scholarly journals Somatoforme Störungen in Humanistischer und Körperpsychotherapie

2019 ◽  
Vol 9 (2) ◽  
pp. 98-106
Author(s):  
Jörg Clauer

Mit der Klage über ausschliesslich körperliche Beschwerden und einer strikten Ablehnung psychosomatischer Erklärungen begegnen uns die als schwierig geltenden PatientInnen mit somatoformen Störungen (SSD). Das Schmerzerleben wird zum Beispiel nur körperlich wahrgenommen und sie finden dafür keinen seelisch-gefühlsmässigen Beziehungskontext (Alexithymie). Ätiologische Überlegungen helfen uns bei einem tieferen Verständnis ihres spezifisch leidvoll-schmerzhaften Körpererlebens und ihrer Beziehungsformen. SSD-PatientInnen haben meist keine liebevolle, körperlich-emotionale und seelische Resonanz bei frühen Bezugspersonen erlebt und dabei gelernt, ihren Körper als (dysfunktionales) Objekt zu betrachten. Körperpsychotherapie kann diesen Symptomfokus gut aufgreifen. Es werden Prinzipien und Möglichkeiten einer differenzierten Förderung der Körperwahrnehmung als Basis für hilfreiche Veränderungen bei SSD beschrieben – und soweit vorhanden, entwicklungspsychologische und neurobiologische Zusammenhänge ausgeführt. Die neue Selbstwahrnehmung sowie erklärenden Informationen verhelfen Betroffenen zu einem selbstbestimmteren/wirksameren Umgang mit ihren Störungen und zu neuen Möglichkeiten, Gefühle für die Gestaltung von Beziehungen und ihres Lebens zu nutzen. Vorhandene Studien sprechen dafür, dass ein Vorgehen mit den hier beschriebenen Grundprinzipien hilfreich sein kann.

Diagnostica ◽  
2012 ◽  
Vol 58 (4) ◽  
pp. 194-210 ◽  
Author(s):  
Yesim Erim ◽  
Mingo Beckmann ◽  
Sefik Tagay ◽  
Sanem Aygün ◽  
Peykan Gökalp Gencoglu ◽  
...  

Bei türkischstämmigen Migranten ist die Inanspruchnahme psychotherapeutischer Behandlung häufig mit somatoformen Beschwerden verknüpft. Zur besseren Objektivierung dieser Beschwerden wurde das Screening für Somatoforme Störungen (SOMS), das körperliche Beschwerden nicht organischer Genese erfasst, in die türkische Sprache übersetzt und anhand einer Stichprobe von 114 türkischsprachigen Patienten einer muttersprachlichen psychosomatischen Ambulanz sowie einer Gruppe von 105 psychisch unauffälligen türkischen Migranten validiert. Die türkische Version des SOMS wies eine hohe interne Konsistenz (von α = 0.78 bis α = 0.93), eine hohe konkurrente und divergente Validität (von r = .37 bis r = –.48) anhand von Depressivitätsscores nach dem Beck-Depressions-Inventar und dem Gesamtscore des Kohärenzgefühls nach der Sense of Coherence Scale sowie eine hohe diskriminante Validität auf. Mit der türkischen Version des SOMS wird ein verständliches, reliables und valides Instrument zur Erfassung somatoformer Symptome bei türkischen Migranten vorgelegt.


2006 ◽  
Vol 25 (08) ◽  
pp. 653-656
Author(s):  
S. Hauser ◽  
B. Langguth ◽  
U. Frick ◽  
G. Hajak ◽  
P. Eichhammer ◽  
...  

ZusammenfassungSomatoforme Störungen sind Krankheitsbilder, bei denen die Patienten über körperliche Beschwerden klagen, ohne dass sich hierfür ein spezifischer pathophysiologischer Prozess finden lässt. Die Ätiopathogenese dieser Erkrankungen ist weitestgehend unbekannt. Neben psychischen Faktoren wird eine Beteiligung neurobiologischer Prozesse diskutiert. Mithilfe der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) ist es möglich, neurobiologische Prozesse durch die Erfassung kortikaler Erregbarkeitsparameter in vivo zu detektieren. Auf dieser Technik basierend, wurde das kortikale Exzitabilitätsprofil bei Patienten mit subjektiv empfundener Elektrosensibilität erfasst. Es fand sich im Vergleich zu gesunden alters-und geschlechtsparallelisierten Kontrollen eine Verlängerung der „Cortikalen Silent Period” (CSP) als Ausdruck einer verstärkten inhibitorischen Transmission in kortikal-subkortikalen Schleifensystemen. In Einklang mit neuropsychologischen Daten verweisen diese Ergebnisse auf eine mögliche Störung in der sensorischen Informationsverarbeitung.


2001 ◽  
Vol 22 (4) ◽  
pp. 267-278 ◽  
Author(s):  
Rolf van Dick ◽  
Ulrich Wagner

Zusammenfassung: Einer größeren Lehrerstichprobe (N = 434), die hinsichtlich verschiedener demographischer Merkmale heterogen ist, wird der AVEM (Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster; Schaarschmidt & Fischer, 1996 , 1997 ) vorgelegt. Als Kriteriumsvariablen werden körperliche Beschwerden, Fehltage, berufliche Belastungen, Pensionierungsabsichten sowie Organizational Citizenship Behavior ( Organ, 1988 ) erfragt. Teilstichproben beantworten zusätzlich Skalen zu Copingverhalten, Sozialer Unterstützung, Kompetenzerwartung sowie eine an den Lehrerberuf adaptierte Version des Job Diagnostic Survey ( Hackman & Oldham, 1980 ). Faktoren- und Reliabilitätsanalysen replizieren die Ergebnisse von Schaarschmidt und Fischer. Eine Clusteranalyse ergibt vier Muster, von denen drei Muster der von Schaarschmidt und Fischer postulierten Einteilung entsprechen; ein viertes Muster weicht von dieser Klassifikation ab. Eine zweite Studie mit N = 283 Lehrerinnen und Lehrern kann die Lösung der ersten Clusteranalyse replizieren. Die Zusammenhänge belegen insgesamt eine gute konvergente, diskriminante und Kriteriumsvalidität und weisen den AVEM als brauchbares Messinstrument zur Analyse von Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf aus.


1999 ◽  
Vol 12 (1) ◽  
pp. 20-39 ◽  
Author(s):  
Jörg Schumacher ◽  
Martin Eisemann ◽  
Bernhard Strauß ◽  
Elmar Brähler

Zusammenfassung: Im vorliegenden Beitrag werden Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen dem erinnerten elterlichen Erziehungsverhalten einerseits und subjektiven Körperbeschwerden, interpersonalen Problemen sowie der Lebenszufriedenheit andererseits vorgestellt, die an einer repräsentativen Stichprobe von n = 766 über 60jährigen Personen gewonnen wurden. Mit dem Fragebogen zum erinnerten elterlichen Erziehungsverhalten (FEE) wurde dabei ein neu konstruiertes Selbstbeurteilungsverfahren eingesetzt, das es gestattet, Erinnerungen an das Erziehungsverhalten der Eltern (jeweils getrennt für Vater und Mutter) bezüglich der faktorenanalytisch ermittelten Dimensionen «Ablehnung und Strafe», «Emotionale Wärme» sowie «Kontrolle und Überbehütung» zu erfassen. In unserer Studie ließen sich zahlreiche signifikante Zusammenhänge zwischen dem erinnerten elterlichen Erziehungsverhalten und den anderen Untersuchungsvariablen aufzeigen: Ältere Personen, die das Erziehungsverhalten ihrer Eltern als weniger emotional warm, stärker ablehnend und strafend sowie als stärker kontrollierend und überbehütend erinnern, äußern von der Tendenz her mehr körperliche Beschwerden, geben mehr Probleme im Umgang mit anderen Menschen an und zeigen sich aktuell weniger zufrieden mit ihrem Leben. Die Befunde werden mit Bezug auf Ergebnisse der autobiographischen Gedächtnisforschung sowie der gerontopsychologischen Reminiszenzforschung diskutiert.


2013 ◽  
Vol 61 (4) ◽  
pp. 255-262 ◽  
Author(s):  
Martin Kumnig ◽  
Gerhard Schüßler ◽  
Franz Petermann

Bei Patienten mit chronischen Erkrankungen handelt es sich um ein Patientenkollektiv mit unterschiedlichsten Problembereichen. Es finden sich sowohl Patienten mit körperlichen als auch psychischen chronischen Erkrankungen. Hinter einer chronischen Erkrankung verbirgt sich zumeist eine sehr komplexe biopsychosoziale Problematik. Ängste, Depressionen und somatoforme Störungen sind die häufigsten psychischen Begleiterscheinungen chronisch-körperlicher Krankheitsverläufe. Die Komorbidität zwischen körperlichen und psychosozialen Erkrankungen ist allgemein anerkannt. Folglich wurden spezifische Implikationen für die Therapie und Prognose chronischer Erkrankungen entwickelt. Insbesondere in der engen Verzahnung der biopsychosozialen Behandlungsansätze liegt das größtmögliche Potenzial für eine verbesserte Behandlungseffizienz. Zusehends wird in diesem Kontext ein evidenzbasierter interdisziplinärer Ansatz angestrebt und Leitlinien für die unterschiedlichsten prozessdiagnostischen Fragestellungen erarbeitet.


2006 ◽  
Vol 54 (1) ◽  
pp. 53-64 ◽  
Author(s):  
Holger Schulz ◽  
Cathrin Büscher ◽  
Uwe Koch ◽  
Birgit Watzke

Zusammenfassung: Bei der Behandlung von Patienten mit psychischen Störungen ist die Berücksichtigung rehabilitativer Elemente von großer Relevanz, da ein hoher Anteil chronischer Verlaufsformen besteht, mit erheblichen Einschränkungen der Aktivitäten und Partizipation. In diesem Beitrag wird die Frage untersucht, inwieweit rehabilitative Elemente in nationalen wie internationalen Leitlinien zur Behandlung psychischer Störungen berücksichtigt sind. Dieses erfolgt für die fünf sehr häufig vorkommenden Diagnosegruppen Depression, Panikstörung, Somatoforme Störungen, Posttraumatische Belastungsstörung sowie Borderline-Persönlichkeitsstörung und wird auf der Grundlage einer systematischen Leitlinienrecherche und der Entwicklung von Beurteilungskriterien für generische und rehabilitationsspezifische Aspekte vorgenommen. Die Analysen zeigen, dass in den vorliegenden Leitlinien Elemente mit besonders hoher Spezifität für die Rehabilitation bisher nur sehr wenig berücksichtigt sind. Daraus wird ein Entwicklungsbedarf deutlich, der neben einer weiteren Konkretisierung rehabilitativer Elemente die systematische Aufbereitung der Evidenz für die Wirksamkeit dieser Elemente fokussieren sollte.


2010 ◽  
Vol 58 (3) ◽  
pp. 199-206 ◽  
Author(s):  
Rosina-Martha Csöff ◽  
Gloria Macassa ◽  
Jutta Lindert

Körperliche Beschwerden sind bei Älteren weit verbreitet; diese sind bei Migranten bislang in Deutschland und international noch wenig untersucht. Unsere multizentrische Querschnittstudie erfasste körperliche Beschwerden bei Menschen im Alter zwischen 60 und 84 Jahren mit Wohnsitz in Stuttgart anhand der Kurzversion des Gießener Beschwerdebogens (GBB-24). In Deutschland wurden 648 Personen untersucht, davon 13.4 % (n = 87) nicht in Deutschland geborene. Die Geschlechterverteilung war bei Migranten und Nichtmigranten gleich; der sozioökonomische Status lag bei den Migranten etwas niedriger: 8.0 % (n = 7) der Migranten und 2.5 % (n = 14) der Nichtmigranten verfügten über höchstens vier Jahre Schulbildung; 12.6 % (n = 11) der Migranten und 8.2 % (n = 46) der Nichtmigranten hatten ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen von unter 1000€; 26.4 % der Migranten und 38.1 % (n = 214) der Nichtmigranten verfügten über mehr als 2000€ monatlich. Somatische Beschwerden lagen bei den Migranten bei 65.5 % (n = 57) und bei den Nichtmigranten bei 55.8 % (n = 313). Frauen wiesen häufiger somatische Beschwerden auf (61.8 %) als Männer (51.8 %). Mit steigendem Alter nahmen somatische Beschwerden zu. Mit Ausnahme der Altersgruppe der 70–74-Jährigen konnte kein signifikanter Unterschied zwischen Migranten und Nichtmigranten hinsichtlich der Häufigkeit körperlicher Beschwerden gezeigt werden. Ausblick: Es werden dringend bevölkerungsrepräsentative Studien zu körperlichen Beschwerden bei Migranten benötigt.


Author(s):  
Manuela Gander ◽  
Anna Buchheim

Fragestellung: Um die Effektivität von Lehrerausbildungsprogrammen zu verbessern, ist es wichtig die unterschiedlichen Manifestationsformen der Depression bei jugendlichen Schüler und Schülerinnen gründlicher zu analysieren. Diese Studie untersucht die Ausprägung und Häufigkeit internalisierender Auffälligkeiten bei Jugendlichen mit depressiver Symptomatik und deren Zusammenhang zu einem erhöhten Suizidrisiko. Methodik: Mit dem Reynolds Adolescent Depression Scale-2, dem Youth Self-Report und dem Suicide Probability Scale wurden 403 Jugendliche an österreichischen allgemeinbildenden höheren Schulen (212 Mädchen und 191 Buben) im Alter zwischen 16 und 18 Jahren untersucht. Ergebnisse: 35 %, also über ein Drittel der Jugendlichen mit depressiven Symptomen, liegen zwar im internalisierend auffälligen Bereich, jedoch zeigen sie keine Auffälligkeiten im externalisierenden Bereich. Anhand der Regressionsanalyse zeigte sich, dass im internalisierenden Bereich insbesondere körperliche Beschwerden, Angst und Depressivität ausgeprägt sind. Neben diesen deuten aber auch Aufmerksamkeitsprobleme und schizoid zwanghaftes Verhalten auf eine depressive Symptomatik hin. Hinsichtlich des Suizidrisikos sind Depressivität, Angst, schizoid zwanghaftes Verhalten, soziale Probleme und aggressives Verhalten prädiktiv. Schlussfolgerungen: Diese Studienergebnisse werden im Zusammenhang mit bereits bestehenden Studien zur Erkennung von Verhaltensauffälligkeiten im schulischen Kontext diskutiert. Durch die Integration der Ergebnisse in Aus- und Fortbildung von Lehrpersonen soll eine Sensibilisierung auf den Bereich depressiver Jugendlicher mit internalisierenden Symptomen ermöglicht und die Identifikation erleichtert werden.


2015 ◽  
Vol 63 (4) ◽  
pp. 255-265 ◽  
Author(s):  
Stefanie M. Görgen ◽  
Noelle Loch ◽  
Wolfgang Hiller ◽  
Michael Witthöft

Zusammenfassung. Ein besseres Verständnis der Rolle von Prozessen und Stilen der Emotionsregulation (ER) im Kontext psychischer Störungen erscheint essentiell, um psychische Störungsmodelle und Behandlungskonzepte zu optimieren. Diese Studie überprüfte den Cognitive Emotion Regulation Questionnaire (CERQ) in einer klinischen Stichprobe von ambulanten Psychotherapiepatienten (N = 156) hinsichtlich seiner teststatistischen Güte sowie im Hinblick auf Zusammenhänge mit Psychopathologie. Der CERQ wies eine gute Reliabilität (.70 ≤ α ≤ .84) sowie faktorielle Validität auf. Im Vergleich zu einer Bevölkerungsstichprobe berichtete die klinische Stichprobe höhere Ausprägungen in dysfunktionalen und niedrigere Ausprägungen in funktionalen ER-Strategien. Mittels eines Strukturgleichungsmodells zeigte sich, dass unter Berücksichtigung der Skaleninterkorrelationen drei kognitive ER-Strategien einen signifikanten und inkrementellen Beitrag zur Vorhersage der Gruppenzugehörigkeit zur klinischen Gruppe leisten (Rumination, Planung, Andere beschuldigen). Die klinischen Subgruppen (depressive, Angst- und somatoforme Störungen) unterschieden sich nicht signifikant hinsichtlich des Einsatzes einzelner ER-Strategien. Der Einsatz des CERQ kann auch in klinischen Stichproben empfohlen werden, um transdiagnostisch relevante Prozesse einer veränderten Emotionsregulation zu untersuchen.


Praxis ◽  
2016 ◽  
Vol 105 (24) ◽  
pp. 1405-1412
Author(s):  
Brigitte Christen ◽  
Jaya Brigit D’cunja

Zusammenfassung. Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, werden aber oft verpasst, da sich die Patienten vor allem mit körperlichen Symptomen präsentieren. Auch nach der Diagnosestellung können die betroffenen Patienten für den behandelnden Arzt eine grosse Herausforderung darstellen. Für die Patienten ist es schwierig, eine Angststörung als Diagnose zu akzeptieren, da sie vor allem körperliche Beschwerden wahrnehmen. In vielen Fällen ist zusätzlich eine akzentuierte Persönlichkeitsstruktur vorhanden, was die Arzt-Patienten-Beziehung zusätzlich erschwert. In dieser Arbeit werden Verhaltensregeln diskutiert, die den Umgang mit Angst-Patienten erleichtern können.


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