3).

2014 ◽  
Vol 71 (11) ◽  
pp. 687-694 ◽  
Author(s):  
Dieter Riemann

Chronische Insomnie, d. h. Klagen über Ein- und Durchschlafstörungen, frühmorgendliches Erwachen und damit verbundene Beeinträchtigung der Befindlichkeit während des Tages betreffen etwa 10 % der Bevölkerung in den meisten westlichen Industrienationen. Ursächlich für chronische Schlaflosigkeit können körperliche Erkrankungen, psychische Erkrankungen, die Einnahme von Medikamenten, Genussmittel oder Drogen sein. Ein Drittel aller chronischen Insomnien wird als primäre Insomnie oder insomnische Störung bezeichnet, wenn keiner der oben genannten Faktoren ursächlich identifiziert werden kann. Üblicherweise werden chronische Insomnien in der ärztlichen Praxis medikamentös mit Hypnotika oder anderen sedierenden Substanzen, wie etwa sedierenden Antidepressiva behandelt. In den letzten 20 Jahren hat sich gezeigt, dass kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze (KVT) bei chronischen Insomnien auch unabhängig von der Ursache erfolgreich eingesetzt werden können. Zu den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie gehört die Aufklärung über Schlaf und Schlafhygiene (Psychoedukation), Entspannungstechniken wie etwa die progressive Muskelentspannung, spezifische verhaltenstherapeutische Techniken wie etwa die Stimuluskontrolle oder die Schlafrestriktion sowie kognitive Techniken zur Reduktion nächtlicher Grübeleien. Aufgrund von mehreren, in den letzten Jahren veröffentlichten Meta-Analysen können diese Techniken insbesondere in ihrer Applikation als Kombinationstherapie, als evidenz-basiert und der pharmakologischen Therapie als kurzzeitig gleichwertig und langfristig überlegen angesehen werden. Die kognitiv-verhaltenstherapeutischen Techniken der Insomniebehandlung können von darin geschulten Ärzten und Psychotherapeuten mit Erfolg eingesetzt werden.


2019 ◽  
Vol 19 (06) ◽  
pp. 419-429
Author(s):  
Claudia Sengler ◽  
Martina Niewerth ◽  
Reinhard W. Holl ◽  
Reinhold Kilian ◽  
Thomas Meissner ◽  
...  

ZUSAMMENFASSUNGPsychische Erkrankungen wie Depression und Angst beginnen häufig im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Heranwachsende mit einer chronischen rheumatischen Erkrankung haben hierfür ein besonderes Risiko. In Untersuchungen zur psychischen Gesundheit gaben in der Regel über 10 % der Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) depressive Symptome an. Die frühzeitige Erkennung von psychischen Belastungen ist notwendig, um Betroffenen rechtzeitig adäquate Unterstützung anbieten zu können. Geschieht das nicht, werden Möglichkeiten, die Langzeitprognose und Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, verpasst. Psychische Störungen werden in der klinischen Praxis oft nur am Rande berücksichtigt. Wie groß das Problem unter den bundesweit kinder- und jugendrheumatologisch betreuten Patienten mit JIA ist, wird in diesem Jahr im Rahmen des interdisziplinären Forschungsverbundes COACH untersucht.


2019 ◽  
Vol 39 (01) ◽  
pp. 46-53 ◽  
Author(s):  
Claudia Sengler ◽  
Martina Niewerth ◽  
Reinhard W. Holl ◽  
Reinhold Kilian ◽  
Thomas Meissner ◽  
...  

ZusammenfassungPsychische Erkrankungen wie Depression und Angst beginnen häufig im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Heranwachsende mit einer chronischen rheumatischen Erkrankung haben hierfür ein besonderes Risiko. In Untersuchungen zur psychischen Gesundheit gaben in der Regel über 10 % der Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) depressive Symptome an. Die frühzeitige Erkennung von psychischen Belastungen ist notwendig, um Betroffenen rechtzeitig adäquate Unterstützung anbieten zu können. Geschieht das nicht, werden Möglichkeiten, die Langzeitprognose und Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, verpasst. Psychische Störungen werden in der klinischen Praxis oft nur am Rande berücksichtigt. Wie groß das Problem unter den bundesweit kinder- und jugendrheumatologisch betreuten Patienten mit JIA ist, wird in diesem Jahr im Rahmen des interdisziplinären Forschungsverbundes COACH untersucht.


Author(s):  
Peter Brieger ◽  
Susanne Menzel ◽  
Johannes Hamann

ZusammenfassungDie Aussage, dass Suizide zu 90 % Folge psychischer Erkrankungen sind, wird häufig in der wissenschaftlichen Literatur zitiert. Neuere Analysen und Kommentare ziehen das aber in Zweifel und betonen die Notwendigkeit, vielfältigere Ursachen für Suizidereignisse zu beachten, auch um die Prävention von Suiziden nicht auf das Erkennen und Behandeln psychischer Erkrankungen zu reduzieren. Das Ziel dieser Übersichtsarbeit ist die Darstellung und Bewertung wichtiger empirischer Befunde zu der Frage, ob die Rolle psychischer Störungen beim Suizid überbewertet wird.Psychische Störungen erhöhen das Risiko eines Suizides um das bis zu 30- bis 50-Fache gegenüber der Allgemeinbevölkerung, dennoch wird dadurch nur ein Teil aller Suizide erklärt. Aus Beobachtungs- und Therapiestudien ergeben sich deutliche Hinweise, dass psychische Störungen nur ein Faktor unter mehreren sind, die zu Suizid führen. Eine Rolle spielen beispielsweise auch Beziehungsprobleme, Substanzmissbrauch, Belastungen durch schwere körperliche Erkrankungen, akute Krisen im Beruf, Probleme mit Finanzen und juristische Belastungen.Suizidales Verhalten weist auf eine tiefe Unzufriedenheit hin, aber nicht notwendigerweise auf eine psychische Erkrankung. Viele Menschen mit einer psychischen Erkrankung zeigen kein suizidales Verhalten und nicht alle Menschen, die sich ihr Leben nehmen, haben eine psychische Erkrankung. Diese Erkenntnisse haben erhebliche Konsequenzen für die universale und indizierte Prävention von Suiziden.


Author(s):  
Cornelia Bessler ◽  
Dorothea Stiefel ◽  
Steffen Barra ◽  
Belinda Plattner ◽  
Marcel Aebi

Zusammenfassung. Fragestellung: Die Prävalenz psychischer Störungen unter inhaftierten Jugendlichen ist hoch. Offen ist die Frage, ob damit eine erhöhte kriminelle Rückfälligkeit einhergeht. Methodik: Zwischen dem 01.08.2010 und 31.10.2012 wurden im kantonalen Jugendgefängnis Zürich alle inhaftierten männlichen Jugendlichen bei Eintritt psychiatrisch untersucht (N = 122). Die psychischen Störungen wurden anhand eines standardisierten Interviews erfasst. Nach der Haftentlassung wurden die Probanden im Kantonalen Rechtsinformationssystem betreffend Rückfälligkeit während eines Jahres nachkontrolliert. Ergebnisse: 90.2 % der Insassen litten unter mindestens einer psychiatrischen Störung. Über 70 % der Jugendlichen waren zum Zeitpunkt ihrer Inhaftierung von mehreren psychiatrischen Erkrankungen betroffen. Es konnten vier voneinander unabhängige Störungskategorien unterschieden werden: affektive Störungen, Angststörungen, Verhaltensstörungen und Abhängigkeitserkrankungen. Betreffend Rückfälligkeit fand sich, dass Jugendliche mit Verhaltensstörungen und/oder einer Abhängigkeitserkrankung häufiger mit einer Gewaltstraftat rückfällig wurden als aus dem Gefängnis entlassene Jugendliche ohne psychische Erkrankungen. Zudem zeigte sich, dass je jünger die inhaftierten Jugendlichen waren, desto kürzer war die Zeit nach ihrer Entlassung, bis sie eine Gewaltstraftat verübten. Schlussfolgerungen: Aufgrund der hohen Prävalenz von psychischen Störungen unter inhaftierten Jugendlichen ist es notwendig, dass diese Minderjährigen auch jugendpsychiatrisch-psychologisch untersucht und adäquat behandelt werden. Neben der psychiatrischen Versorgung der minderjährigen Gefängnisinsassen kann so auch den Anforderungen eines effektiven Opferschutzes und dem Sicherheitsbedürfnis unserer Gesellschaft entsprochen werden.


2008 ◽  
Vol 65 (7) ◽  
pp. 395-400
Author(s):  
Konstanze D. Römer

Das Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr stellt hohe Leistungsanforderungen an den Fahrzeuglenker, die infolge täglicher Gewohnheit zumeist unterschätzt werden. Die grundlegende Fähigkeit zum sicheren und situationsadäquaten Führen eines Motorfahrzeugs (Fahreignung) kann durch die Einnahme leistungsmindernder Substanzen sowie durch verschiedene körperliche Erkrankungen und psychische Störungen vorübergehend oder dauerhaft beeinträchtigt werden. Die Überprüfung der allgemeinen psychischen und physischen Voraussetzungen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr (Fahreignung) ist Gegenstand der verkehrsmedizinischen Begutachtung. Dabei sollte es sich stets um eine individuelle Begutachtung des Einzelfalls entsprechend der anerkannten Richtlinien durch einen verkehrsmedizinisch erfahrenen Gutachter handeln, um diejenigen Verkehrsteilnehmer vom Straßenverkehr fernzuhalten, die eine erhebliche Gefahr für sich und andere darstellen und andererseits jene, von denen kein erhebliches Risiko ausgeht, nicht unverhältnismäßig in ihren persönlichen Freiheitsrechten einzuschränken.


2015 ◽  
Vol 23 (2) ◽  
pp. 89-99 ◽  
Author(s):  
Sandra Waeldin ◽  
Dominic Vogt ◽  
Dirk Hellhammer

Erschöpfung kennzeichnet zahlreiche psychische Störungen. Wir haben geprüft, ob die subjektive Erschöpfungsqualität ein verlässlicher Indikator für stressbezogene Gesundheitsstörungen und den daraus resultierenden direkten, indirekten und intangiblen Gesundheitskosten ist. Zur Anwendung kam eine Erschöpfungsskala (Neuropattern-Questionnaire, NPQ-S), deren Cut-off-Werte und Reliabilität anhand einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe (N = 998) ermittelt wurden. Die Validität wurde bei ambulanten Patienten (N = 455) über Angaben zu psychischen Erkrankungen, gesundheitsbezogenen Kosten und strukturierten Anamnesen sowie einer berufshomogene Stichprobe mit stressbezogenen Beschwerden (N = 69) über Angaben zu Burnout und Gratifikationskrisen untersucht. Die Reliabilität und Validität der Erschöpfungsqualität konnten als gut bis sehr gut eingestuft werden. Die Ergebnisse zeigten, dass ein erhöhtes Ausmaß an Erschöpfung mit erhöhter Stressbelastung, einer erhöhten Chance für verschiedene psychische Erkrankungen sowie erhöhten Kosten (reduziertes Wohlbefinden, häufigere Therapeuten- und Arztbesuche, erhöhter Medikamentenkonsum, mehr Arbeitsunfähigkeitstage) einhergeht. Die Erschöpfungsqualität zeigt sich als störungsübergreifender Indikator und kann als ökonomisches Indikations- und Evaluationsmaß für gesundheitsförderliche Maßnahmen dienen.


2015 ◽  
Vol 44 (4) ◽  
pp. 228-238
Author(s):  
Laura Semino ◽  
Erik Danay

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Das Netzwerkmodell psychischer Erkrankungen geht im Gegensatz zur Latente-Variablen-Theorie davon aus, dass psychische Erkrankungen dynamische Netzwerke von nebeneinander liegenden Symptomen sind und keine latenten, monokausalen Eigenschaften. Fragestellung: Es wird die Struktur der Zwangsstörung im Netzwerkmodell, eingebettet in Persönlichkeitseigenschaften (Big Five, Magisches Denken, Angst, Emotionale Intelligenz) und in Abgrenzung zu Depression untersucht. Methode: Dafür füllten 293 Probanden sieben Fragebögen aus. Ergebnisse: Im Netzwerkmodell wird die Nähe der Zusammenhänge innerhalb der Symptome der Zwangsstörung deutlich, ebenso werden die Symptomlinien zwischen Zwang und Depression und weiteren Persönlichkeitseigenschaften sichtbar, woran sich die Komplexität der gegenseitigen Dynamik ablesen lässt. Schlussfolgerungen: Der dynamische Blick auf psychische Störungen erlaubt andere Zugangs- und Betrachtungsweisen, welche Implikationen für klinisch-psychologische Forschung und Praxis haben können.


Author(s):  
Uwe-Jens Gerhard ◽  
Anke Schönberg

Zusammenfassung. Fragestellung: Die Ansätze einer differenzierten Neuropsychopharmakotherapie bei Kindern und Jugendlichen lassen sich bis in die 40er und 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen. Bestimmte Störungsbilder aus den Bereichen der Psychiatrie und Neurologie konnte man bereits mit einer Vielzahl von Präparaten behandeln. Methodik: Eine umfangreiche Sichtung von exakt 700 stationären Krankenakten von unter 18-jährigen Patienten der Universitätsnervenklinik Jena der Jahre 1942 bis 1945 und 89 Ambulanzblättern der konsiliarisch betreuten Kinder des Trüperschen Erziehungsheimes in Jena von 1946 bis 1954 wurde unter diesem Gesichtspunkt vorgenommen. Ergebnisse: Eine differenzierte Therapie erfolgte zum Beispiel bei Angst- und Erregungszuständen, hyperkinetischen Syndromen, Enuresis, Migräne, Schlafstörungen, Epilepsie, Chorea minor, Spastik, Neuralgien, Neuritiden, Schwindel, Schmerzzuständen, Tetanien und Lues. Schlussfolgerung: Die Intervention bei psychischen Erkrankungen war allerdings vor der Ära der Entwicklung von Neuroleptika und Antidepressiva relativ unspezifisch. So fand bei neurovegetativen Störungen, Psychoneurosen und verschiedenen Psychopathieformen eine Vielfalt von Präparaten Anwendung. Eingesetzt wurden insbesondere die Barbiturate in reiner Form oder Kombination. Da psychische Störungen häufig durch körperliche Erkrankungen bedingt waren, konnten diese ursächlich durch den Einsatz von Chemotherapeutika behoben bzw. gebessert werden. Auch andere somatische Therapien, wie die Krampfbehandlung mit Kampfer und Cardiazol, die Malariakur und die Insulinschockbehandlung, aber auch die Elektrokrampftherapie, wurden insbesondere bei schizophrenen Patienten eingesetzt. Schlüsselwörter: Kinder- und Jugendpsychiatrie, Beginn der Neuropsychopharmakotherapie, Krampfbehandlung, Universitätsnervenklinik Jena, Erziehungsheim von Johannes Trüper


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