Klug entscheiden in der Rheumatologie

2016 ◽  
Vol 36 (06) ◽  
pp. 402-406 ◽  
Author(s):  
M. Lakomek ◽  
Ch. Specker ◽  
H.-J. Lakomek

ZusammenfassungIn Anlehnung an die amerikanische “Choosing wisely”-Initiative des American Board of International Medicine (ABIM-Foundation) aus dem Jahr 2012 hat die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) mit zwölf weiteren internistischen Schwerpunkt- bzw. assoziierten Fachgesellschaften und der AWMF im Jahr 2015 fachgebietsbezogene Gesundheitsbereiche mit einer Fehlversorgung identifiziert. Auch die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hat hier jeweils fünf fachbezogene Aspekte der Unter- und Überversorgung beschrieben. Dies war Anlass für die Autoren, beispielhaft zu jeweils einer Positiv- (Unterversorgung) und einer Negativ-Empfehlung (Überversorgung) Stellung zu nehmen, um die Wichtigkeit der “Klug entscheiden”-Initiative für die akutstationäre Rheumatologie aufzuzeigen. Am Beispiel der Positiv-Empfehlung (+) “Das kardiovaskuläre Risikoprofil von Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen soll bestimmt und ggfs. reduziert werden” wird für die rheumatoide Arthritis die Bedeutung der Beachtung dieser Komorbidität aufgezeigt. Zur Unterstützung einer hohen Behandlungsqualität ist die Diagnose einer Komorbidität wie die des metabolischen Syndroms und des Typ-2-Diabetes nicht nur für die Bewertung des kardiovaskulären Risikos von Menschen mit rheumatischen Erkrankungen äußerst wichtig, sondern es kann z. B. durch Veränderung des Lebensstils und die Auswahl bestimmter Immunsuppressiva auf die sich durch die Komorbidität ergebende Prognose, z. B. bei der rheumatoiden Arthritis, positiv Einfluss genommen werden. Am Beispiel der Negativ-Empfehlung (−) “Eine längerfristige Glukokortikoidtherapie mit einer Dosis von mehr als 5 mg/die Prednisonäquivalent soll nicht durchgeführt werden” – wird die Richtigkeit der vorgeschlagenen Zielsetzung mit dem ergänzenden Hinweis aufgezeigt, bei Absenkung einer längerfristigen Glukokortikoidtherapie auf das mögliche Vorliegen einer sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz zu achten. Die Initiative “Klug entscheiden” auch in der Rheumatologie passt gut in den Kontext der aktuellen gesundheitspolitischen Aktivitäten, über die sektorale Patientenversorgung in Deutschland eine hohe Behandlungsqualität abzusichern.

Pneumologie ◽  
2021 ◽  
Author(s):  
T. Bahmer ◽  
J. Wälscher ◽  
C. Fisser ◽  
E. E. Groth ◽  
T. Schreiber ◽  
...  

Zusammenfassung Einleitung Der demografische Wandel in der Gesellschaft und innerhalb der Ärzteschaft ebenso wie sich ändernde gesellschaftliche Vorstellungen und Normen in Bezug auf das Verhältnis von Beruf und Freizeit führen zu Herausforderungen in der Arbeitsplatzgestaltung im Krankenhaus. Daneben steht die Organisation der ärztlichen Weiterbildung unter dem zunehmenden Einfluss einer sich immer weiter spezialisierenden Medizin sowie einer zunehmenden Ökonomisierung der ärztlichen Tätigkeit. Vor diesem Hintergrund haben wir junge Ärztinnen und Ärzte in der pneumologischen Weiterbildung zu verschiedenen Aspekten der Weiterbildungsqualität und Arbeitsorganisation befragt. Methoden Von September bis November 2019 wurde über 2 Monate eine Online-Befragung junger Pneumologinnen und Pneumologen durchgeführt. Die Aufforderung zur Teilnahme wurde über wiederholte E-Mails (initiale E-Mail und 2 Erinnerungen nach 2 und 6 Wochen) durch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie (DGP) bzw. den Bund deutscher Pneumologen (BdP) versendet. Der Fragebogen umfasste 7 Themenbereiche und maximal 62 Fragen. Neben eigens entwickelten Fragen, die sich an ähnlichen Befragungen anderer Fachdisziplinen orientierten, wurde auch das Modell beruflicher Gratifikationskrisen zur Messung psychosozialer Arbeitsbelastung angewendet (16 Fragen). Ergebnisse An der Befragung nahmen n = 224 Teilnehmer teil (33,8 ± 4,5 Jahre alt, 5,4 ± 2,9 Weiterbildungsjahr, 54,4 % weiblich, 86,8 % mit deutscher Nationalität). Etwas weniger als die Hälfte der Befragten (n = 103, 46 %) gab an, mit den Arbeitsbedingungen grundsätzlich zufrieden zu sein, n = 60 (27 %) zeigten sich unentschlossen. Die hingegen eher oder sehr unzufriedenen Teilnehmer gaben als hauptsächliche Gründe für ihre Unzufriedenheit eine hohe zeitliche Arbeitsbelastung, Arbeitszeitverdichtung (Zeitdruck) sowie eine fehlende Ausrichtung der Arbeitsabläufe an den Bedürfnissen der ärztlichen Berufsgruppe an. Trotz der überwiegenden Zufriedenheit ergab der Gratifikationsquotient (ER-Ratio) für die Mehrheit der Teilnehmer (n = 166; 88,3 %) ein ungünstiges Verhältnis von erbrachtem Aufwand zu erfahrener Belohnung (adjustierter Durchschnittswert 1,89 ± 2,18). Diskussion Im europäischen und internationalen Vergleich verfügt das deutsche Gesundheitssystem nicht nur über eine hohe Qualität der Patientenversorgung, sondern auch der Arbeitsplatzqualität. Steigende Ansprüche an die Beschäftigten und ihre Auswirkung im Sinne einer Gratifikationskrise stellen allerdings nicht nur eine Gefahr für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der angestellten Ärztinnen und Ärzte dar, sondern können auch die Attraktivität des Berufs reduzieren und Abwanderung in andere Tätigkeitsfelder oder Länder begünstigen. Gerade in der Pneumologie, einem Fach mit stetig wachsender Bedeutung in der klinischen Versorgung, ist die Sicherung eines pneumologischen Nachwuchses von besonderer Bedeutung, und beeinflussbare Faktoren bez. der Arbeitsplatzgestaltung und Weiterbildungsqualität sollten deshalb so gut und so bald wie möglich positiv gestaltet werden. Die Ergebnisse der hier durchgeführten Befragung können den Weiterbildungsverantwortlichen und Entscheidern im Gesundheitssystem helfen, die notwendigen Maßnahmen möglichst nah an den tatsächlichen Bedürfnissen der Zielgruppe, der nachwachsenden Ärzteschaft, zu orientieren.


2015 ◽  
Vol 20 (05) ◽  
pp. 12-12
Author(s):  
Kirsten Gaede

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) möchte Patienten vor unnützen oder gar schädlichen medizinischen Maßnahmen schützen.


2021 ◽  
Vol 78 (7) ◽  
pp. 395-401
Author(s):  
Stefan Neuner-Jehle

Zusammenfassung. Über- und Fehlversorgung, mit der entsprechenden Gefährdung von Patienten und Verschwendung von Ressourcen im Gesundheitswesen, führte vor knapp zehn Jahren zur internationalen «Choosing Wisely» Kampagne (CWC). In der Schweiz startete diese Bewegung 2014 / 15 unter dem Namen «Smarter Medicine» mit einer ersten Top-5-Liste für die ambulante Allgemeine Innere Medizin (AIM), auf welche Interventionen besser zu verzichten sei. Die Wirksamkeit der internationalen CWC wurde schon früh in Frage gestellt und ob die «Smarter Medicine» Top-5-Liste für die ambulante AIM Über- und Fehlversorgung wirksam reduziert, wissen wir nicht – es gibt kaum Daten dazu. Voraussetzungen dafür, dass Über- und Fehlversorgung durch CWC wirksam verbessert werden kann, sind die wissenschaftliche Evidenz zu den Verzichtempfehlungen, eine glaubwürdige Herausgeberschaft, verlässliche Daten zur Evaluation und vor allem das Engagement von Öffentlichkeit, Patienten, Fachgesellschaften und Gesundheitspolitikern. Ein weiterer Schlüsselfaktor für die spätere erfolgreiche Umsetzung ist der frühe Einbezug der Anwender bei der Entwicklung von Empfehlungen. Mit diesem Fokus haben wir kürzlich zusammen mit 538 praktizierenden Hausärztinnen und Hausärzten neue Vorschläge von Interventionen entwickelt, auf die besser zu verzichten sei. Diese Vorschläge bilden die Basis für die nächste Top 5 Liste für die ambulante AIM.


2017 ◽  
Vol 46 (06) ◽  
pp. 297-297

Internistische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für eine notfallmäßige Krankenhausbehandlung. Auch auf den Intensivstationen stehen internistische Erkrankungen oft im Vordergrund. Aufgrund des Mangels an speziell intensiv- und notfallmedizinisch qualifizierten Internisten übernehmen Ärzte anderer Fachgebiete jedoch zunehmend die Verantwortung für die Versorgung dieser Patienten. Um eine optimale Betreuung von internistischen Notfallpatienten auch weiterhin zu gewährleisten, fordert die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), dem Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) und weiteren Fachgesellschaften eine Stärkung der Internistischen Intensivmedizin und Notfallmedizin.


2001 ◽  
Vol 21 (04) ◽  
pp. 159-166 ◽  
Author(s):  
H. U. Häring ◽  
B. M. Balletshofer

ZusammenfassungEndotheliale Funktionsstörungen zeigen eine hohe Korrelation sowohl zu atherosklerotischen Gefäßerkrankungen als auch zu isoliert vorliegenden kardiovaskulären Risikofaktoren. Bei Patienten mit Diabetes mellitus, gestörter Glukosetoleranz und bereits bei normoglykämischen insulinresistenten Nachkommen von Typ-2-Diabetikern findet sich eine erhöhte Prävalenz endothelabhängiger Funktionsstörungen. Im Sinne antiatherosklerotischer Schutzmechanismen der Gefäßwand scheint vor allem der endothelabhängigen Stickoxid-(NO-)Produktion eine wesentliche Rolle zuzukommen. NO ist involviert in Schlüsselereignisse in der Pathogenese der Atherosklerose, wie z.B. Störungen der Vasotonusregulation, der Thrombozyten-Gefäßwand-Interaktion, der Monozytenadhäsion und der Proliferationshemmung der glatten Gefäßmuskulatur. Deshalb könnte die nachweisbare Reduktion der endothelialen NO-Bioverfügbarkeit bei Patienten mit Insulinresistenz zum beschleunigten Ablauf atherosklerotischer Gefäßveränderungen beitragen. Der Mangel an NO stellt am ehesten einen Summationseffekt aus metabolisch induzierter Hemmung der NO-Synthase-Aktivität (z.B. durch nicht veresterte Fettsäuren) und parallel beschleunigtem NO-Abbau durch oxidativen Stress dar. Die vermehrte Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen resultiert u.a. aus einer gesteigerten NAD(P)H-Oxidase-Aktivität, Interaktionen sog. »advanced glycosylated end products« (AGE) und einer Erhöhung der Aldose-Reduktaseaktivität bei Hyperglykämie mit einer Verarmung an NAD(P)H, einem Kosubstrat der NO-Synthese aus L-Arginin. Auf der anderen Seite lassen sich bei Diabetikern Störungen antioxidativer Abwehrsysteme nachweisen, wie z.B. im Sinne einer verminderten Superoxid-Dismutase-Aktivität. Somit entsteht bereits in der Phase des Prädiabetes ein Circulus vitiosus mit relevant pro-atherosklerotischem Potenzial. Interventionsstudien belegen eine potenzielle Reversibilität dieser funktionellen Gefäßschäden.


2002 ◽  
Vol 59 (10) ◽  
pp. 550-556 ◽  
Author(s):  
Schneeberger ◽  
Meyer

Früher benutzte, straff geführte, sogenannte «constrained» Scharnierprothesen hatten eine hohe Frühlockerungsrate, da die Hebelkräfte des Ellbogengelenkes direkt auf die Prothesen-Knochen-Verbindung übertragen wurden. Die später eingeführten Oberflächenprothesen sind nicht gekoppelt. Bei diesen Modellen ist das Gelenk von den periartikulären Weichteilen geführt, welche somit einen Teil der Hebelkräfte absorbieren. Somit ist die Belastung auf die Prothese geringer. Die Oberflächenprothesen haben mehrheitlich eine tiefe Lockerungsrate, erfordern aber intakte Kondylen und Seitenbänder am Ellbogen. Deshalb ist deren Anwendungsbereich beschränkt und symptomatische postoperative Instabilitäten sind bekannte Komplikationen. Eine heute häufig benützte Prothese ist die Coonrad-Morrey Prothese. Es ist eine locker geführte, sogenannte «semiconstrained» Scharnierprothese. Auch bei diesem Modell wird ein Teil der Hebelkräfte des Ellbogens von den periartikulären Weichteilen absorbiert. Die Lockerungsrate ist in der Praxis kein Problem mehr, und ist mit 4% zehn Jahre nach Implantation (rheumatoide Arthritis) ähnlich wie bei Hüft- oder Knieprothesen. Dieses Implantat wird außerdem durch einen kleinen Bügel an der Humerusschaftkortikalis stabilisiert. Dadurch ist diese Prothese auch bei defekten Seitenbändern oder zerstörten Kondylen stabil. Die Coonrad-Morrey Prothese kann deshalb bei praktisch jeder Indikation eingesetzt werden, sogar bei ausgeprägter Zerstörung des Gelenkes und auch bei vollständig fehlendem distalen Humerus. Die Langzeitresultate bei der rheumatoiden Arthritis sind positiv mit 96% guten und sehr guten Resultaten. Die Wiederherstellung der Funktion ist ebenfalls erfolgreich mit einer durchschnittlichen Flexion von 131°, einem Extensionsdefizit von 28° sowie einer freien Pronation und Supination. Die Komplikationsrate beträgt etwa 10%, und ist somit relativ tief. Auch die Resultate der posttraumatischen Arthrose sind insgesamt positiv mit 83% zufriedenstellenden Resultaten. Die meisten dieser Patienten erfahren eine Besserung durch den Ellbogengelenkersatz, aber eine Schmerzbefreiung wird nur in etwa drei Viertel der Patienten erreicht. Die Komplikationsrate ist mit 30% relativ hoch, und weist darauf hin, dass die Ellbogentotalprothese weder schwere Belastung noch übermäßige sportliche Tätigkeit toleriert.


2017 ◽  
Vol 42 (03) ◽  
pp. 222-227
Author(s):  
Winfried Demary

ZusammenfassungEntzündlich-rheumatische Erkrankungen, wie die rheumatoide Arthritis, die ankylosierende Spondylitis, der systemische Lupus erythematodes, die systemische Sklerose und weitere entzündliche Systemerkrankungen, gehen mit einem erhöhten Risiko für die Komorbiditäten Osteoporose und osteoporotische Frakturen einher. Eine hohe entzündliche Krankheitsaktivität, Einschränkungen der Mobilität sowie der Einsatz von Glukokortikoiden sind bei diesen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wesentliche Risikofaktoren für einen Anstieg des Frakturrisikos neben bereits vorhandenen Frakturrisiken. Daher ist eine frühzeitige Entzündungshemmung mit dem Ziel der Remission der Krankheitsaktivität anzustreben. Eine frühzeitige Untersuchung auf eine Osteoporose sollte essentieller Bestandteil von rheumatologischen Behandlungen sein, um eine entzündungsbedingte Osteoporose frühzeitig zu erkennen und die Risiken für osteoporotische Frakturen zusätzlich durch eine spezifische Osteoporosetherapie zu senken. Die vorhandenen Leitlinien bieten ausreichend Orientierung, um dies im Rahmen der ambulanten und stationären Versorgung der betroffenen Patienten zu erreichen.


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