Genetische Ursachen und genetische Diagnostik bei hereditären Optikusatrophien

2018 ◽  
Vol 235 (11) ◽  
pp. 1235-1241
Author(s):  
Bernd Wissinger

ZusammenfassungHereditäre Optikusatrophien stellen eine heterogene Gruppe seltener degenerativer Erkrankungen der retinalen Ganglienzellen und ihrer Axone, welche den Sehnerv bilden, dar. Mit einer geschätzten Prävalenz von 1 : 10 000 bis 1 : 20 000 betreffen die hereditären Optikusatrophien in ihrer Gesamtheit etwa 4000 – 8000 Menschen in Deutschland. Am verbreitetsten sind die Leberʼsche Optikusatrophie (LHON) und die autosomal-dominante Optikusatrophie (ADOA). Neben den isolierten Optikusatrophien, deren Symptomatik sich auf das visuelle System beschränkt, gibt es zahlreiche Krankheitsbilder, bei welchen die Optikusatrophie Teil einer syndromalen Erkrankung mit vornehmlich neurosensorischer, neurologischer und/oder neuromuskulärer Symptomatik ist. Der Vererbungsmodus ist heterogen mit einer rein maternalen Vererbung bei der LHON und autosomal-dominanter Vererbung bei der ADOA. Deutlich seltener sind Fälle mit autosomal-rezessiver oder X-chromosomal-rezessiver Vererbung. Die Penetranz ist jedoch unvollständig. Bei der LHON erkranken zudem weitaus häufiger Männer als Frauen. Die genetischen Ursachen der hereditären Optikusatrophien sind heterogen, aber größtenteils bekannt. Die molekulargenetische Diagnostik liefert daher in der Mehrzahl der untersuchten Fälle ein aussagekräftiges Ergebnis, mit welchem die klinische Diagnose abgesichert, das Wiederholungsrisiko in der Familie konkret kalkuliert oder im Falle der Bestätigung einer LHON eine therapeutische Behandlung initiiert werden kann. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die genetischen Ursachen der hereditären Optikusatrophien und die Optionen und Modalitäten einer molekulargenetischen Diagnostik einschließlich Hinweisen zu deren Implementierung in der Praxis.

2020 ◽  
Vol 77 (6) ◽  
pp. 258-262
Author(s):  
Florian Brunner

Zusammenfassung. Mit dem Begriff des CRPS werden verschiedene schmerzhafte Zustände zusammengefasst, welche typischerweise nach einem auslösenden Ereignis distal an einer Extremität auftreten. Charakteristischerweise übersteigen die Dauer und die Intensität der Beschwerden den normalerweise zu erwartenden Verlauf. Die Erkrankung tritt am häufigsten bei Frauen zwischen 61 und 70 Jahren und an der oberen Extremität auf. Klinisch manifestiert sich das CRPS als bunter Symptomenkomplex bestehend aus sensiblen, vasomotorischen, sudomotorischen, motorischen und trophischen Störungen. Die Art und Intensität dieser Veränderungen treten individuell verschieden auf und ändern sich typischerweise im Verlauf der Erkrankung. Beim CRPS handelt es sich grundsätzlich um eine klinische Diagnose unter Berücksichtigung der modifizierten Budapest-Kriterien. Charakteristischerweise ist die Frühphase von einer übermässigen schmerzhaften Schwellung der betroffenen Extremität geprägt. Benigne Verläufe sind bekannt, viele Patienten entwickeln jedoch chronische Verläufe mit persistierenden Beschwerden auch nach einem Jahr. Aufgrund der vielfältigen Beschwerden und dem individuell unterschiedlichen Krankheitsverlauf stellt die Behandlung des CRPS eine besondere Herausforderung dar. Die Therapie basiert auf medikamentösen, interventionellen, physio- bzw. ergotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungsoptionen. Die Therapie richtet sich nach der sich präsentierenden Klinik und basiert auf zugrunde liegenden pathophysiologischen Prozessen. Eine allgemeingültige oder kausale Therapie ist nicht möglich.


Praxis ◽  
2005 ◽  
Vol 94 (47) ◽  
pp. 1869-1870
Author(s):  
Balestra ◽  
Nüesch

Eine 37-jährige Patientin stellt sich nach der Rückkehr von einer Rundreise durch Nordamerika mit einem Status febrilis seit zehn Tagen und einem makulösem extremitätenbetontem Exanthem seit einem Tag vor. Bei suggestiver Klinik und Besuch der Rocky Mountains wird ein Rocky Mountain spotted fever diagnostiziert. Die Serologie für Rickettsia conorii, die mit Rickettsia rickettsii kreuzreagiert, war positiv und bestätigte die klinische Diagnose. Allerdings konnte der beweisende vierfache Titeranstieg, möglicherweise wegen spät abgenommener ersten Serologie, nicht nachgewiesen werden. Nach zweiwöchiger antibiotischer Therapie mit Doxycycline waren Status febrilis und Exanthem regredient.


Author(s):  
Kerstin Paschke ◽  
Martin Holtmann ◽  
Peter Melchers ◽  
Marianne Klein ◽  
Gisela Schimansky ◽  
...  

Zusammenfassung. Unter der Bezeichnung Medienbezogene Störungen (MBS) wird sowohl eine problematische Nutzung des Internets und bestimmter Endgeräte generell als auch ein problematischer Gebrauch bestimmter Anwendungen zusammengefasst. Im Kindes- und Jugendalter kommen hierbei den Anwendungen Computerspiele und Soziale Netzwerke die größte Bedeutung zu. Im Mai 2019 wurde die Computerspielstörung als erste Entität der MBS als klinische Diagnose in die ICD-11 aufgenommen. Die Prävalenz der MBS im Kindes- und Jugendalter liegt in Deutschland bei 3 bis 5 %. Bei der Mehrzahl der Betroffenen gehen MBS mit komorbiden psychischen Störungsbildern einher. MBS entstehen auf der Grundlage dysfunktionaler Lernprozesse unter Wechselwirkung allgemeiner und spezfischer Risikofaktoren und gehen mit neuronalen Veränderungen ähnlich derer bei substanzgebundenen Süchten einher. Im Rahmen der Diagnostik stehen neben der kinder- und jugendpsychiatrischen/-psychotherapeutischen Exploration Fragebögen zur Verfügung, wobei ein einheitliches klinisches Vorgehen bislang fehlt. Die Behandlung umfasst in Abhängigkeit des Schweregrades ambulante, tagesklinische oder stationäre Therapieangebote mit kognitiv-behavioralen Elementen unter Einbezug der Eltern. Diese sind bislang nicht flächendeckend vorhanden und unzureichend evaluiert. Zudem existieren bislang wenige Untersuchungen zur Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen bei MBS im Kindes- und Jugendalter. Eine Vertiefung der Forschung ist dringend geboten.


2020 ◽  
Vol 04 (04) ◽  
pp. 261-267
Author(s):  
Christoph Mehren ◽  
Bastian Storzer
Keyword(s):  

ZusammenfassungDie klinische Diagnose einer zervikalen Myelopathie kann sich aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Pathologien an der Halswirbelsäule ergeben. Die sich daraus ableitenden operativen Behandlungsoptionen sind ebenso vielfältig und unterscheiden sich sowohl in Bezug auf die Lokalisation des Zugangs (ventral oder dorsal) als auch in der Philosophie eines stabilisierenden-fusionierenden Verfahrens bzw. eines bewegungserhaltenden Verfahrens. Die zervikale Bandscheibenprothese ist v. a. im Bereich der degenerativen Bandscheibenerkrankungen eine inzwischen anerkannte Operationsmethode mit sehr guten klinischen Ergebnissen auch im Langzeit-Follow-up. Unter Berücksichtigung der Kontraindikationen kann diese auch eine zuverlässige Option bei der operativen Behandlung einer zervikalen Myelopathie darstellen. Jedoch muss klar festgehalten werden, dass das Vorliegen einer Myelopathie in den meisten Fällen auf Pathologien beruht, die eine Non-Fusion-Philosophie nicht zulassen.


2005 ◽  
Vol 25 (01) ◽  
pp. 39-46
Author(s):  
M. Treitl ◽  
C. Becker-Gaab ◽  
C. Krolak ◽  
M. Weiss ◽  
R. Tiling ◽  
...  

ZusammenfassungIn der Initialdiagnostik bei rheumatoider Arthritis (RA) wer-den neben der Projektionsradiographie (PR) auch die Mag-netresonanztomographie (MRT) und die 3-Phasen-Skelettszintigraphie (3P-SZ) eingesetzt. Ziel dieser Studie war es, bei Patienten mit Verdacht auf RA die Wertigkeit der PR, der 3P-SZ und der MRT anhand von Verlaufsbeobachtun-gen über 2 Jahre zu beurteilen. Patienten, Methoden: Bei 42 Patienten wurden am selben Tag je eine 3P-SZ, Niederfeld-MRT und PR der Hände im dorsovolaren Strahlengang durchgeführt. Verlaufskontrollen erfolgten im jährlichen Abstand. Alle Bilder wurden von jeweils zwei erfahrenen Radiologen/ Nuklearmedizinern befundet und in rheumatypisch und nicht rheumatypisch unterteilt. Als Goldstandard diente die abschließende klinische Diagnose des Rheumatologen unter Berücksichtigung des Ritchie-articular-Index. Ergebnisse: Bei 24/42 Patienten wurde die Diagnose einer initialen RA gestellt. In der PR konnte bei 20/ 24Patienten imzeitlichen Verlauf die richtigeDiagnose gestellt werden. Demgegenüber wurde sowohl in der 3P-SZ als auch in der MRT bei allen 24 Patienten eine beginnende RA erkannt. Lediglich im Detektionszeitpunkt gab es Variationen mit insgesamt tendenziell späterer Diagnosestel-lung in der PR. Schlussfolgerung: In der bildgebenden Initialdiagnostik der RA ist die PR weiterhin als Verfahren der ersten Wahl anzusehen. In der weiterführenden Diagnostik von unklaren Befunden stellt die Niederfeld-MRT ein der 3P-SZ annähernd vergleichbar sensitives Verfahren dar. Trotzdem sollten – wenn möglich – aufgrund des geringen Field-of-view neben der 3P-SZ zur weiteren Abklärung unklarer Befunde Hochfeldtomographen bevorzugt werden.


2007 ◽  
Vol 7 (04) ◽  
pp. 203-208
Author(s):  
Wieland Kiess ◽  
Thomas Kapellen ◽  
Angela Galler

ZusammenfassungGene spielen bei der Pathogenese des Diabetes mellitus eine wichtige Rolle. Die häufigste Form bei Kindern und Jugendlichen ist der Diabetes mellitus Typ 1. Bei vorhandener genetischer Prädisposition kann durch verschiedene Umweltfaktoren eine Autoimmunreaktion ausgelöst werden, welche durch Zerstörung der Betazellen zum Insulinmangel und somit zum Diabetes mellitus Typ 1 führt. Beim Diabetes mellitus Typ 2, welcher bei der zunehmenden Adipositas im Kindes- und Jugendalter in den letzten Jahren in Deutschland häufiger zu beobachten ist, spielen genetische Faktoren eine entscheidende Rolle. Der Diabetes mellitus Typ 2 wird polygen vererbt. Bisher liegen jedoch nur unzureichende Daten vor, um eine genetische Diagnostik in der Praxis sinnvoll erscheinen zu lassen. Bei einer Reihe von weiteren Diabetestypen ist deren genetische Ursache in den letzten Jahrzehnten geklärt worden. Eine genetische Diagnostik ist in diesen Fällen notwendig und sinnvoll. Der Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY) fällt meist durch seine im Vergleich zum Diabetes mellitus Typ 1 mildere Verlaufsform auf und wird mit einer Häufigkeit von 5–10% aller Diabetesformen beziffert. Der MODY Typ 2 wird durch eine Mutation im Glukokinase-Gen hervorgerufen, der MODY Typ 3 durch eine Mutation im HNF-1α-Gen. Der mitochondriale Diabetes mellitus wird aufgrund der häufig auftretenden Schwerhörigkeit auch als MIDD (Maternally Inherited Diabetes and Deafness) bezeichnet und durch Mutationen im mitochondrialen Genom hervorgerufen. Weiterhin wurden in den letzten Jahren verschiedene Genmutationen beim sehr seltenen neonatalen Diabetes mellitus (transienter und permanenter neonataler Diabetes mellitus) aufgeklärt.


2020 ◽  
Author(s):  
B Becke ◽  
R Krügel ◽  
S Griff ◽  
T Mairinger
Keyword(s):  

Phlebologie ◽  
2021 ◽  
Author(s):  
Charlotte Kemper ◽  
Magdalena Danyel ◽  
Claus-Eric Ott ◽  
René Hägerling

Zusammenfassung Einleitung Das primäre Lymphödem ist eine genetisch bedingte, angeborene Erkrankung, die durch einen unzureichenden Abtransport von Lymphflüssigkeit aufgrund einer Fehlbildung oder Fehlfunktion des Lymphgefäßsystems entsteht. Dabei tragen periphere und systemische Manifestationen zum letztendlichen Phänotyp bei. Neben peripheren Manifestationen des primären Lymphödems, v. a. Schwellungen der unteren Extremität, können auch systemische Manifestationen, wie z. B. Aszites, intestinale und pleurale Lymphangiektasien, Chylothorax, Pleura- und Perikarderguss oder auch der Hydrops fetalis, auftreten. In Abhängigkeit vom ursächlichen Gen und der zugrunde liegenden genetischen Veränderung unterscheiden sich sowohl die klinischen Manifestationen als auch der Ausprägungsgrad des Lymphödems. Klassifikation Die Krankheitsbilder, die mit einem primären Lymphödem einhergehen, lassen sich in 5 Kategorien aufteilen: (1) Erkrankungen, die mit einer segmentalen Wachstumsstörung assoziiert sind und auf einem somatischen Mosaik beruhen, (2) syndromale Erkrankungen, (3) Erkrankungen, bei denen das primäre Lymphödem eine systemische Beteiligung aufweist, (4) kongenitale Krankheitsbilder und (5) nach dem ersten Lebensjahr auftretende (Late Onset) Krankheitsbilder. Genetische Diagnostik Basierend auf der Klinik des Patienten und der Zuordnung zu einer der 5 Kategorien kann eine zielgerichtete genetische Diagnostik erfolgen, zunächst beginnend mit einer konventionellen zytogenetischen Untersuchung (Chromosomenanalyse) sowie einer molekularzytogenetischen Methode (Array-CGH). Anschließend kann eine molekulargenetische Untersuchung im Rahmen von Einzelgenanalysen, Panel-Untersuchungen oder Exom- sowie Ganzgenomsequenzierung durchgeführt werden, durch die genetische Varianten oder Mutationen aufgedeckt werden können, die als kausal für die Symptomatik identifiziert werden können. Fazit Betroffene eines primären Lymphödems profitieren von einer gezielten genetischen Diagnostik, da die verschiedenen Krankheitsbilder meistens nur durch die Detektion einer assoziierten genetischen Veränderung diagnostiziert werden können und somit eine Aussage über Vererbung und Wiederholungsrisiko möglich ist.


2021 ◽  
Author(s):  
P. Elsner ◽  
J. Meyer

ZusammenfassungEine Patientin stellte sich in einer Hautarztpraxis zur Entfernung einer „Aknezyste“ im Bereich der Wange rechts vor. Die Exzision erfolgte in Lokalanästhesie; die histologische Befundung bestätigte die klinische Diagnose. Bei der Nachkontrolle der Exzisionsstelle wurde von der Patientin eine „Zipfelbildung“ an der Narbe bemängelt. Im Folgenden suchte die Patientin einen weiteren Hautarzt auf, der „Dog Ears“ an der Narbe diagnostizierte und eine spätere operative Korrektur empfahl, die schließlich in einer Fachklinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie vorgenommen wurde.Die von der Patientin angerufene Schlichtungsstelle stellte fest, dass die nicht korrekte Wahl der Exzisionsstelle exakt nach der Lage der Hautspannungslinien des Gesichtes sowie die Nichteinhaltung eines Winkels von 30° an den jeweiligen Wundenden bei der Schnittführung nicht dem Facharztstandard entsprach und zu den „Dog Ears“ führte. Nach den vorliegenden Fotodokumentationen waren diese aufwerfenden Hautauszipfelungen als kosmetisch beeinträchtigend zu bewerten und bedurften nachfolgend einer Narbenkorrektur.Der vom behandelnden Hautarzt angeführte Wunsch der Patientin nach einer „möglichst kleinen Exzision und Narbe“ veranlasste diesen zu einem zu kleinen Wundverschluss in Abweichung vom Facharztstandard, wonach eine längere, elliptoide Exzision erforderlich gewesen wäre. Besteht ein Patient auf einem Abweichen vom Facharztstandard, sollte dies zur Vermeidung späterer Schadensersatzforderungen nach Aufklärung über die potenziell negativen Folgen schriftlich vereinbart werden.


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