scholarly journals Monogene frühmanifeste Osteoporose und Altersosteoporose – ein Kontinuum

2019 ◽  
Vol 31 (4) ◽  
pp. 383-390 ◽  
Author(s):  
Uwe Kornak ◽  
Ralf Oheim

ZusammenfassungDas Risiko für atraumatische/osteoporotische Frakturen nimmt ab einem Alter von 55 Jahren zu und wird zu einem großen Teil durch die individuelle Knochenmineraldichte und -struktur bestimmt. Durch Modeling während des Wachstums und anschließendes Remodeling passen Osteoblasten und Osteoklasten als Teil der sog. „basic multicellular unit“ das Knochengewebe kontinuierlich an die Erfordernisse an. Angeborene Störungen ihrer Funktion und/oder ihres Zusammenspiels durch häufige oder seltene Genvarianten können durch verzögerten Knochenaufbau oder beschleunigten Knochenabbau zu einer pathologisch niedrigen Knochenmineraldichte (BMD) führen. Häufige Varianten in über 500 Genloci erklären zusammen derzeit ca. 20 % der BMD-Varianz und beeinflussen das Risiko der Altersosteoporose. In einem signifikanten Teil der erwachsenen Patienten mit frühmanifester Osteoporose (vor dem 55. Lebensjahr) finden sich hingegen seltene Varianten als monogene Krankheitsursache. Aufgrund der mitunter sehr milden und variablen Manifestation dieser monogenen Krankheiten ist die genetische Diagnostik die zuverlässigste Möglichkeit der molekularen Zuordnung. Die bei der früh- und spätmanifesten Osteoporose involvierten Gene zeigen eine deutliche Überlappung, besonders bei Genen mit Funktion im Wnt-Signalweg. Die Einbeziehung genetischer Varianten in den diagnostischen Prozess erlaubt eine genauere Prognose und möglicherweise auch eine spezifischere Therapie. Auf die Altersosteoporose lässt sich dieser personalisierte Ansatz unter Umständen in einem nächsten Schritt mithilfe polygener Risiko-Scores übertragen.

2019 ◽  
Vol 39 (06) ◽  
pp. 375-384
Author(s):  
Verena Buschhorn-Milberger ◽  
Judith Erkenberg ◽  
Barbara Guminski ◽  
Friederike Thomasius ◽  
Jürgen Braun ◽  
...  

ZUSAMMENFASSUNGOsteoporose ist eine Volkskrankheit, die sich durch niedrigtraumatische Frakturen manifestiert. Sie ist durch eine niedrige Knochendichte und verschlechterte ossäre Mikroarchitektur charakterisiert. Osteoporotische Frakturen führen zu Mobilitätsverlusten, Schmerzen und erhöhter Morbidität und Mortalität. Trotz ihrer Häufigkeit und schlimmen Konsequenzen bleibt die Osteoporose untertherapiert. Der Dachverband Osteologie (DVO) hat 2017 seine Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern“ aktualisiert. Diese Übersichtsarbeit fasst die wichtigsten Empfehlungen und Neuerungen zusammen und gibt einen Ausblick auf Entwicklungen in den nächsten Jahren


2020 ◽  
Vol 29 (03) ◽  
pp. 207-214
Author(s):  
Simon von Stengel ◽  
Wolfgang Kemmler

ZusammenfassungOsteoporotische Frakturen sind ein hochrelevantes Problem unserer überalterten Gesellschaft. Die zentralen Zielparameter, welche in diesem Zusammenhang im Rahmen eines körperlichen Trainings angesteuert werden können, sind die Bereiche „Sturzhäufigkeit“ und „Knochenfestigkeit“ als wesentliche Determinanten des Frakturrisikos. Die Konzeption und Durchführung eines frakturwirksamen Trainings ist aus trainingswissenschaftlicher Sicht allerdings äußerst komplex und verlangt eine auf die anvisierte Zielsetzung und Personengruppe abgestimmte Komposition von Trainingsinhalten und Belastungsnormativen. Zur Senkung des Sturzrisikos sind neben einem gezielten Gleichgewichtstraining insbesondere multimodale Bewegungsprogramme, welche Gleichgewichts- und Kraftübungen beinhalten, geeignet. Für ein knochenwirksames Training können intensive osteogene Reize am Knochen über Muskelzüge im Rahmen eines Krafttrainings oder durch axiale Belastungen im Rahmen von gewichtstragenden High-impact-Übungen generiert werden. Ziel dieses Übersichtsartikels ist es, basierend auf der aktuellen Evidenz, Grundlagen und Strategien zur effektiven Frakturprophylaxe durch Sturzreduktion und positive Beeinflussung der Knochendichte durch körperliches Training herauszuarbeiten.


2010 ◽  
Vol 30 (01) ◽  
pp. 40-44
Author(s):  
R. Stange ◽  
M. Raschke ◽  
U. Frerichmann

ZusammenfassungDie steigende Lebenserwartung wird zu einer Häufung von osteoporotisch bedingten Frakturen und Verletzungen von geriatrischen Patienten führen. Die häufigste Ursache von Frakturen sind dabei Stürze in Kombination mit Osteoporose. Durch spezielle Implantate konnte zwar eine Verbesserung der Möglichkeiten in der operativen Therapie erreicht werden, der Patient im hohen Lebensalter ist jedoch häufig multimorbide und benötigt eine interdisziplinäre Versorgung mit anschließender geriatrischer Rehabilitation zur vollständigen Wiedereingliederung. Art der Zusatzerkrankungen und zusätzlicher, altersbedingter Degeneration aller Organe beeinflussen die Indikation zum operativen Vorgehen und die Wahl des Behandlungsverfahrens nachhaltig. Osteoporotische Frakturen sind durch Mehrfragment- und Splitterbrüche, ausgeprägte metaphysäre Defektzonen sowie typische Lokalisationen wie an Wirbelsäule, proximalem Femur, distalem Radius sowie proximalem Humerus gekennzeichnet. Die Indikation zur operativen Stabilisierung von Frakturen bei Patienten im höheren Lebensalter muss der individuellen Erkrankungsschwere, dem spezifischen Verletzungsmuster und den Fähigkeiten des Patienten, die rehabilitativen Maßnahmen aktiv zu unterstützen, Rechnung tragen. Intramedulläre Verriegelungsnagelsysteme bieten wesentliche Vorteile gegenüber anderen speziellen Verfahren in Bezug auf ein geringeres Operationstrauma und eine frühere Belastungsstabilität und sind der „goldene Standard“ für schaft- und gelenknahe Frakturen. Winkelstabile Formplatten weisen ein geringeres Risiko einer sekundären Fraktur-Dislokation auf, können häufig über einen minimal invasiven Zugang nach gedeckter Reposition verankert werden und bieten vor allem bei periprothetischen Frakturen – ohne Lockerung des Implantats – eine dauerhafte Stabilisierung.


2007 ◽  
Vol 7 (04) ◽  
pp. 203-208
Author(s):  
Wieland Kiess ◽  
Thomas Kapellen ◽  
Angela Galler

ZusammenfassungGene spielen bei der Pathogenese des Diabetes mellitus eine wichtige Rolle. Die häufigste Form bei Kindern und Jugendlichen ist der Diabetes mellitus Typ 1. Bei vorhandener genetischer Prädisposition kann durch verschiedene Umweltfaktoren eine Autoimmunreaktion ausgelöst werden, welche durch Zerstörung der Betazellen zum Insulinmangel und somit zum Diabetes mellitus Typ 1 führt. Beim Diabetes mellitus Typ 2, welcher bei der zunehmenden Adipositas im Kindes- und Jugendalter in den letzten Jahren in Deutschland häufiger zu beobachten ist, spielen genetische Faktoren eine entscheidende Rolle. Der Diabetes mellitus Typ 2 wird polygen vererbt. Bisher liegen jedoch nur unzureichende Daten vor, um eine genetische Diagnostik in der Praxis sinnvoll erscheinen zu lassen. Bei einer Reihe von weiteren Diabetestypen ist deren genetische Ursache in den letzten Jahrzehnten geklärt worden. Eine genetische Diagnostik ist in diesen Fällen notwendig und sinnvoll. Der Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY) fällt meist durch seine im Vergleich zum Diabetes mellitus Typ 1 mildere Verlaufsform auf und wird mit einer Häufigkeit von 5–10% aller Diabetesformen beziffert. Der MODY Typ 2 wird durch eine Mutation im Glukokinase-Gen hervorgerufen, der MODY Typ 3 durch eine Mutation im HNF-1α-Gen. Der mitochondriale Diabetes mellitus wird aufgrund der häufig auftretenden Schwerhörigkeit auch als MIDD (Maternally Inherited Diabetes and Deafness) bezeichnet und durch Mutationen im mitochondrialen Genom hervorgerufen. Weiterhin wurden in den letzten Jahren verschiedene Genmutationen beim sehr seltenen neonatalen Diabetes mellitus (transienter und permanenter neonataler Diabetes mellitus) aufgeklärt.


Phlebologie ◽  
2021 ◽  
Author(s):  
Charlotte Kemper ◽  
Magdalena Danyel ◽  
Claus-Eric Ott ◽  
René Hägerling

Zusammenfassung Einleitung Das primäre Lymphödem ist eine genetisch bedingte, angeborene Erkrankung, die durch einen unzureichenden Abtransport von Lymphflüssigkeit aufgrund einer Fehlbildung oder Fehlfunktion des Lymphgefäßsystems entsteht. Dabei tragen periphere und systemische Manifestationen zum letztendlichen Phänotyp bei. Neben peripheren Manifestationen des primären Lymphödems, v. a. Schwellungen der unteren Extremität, können auch systemische Manifestationen, wie z. B. Aszites, intestinale und pleurale Lymphangiektasien, Chylothorax, Pleura- und Perikarderguss oder auch der Hydrops fetalis, auftreten. In Abhängigkeit vom ursächlichen Gen und der zugrunde liegenden genetischen Veränderung unterscheiden sich sowohl die klinischen Manifestationen als auch der Ausprägungsgrad des Lymphödems. Klassifikation Die Krankheitsbilder, die mit einem primären Lymphödem einhergehen, lassen sich in 5 Kategorien aufteilen: (1) Erkrankungen, die mit einer segmentalen Wachstumsstörung assoziiert sind und auf einem somatischen Mosaik beruhen, (2) syndromale Erkrankungen, (3) Erkrankungen, bei denen das primäre Lymphödem eine systemische Beteiligung aufweist, (4) kongenitale Krankheitsbilder und (5) nach dem ersten Lebensjahr auftretende (Late Onset) Krankheitsbilder. Genetische Diagnostik Basierend auf der Klinik des Patienten und der Zuordnung zu einer der 5 Kategorien kann eine zielgerichtete genetische Diagnostik erfolgen, zunächst beginnend mit einer konventionellen zytogenetischen Untersuchung (Chromosomenanalyse) sowie einer molekularzytogenetischen Methode (Array-CGH). Anschließend kann eine molekulargenetische Untersuchung im Rahmen von Einzelgenanalysen, Panel-Untersuchungen oder Exom- sowie Ganzgenomsequenzierung durchgeführt werden, durch die genetische Varianten oder Mutationen aufgedeckt werden können, die als kausal für die Symptomatik identifiziert werden können. Fazit Betroffene eines primären Lymphödems profitieren von einer gezielten genetischen Diagnostik, da die verschiedenen Krankheitsbilder meistens nur durch die Detektion einer assoziierten genetischen Veränderung diagnostiziert werden können und somit eine Aussage über Vererbung und Wiederholungsrisiko möglich ist.


Author(s):  
S. Zorn ◽  
J. v. Schnurbein ◽  
K. Kohlsdorf ◽  
C. Denzer ◽  
M. Wabitsch

ZusammenfassungSeltene Genvarianten im Leptin-Melanokortin-Signalweg können die Hunger- und Sättigungsregulation stören und eine extreme Adipositas im frühen Kindesalter verursachen. Um Stigmatisierung und frustrane Therapieversuche zu vermeiden, ist eine frühe genetische Diagnostik notwendig. Zukünftig sind für einige Formen der genetischen Adipositas pharmakologische Therapiemöglichkeiten verfügbar. Der Fallbericht handelt von einem Mädchen mit extremer Adipositas infolge eines compound-heterozygoten Leptinrezeptordefekts und ihrem langwierigen Prozess bis zur Diagnosefindung und zum Beginn einer pharmakologischen Therapie.


2007 ◽  
Vol 50 (12) ◽  
pp. 1564-1568 ◽  
Author(s):  
Cornelia Zeidler ◽  
K. Welte

2017 ◽  
Vol 142 (09) ◽  
pp. 657-664 ◽  
Author(s):  
Frauke Czepluch ◽  
Bernd Wollnik ◽  
Gerd Hasenfuß

2018 ◽  
Vol 235 (11) ◽  
pp. 1235-1241
Author(s):  
Bernd Wissinger

ZusammenfassungHereditäre Optikusatrophien stellen eine heterogene Gruppe seltener degenerativer Erkrankungen der retinalen Ganglienzellen und ihrer Axone, welche den Sehnerv bilden, dar. Mit einer geschätzten Prävalenz von 1 : 10 000 bis 1 : 20 000 betreffen die hereditären Optikusatrophien in ihrer Gesamtheit etwa 4000 – 8000 Menschen in Deutschland. Am verbreitetsten sind die Leberʼsche Optikusatrophie (LHON) und die autosomal-dominante Optikusatrophie (ADOA). Neben den isolierten Optikusatrophien, deren Symptomatik sich auf das visuelle System beschränkt, gibt es zahlreiche Krankheitsbilder, bei welchen die Optikusatrophie Teil einer syndromalen Erkrankung mit vornehmlich neurosensorischer, neurologischer und/oder neuromuskulärer Symptomatik ist. Der Vererbungsmodus ist heterogen mit einer rein maternalen Vererbung bei der LHON und autosomal-dominanter Vererbung bei der ADOA. Deutlich seltener sind Fälle mit autosomal-rezessiver oder X-chromosomal-rezessiver Vererbung. Die Penetranz ist jedoch unvollständig. Bei der LHON erkranken zudem weitaus häufiger Männer als Frauen. Die genetischen Ursachen der hereditären Optikusatrophien sind heterogen, aber größtenteils bekannt. Die molekulargenetische Diagnostik liefert daher in der Mehrzahl der untersuchten Fälle ein aussagekräftiges Ergebnis, mit welchem die klinische Diagnose abgesichert, das Wiederholungsrisiko in der Familie konkret kalkuliert oder im Falle der Bestätigung einer LHON eine therapeutische Behandlung initiiert werden kann. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die genetischen Ursachen der hereditären Optikusatrophien und die Optionen und Modalitäten einer molekulargenetischen Diagnostik einschließlich Hinweisen zu deren Implementierung in der Praxis.


OP-Journal ◽  
2017 ◽  
Vol 33 (01) ◽  
pp. 64-71
Author(s):  
Michael Plecko

ZusammenfassungOsteoporotische Frakturen am proximalen Humerus stellen auch heute noch, trotz der stark verbesserten Implantate und der verfeinerten Operationstechnik, eine große Herausforderung dar. Neben der Komplexität der Frakturen und den häufigen Komorbiditäten dieser Patienten ist es vor allem der schlechte Halt der Implantate im osteoporotischen Oberarmkopf, der zu einer hohen Rate an Komplikationen führt. Hier stehen der sekundäre Repositionsverlust und das Durchschneiden bzw. Ausreißen der Schrauben an führender Stelle. Durch Verbesserung des Knochen-Implantat-Interfaces kann die In-situ-Schraubenaugmentation mit Knochenzement deren Halt deutlich verbessern und damit ein Nachsinken der Fragmente verhindern und trotz der schlechten Knochenqualität eine frühfunktionelle Nachbehandlung ermöglichen.


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