scholarly journals Gerinnungshemmung im akuten Koronarsyndrom

2009 ◽  
Vol 66 (4) ◽  
pp. 301-308
Author(s):  
Jan Steffel ◽  
Thomas F. Lüscher

Die Hemmung der Gerinnung stellt ein Schlüsselprinzip der Therapie des akuten Koronarsyndroms dar. Zahlreiche Substanzen wurden für die Thrombozyteninhibition sowie zur Hemmung der plasmatischen Gerinnung entwickelt und befinden sich im täglichem klinischen Einsatz. Die therapeutische Hemmung der Aktivierung und Aggregation von Thrombozyten erfolgt über die Hemmung der Thromboxan-Synthese (durch Acetylsalicylsäure), Blockierung des ADP-Rezeptors (durch Thienopyridine), sowie durch die Hemmung des GP IIb/IIIa-Rezeptors. Die plasmatische Gerinnung wird vor allem durch Inhibition verschiedener Faktoren der Gerinnungskaskade geleistet, wofür klassischerweise vor allem unfraktioniertes Heparin und niedermolekulare Heparine zur Verfügung stehen. Über diese etablierten Therapien hinaus werden zunehmend neue Präparate (wie der ADP-Rezeptorantagonist Prasugrel oder die direkten Thrombin- und Faktor Xa-Hemmer) zur Gerinnungshemmung im akuten Koronarsyndrom entwickelt und eingesetzt. Welchen Platz sie schlussendlich für diese Indikation einnehmen, und ob sie zu einem breiten Einsatz oder lediglich zur Anwendung in speziellen Subpopulationen (z.B. bei Patienten mit hohem oder niedrigem Blutungsrisiko, bei Vorliegen von Aspirin- oder Clopidogrelresistenz etc.) kommen, werden erst große randomisierte Studien und «Real world»-Register zeigen können. Diese Review fasst die Wirkmechanismen sowie die klinische Verwendung der zum Einsatz kommenden Gerinnungshemmer im akuten Koronarsyndrom zusammen.

Praxis ◽  
2007 ◽  
Vol 96 (18) ◽  
pp. 733-737 ◽  
Author(s):  
Schneiter ◽  
Huynh-Do ◽  
Heizmann

Wir berichten den Fall einer 71-jährigen Patientin mit bekannter Analgetikanephropathie, bei welcher eine Koronarangiographie durchgeführt wurde. Auf Grund eines ventrikulären Vorderwandaneurysmas wurde eine Antikoagulation mit Nadroparin begonnen. Unter Fortsetzung der Behandlung mit ACE-Inhibitoren und ASS hatte sich nach Kontrastmittelgabe eine akute Tubulusnekrose mit schwerer Niereninsuffizienz entwickelt, welche unbemerkt zur Akkumulation des niedermolekularen Heparins geführt hatte. In der Folge entwickelte sich ein ausgedehntes Retroperitonealhämatom mit anurischem Nierenversagen. Niedermolekulare Heparine sind prinzipiell ebenso sicher und effizient wie unfraktioniertes Heparin in der Behandlung des akuten Koronarsyndromes, bieten aber den Vorteil, dass sie in der Regel kein Monitoring benötigen. Da sie aber renal eliminiert werden, muss bei einer Kreatinin-Clearance < 30 ml/min eine Kontrolle der anti-Faktor-Xa-Aktivtät mit allfälliger Dosisanpassung zur Vermeidung einer Akkumulation durchgeführt werden.


2008 ◽  
Vol 28 (05) ◽  
pp. 400-420 ◽  
Author(s):  
S. Alban

ZusammenfassungJahrzehntelang beschränkten sich die Optionen für die Anti koagulation auf unfraktioniertes Heparin (UFH) und Vitamin-K-Antagonististen (VKA). Mit der Einführung der niedermolekularen Heparine (NMH) wurde die kurz- und mittelfristige Antikoagulation entscheidend verbessert; eine Alternative zu den VKA für die Langzeitanwendung steht noch aus. Da die Heparine belegen, dass Faktor Xa und Thrombin geeignete Angriffspunkte für die Antikoagulation darstellen, konzentriert sich die industrielle Antikoagulanzien- Forschung auf die Entwicklung direkter Thrombin- (DTI) und Faktor-Xa-Inhibitoren (DXI). Die verfügbaren bzw. in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittenen Antikoagulanzien lassen sich in zwei Klassen einteilen: 1.) Glyko-Antikoagulanzien mit den natürlichen sulfatierten Glykosaminoglykanen (GAG) (UFH, NMH, Danaparoid) und den synthetisch hergestellten Oligosacchariden (Fondaparinux, Idraparinux und SR123781A), 2.) Xenobiotika, d. h. Proteine und chemisch-synthetische Moleküle. Die Glyko-Antikoagulanzien wirken partiell (GAG) oder ausschließlich (Oligosaccharide) durch die Katalyse von Antithrombin (AT), während die Xenobiotika direkt Thrombin oder Faktor Xa hemmen. Zurzeit stehen mit Lepirudin, Bivalirudin, Argatroban drei parenterale DTI sowie mit Dabigatranetelxilat ein oraler DTI für begrenzte Anwendungsgebiete zur Verfügung. Mit Rivaroxaban wurde kürzlich der erste orale DXI zugelassen. In dieser Übersicht werden die Entwicklung der Antikoagulanzien und das pharmakologische Profil der in der Praxis eingesetzten Antikoagulanzien beschrieben.


2001 ◽  
Vol 21 (03) ◽  
pp. 111-117
Author(s):  
H. K. Breddin

ZusammenfassungNeben der Kompressionsbehandlung ist die Antikoagulation die wichtigste Maßnahme bei der Behandlung akuter tiefer Beinvenenthrombosen. Niedermolekulare Heparine (NMH) sind in der Behandlung der tiefen Beinvenenthrombose genauso wirksam oder etwas wirksamer als unfraktioniertes Heparin (UFH). Inzwischen haben sich die NMH in der Behandlung der tiefen Beinvenenthrombose weitgehend durchgesetzt. Diskutiert wird allerdings noch über den Wirkmechanismus, die optimale Dosis und die optimale Therapiedauer. Zunehmend häufiger werden Patienten mit tiefer Beinvenenthrombose schon nach kurzer stationärer Behandlung entlassen oder auch ausschließlich ambulant behandelt. Vorteile der NMH sind in diesen Fällen ihre bessere Bioverfügbarkeit und die deutlich einfachere Handhabung der Anwendung als s.c. Gabe. Neue Medikamente werden in Kürze verfügbar sein. Hierzu gehören besonders das Pentasaccharid und oral wirksame Thrombinhemmer wie Melagatran. Es bleibt abzuwarten, ob diese neuen Wirkstoffe die Therapie der tiefen Beinvenenthrombose weiter verbessern können. Die fibrinolytische Behand-lung der tiefen Beinvenenthrombose ist bisher mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden. Neue Fibrinolytika und neue Applikationsformen könnten dieser Therapieform wieder zu einem höheren Stellenwert verhelfen.


2008 ◽  
Vol 28 (01/02) ◽  
pp. 51-61 ◽  
Author(s):  
S. Alban

ZusammenfassungAntikoagulanzien auf der Basis von Glykosaminoglykanen (GAG) sind seit Jahrzehnten dominierend in der Therapie und Prophylaxe thromboembolischer Erkrankungen. Grundsätzlich ist zwischen den natürlichen GAG-Antikoagulanzien, komplex zusammengesetzten Molekülgemischen, und den synthetischen GAG-Antikoagulanzien, chemisch definierten Oligosacchariden, zu unterscheiden. Zur ersten Gruppe zählen unfraktioniertes Heparin, die verschiedenen niedermolekularen Heparine und Danaparoid. Vertreter der zweiten Gruppe sind Fondaparinux, Idraparinux und das Hexadecasaccharid SR123781A.Allen gemeinsam ist lediglich eines der Wirkprinzipien des endogenen Antithromboticums Heparansulfat, nämlich die Katalyse der Antithrombin-vermittelten Hemmung von Faktor Xa. Die strukturellen Unterschiede der GAG-Antikoagulanzien bedingen ansonsten zum Teil sehr distinkte Arzneistoffprofile. Dies betrifft ihre Pharmakodynamik, Pharmakokinetik und auch praxisrelevante Aspekte wie Dosierung, Monitoring, Akkumulationsneigung, Antagonisierbarkeit und HIT Typ II.


Phlebologie ◽  
2011 ◽  
Vol 40 (04) ◽  
pp. 211-215
Author(s):  
S. Werth ◽  
J. Beyer-Westendorf

Zusammenfassung Was bisher bekannt ist: Venöse Thrombembolien sind eine häufige und potenziell lebensbedrohliche Komplikati-on für Tumorpatienten, rezidivierende Thrombembolien trotz einer adäquaten Antikoagulation sind nicht ungewöhnlich. Für diese Pa-tienten gibt es bisher noch keine Therapieempfehlungen. Was dieser Artikel vermitteln soll: Der Gebrauch von direkten Thrombininhibitoren wie Argatroban oder Dabigatran kann eine mögliche Alternative zur Stabilisierung einer bisher unbehandelbaren Gerinnungsaktivierung darstellen, wenn eine exzessive Thrombingeneration vorhanden ist. Eine Kombinationstherapie mit Antikoagulantien unterschiedlicher Angriffspunkte im Gerinnungssystem (wie niedermolekulare Heparine oder selektive Faktor-Xa-Hemmer zusamen mit direkten Thrombininhibitoren) können bei Patienten mit rezidivierenden Thromboembo-lien eine sinnvolle Alternative über die Standardtherapie hinaus bei darstellen.


2016 ◽  
Vol 73 (10) ◽  
pp. 545-549 ◽  
Author(s):  
Lukas Graf ◽  
Wolfgang Korte

Zusammenfassung. Auf Grund demographischer Faktoren und besserer Risikostratifizierung vergrössert sich die Gruppe der Patienten, welche oral antikoaguliert sind ständig. Naturgemäss sind somit auch mehr Patienten, die operiert werden müssen, antikoaguliert. Das periinterventionelle Vorgehen hängt einerseits vom eingesetzten Antikoagulans und andererseits vom individuellen Patientenrisiko ab. Im Vergleich zu den Vitamin K Antagonisten weisen die direkten oralen Antikoagulanzien (DOACs) eine deutlich kürzere Halbwertszeit auf. In ihrem pharmakokinetischen Verhalten sind sie mit subkutan applizierten niedermolekularen Heparinen vergleichbar. Deshalb kann in der periinterventionellen Situation bei den DOACs mit einer einfachen «stop and go» Strategie gearbeitet werden, während bei Vitamin K Antagonisten in ausgewählten Fällen (hohes Thromboembolie- oder Schlaganfallsrisiko) ein «Bridging» mit einer kürzer wirksamen Substanz (z. B. niedermolekulare Heparine) notwendig sein kann. Wie bei allen Antikoagulantien können bei DOACs in der periinterventionellen Situation Blutungen als unerwünschte Wirkung auftreten. Diese sind jedoch in aller Regel wegen der kurzen Halbwertszeit gut beherrschbar, zudem sind Antidots bereits (Dabigatran) respektive in absehbarer Zeit (Faktor Xa-Inhibitoren) verfügbar.


2005 ◽  
Vol 25 (03) ◽  
pp. 272-278 ◽  
Author(s):  
B. Molitor ◽  
R. Klingel ◽  
G. Hafner

ZusammenfassungDie Antikoagulation im Rahmen einer Nierenersatztherapie ist notwendig, um die Thrombosierung der Filter zu verhindern und den Blutfluss zu erhalten. Ausnahmen bilden Patienten mit akutem Nierenversagen und Begleiterkrankungen (z. B. Sepsis, Multiorganversagen), bei denen eine drohende Blutung das extrakorporale Verfahren auch ohne Antikoagulation erfordern kann.Am häufigsten wird unfraktioniertes Heparin als Antikoagulanz eingesetzt. Mit niedermolekularen Heparinen liegen ebenfalls positive Erfahrungen vor. Zur sicheren Therapieführung ist ein Monitoring der Antikoagulation notwendig. Die aktivierte Vollblut-Gerinnungszeit (ACT), die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) und die Anti-Faktor-Xa-Bestimmung mit chromogenen Substraten stehen als Routine- und Point-of-Care-Tests zur Verfügung. Zum Monitoring der niedermolekularen Heparine (NMH) kann nur die Anti-Faktor-Xa-Messung eingesetzt werden. Die spezifischste und valideste Methode für das Therapiemonitoring der Heparine ist der Anti-Faktor-Xa-Test mit Hilfe chromogener Substrate. Da wenig kontrollierte Studien zur Antikoagulanzientherapie und Monitoring mit dem Anti-Faktor-Xa-Test in der akuten Nierenersatztherapie vorliegen, beruhen die Empfehlungen auf den Erfahrungen mit der chronischen Nierenersatztherapie.


2007 ◽  
Vol 27 (05) ◽  
pp. 328-332
Author(s):  
K. Peter ◽  
C. Bode ◽  
I. Ahrens

ZusammenfassungEine zwei-oder dreifache antithrombozytäre Therapie kombiniert mit einer systemischen Antikoagulation, wie in der interventionellen Kardiolgie häufig angewandt, kann das Blutungsrisiko deutlich erhöhen. Wie vor kurzem gezeigt, geht ein erhöhtes Blutungsrisiko mit einer höheren Rate ischämischer Ereignisse sowie einer höheren Mortalität einher. Letzteres unterstreicht die Notwendigkeit für die Entwicklung neuer Antikoagulanzien mit besserem Sicherheitsprofil. Die zentrale Position der Gerinnungsfaktoren IIa und Xa im Gerinnungssystem machen diese zu idealen Zielen für die Entwicklung von Antikoagulanzien. Unfraktioniertes Heparin (UFH) bewirkt eine variable Inhibition beider Faktoren. Im Vergleich zu UFH weisen die niedermolekularen Heparine (NMH) vorteilhafte pharmakologische Eigenschaften auf, NMH zeigen eine stärkere Selektivität für die Inhibierung von Faktor Xa. Eine Gruppe neuer Antikoagulanzien ermöglicht die selektive Inhibition von Faktor Xa. Aktuelle klinische Studien mit einem indirekten selektiven Faktor-Xa-Inhibitor zeigen überzeugende Ergebnisse bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) und STStreckenhebungs-Myokardinfarkt (STEMI) sowie ACS und Non-STEMI. Dieser Artikel diskutiert die pharmakologischen Eigenschaften der indirekten selektiven Faktor-Xa-Inhibitoren Fondaparinux und Idraparinux sowie der direkten selektiven Faktor-Xa-Inhibitoren DX-9065a und Otamixaban zusammen mit deren Einsatz in klinischen Studien in der interventionellen Kardiologie.


2004 ◽  
Vol 24 (04) ◽  
pp. 261-278 ◽  
Author(s):  
T. Fenyvesi ◽  
J. Harenberg

ZusammenfassungDirekte Antikoagulanzien hemmen Serinproteinasen des Gerinnungssystems entweder indirekt über Antithrombin oder Heparin-Kofaktor II oder binden direkt an die einzelnen Serinproteasen. Heparin, niedermolekulare Heparine, Fondaparinux und Idraparinux potenzieren nach Bindung an Antithrombin die Inhibierung einzelner Gerinnungsfaktoren. Hirudin, Argatroban und Melagatran hemmen unabhängig von Antithrombin direkt und reversibel Thrombin. Zum Nachweis des antikoagulanten Effektes stehen globale und spezifische Gerinnungsmethoden zur Verfügung. Neue Antikoagulanzien, insbesondere orale Faktor-Xa- und orale Thrombininhibitoren, sowie Antikörper gegen aktivierten Faktor VII, gentechnologisch hergestellter Tissue-Faktor Pathway-Inhibitor und andere Proteine werden als Antikoagulanzien oder als Substanzen mit nicht antikoagulanten Wirkungen (wie aktiviertes Protein C bei Sepsis) entwickelt. Neue Methoden werden zur Verbesserung der Diagnostik und Therapie thromboembolischer Erkrankungen entwickelt.


Author(s):  
Lars G. Hemkens

ZusammenfassungDigitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) versprechen, die Gesundheit und medizinische Versorgung von Patienten zu verbessern. Dieser Beitrag gibt eine kurze Übersicht zur evidenzbasierten Nutzenbewertung und den Herausforderungen an die zugrunde liegende Evidenz als Voraussetzungen für eine optimale, patientenorientierte Entscheidungsfindung. Es werden klassische Konzepte des Studiendesigns, aktuelle Entwicklungen und innovative Ansätze beschrieben mit dem Ziel, zukünftige Entwicklungsfelder für innovative Studiendesigns und strategische Evaluationskonzepte für DiGA aufzuzeigen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Anwendung pragmatischer Studiendesigns.Evidenzbasierte Nutzenbewertung hat fundamentale Anforderungen und Maßstäbe unabhängig von der Art der evaluierten Behandlungen. Zuverlässige Evidenz ist unverzichtbar. Eine schnelle, effiziente, zuverlässige und praxisrelevante Evaluation von DiGA gelingt nicht durch eine Hinwendung zu nichtrandomisierten Studien, sondern vielmehr durch bessere, pragmatische randomisierte Studien. Sie sind machbar und verbinden die Charakteristika von DiGA, klassische methodische Konzepte und neue Ansätze der Studiendurchführung. Routinedaten, kontaktarme Studiendurchführung („virtual trials“, „remote trials“) und digitale Biomarker fördern nützliche randomisierte Real-World-Evidenz als solide Evidenzbasis von DiGA. Eine kontinuierliche, lernende Evaluation im Versorgungsalltag mit in die Routine eingebetteten randomisierten Studiendesigns ist der Schlüssel zur nachhaltigen und effizienten Nutzenbewertung von DiGA und kann entscheidend für eine strategische Verbesserung der Gesundheitsversorgung sein.


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