Zusammenfassung
Hintergrund In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl sehr alter Patienten, die eine Kataraktoperation brauchen, erhöht. Jedoch gibt es einen Mangel an Informationen im Zusammenhang mit intraoperativen Komplikationen und der Sicherheit der Kataraktoperation. Eingriffe an Patienten, die 85 Jahre oder älter sind, können aus verschiedenen Gründen eine große Herausforderung darstellen: dichte nukleäre Katarakt, enge Pupille, niedrige Endothelzellzahl, lockere Zonula sowie andere okuläre oder systemische Erkrankungen. Das Ziel unserer retrospektiven Studie war es, vor allem intraoperative Komplikationen während einer Kataraktoperation bei sehr alten Patienten im Vergleich zu einer jüngeren Gruppe zu bewerten und die Pupillengröße und den Reifegrad der Katarakt bei intraoperativen Komplikationen zu vergleichen.
Patienten und Methoden Es wurden medizinische Unterlagen aller 4065 Patienten retrospektiv überprüft, die in unsere Abteilung wegen einer Phakoemulsifikation mit IOL-Implantation und der Anwendung einer kornealen Kleinschnitttechnik im Zeitraum von Januar 2015 bis Januar 2018 aufgenommen wurden. Die Patienten wurden in 2 Gruppen eingeteilt, und zwar in die Gruppe mit Patienten im Alter von 85 oder älter und in die Gruppe mit Patienten unter 85 Jahren. Es wurde die Notwendigkeit einer Pupillendilatation, einer Kapselfärbung und die Häufigkeit der intraoperativen Komplikationen, wie z. B. Kapselriss, Glaskörperverlust und abgestürzte Linse zwischen den beiden Altersgruppen verglichen.
Ergebnisse Von allen 4065 Kataraktoperationen wurden 10,6% (431 von 4065) bei Patienten im Alter von 85 oder älter durchgeführt, 69 Eingriffe (1,7%) wurden an Patienten ab 90 Jahren und 4 Eingriffe (0,1%) wurden an Patienten ab 95 Jahren unternommen. Zwischen der jüngeren und älteren Patientengruppe zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede in der Pupillendilatation (4,6 vs. 6,0%), bei der Anwendung eines Kapselspannrings (0,4 vs. 0%) und bei der Kapselfärbung (5,5 vs. 7,0%). Intraoperative Komplikationen (z. B. hintere Kapselrisse) traten bei keinem unserer Patienten ab 85 Jahren oder älter und bei 0,71% bei Patienten unter 85 Jahren auf; bei keinem unserer Patienten in der älteren Gruppe und bei 0,41% der Patienten in der jüngeren Gruppe kam es zu einem Glaskörperverlust.
Schlussfolgerung Unsere Studie bestätigte, dass fortgeschrittenes Alter allein keine Kontraindikation für Kataraktoperation ist und auch nicht mit einer höheren intraoperativen Komplikationsrate während des Eingriffs verbunden ist. Kataraktoperationen an sehr alten Menschen sind meist erfolgreich, jedoch sollten sie früher unternommen werden – vor allem an multimorbiden Patienten und an Demenzkranken – um zu einer besseren psychischen Verfassung beizutragen. Das Alter der Patienten, die sich einer Kataraktoperation unterziehen, spielt keine Rolle.