Genetik der ankylosierenden Spondylitis

2008 ◽  
Vol 28 (06) ◽  
pp. 324-326
Author(s):  
M. Rudwaleit

ZusammenfassungDie ankylosierende Spondylitis (AS) ist im Vergleich zu anderen entzündlich rheumatischen Erkrankungen genetisch sehr stark geprägt. Aus Familienstudien ist bekannt, dass etwa zehn Prozent der Kinder von AS-Patienten selbst an AS erkrankt sind. Etwa 30 bis 35 Prozent der AS-Patienten haben in ihrem familiären Umfeld Verwandte mit einer Spondyloarthritis (SpA) im weiteren Sinne. Das am stärksten mit AS assoziierte Gen ist HLA-B27, das sich bei 80 bis 95 Prozent der AS-Patienten findet und etwa 20 bis 50 Prozent des genetischen Anteils an der AS ausmacht. Kürzlich wurden mit ARTS1 (ERAP-1) und IL23R zwei neue mit AS eindeutig assoziierte Gene identifiziert, die die pathophysiologische Erforschung der AS nachhaltig beeinflussen und potenziell den Weg zu neuen therapeutischen Zielen aufzeigen werden.

2021 ◽  
pp. 100-107
Author(s):  
Dennis McGonagle ◽  
Abdulla Watad ◽  
Kassem Sharif ◽  
Charlie Bridgewood

Der Begriff Spondyloarthritis (SpA) bezieht sich sowohl auf die axiale als auch auf die periphere Arthritis und schließt die ankylosierende Spondylitis (AS) und die Psoriasis-Arthritis (PsA) ein. Letztere ist eng mit der Psoriasis und der im Zusammenhang mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) auftretenden Arthritis assoziiert. Die Begründung für die Bedeutung von Interleukin-23 (IL-23) bei Erkrankungen aus dem Formenkreis der Spondyloarthritiden stützt sich auf vier Quellen: Erstens wurde in genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) nachgewiesen, dass alle genannten Erkrankungen Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs) des IL-23-Rezeptor (IL-23R)-Signalwegs aufweisen, wohingegen HLA-B27 nicht mit diesen Erkrankungen in Zusammenhang steht, was bedeutet, dass der IL-23-Signalweg der gemeinsame genetische Nenner ist. Zweitens zeigten tierexperimentelle Modelle, dass die IL-23/IL-17-Achse eine Schlüsselrolle bei der SpA-bezogenen Arthropathie spielt, die sich initial in Form einer Enthesitis, aber auch als Synovitis und axiale Entzündung sowie als assoziierte Inflammation der Aortenwurzel und der Haut manifestiert. Drittens stützen auch die neu aufkommenden Erkenntnisse zur Immunologie der menschlichen Enthese das Vorliegen von IL-23-bildenden myeloischen Zellen nicht nur an der Enthese, sondern auch an anderen SpA-assoziierten Lokalisationen, einschließlich Haut und Darm. Und schließlich zeigen Arzneimittel, die auf den IL-23-Signalweg ausgerichtet sind, eine ausgezeichnete Wirksamkeit bei Hauterkrankungen und Wirkung bei CED und bei der mit SpA assoziierten peripheren Arthropathie. Die Tatsache, dass die IL-23-Blockade bei AS, bei der es sich im Endeffekt um eine spinale Polyenthesitis handelt, augenscheinlich versagt, jedoch Belege für die Wirksamkeit der IL-23-Hemmung bei peripherer Enthesitis bei PsA und erste Hinweise auf einen Nutzen bei axialer PsA vorliegen, wirft viele Fragen auf. Die entscheidende Frage ist, ob es bei der spinalen Entzündung unter Umständen zu einer von IL-23 unabhängigen enthesialen IL-17A-Bildung kommt, wohingegen die periphere Enthesitis hauptsächlich von der IL-23-gesteuerten IL-17-Bildung abhängt. Ferner können Strategien zur IL-23-Blockade in Tiermodellen zwar die Entwicklung einer experimentellen SpA verhindern, nicht jedoch eine bestehende Erkrankung. Dies spricht dafür, dass IL-23 möglicherweise eine Rolle bei der Auslösung von Störungen der angeborenen Immunität spielt, während eine chronische Erkrankung von Reaktionen der T-Gedächtniszellen abhängt, die die IL-17A-Bildung unabhängig von IL-23 beeinflussen. Doch sind diesbezüglich noch weitere Untersuchungen erforderlich. Außerdem ist die IL-12/23-Dosierung bei entzündlichen Darmerkrankungen wesentlich höher als die in Studien zur AS verwendete Dosierung, was ebenfalls zu berücksichtigen ist. Aus den genannten Gründen spielt der IL-23-Signalweg im Konzept der SpA eine zentrale Rolle, doch müssen die Nuancen und Feinheiten bei der Entzündung des Achsenskeletts, die auf ein Nicht-Ansprechen auf den IL-23-Antagonismus hindeuten, noch formal definiert werden. Da keine vergleichenden immunologischen Untersuchungen der verschiedenen Skelettlokalisationen vorliegen, sind die Erklärungen zum jetzigen Zeitpunkt rein hypothetisch.


2016 ◽  
Vol 36 (02) ◽  
pp. 83-91
Author(s):  
M. Rudwaleit ◽  
J. Sieper ◽  
J. Braun ◽  
U. Kiltz

ZusammenfassungDer klinische Verlauf der axialen Spondyloarthritis (SpA) ist ziemlich variabel. Im Vordergrund stehen entzündliche chronische Rückenschmerzen, aber auch extraspinale Manifestationen wie asymmetrische Oligoarthritis, Enthesitis und Daktylitis. Nicht wenige Patienten haben auch extraartikuläre Manifestationen an Augen (anteriore Uveitis), Haut (Psoriasis) oder Darm (chronisch entzündliche Darmerkrankungen). Durch die Heterogenität des klinischen Bildes, der teilweise schwierigen Bewertung klinischer Symptome und der Konzentration auf konventionell röntgenologisch festgestellte strukturelle Veränderungen in den Sakroiliakalgelenken (New-York-Kriterien 1984 für ankylosierende Spondylitis) ist es zu einer mehrere Jahre betragenden Verzögerung bei der Diagnosestellung gekommen. Ein wichtiger Schritt in Richtung Früherkennung waren die 2009 publizierten ASAS-Klassifikationskriterien für axSpA, die sowohl die Bedeutung der Magnet -resonanztomografie als auch die Bestimmung von HLA-B27 in frühen Phasen der Erkrankung betonen. Um die Grundlagen für eine effektive und frühzeitige Therapie der betroffenen Patienten zu gewährleisten, ist dann im Jahr 2014 auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) eine S3-Leitlinie “Axiale Spondylo arthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen” unter Mitwirkungen vieler anderer Fachgesellschaften erstellt worden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über den Inhalt der S3-Leitlinie zur axialen SpA.


2018 ◽  
Vol 02 (04) ◽  
pp. 290-294
Author(s):  
Judith Schreiber ◽  
Bernd Kaufmann ◽  
Michael Rauschmann ◽  
Kirsten de Groot

ZusammenfassungDas SAPHO-Syndrom ist eine seltene entzündliche Autoimmunerkrankung mit Befall von Haut, Gelenken und Knochen. Klassische Charakteristika der Erkrankung sind Gelenkentzündungen und Enthesitiden am axialen Skelett, an der ventralen Thoraxwand mit Enthesitis der Ligamenta costoclaviculares und Arthritiden der Sternocostalgelenke, Entzündungen von Wirbelkörpern und -gelenken, auch Bandscheiben und Iliosakralgelenken zusammen mit neutrophilen Dermatosen in Form von Acne conglobata, palmoplantarer Pustulose, Pyoderma gangraenosum u. a. Dazu können auch eine Osteitis und Osteomyelitis der Röhrenknochen (meist Femur oder Tibia) und Mono- oder Oligoarthritiden der unteren Extremitäten auftreten. Differenzialdiagnostisch sind Spondarthritiden und die chronisch rekurrierende multifokale Osteomyelitis nicht immer abzugrenzen.Radiologisch sind nach längerem Krankheitsverlauf Hyperostosen an betroffenen Gelenken, Wirbelkörpern und Röhrenknochen nachweisbar. Wie auch bei HLA-B27-assoziierten Spondylarthritiden kann es zu ankylosierenden Veränderungen der Iliosakralgelenke oder Wirbelsäule kommen. Für die Krankheitsentstehung spielen offenbar infektiöse Triggerfaktoren wie z. B. das Propionibacterium acnes eine Rolle, die zu einer überschießenden Immunantwort mit erhöhten Konzentrationen von IL-8, IL-18 und TNF-alpha i. S. führen. Die Entzündungen manifestieren sich dann in Form von sterilen Pseudoabszessen mit Infiltraten neutrophiler Granulozyten hauptsächlich im Bereich der Haut, am axialen Bewegungsapparat und z. T. an den unteren Extremitäten. Zur Diagnostik können im Frühstadium (Krankheitsbeginn < 3 Monate) MRT, Skelettszintigrafie und Gelenksonografie eingesetzt werden. In späteren Stadien finden sich typische Hyperostosen und Sklerosierungen in konventionellen Röntgenaufnahmen. Therapeutisch werden in erster Linie NSAR, bei längerfristig aktiven Arthritiden auch Colchicin oder klassische synthetische DMARDS wie Methotrexat, Sulfasalazin und Leflunomid eingesetzt. In der Behandlung der Osteitis sind gute Erfolge mit Bisphosphonaten erzielt worden. Des Weiteren haben sich TNF-alpha-Inhibitoren als längerfristig gut wirksam auf Haut- und Gelenkmanifestationen erwiesen.


2016 ◽  
Vol 36 (02) ◽  
pp. 75-82
Author(s):  
J. Haibel ◽  
H. Sieper ◽  
D. Poddubnyy

ZusammenfassungEntzündlich rheumatische Erkrankungen, insbesondere die axiale Spondyloarthritis einschließlich der ankylosierenden Spondylitis (AS, Morbus Bechterew) und der Frühform nichtröntgenologische axiale Spondyloarthritiden (SpA), sind wichtige Differenzialdiagnosen bei Patienten mit chronischem Rückenschmerz. Die Diagnose einer AS bzw. SpA wird oft erst fünf bis zehn Jahre nach Auftreten der ersten Symptome gestellt, meist weil das Röntgenbild in den Frühstadien keine eindeutige Sakroiliitis zeigt und weil die Patienten zu spät zu einem Rheumatologen überwiesen werden. Eine einfache Strategie zur Identifizierung von Patienten mit einer guten Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer AS bzw. einer SpA in der allgemeinmedizinischen und orthopädischen Praxis wurde in den vergangenen Jahren entwickelt und validiert. Es wird vorgeschlagen, dass Patienten mit chronischem Rückenschmerz und Beginn der Schmerzen vor dem 45. Lebensjahr an einen Rheumatologen überwiesen werden, wenn eine der folgenden Parameter positiv sind: Morgensteifigkeit der Wirbelsäule mit Besserung bei Bewegung, HLA-B27-Positivität oder Anzeichen einer Sakroiliitis in der Bildgebung. Eine Früherkennung dieser Patienten ist wichtig, da effektive Therapien vorliegen.


2013 ◽  
Vol 33 (02) ◽  
pp. 84-91
Author(s):  
F. Seibel ◽  
H.-M. Lorenz ◽  
F. Mackensen ◽  
R. Max

ZusammenfassungEine akute anteriore Uveitis (AAU) ist die häufigste extraartikuläre Manifestation der Spondyloarthritiden (SpA). Sie tritt bei 30 bis 50 Prozent der SpA-Patienten auf. Betroffen sind v. a. HLA-B27-positive Personen und somit insbesondere die Subgruppe mit ankylosierender Spondylitis (AS). Die Prävalenz einer Augenbeteiligung steigt mit der Dauer der Erkrankung und tritt typischerweise als akute einseitige Uveitis anterior (Iridozyklitis) auf. Bei einigen Patienten manifestiert sich die Uveitis auch als erstes Symptom bzw. als „Minimalvariante“ einer SpA im Sinne einer isolierten HLA-B27-assoziierten Uveitis. Patienten mit bekannter SpA sollten nach augenärztlich bestätigten Augenentzündungen befragt und Patienten mit bisher nicht diagnostizierter SpA, die erstmalig eine einseitige AAU erleiden, sollten im Hinblick auf eine entzündlich rheumatische Erkrankung untersucht werden. Aufgrund der Lokalisation im vorderen Augenabschnitt spricht die typische Entzündung gut auf Lokalsteroide an. Bei rezidivierenden bzw. chronischen Verläufen sind gelegentlich aber auch systemische Steroide, klassische Basistherapeutika oder auch TNF-alpha-Hemmer notwendig.


2008 ◽  
Vol 28 (06) ◽  
pp. 333-334 ◽  
Author(s):  
H. Brandt

ZusammenfassungDie Identifikation von Patienten mit axialer Spondyloarthritis (SpA) innerhalb der großen Gruppe der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen stellt eine ebenso große Herausforderung dar wie die frühzeitige Diagnosestellung. Niedergelassene Orthopäden und Hausärzte werden gebeten, Patienten mit chronischen Rückenschmerzen (Dauer >3 Monate, Beginn vor dem 45. Lebensjahr), in eine spezialisierte rheumatologische Ambulanz zur weiteren Diagnostik und Diagnosestellung zu überweisen, wenn mindestens einer der folgenden Screening-Parameter positiv bestimmt wurde: 1. entzündlicher Rückenschmerz (IBP), 2. HLA-B27, 3. Sakroiliitis in der Bildgebung. Die vorgeschlagenen Screening-Parameter erwiesen sich in der Praxis als sinnvoll und äußerst effektiv bei der Diagnosestellung von Patienten mit axialer SpA.


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