scholarly journals Herausforderungen in der psychosozialen Versorgung am Beispiel der psychotherapeutischen Universitätsambulanz der Sigmund Freud PrivatUniversität – Eine Klientelanalyse

Author(s):  
Manfred Reisinger ◽  
Florian Knasmüller ◽  
Jan Aden ◽  
Brigitte Sindelar

ZusammenfassungDas Versorgungsmodell der Universitätsambulanz der SFU folgt der Zielsetzung, einen niederschwelligen Zugang zur Psychotherapie zu eröffnen, indem niedrige Tarife und kurze Wartezeiten für die Patient*innen die Regel darstellen. Um die Klientelstruktur der Ambulanz systematisch beschreiben zu können, wurden über einen Erhebungszeitraum von 2015–2018 Patient*innenmerkmale einer Untersuchungsstichprobe von n = 629 Patient*innen erhoben. Auf Basis soziodemographischer und krankengeschichtlicher Informationen sowie der aktuellen Lebensqualität (WHOQOL) wurde eine Clusteranalyse nach der WARD-Methode durchgeführt: Es konnten vier inhaltlich plausible, empirisch trennscharfe Klient*innen-Cluster eruiert werden, die sich hinsichtlich der Dimensionen Bildungsabschluss, Hauptdiagnose, Erwerbstätigkeit und Migrationshintergrund signifikant unterscheiden. Die Cluster definieren sich hinsichtlich der Diagnosen in drei Cluster mit den Hauptdiagnosen F3 (Affektive Störungen), F4 (Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen), F6 (Persönlichkeitsstörungen) und einen Cluster mit Patient*innen mit der Diagnose F3 oder F4. Dieser (n = 178) hebt sich als einer von Indikatoren hoher Vulnerabilität geprägter von den anderen drei Clustern ab. Die Patient*innen dieses Clusters sind mittleren Alters, überwiegend erwerbslos, weisen ein niedriges Bildungsniveau auf und leben mit betreuungspflichtigen Kindern in einem Haushalt und berichten eine niedrige Lebensqualität.Bemerkenswert ist die Altersstruktur in dieser Stichprobe mit über 72 % von Patient*innen in der Lebensphase der Emerging Adulthood in den anderen drei Clustern. Diskutiert werden die Implikationen der Ergebnisse für die psychotherapeutischen Ausbildungscurricula sowie für die Relevanz von Universitätsambulanzen für die psychotherapeutische Versorgung einer Klientel, die in dieser Lebenssituation wohl keine Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer großteils selbstfinanzierten Psychotherapie fände.

2008 ◽  
Vol 37 (1) ◽  
pp. 33-42 ◽  
Author(s):  
Tina In-Albon ◽  
Andrea Suppiger ◽  
Barbara Schlup ◽  
Sascha Wendler ◽  
Jürgen Margraf ◽  
...  

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Das “Diagnostische Interview bei psychischen Störungen“ (DIPS für DSM-IV-TR; Schneider & Margraf, 2006 ) ist ein strukturiertes Interview, welches erweitert und an die DSM-IV-TR Kriterien angepasst wurde. Fragestellung: Ziel dieser Studie ist die Validierung des DIPS für DSM-IV-TR. Methode: Die Validität der DIPS-Diagnosen wurde mit einer Fragebogenbatterie an einer Stichprobe von 194 Patienten aus unterschiedlichen klinischen Einrichtungen überprüft. Ergebnisse: Die Ergebnisse sprechen für eine gute Validität der Oberklassen Angststörungen, Affektive Störungen, Somatoforme Störungen, Essstörungen, Substanz- und Alkoholmissbrauch/-abhängigkeit sowie einzelner, überprüfbarer Störungskategorien und für den Ausschluss psychischer Störungen. Eine ungenügende Validität ergab sich für die Oberklasse Schlafstörungen und der Generalisierten Angststörung. Schlussfolgerungen: Das DIPS für DSM-IV-TR zeigt außer bei der Generalisierten Angststörung und den Schlafstörungen eine gute Validität bei Patienten ambulanter sowie stationärer psychiatrischer Einrichtungen.


2000 ◽  
Vol 29 (3) ◽  
pp. 214-220 ◽  
Author(s):  
Helmut Saile ◽  
Karoline Weiland-Heil ◽  
Peter Schwenkmezger

Zusammenfassung. Es wurde untersucht, (1) ob sich im klinischen Erstgespräch gemessen an den Resultaten eines strukturierten Interviews (SKID) ausreichend übereinstimmende Diagnosen stellen lassen, (2) welchen Informationsgewinn Symptom-Checklisten (SCL-90-R) in der Eingangsdiagnostik bringen, und (3) wie die PatientInnen diese beiden unterschiedlichen Gespräche beurteilen. Dazu wurden am Psychologischen Ambulatorium der Universität Trier bei N = 88 PatientInnen im mittleren Alter von 35 Jahren Daten im Rahmen der Eingangsdiagnostik zur Psychotherapie erhoben. Die Übereinstimmung zwischen den Diagnosen aufgrund von SKID und klinischem Erstgespräch erweist sich für Angststörungen, Ess-Störungen und somatoforme Störungen als gut, liegt aber für affektive Störungen deutlich niedriger. Die SCL-90-R liefert im Wesentlichen einen unspezifischen Belastungsindex. In den Nachbefragungen beurteilen die PatientInnen das klinische Erstgespräch im Vergleich zum SKID insgesamt als positiver und motivierender für die angestrebte Psychotherapie. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen diagnostischen Instrumente für die Eingangsdiagnostik von Psychotherapie werden im Hinblick auf die Validität von Diagnosen und den therapeutischen Nutzen diskutiert.


2013 ◽  
Vol 64 (2) ◽  
pp. 75-93 ◽  
Author(s):  
Eva-Maria Wunsch ◽  
Sören Kliem ◽  
Anja Grocholewski ◽  
Christoph Kröger

Psychische Störungen, insbesondere Angst- und affektive Störungen, kommen in der Allgemeinbevölkerung häufig vor und verursachen erhebliche direkte und indirekte Kosten. Ziel der vorliegenden Analyse ist es, Kosten-Nutzen-Relationen unter der Bedingung zu ermitteln, dass alle behandlungswilligen, von einer Angst- oder affektiven Störung Betroffenen in Deutschland psychotherapeutisch behandelt werden würden. Zu diesem Zweck wurden mithilfe zahlreicher Quellen statistische Kosten- und Nutzenberechnungen für unterschiedliche Ausprägungen von Therapiewilligkeit, -effektivität und -dauer vorgenommen. Bei einer mittleren Ausprägung der Behandlungswilligkeit könnten durch die zusätzliche Behandlung bis zu 100-mal so viele Personen wie aktuell durch eine Psychotherapie als remittiert gelten. Die Kosten-Nutzen-Bilanzen zeigten, dass der finanzielle Nutzen in den meisten Fällen die Behandlungskosten übersteigen würde. Vor allem der erhebliche Hinzugewinn an Lebensqualität spricht für eine breitere psychotherapeutische Versorgung von Betroffenen. Um die Ergebnisse zu validieren, wurde mithilfe der Brogden-Cronbach-Gleser-Formel eine Gewinnschätzung vorgenommen. Die Ergebnisse aus der Anwendung dieser Formel wichen am wenigsten von unseren eigenen Schätzungen ab, wenn die Formel auf konservative Art und Weise eingesetzt wurde. Dieses spricht dafür, dass die eigene Schätzung insgesamt eher konservativ ausgefallen ist. Die Ergebnisse sollten anhand von longitudinalen Psychotherapiestudien überprüft werden. Gesundheitspolitische Implikationen werden diskutiert.


2018 ◽  
Vol 47 (3) ◽  
pp. 175-185 ◽  
Author(s):  
Julia Velten ◽  
Anne-Kathrin Bräscher ◽  
Lydia Fehm ◽  
Anne-Katharina Fladung ◽  
Thomas Fydrich ◽  
...  

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Im Jahr 2013 entstand die Initiative, Daten der universitären Psychotherapieambulanzen zusammenzuführen, um so eine deutschlandweite Forschungsdatenplattform zu schaffen. Der Forschungsverbund KODAP (Koordination der Datenerhebung und -auswertung an Forschungs-‍, Lehr- und Ausbildungsambulanzen für psychologische Psychotherapie) organisiert dieses komplexe Vorhaben. Fragestellung / Methode: In der vorliegenden Studie wird die technische und organisatorische Machbarkeit einer solchen Forschungskooperation im Hinblick auf die Übermittlung und Zusammenführung der Daten dargestellt. Gleichzeitig wird die im Jahr 2016 in den Ambulanzen behandelte Patient_innenpopulation beschrieben und es werden erste Vergleichsdaten zur Häufigkeit ICD-10-basierter Diagnosen in diesem Versorgungssegment generiert. Ergebnisse: Insgesamt stellten 16 Ambulanzen Daten von 4504 Patientinnen und Patienten (MAlter = 37.87; SD = 13.47; Range = 15 bis 86; 65.3 % weiblich) aus dem Jahr 2016 zur Verfügung. Trotz der unterschiedlichen Systeme und Formate, in denen Patient_innen- und therapiebezogene Forschungsdaten verwaltet werden, erwies sich die Übermittlung und Zusammenführung der Datensätze als machbar. Affektive Störungen (F3) und Neurotische, Belastungs- und Somatoforme Störungen (F4) machten den Großteil der vergebenen Diagnosen aus. Bei mehr als der Hälfte der Patient_innen lag mehr als eine Störungsdiagnose vor (M = 1.84; SD = 0.99; Range = 0 bis 7). Schlussfolgerungen: Diese Studie konnte zeigen, dass die Aufbereitung, Zusammenführung und Auswertung von Forschungsdaten über Ambulanzen hinweg möglich ist. Der Forderung nach einer stärkeren Ausrichtung der Psychologie in Richtung kumulativer und kooperativer Forschungsprojekte kommt das KODAP-Projekt in besonderem Maße nach.


Author(s):  
Kerstin Weidner ◽  
Juliane Junge-Hoffmeister ◽  
Anne Coenen ◽  
Ilona Croy ◽  
Antje Bittner

Zusammenfassung Ziele Frauen mit postpartalen psychischen Störungen zeigen häufig eine verzögerte Bindungsentwicklung zum Kind mit negativen Folgen für die kindliche Entwicklung. In mehreren Ländern wurde nachgewiesen, dass eine spezifische Mutter-Kind-Behandlung positiv auf die mütterliche Psychopathologie und die Bindungsentwicklung wirkt. Daten für den deutschsprachigen Raum sind rar, auch aufgrund der fehlenden Angebote bei unzureichender Finanzierung. Patientinnen einer psychosomatisch-psychotherapeutischen Mutter-Kind-Tagesklinik werden mit dieser Studie charakterisiert und die Behandlung evaluiert. Methodik 270 Patientinnen wurden bei Aufnahme und Entlassung aus der Tagesklinik befragt. Die Begleitevaluation umfasste die klinischen Haupt- und Nebendiagnosen nach ICD-10, Angaben zur Behandlungsdauer, Medikation, Angaben zum Kind sowie psychometrische Fragebögen zu mütterlicher Psychopathologie sowie zur wahrgenommenen Bindung zum Kind und dem elterlichen Kompetenzerleben. Ergebnisse 75% der behandelten Frauen wiesen mehr als eine, im Mittel 2,3 psychische Diagnosen auf. Die häufigsten Hauptdiagnosen waren affektive Störungen (38,5%), neurotische, Belastungs-und somatoforme Störungen (30,7%) sowie Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (20,4%). Ca. 56% berichteten Störungen der Mutter-Kind-Bindung. Die durchschnittliche Therapiedauer betrug 32 Behandlungstage. Zwischen Aufnahme und Entlassung zeigte sich eine hochsignifikante Symptomverbesserung mit sehr hoher Effektstärke [F=288,557 (df=1), p<0,001, Eta²=0,549]. Zur Entlassung wiesen 86,6% unserer Patientinnen keine Mutter-Kind-Bindungsstörung mehr auf. Diskussion Die Ergebnisse weisen auf potentiell hohe therapeutische Effekte der bindungsfokussierten und interaktionszentrierten Behandlung für die seelische Gesundheit der Mutter, ebenso wie die für die Bindungsentwicklung zum Kind hin. Schlussfolgerung Die gemeinsame Behandlung von Mutter und Kind sollte ein fester und finanzierter Bestandteil des Versorgungssystems sein, um Chronifizierung und negative Entwicklungsfolgen für das Kind zu verhindern.


Author(s):  
Klaus Hennicke

Zusammenfassung: Fragestellung: Versorgungssituation geistig behinderter Kindern und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten durch die Kliniken der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland im Jahre 2003. Methodik: Postalische Befragung aller Kinder- und Jugendpsychiatrischen Kliniken (N = 136); 68 überwiegend geschlossene Fragen mit Antwortvorgaben; Rücklauf: 54,4%. Ergebnisse: Der durchschnittliche Anteil geistig behinderter Patienten liegt ambulant wie stationär bei 6%. N = 6 (8%) verfügen über ein spezialisiertes ambulantes und stationäres Angebot, N = 4 (5%) haben entweder nur eine entsprechende Station oder eine Spezialambulanz. Die Versorgung erfolgt überwiegend nur im Rahmen der kinder- und jugendpsychiatrischen Grundversorgung. Diagnostik und Therapie erfolgen nach den üblichen Standards des Fachgebietes. Die übermäßige Verwendung von Psychopharmaka ist nicht nachweisbar. Auf einer Schulnotenskala wird die ambulante wie stationäre Versorgung mit etwas schlechter als 4, die psychotherapeutische Versorgung als mangelhaft (Note: 5) bewertet. 83% der Klinikchefs fordern spezialisierte Schwerpunktkliniken in jedem Bundesland. Schlussfolgerungen: Die insgesamt defizitäre Versorgungssituation wurde bestätigt. Mit den wenigen Schwerpunktkliniken und -ambulanzen ist selbst eine annehmbar überregionale Versorgungsstruktur nicht zu leisten. Die versorgungspolitische Forderung der Klinikleitungen ist insofern eindeutig, diesen Mangel durch spezialisierte Kliniken und Ambulanzen aufzuheben. Die Qualität der Diagnostik und Behandlung genügt offensichtlich den fachlichen und ethischen Standards der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Umgekehrt sind die oftmals sehr schwierigen diagnostischen und therapeutischen Probleme grundsätzlich mit den Methoden unseres Fachgebiets lösbar.


2013 ◽  
Vol 61 (4) ◽  
pp. 255-262 ◽  
Author(s):  
Martin Kumnig ◽  
Gerhard Schüßler ◽  
Franz Petermann

Bei Patienten mit chronischen Erkrankungen handelt es sich um ein Patientenkollektiv mit unterschiedlichsten Problembereichen. Es finden sich sowohl Patienten mit körperlichen als auch psychischen chronischen Erkrankungen. Hinter einer chronischen Erkrankung verbirgt sich zumeist eine sehr komplexe biopsychosoziale Problematik. Ängste, Depressionen und somatoforme Störungen sind die häufigsten psychischen Begleiterscheinungen chronisch-körperlicher Krankheitsverläufe. Die Komorbidität zwischen körperlichen und psychosozialen Erkrankungen ist allgemein anerkannt. Folglich wurden spezifische Implikationen für die Therapie und Prognose chronischer Erkrankungen entwickelt. Insbesondere in der engen Verzahnung der biopsychosozialen Behandlungsansätze liegt das größtmögliche Potenzial für eine verbesserte Behandlungseffizienz. Zusehends wird in diesem Kontext ein evidenzbasierter interdisziplinärer Ansatz angestrebt und Leitlinien für die unterschiedlichsten prozessdiagnostischen Fragestellungen erarbeitet.


2006 ◽  
Vol 54 (1) ◽  
pp. 53-64 ◽  
Author(s):  
Holger Schulz ◽  
Cathrin Büscher ◽  
Uwe Koch ◽  
Birgit Watzke

Zusammenfassung: Bei der Behandlung von Patienten mit psychischen Störungen ist die Berücksichtigung rehabilitativer Elemente von großer Relevanz, da ein hoher Anteil chronischer Verlaufsformen besteht, mit erheblichen Einschränkungen der Aktivitäten und Partizipation. In diesem Beitrag wird die Frage untersucht, inwieweit rehabilitative Elemente in nationalen wie internationalen Leitlinien zur Behandlung psychischer Störungen berücksichtigt sind. Dieses erfolgt für die fünf sehr häufig vorkommenden Diagnosegruppen Depression, Panikstörung, Somatoforme Störungen, Posttraumatische Belastungsstörung sowie Borderline-Persönlichkeitsstörung und wird auf der Grundlage einer systematischen Leitlinienrecherche und der Entwicklung von Beurteilungskriterien für generische und rehabilitationsspezifische Aspekte vorgenommen. Die Analysen zeigen, dass in den vorliegenden Leitlinien Elemente mit besonders hoher Spezifität für die Rehabilitation bisher nur sehr wenig berücksichtigt sind. Daraus wird ein Entwicklungsbedarf deutlich, der neben einer weiteren Konkretisierung rehabilitativer Elemente die systematische Aufbereitung der Evidenz für die Wirksamkeit dieser Elemente fokussieren sollte.


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