scholarly journals Psychische Störungen und kriminelle Rückfälle bei männlichen jugendlichen Gefängnisinsassen

Author(s):  
Cornelia Bessler ◽  
Dorothea Stiefel ◽  
Steffen Barra ◽  
Belinda Plattner ◽  
Marcel Aebi

Zusammenfassung. Fragestellung: Die Prävalenz psychischer Störungen unter inhaftierten Jugendlichen ist hoch. Offen ist die Frage, ob damit eine erhöhte kriminelle Rückfälligkeit einhergeht. Methodik: Zwischen dem 01.08.2010 und 31.10.2012 wurden im kantonalen Jugendgefängnis Zürich alle inhaftierten männlichen Jugendlichen bei Eintritt psychiatrisch untersucht (N = 122). Die psychischen Störungen wurden anhand eines standardisierten Interviews erfasst. Nach der Haftentlassung wurden die Probanden im Kantonalen Rechtsinformationssystem betreffend Rückfälligkeit während eines Jahres nachkontrolliert. Ergebnisse: 90.2 % der Insassen litten unter mindestens einer psychiatrischen Störung. Über 70 % der Jugendlichen waren zum Zeitpunkt ihrer Inhaftierung von mehreren psychiatrischen Erkrankungen betroffen. Es konnten vier voneinander unabhängige Störungskategorien unterschieden werden: affektive Störungen, Angststörungen, Verhaltensstörungen und Abhängigkeitserkrankungen. Betreffend Rückfälligkeit fand sich, dass Jugendliche mit Verhaltensstörungen und/oder einer Abhängigkeitserkrankung häufiger mit einer Gewaltstraftat rückfällig wurden als aus dem Gefängnis entlassene Jugendliche ohne psychische Erkrankungen. Zudem zeigte sich, dass je jünger die inhaftierten Jugendlichen waren, desto kürzer war die Zeit nach ihrer Entlassung, bis sie eine Gewaltstraftat verübten. Schlussfolgerungen: Aufgrund der hohen Prävalenz von psychischen Störungen unter inhaftierten Jugendlichen ist es notwendig, dass diese Minderjährigen auch jugendpsychiatrisch-psychologisch untersucht und adäquat behandelt werden. Neben der psychiatrischen Versorgung der minderjährigen Gefängnisinsassen kann so auch den Anforderungen eines effektiven Opferschutzes und dem Sicherheitsbedürfnis unserer Gesellschaft entsprochen werden.

2013 ◽  
Vol 2 (3) ◽  
pp. 161-175 ◽  
Author(s):  
Katarina Groth ◽  
Sandra Hasko ◽  
Jennifer Bruder ◽  
Sarah Kunze ◽  
Gerd Schulte-Körne

Die Lese-Rechtschreibstörung (LRS) ist eine der häufigsten umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten und bleibt meist bis ins Erwachsenenalter bestehen. Schulische Schwierigkeiten und psychische Störungen sind oft Begleitsymptome der LRS. Aus diesem Grund ist nachhaltige Förderung von größter Bedeutung. Die Fördereffekte bisheriger Interventionsstudien sind jedoch recht gering, und vielen Studien mangelt es an ausreichender methodischer Fundierung. Ziel dieser Studie ist daher die Überprüfung zweier Interventionsprogramme in einem Prä-Post Experimental-Warte-Kontrollgruppendesign. Vier Gruppen von Drittklässlern nahmen an der Studie teil. Zwei Gruppen von Kindern mit LRS (n = 40) wurden über sechs Monate zweimal wöchentlich mit einem Lese- oder Rechtschreibprogramm gefördert und mit einer Wartegruppe (n = 17), die erst nach sechs Monaten gefördert wurde, sowie einer nicht betroffenen Kontrollgruppe (n = 26) verglichen. Die quantitative und qualitative Analyse der Lese- und Rechtschreibleistungen vor und nach der Förderung zeigte, dass sich alle Kinder mit LRS signifikant verbesserten. Betrachtungen auf individueller Ebene zeigten jedoch auch, dass eine deutlich spezifischere Zuweisung zu einzelnen Förderprogrammen notwendig ist. Eine Überlegenheit einer einzelnen Gruppe fand sich nicht. Da sich auch die Wartegruppe der unbehandelten Kinder mit LRS verbesserten, können keine eindeutigen Schlüsse über die Effektivität der Förderung gezogen werden. Die Gründe hierfür sind unklar, müssen aber unbedingt verstanden werden. Hierzu fehlen jedoch weltweit Studien. Es ist dennoch zwingend notwendig, die spezifischen von den unspezifischen Fördereffekten zu unterscheiden. Eine Studie mit einer Placebogruppe mit gleicher Förderdauer und Zuwendung und einer unbehandelten Kontrollgruppe sowie eine nicht randomisierte und individuelle Zuweisung zu spezifischen Förderprogrammen könnte hierfür ein sinnvoller Lösungsansatz sein.


2019 ◽  
Vol 19 (06) ◽  
pp. 419-429
Author(s):  
Claudia Sengler ◽  
Martina Niewerth ◽  
Reinhard W. Holl ◽  
Reinhold Kilian ◽  
Thomas Meissner ◽  
...  

ZUSAMMENFASSUNGPsychische Erkrankungen wie Depression und Angst beginnen häufig im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Heranwachsende mit einer chronischen rheumatischen Erkrankung haben hierfür ein besonderes Risiko. In Untersuchungen zur psychischen Gesundheit gaben in der Regel über 10 % der Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) depressive Symptome an. Die frühzeitige Erkennung von psychischen Belastungen ist notwendig, um Betroffenen rechtzeitig adäquate Unterstützung anbieten zu können. Geschieht das nicht, werden Möglichkeiten, die Langzeitprognose und Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, verpasst. Psychische Störungen werden in der klinischen Praxis oft nur am Rande berücksichtigt. Wie groß das Problem unter den bundesweit kinder- und jugendrheumatologisch betreuten Patienten mit JIA ist, wird in diesem Jahr im Rahmen des interdisziplinären Forschungsverbundes COACH untersucht.


2019 ◽  
Vol 39 (01) ◽  
pp. 46-53 ◽  
Author(s):  
Claudia Sengler ◽  
Martina Niewerth ◽  
Reinhard W. Holl ◽  
Reinhold Kilian ◽  
Thomas Meissner ◽  
...  

ZusammenfassungPsychische Erkrankungen wie Depression und Angst beginnen häufig im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Heranwachsende mit einer chronischen rheumatischen Erkrankung haben hierfür ein besonderes Risiko. In Untersuchungen zur psychischen Gesundheit gaben in der Regel über 10 % der Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) depressive Symptome an. Die frühzeitige Erkennung von psychischen Belastungen ist notwendig, um Betroffenen rechtzeitig adäquate Unterstützung anbieten zu können. Geschieht das nicht, werden Möglichkeiten, die Langzeitprognose und Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, verpasst. Psychische Störungen werden in der klinischen Praxis oft nur am Rande berücksichtigt. Wie groß das Problem unter den bundesweit kinder- und jugendrheumatologisch betreuten Patienten mit JIA ist, wird in diesem Jahr im Rahmen des interdisziplinären Forschungsverbundes COACH untersucht.


2015 ◽  
Vol 79 (06) ◽  
pp. 472-483
Author(s):  
C. Roski ◽  
M. Romppel ◽  
G. Grande

Zusammenfassung Hintergrund: Psychische Erkrankungen sind mittlerweile der häufigste Grund für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente. Ziel der Arbeit war es, die nationalen Befunde zum Risiko der Erwerbsminderungsberentung aufgrund psychischer Erkrankungen (EMBP) zusammenzutragen und den Stand dieses Forschungsfeldes abzubilden. Die Kenntnis dieser Befunde ist grundlegend, um dieser Entwicklung präventiv entgegensteuern zu können. Methoden: Es wurde eine systematische Literaturrecherche im Zeitraum von 2001 bis 2014 durchgeführt. Berücksichtigt wurden Befunde zu Versicherten der Deutschen Rentenversicherung, welche nach 2001 aufgrund einer psychischen Erkrankung EM-berentet wurden. Die Publikationen mussten mindestens 2 relevante Befunde beinhalten, um berücksichtigt zu werden. Bis auf den Ausschluss von anonymisierten Befragungen wurde das Studiendesign bei der Auswahl nicht weiter eingegrenzt. Ergebnisse: Es konnten 20 wissenschaftliche Publikationen ermittelt werden, welche die Auswahlkriterien erfüllten. Im Ergebnis sind alle ermittelten Studien sekundärdatenanalytische Untersuchungen basierend auf Daten der Deutschen Rentenversicherung. Mittels geschlechtsdifferenzierter Zusammenhangsanalysen konnte das Berentungsrisiko auf das Qualifikationsniveau und den Wohnort der Versicherten zurückgeführt werden. Der Großteil der Befunde ist hingegen deskriptiver bzw. explorativer Art. Neben einer Vielzahl von Einzelbefunden und Hinweisen auf Interaktionen der Faktoren, konnte über verschiedene Jahrgänge festgestellt werden, dass (i) Frauen häufiger als Männer aufgrund psychischer Erkrankungen berentet werden, (ii) affektive Störungen der häufigste Berentungsgrund sind, (iii) psychisch Erwerbsgeminderte im Vergleich zu somatisch Erwerbsgeminderten jünger sind und, dass (iv) Versicherte mit Schizophrenie besonders zeitig berentet werden. Die Reha-Inanspruchnahme vor Berentung liegt bei ca. 50%. Schlussfolgerung: Die Arbeit zeigt auf, dass bislang wenige statistisch abgesicherte Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Risikofaktoren und der EMBP in Deutschland vorliegen. Auffällig ist, dass, obwohl psychosomatische Rehabilitationsmaßnahmen als effektiv gelten, nicht mehr als die Hälfte aller psychisch EM-Berenteten im Vorfeld der Berentung diese in Anspruch nehmen. Der Fokus zukünftiger Arbeiten sollte auf der systematischen Identifikation von Risikofaktoren der EMBP und von Reha-Zugangsbarrieren für Versicherte mit Rehabilitationsbedarf liegen, um Ansatzpunkte für präventive und individuelle Maßnahmen entwickeln zu können.


2004 ◽  
Vol 33 (1) ◽  
pp. 33-41 ◽  
Author(s):  
Harald Baumeister ◽  
Michael Höfler ◽  
Frank Jacobi ◽  
Hans-Ulrich Wittchen ◽  
Jürgen Bengel ◽  
...  

Zusammenfassung. Hintergrund: Ein signifikanter Anteil der Patienten mit einer chronischen körperlichen Erkrankung weist eine komorbide psychische Störung auf. Ob und in welchem Ausmaß sich die Prävalenzraten psychischer Störungen bei Patienten mit einer chronischen Erkrankung von denen der Allgemeinbevölkerung unterscheiden, ist bislang noch kaum untersucht. Fragestellung: Die vorliegende epidemiologische Studie untersucht geschlechts- und altersadjustierte 4-Wochen, 12-Monats- und Lebenszeitprävalenzen psychischer Störungen bei Rehabilitationspatienten mit muskuloskelettalen und kardiovaskulären Erkrankungen im Vergleich zu Prävalenzraten der Allgemeinbevölkerung. Methode: Die Daten der drei Stichproben (N = 4192) basieren jeweils auf einem zweistufigen, epidemiologischen Untersuchungsansatz mit einer schriftlichen Befragung der Patienten bzw. Probanden zu ihrem psychischen Befinden (GHQ-12; M-CIDI-S) und einem anschließenden Interview (M-CIDI) bei einem randomisiert ausgewählten Teil der Gesamtstichprobe. Ergebnisse: Mit adjustierten Lebenszeitprävalenzen von 59.3% (OR: 1.6) und 56.2% (OR: 1.4) weisen die Patienten mit einer muskuloskelettalen und kardiovaskulären Erkrankung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung (47.9%) eine deutlich erhöhte Prävalenz psychischer Störungen auf. Am häufigsten sind affektive Störungen (22.5% bis 34.9%) und Angststörungen (18.4% bis 33.8%). Schlussfolgerung: Der im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutliche Zusammenhang zwischen chronischen körperlichen Erkrankungen und psychischen Störungen verdeutlicht die Bedeutsamkeit einer verstärkten Diagnostik und Behandlung komorbider psychischer Störungen bei chronisch erkrankten Patienten.


e-Neuroforum ◽  
2017 ◽  
Vol 23 (2) ◽  
Author(s):  
Raffael Kalisch ◽  
Michèle Wessa ◽  
Beat Lutz

ZusammenfassungStressbedingte psychische Erkrankungen wie Angst, Depression, chronischer Schmerz oder Sucht können großes individuelles Leid sowie hohe gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgekosten nach sich ziehen. Fortschritte in unserem Verständnis der zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen und insbesondere in der Entwicklung neuer Therapien waren trotz großer Forschungsanstrengungen in den letzten Jahrzehnten nur begrenzt; stressbedingte Erkrankungen sind immer noch weit verbreitet. Wir glauben daher, dass es an der Zeit ist, pathophysiologische Forschung durch einen alternativen Ansatz zu ergänzen, der darin besteht, Schutzmechanismen zu untersuchen, die die Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit während und nach Lebenskrisen (z.B. potenziell traumatisierende Ereignisse, schwierige Lebensumstände oder Lebensumbrüche, körperliche Erkrankungen) unterstützen. Eine Fokussierung auf Resilienz anstatt auf Krankheit stellt einen Paradigmenwechsel in der psychischen Gesundheitsforschung dar und birgt Chancen für die Entwicklung von Präventionsstrategien. Mit unserer SFB-Initiative möchten wir zu diesem Paradigmenwechsel beitragen, indem wir (i) eine kohärente Theorie für die neurobiologische Erforschung der Resilienz gegen stressbedingte psychische Störungen entwickeln (Ziel 1 des SFB), (ii) neurobiologische Resilienzmechanismen identifizieren und besser verstehen (Ziel 2) und (iii) die auf diese Weise gewonnenen Einsichten für neue oder verbesserte Präventionen nutzbar machen (Ziel 3).


2008 ◽  
Vol 27 (03) ◽  
pp. 127-132
Author(s):  
R. Winkler ◽  
T. Schläpfer

ZusammenfassungDie nach ICD-10 theoretisch klare Abgrenzung einzelner Störungskategorien affektiver Erkrankungen entspricht in neurobiologischer Hinsicht nicht der Realität. Eine dimensionale Beschreibung der mit der Störung einhergehenden Dysregulationen des Verhaltens, der Kognition und der Emotionen, oder aber eine Beschreibung der Beeinträchtigungen auf biologischer Ebene kann zusätzlich wichtige Information liefern. Aus biologischer Sicht sind psychische Störungen charakterisiert durch Beeinträchtigungen auf der Ebene der Neurotransmission, der Konnektivität oder der Proteinsynthese.Heute wird klar eine multifaktorielle Ätiopathogenese affektiver Erkrankungen angenommen, bei der sowohl genetische, wie auch biologische und psychosoziale Faktoren interagieren und je nach individueller Disposition zur Ausprägung von Krankheitssymptomen führen. Die relativ uniforme Prävalenzrate in unterschiedlichen Kulturkreisen, das familiär gehäufte Auftreten und das relativ niedrige Erstmanifestationsalter bipolarer Störungen im Vergleich zur unipolaren Depression weisen auf eine starke genetische Disposition und relativ geringere Modulierbarkeit durch äußere Stressoren hin. Bipolare Störungen gehen wie andere affektive Erkrankungen mit strukturellen Veränderungen und funktionellen Störungen des Gehirns einher. Bei bipolaren affektiven Störungen werden Auffälligkeiten in der gesamten Kaskade der neuralen Signaltransmission – von Neurotransmittern und Neuromodulatoren über rezeptorgekoppelte intrazelluläre Signaltransduktion bis hin zur Genexpression – beobachtet.Lang anhaltende unbehandelte affektive Störungen mit strukturellen Veränderungen und funktionellen Störungen des Gehirns einhergehen. Das Ziel einer Behandlung besteht darin, diese Veränderungen rückgängig zu machen. Dieser Prozess kann langwierig sein und einige Zeit dauern, weshalb eine Langzeitbehandlung unumgänglich ist.


2004 ◽  
Vol 13 (1) ◽  
pp. 26-37 ◽  
Author(s):  
Hellmuth Braun-Scharm ◽  
Kirsten Goth ◽  
Franz Josef Freisleder ◽  
Angelika Althoff

Zusammenfassung. Psychische Störungen zählen zu den wichtigsten Ursachen für Parasuizide und Suizide. Dies gilt für das Erwachsenenalter und mit gewissen Abstrichen auch für das Jugendalter. Die häufigsten psychischen Störungen im Zusammenhang mit Suizidalität im Jugendalter sind akute Belastungsreaktionen, affektive Störungen, Substanzmissbrauch sowie Borderline-Syndrome und andere beginnende Persönlichkeitsstörungen. Essstörungen und Schizophrenien sind dagegen im Jugendalter noch nicht mit erhöhten Parasuiziden verknüpft. Anhand einer Gesamtstichprobe von 537 konsekutiv aufgenommenen und nach ICD-10 diagnostizierten stationär behandelten jugendpsychiatrischen Patienten konnten 163 mit parasuizidalen Symptomen bei Aufnahme ermittelt werden, die etwa zur Hälfte aus parasuizidalen Gedanken und parasuizidalen Handlungen bestanden. Der Anteil parasuizidaler Jugendlicher auf der Aufnahmestation lag bei etwa 66 %, auf der Therapiestation (Rottmannshöhe) bei etwa 30 %. Dies spricht für die Relevanz von Selektionsfaktoren bei Häufigkeits- und vermutlich auch Schweregradangaben von Suizidalität im stationären jugendpsychiatrischen Bereich.


2015 ◽  
Vol 23 (2) ◽  
pp. 89-99 ◽  
Author(s):  
Sandra Waeldin ◽  
Dominic Vogt ◽  
Dirk Hellhammer

Erschöpfung kennzeichnet zahlreiche psychische Störungen. Wir haben geprüft, ob die subjektive Erschöpfungsqualität ein verlässlicher Indikator für stressbezogene Gesundheitsstörungen und den daraus resultierenden direkten, indirekten und intangiblen Gesundheitskosten ist. Zur Anwendung kam eine Erschöpfungsskala (Neuropattern-Questionnaire, NPQ-S), deren Cut-off-Werte und Reliabilität anhand einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe (N = 998) ermittelt wurden. Die Validität wurde bei ambulanten Patienten (N = 455) über Angaben zu psychischen Erkrankungen, gesundheitsbezogenen Kosten und strukturierten Anamnesen sowie einer berufshomogene Stichprobe mit stressbezogenen Beschwerden (N = 69) über Angaben zu Burnout und Gratifikationskrisen untersucht. Die Reliabilität und Validität der Erschöpfungsqualität konnten als gut bis sehr gut eingestuft werden. Die Ergebnisse zeigten, dass ein erhöhtes Ausmaß an Erschöpfung mit erhöhter Stressbelastung, einer erhöhten Chance für verschiedene psychische Erkrankungen sowie erhöhten Kosten (reduziertes Wohlbefinden, häufigere Therapeuten- und Arztbesuche, erhöhter Medikamentenkonsum, mehr Arbeitsunfähigkeitstage) einhergeht. Die Erschöpfungsqualität zeigt sich als störungsübergreifender Indikator und kann als ökonomisches Indikations- und Evaluationsmaß für gesundheitsförderliche Maßnahmen dienen.


2015 ◽  
Vol 44 (4) ◽  
pp. 228-238
Author(s):  
Laura Semino ◽  
Erik Danay

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Das Netzwerkmodell psychischer Erkrankungen geht im Gegensatz zur Latente-Variablen-Theorie davon aus, dass psychische Erkrankungen dynamische Netzwerke von nebeneinander liegenden Symptomen sind und keine latenten, monokausalen Eigenschaften. Fragestellung: Es wird die Struktur der Zwangsstörung im Netzwerkmodell, eingebettet in Persönlichkeitseigenschaften (Big Five, Magisches Denken, Angst, Emotionale Intelligenz) und in Abgrenzung zu Depression untersucht. Methode: Dafür füllten 293 Probanden sieben Fragebögen aus. Ergebnisse: Im Netzwerkmodell wird die Nähe der Zusammenhänge innerhalb der Symptome der Zwangsstörung deutlich, ebenso werden die Symptomlinien zwischen Zwang und Depression und weiteren Persönlichkeitseigenschaften sichtbar, woran sich die Komplexität der gegenseitigen Dynamik ablesen lässt. Schlussfolgerungen: Der dynamische Blick auf psychische Störungen erlaubt andere Zugangs- und Betrachtungsweisen, welche Implikationen für klinisch-psychologische Forschung und Praxis haben können.


Sign in / Sign up

Export Citation Format

Share Document