Leben mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom – Entscheidungsfindung und Krankheitsverarbeitung

2018 ◽  
Vol 68 (11) ◽  
pp. 462-469 ◽  
Author(s):  
Friederike Kendel ◽  
Isabella Otto ◽  
Jennifer Engler ◽  
Mark Schrader ◽  
Christine Holmberg

Zusammenfassung Einleitung Männer, die die Diagnose „lokal begrenztes Prostatakarzinom“ erhalten, müssen eine Entscheidung zwischen Behandlungsstrategien treffen, die sich in ihren Nebenwirkungen erheblich unterscheiden und langfristig sehr unterschiedliche Anforderungen an die Krankheitsbewältigung stellen. Ziel dieser Studie war zu beschreiben, wie Männer ihre Therapieentscheidung im Nachhinein wahrnehmen und welche Bewältigungsstrategien sie einsetzen. Material & Methoden Fünfzehn Männer (Alter M=67,13±9,38 Jahre) mit der Diagnose lokal begrenztes Prostatakarzinom nahmen an drei Fokusgruppen teil, die nach Behandlungsstrategie (radikale Prostatektomie, Radiotherapie, aktive Überwachung) zusammengestellt wurden. Ein Interviewleitfaden strukturierte die Fokusgruppendiskussionen. In Analogie zu dem Leitfaden wurde das Material in einem ersten Schritt deduktiv sortiert; in einem zweiten Schritt wurden Unterkategorien induktiv aus dem Material heraus entwickelt. Ergebnisse Die Inhaltsanalyse ergab vier Kernthemen: (1) Die Diagnosemitteilung und die damit verbundenen Reaktionen. (2) Der Prozess der Entscheidungsfindung, bei dem der wahrgenommene Zeitdruck besonders herausgestellt wurde. (3) Die Bewältigungsstrategien im Umgang mit der Erkrankung, die ein breites Spektrum zeigten: hier waren Ablenkung, Informationssuche und Lebensstiländerungen zentral. (4) Die Wahrnehmung der Erkrankung über die Zeit. Männer unter aktiver Überwachung hoben die Bedeutung der Entschleunigung für ihre Entscheidungsfindung sowie die Rolle von Lebensstiländerungen besonders hervor. Diskussion Die Art und Weise der Aufklärung ist auch lange Zeit nach der Diagnosemitteilung noch sehr präsent. Möglicherweise würden sich durch eine Abnahme des Zeitdrucks und eine Entschleunigung mehr Männer für ein abwartendes Vorgehen entscheiden. Lebensstiländerungen könnten insbesondere Männern, die sich für aktive Überwachung entscheiden, helfen, das Gefühl des „Nichts-Tuns“ zu überwinden und ein Gefühl der Kontrolle zu erhalten. Schlussfolgerung Angesichts der Vielfalt der möglichen Behandlungsstrategien wird eine Handlungsethik benötigt, die dem Bedürfnis nach einer individuellen und präferenzsensitiven Entscheidung gerecht wird.

Der Onkologe ◽  
2020 ◽  
Author(s):  
Alexandros Papachristofilou ◽  
Andreas Hiester ◽  
Stefanie Zschäbitz ◽  
Arndt-Christian Müller

Zusammenfassung Hintergrund Bei mehr als 80 % aller Patienten mit einem Seminom wird die Diagnose im Stadium I–IIB gestellt. In den letzten Jahrzehnten wurden Therapiealgorithmen anhand von klinischen Studien definiert und mögliche Toxizitäten anhand von Langzeitbeobachtungen untersucht. Fragestellung Therapieoptionen werden unter Berücksichtigung der Langzeittoxizitäten dargelegt. Material und Methoden Es erfolgte eine Literaturrecherche sowie die kritische Auseinandersetzung mit Leitlinienempfehlungen und laufenden Studien. Ergebnisse Die präferierte Option im Stadium I ist die aktive Überwachung. Eine adjuvante Carboplatintherapie oder Strahlentherapie können das Rezidivrisiko senken. Im Stadium IIA/B wird eine primäre Strahlentherapie oder eine Polychemotherapie empfohlen. Experimentelle Ansätze testen die Lymphadenektomie und die deeskalierte Radio‑/Chemotherapie. Das Toxizitätsprofil von Radio- und Chemotherapie unterscheidet sich markant. Individuelle Nachsorgepläne nach Risikoprofil werden empfohlen. Schlussfolgerung Patienten mit Risikofaktoren im Stadium I haben ein relevantes Rezidivrisiko, sodass eine adjuvante Therapie gegenüber der aktiven Überwachung abgewogen werden kann. Die Wahl der Therapie im Stadium IIA/B sollte sich an der Tumorlast und den möglichen Spättoxizitäten orientieren. Strategien zur Therapiedeeskalation sind in Erarbeitung – mit ermutigenden ersten Resultaten.


Author(s):  
P. Melchers ◽  
G. Lehmkuhl

Zusammenfassung: Bei einer Vielzahl von Fragestellungen und Störungsbildern sollte neuropsychologische Diagnostik einen festen Stellenwert haben, sowohl in der initialen wie auch in der Verlaufsbeurteilung. Mit Blick auf die Anwendung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist zunächst eine beschreibende Definition dieses Bereichs psychologischer Diagnostik zu versuchen. Dabei bestehen methodisch grundlegend unterschiedliche Zugangswege, die in ihren Auswirkungen auf Psychometrie wie Interpretation zu erörtern sind. Unabhängig davon, dass die gegenwärtige Verfügbarkeit standardisierter neuropsychologischer Diagnostik nur in einigen Bereichen befriedigen kann, wird eine Darstellung der in klinischer Praxis und/oder Forschung anwendbaren Verfahren versucht. Neben einzelnen Testbatterien werden Einzeltestverfahren für die Bereiche visuelle und auditive Gedächtnisfunktionen, Aufmerksamkeitsfunktionen, sprachassoziierte Funktionen und Exekutivfunktionen besprochen. Der aktuelle Stand neuropsychologischer Diagnostik führt zu wesentlichen Aufgaben ihrer Weiterentwicklung. Dies gilt sowohl für kurzfristig erreichbare Ziele wie Adaptation oder Normierung verfügbarer Instrumente als auch für längerfristige Forschungsaufgaben.


Author(s):  
Gernot von Collani ◽  
Philipp Yorck Herzberg
Keyword(s):  

Zusammenfassung: Für die deutschsprachige Fassung der Rosenberg-Skala zum Selbstwertgefühl von Ferring und Filipp (1996) wird eine Teilrevision vorgeschlagen. Ein Item der bisherigen Skalenversion stellte sich in eigenen Analysen als psychometrisch unzulänglich heraus und weist eine mangelnde inhaltliche Validität auf. Dadurch ist möglicherweise die Vergleichbarkeit mit der Originalversion und mit Adaptationen der Rosenberg-Skala in anderen Sprachen nicht gewährleistet. Die vorgeschlagene Teilrevision der Skala versucht, diese Mängel zu beheben und erweist sich in zwei unabhängigen Untersuchungen als Verbesserung der bisherigen Skala auf Itemebene. Außerdem werden hier erstmals vollständige Kennwerte für alle Skalenitems mitgeteilt.


2001 ◽  
Vol 12 (4) ◽  
pp. 314-323
Author(s):  
Kerstin Konrad ◽  
Siegfried Gauggel

Zusammenfassung: In diesem Beitrag wird eine Übersicht über Störungen der Stimmung und des Antriebs bei Kindern und Jugendlichen mit erworbenen Hirnschädigungen unterschiedlicher Ätiologie (Hirntumoren, Schädel-Hirn-Trauma) gegeben. Obwohl es in den letzten Jahren immense Fortschritte im Bereich der Diagnostik und Therapie von kindlichen Depressionen gegeben hat, stellen die depressiven Symptome nach Hirnschädigungen im Kindesalter ein noch weitgehend unerforschtes Gebiet dar. Ausgehend von den bislang vorhandenen empirischen Studien werden Vorschläge für Diagnostik und Therapie von organisch bedingten Stimmungs- und Antriebsstörungen im Kindesalter gemacht.


1999 ◽  
Vol 56 (6) ◽  
pp. 318-323
Author(s):  
Bösch ◽  
Banic

Die frühe Erkennung und vollständige Exzision ist entscheidend für den Krankheitsverlauf des malignen Melanoms der Haut. Der Sicherheitsabstand bei der chirurgischen Resektion ist heute geringer als vor Jahren und liegt abhängig von der Tumordicke zwischen 1 und 3 cm. Die elektive Lymphadenektomie, das heißt die prophylaktische Entfernung der regionalen Lymphknoten gleichzeitig mit der Nachexzision des Primärtumors, ist umstritten. Sie ist mit einer hohen Komplikationsrate behaftet und bringt nur für eine kleine Subgruppe eine Verbesserung der Überlebensrate. Ein neues Konzept, die Sentinellymphknotenexzision, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Durch bestimmte Markierungsmethoden wird derjenige Lymphknoten ermittelt, welcher primär den Lymphabfluß aus dem vom Melanom betroffenen Hautbereich erhält. Dieser Lymphknoten ist repräsentativ für den Metastasenstatus seiner Station. Falls er bei der histologischen Untersuchung eine Metastase zeigt, wird eine vollständige Exzision der regionalen Lymphknotenstation vorgenommen. Diese Methode vermag weitere Hinweise auf die Biologie des Melanoms zu geben und dient als Grundlage für die Wahl von adjuvanten Therapien. Ob sie zu einer Verlängerung der Überlebenszeit führt, ist Gegenstand einer laufenden multizentrischen Studie. Systemische Melanommetastasen haben eine schlechte Prognose. Die chirurgische Resektion von solitären Fernmetastasen hat ihre Bedeutung in der palliativen Behandlung des Melanoms, in Kombination mit adjuvanten Therapien.


2005 ◽  
Vol 62 (11) ◽  
pp. 779-786
Author(s):  
Blum

Bei neurologischen Zeichen einer fokalen Entzündung, eines Tumors oder einer Meningoenzephalitis sollte vor allem bei wechselnder Lokalisation der Symptome, einer bereits bekannten Helminthiase oder bei einer positiven Expositionsanamnese (Reiseanamnese, Einnahme nicht genügend gekochter Lebensmittel oder Tierkot) an eine Wurmerkrankung gedacht werden. Als erster Abklärungsschritt wird eine Eosinophilie im Blut und/oder Liquor gesucht. Später werden serologische Abklärungen und bildgebende Verfahren eingesetzt. Da eine Wurmbehandlung zu einer entzündlichen Reaktion mit Verschlechterung des klinischen Bildes führen kann, sollte sie vorsichtig und unter Schutz von Kortikosteroiden durchgeführt werden.


2001 ◽  
Vol 58 (7) ◽  
pp. 413-418 ◽  
Author(s):  
Jean Siegfried ◽  
G. Wellis ◽  
S. Scheib ◽  
D. Haller ◽  
A. M. Landolt ◽  
...  

Das Gamma Knife ist ein stereotaktisch-radiochirurgisches Gerät, das erlaubt, radiologisch scharf begrenzte Hirntumore (oder arteriovenöse Missbildungen) mit einem Durchmesser von maximal 3,5 cm und einem Volumen von höchstens 25 cm3 zu behandeln. Diese Methode ist eine echte Alternative zur klassischen Behandlung von Hirnmetastasen mit operativer Entfernung und/oder Ganzhirnbestrahlung. Die Vorteile dieser Technik sind klar: die Methode ist nicht invasiv, die Behandlung benötigt nur eine Sitzung mit einer kurzen Hospitalisation von höchstens zwei bis drei Tagen, die physische und psychische Belastung ist gering, der Kopf wird weder rasiert noch verliert der Patient durch die Behandlung seine Haare; für eine befriedigende Überlebenszeit wird eine gute Lebensqualität erreicht und im Kostenvergleich mit alternativen Methoden (Operation und/oder anschließender Ganzhirnbestrahlung) wirtschaftlich günstiger. Von September 1994 bis Dezember 2000 wurden am Gamma Knife Zentrum in Zürich 140 an Hirnmetastasen leidende Patienten mit dieser Methode behandelt. Mit einer Überlebenszeit von durchschnittlich 263 Tagen und einem Maximum von drei Jahren entsprechen unsere Resultate denjenigen der Literatur mit weltweit über 30000 behandelten Patienten. Günstige Prognosen sind ein Karnofsky Performance Rating Scale Score zwischen 70 und 100, kleine Volumina der Metastasen, kontrollierter Primärtumor und fehlende oder stabile extrakranielle Metastasen.


2012 ◽  
Vol 69 (12) ◽  
pp. 693-695
Author(s):  
Stähli ◽  
Müller ◽  
Krause

Ein 75-jähriger Mann leidet seit mehreren Jahren an rezidivierenden Anfällen. Diese werden durch vegetative Symptome, Kribbelsensationen und tiefgründiges "Ewigkeitsgefühl" eingeleitet. Sie sind gefolgt von entweder spontaner Erholung oder - in einem Drittel der Anfälle - von kurzzeitigem vollständigem Bewusstseinsverlust. Mittels eines implantierten EKG-Recorders gelingt es, eine Asystolie von 15 Sekunden zu dokumentieren. Mit der Einlage eines Schrittmachers verschwinden die Bewusstseinsverlustepisoden, die Anfälle mit den vegetativen Sensationen und "Ewigkeitsgefühl" persistieren. Erst mit einer antiepileptischen Therapie wird eine Kontrolle der letzteren Symptome erzielt, wobei eine vollständige Symptomfreiheit bis heute nicht erreicht werden kann. Handelt es sich primär um eine Asystolie mit konsekutiver hypoxischer zerebraler Symptomatik oder tritt die Asystolie in Folge eines epileptischen Leidens auf? Die beiden Hypothesen zu diesem Fall werden diskutiert.


2011 ◽  
Vol 68 (7) ◽  
pp. 381-387
Author(s):  
Otto Schoch

Das primäre Ziel der Aktivitäten zur bevölkerungsbezogenen Tuberkulosekontrolle ist die Identifizierung von Patienten mit sputummikroskopisch positiver Lungentuberkulose. Wenn diese Patienten umgehend therapiert werden, haben sie nicht nur eine optimale Heilungschance, sondern übertragen auch den Krankheitserreger nicht weiter auf andere Personen. Das Screening, die systematische Suche nach Tuberkulose, erfolgt in der Regel radiologisch bei der Suche nach Erkrankten, während immunologische Teste bei der Suche nach einer Infektion mit Mycobacterium tuberculosis zur Anwendung kommen. Diese Infektion, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Tuberkulose-Erkrankung mit sich bringt, wird im Rahmen der Umgebungsuntersuchungen oder bei Hochrisikogruppen gesucht. Neben dem traditionellen in vivo Mantoux Hauttest stehen heute die neueren in vitro Blutteste, die sogenannten Interferon Gamma Release Assays (IGRA) zur Verfügung, die unter anderem den Vorteil einer höheren Spezifität mit sich bringen, weil die verwendeten Antigene der Mykobakterien-Wand beim Impfstamm Bacille Calmitte Guerin (BCG) und bei den meisten atypischen Mykobakterien nicht vorhanden sind. Zudem kann bei Immunsupprimierten dank einer mitgeführten Positivkontrolle eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit eines falsch negativen Testresultates gemacht werden. Bei neu diagnostizierter Infektion mit Mycobacterium tuberculosis wird eine präventive Chemotherapie mit Isoniazid während 9 Monaten durchgeführt.


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