Empirisch überprüfte Frühfördermethoden bei autistischen Störungen

Author(s):  
Christine M. Freitag

Autistische Störungen (AS) zeichnen sich durch Einschränkungen in den drei Bereichen soziale Interaktion, Kommunikation und Sprache sowie durch stereotypes Verhalten und Sonderinteressen aus. Im Rahmen der Frühförderung bei AS geht es um eine umfassende Förderung der gemeinsamen Aufmerksamkeit, des Spielverhaltens, der Sprachentwicklung sowie insbesondere der sozialen Interaktion und Kommunikation. Es existieren unterschiedliche, empirisch relativ gut überprüfte, verhaltenstherapeutische Ansätze und Therapieprogramme, die in diesem Artikel zusammengefasst sind. Dabei wird besonderer Wert auf die wissenschaftliche Evidenz der jeweiligen Ansätze gelegt.

Author(s):  
S. Bölte ◽  
F. Poustka

Zusammenfassung: Fragestellung: Abklärung der psychometrischen Eigenschaften der Diagnostischen Beobachtungsskala für Autistische Störungen, der deutschsprachigen Fassung des Autism Diagnostic Observation Schedule (ADOS). Methodik: In einer Stichprobe von 137 Probanden mit frühkindlichem Autismus, 23 mit atypischem Autismus oder nicht näher bezeichneter tiefgreifender Entwicklungsstörung, 16 mit Asperger-Syndrom und 13 mit einer anderen psychiatrischen Störung nach ICD-10 wurden die Interrater- und Retestreliabilität, interne Konsistenz, konvergente und diagnostische Validität bestimmt. Ergebnisse: Interrater- und Retestreliabilität erwiesen sich sowohl auf Diagnosen- (kappaw = 1.00 bzw. .62) als auch auf Skalenebene (rtt = .84 bzw. .79) als gut, ebenso die interne Konsistenz der Algorithmusskala Kommunikation und soziale Interaktion der Module 1 bis 4 (rtt = .78 bis .89). Die Diagnosenkonvergenz mit dem Autismus Diagnostischen Interview-Revision (ADI-R) lag bei 79% (kappa = .23), bei moderater Korrelation der korrespondierenden Subskalen der Verfahren (rtc = .31 bis .45). Die Übereinstimmung von ADOS und klinischer Konsensusdiagnose war 77% (kappaw = .37), bei einer Sensitivität des Verfahrens von 90.4% und einer Spezifität von 48.1% für die Diskrimination von Autismus und anderen autistischen Störungen. Schlussfolgerungen: Das ADOS ist ein für die Erfassung autistischer Störungen zuverlässiges und ausreichend sensitives klinisches Diagnostikum. Damit eine psychiatrische Diagnose nach ICD-10 und DSM-IV gestellt werden kann und um hohe Spezifität der psychiatrischen Klassifikation zu gewährleisten, muss das ADOS durch Informationen zu stereotypem, repetitivem Verhalten sowie anamnestische Daten (z.B. aus dem ADI-R) ergänzt werden.


2007 ◽  
Vol 36 (4) ◽  
pp. 280-289 ◽  
Author(s):  
Christine M. Freitag ◽  
Petra Retz-Junginger ◽  
Wolfgang Retz ◽  
Christiane Seitz ◽  
Haukur Palmason ◽  
...  

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Autistische Störungen zeichnen sich durch Einschränkungen in den Bereichen Soziale Interaktion, Kommunikation und stereotypes, restriktives Verhalten aus. Bisher existiert noch kein deutschsprachiges Selbstbeurteilungsinstrument, das zum Screening bei Verdacht auf autistische Störung eingesetzt werden kann. Fragestellung: Testtheoretische Analyse des Screening-Fragebogens Autismus-Spektrum-Quotient (AQ). Methode: Die psychometrischen Kennwerte des AQ wurden in zwei nicht-klinischen, einer klinisch-forensischen und einer Stichprobe mit High-functioning Autismus/Asperger Syndrom ermittelt. Ergebnisse: Auf Grund einer teilweise sehr niedriger Trennschärfe der Einzelitems wurde eine Kurzversion des Fragebogens (AQ-k) gebildet, bestehend aus Items mit ausreichender Trennschärfe. Die Hauptkomponentenanalyse des AQ-k resultierte in drei Faktoren (Soziale Interaktion und Spontaneität, Fantasie und Vorstellungsvermögen, Kommunikation und Reziprozität), deren innere Konsistenzen zwischen 0,65-0,87 lagen. Die Retest-Reliabilität war zufrieden stellend, ebenso die externe Validität. Die Sensitivitätsanalyse ergab einen cut-off-Wert von 17. Schlussfolgerung: Der AQ-k eignet sich als Selbstbeurteilungsinstrument zum Screening auf autistische Störung bei normal begabten Personen ab 16 Jahren. Eine Diagnose kann durch das Instrument nicht gestellt werden.


2009 ◽  
Vol 18 (2) ◽  
pp. 73-82 ◽  

Autistische Störungen (ASD) sind definiert durch Einschränkungen der sozialen Interaktion, Kommunikation und Sprache sowie durch stereotypes Verhalten und Sonderinteressen. Zusätzlich sind neuropsychologische Besonderheiten beschrieben worden. Methoden: Selektive Literaturübersicht über Studien zur Neuropsychologie bei ASD. Ergebnisse: Historisch wurde versucht, autistische Störungen auf ein zentrales neuropsychologisches Defizit zurückzuführen. Entwicklungspsychologisch orientierte Studien zeigten jedoch neuropsychologische Einschränkungen in unterschiedlichen Bereichen. Diskussion: In der klinischen Untersuchung sollten die diagnostische Beobachtungsskala für autistische Störungen (ADOS) sowie mehrdimensionale Tests zur Erfassung kognitiver und sprachlicher Fertigkeiten durchgeführt werden, deren Ergebnisse therapeutisch genutzt werden können. Eine Diagnose anhand von neuropsychologischen Untersuchungen kann aufgrund der deutlich eingeschränkten Spezifität der Befunde nicht gestellt werden.


2010 ◽  
Vol 10 (02) ◽  
pp. 106-114 ◽  
Author(s):  
C. M. Freitag

ZusammenfassungAutistische Störungen sind durch Verhaltensweisen definiert, die situationsübergreifend und in der Regel lebenslang vorhanden sind: qualitative Einschränkungen der sozialen Interaktion, Kommunikation und Sprache sowie stereotypes Verhalten und Sonderinteressen. Die Diagnose autistischer Störungen bedarf einer spezifischen kinder- und jugendpsychiatrischen Expertise, da als Differenzialdiagnosen insbesondere andere kinder- und jugendpsychiatrische Krankheitsbilder zu bedenken sind. Daneben sind häufige komorbide psychiatrische Erkrankungen zu beachten. In diesem Artikel wird ein Überblick über Screeningmethoden, diagnostisches Vorgehen sowie evaluierte therapeutische Verfahren im Kleinkindes- und Vorschulalter gegeben. Das Ziel in der kinderärztlichen Praxis sollte sein, möglicherweise betroffene Kinder frühzeitig zu erkennen und an entsprechend spezialisierte Einrichtungen zu verweisen.


Author(s):  
Inge Kamp-Becker ◽  
Anika Langmann ◽  
Thomas Stehr ◽  
Katharina Custodis ◽  
Luise Poustka ◽  
...  

Zusammenfassung. Fragestellung: Die deutschsprachige Version der Diagnostischen Beobachtungsskala für Autistische Störungen – 2 (ADOS-2) ist eine Revision der standardisierten Verhaltensbeobachtung für Personen mit dem Verdacht auf Vorliegen einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Die Studie untersucht die diagnostische Güte der originalen und revidierten Algorithmen für die Module 1 bis 3. Methodik: An einer großen Inanspruchnahmepopulation (N = 1080, Alter 1.7–20.5 Jahre) wurde die Unterscheidungsfähigkeit der ADOS-2 zu relevanten Differenzialdiagnosen untersucht. Außerdem wurden Vergleiche bezüglich der diagnostischen Güte für beide Geschlechter getrennt vorgenommen. Ergebnisse: Der revidierte Algorithmus weist eine verbesserte Sensitivität (84.9 %) bei jedoch leicht reduzierter Spezifität (85.7 %) auf. Verbesserungen der ADOS-2 betreffen vor allem Fälle von frühkindlichem Autismus und die korrekte Klassifizierung von Mädchen. Der Einschluss von repetitiven, stereotypen Verhaltensweisen in den Algorithmus erhöht die korrekte Klassifikation in den Modulen 2 und 3. Für jüngere Kinder im Modul 1 ist dies jedoch nicht der Fall. Es zeigt sich darüber hinaus eine geringere Differenzierungsfähigkeit zu internalisierenden Störungen und Störungen des Sozialverhaltens. Schlussfolgerungen: Eine gute diagnostische Güte der ADOS-2 wurde vor allem für Kinder mit durchschnittlichen kognitiven Fähigkeiten gefunden. Die Ergebnisse sprechen für eine gute Anwendbarkeit der ADOS-2 für klinische Populationen. Voraussetzung ist jedoch eine sorgfältige und breite Diagnostik durch erfahrene Untersucher. Schlüsselwörter: ADOS, Diagnostik von Autismus-Spektrum-Störungen, Sensitivität, Spezifität


Author(s):  
Michele A. Noterdaeme ◽  
Elke Wriedt

Fragestellung: Neuere Untersuchungen belegen eine höhere Prävalenz für autistische Störungen als die ersten epidemiologischen Untersuchungen erwarten ließen. In dieser Untersuchung wird überprüft, wie häufig eine Intelligenzminderung sowie komorbide psychiatrische Störungen in einer klinischen Stichprobe von Patienten mit tief greifenden Entwicklungsstörungen anzutreffen sind. Methodik: Die Stichprobe besteht aus 601 Patienten mit einer tief greifenden Entwicklungsstörung. Für alle Patienten wurde das Intelligenzniveau bestimmt. Auf Achse I wurden bis zu zwei weitere Diagnosen kodiert sowie behandlungsrelevante Symptome erfasst (Ess- und Schlafstörungen, autoaggressives Verhalten), auf den Achsen V und VI die psychosozialen Belastungsfaktoren und das Gesamtniveau der psychosozialen Anpassung. Ergebnisse: Bei 26 % der Patienten lag das Intelligenzniveau im Normbereich (N = 158). 54 % aller Patienten (N = 325) hatten eine, 19 % (N = 110) zwei weitere psychiatrische Diagnosen. Die häufigsten Diagnosen waren externalisierende Störungen (N = 221). Internalisierende (N = 96) und sonstige Störungen (N = 114) kamen nur halb so oft vor. Autoaggressives Verhalten lag vor allem bei schweren Intelligenzminderungen vor. Es gab einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Auftreten von (auto-)aggressivem Verhalten und dem Ausmaß der psychosozialen Anpassung. Schlussfolgerungen: Patienten mit tief greifenden Entwicklungsstörungen zeigen eine Vielzahl komorbider Symptome. Das Vorliegen externalisierender Störungen beeinträchtigt die psychosoziale Anpassung.


2015 ◽  
Vol 26 (1) ◽  
pp. 32-34
Author(s):  
Christian Sanmann

Zusammenfassung. In dem Beitrag werden die diagnostischen Potenziale kunsttherapeutischer Arbeit für autistische Störungen herausgestellt, die im Rahmen einer qualitativen Einzelfallstudie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie untersucht wurden. Das besondere Augenmerk richtete sich dabei auf die genauere Klärung der Möglichkeiten und Grenzen einer angemessenen „diagnostischen“ Analyse künstlerischer Werke. Parallel wurden typische Merkmale (inhaltlich und formal) in den bildnerischen Werken beschrieben, die mit den Auffassungen zu autistischen Störungen in Zusammenhang gebracht wurden. Als methodisches Instrument dafür wurde die Expertenvalidierung verwendet. Die Ergebnisse verweisen auf Potenziale interpretativer Diagnostik, die in der Kunsttherapie empirisch weiter zu untersuchen sind. Es wird begründet, weshalb es sich lohnt, diese als spezifisch qualitativen Zugang zu verstehen und ergänzend in einen umfassenderen diagnostischen Gesamtprozess einzubringen.


2008 ◽  
Vol 27 (S 01) ◽  
pp. S38-S39 ◽  
Author(s):  
S. Springer ◽  
E. Wriedt ◽  
M. Noterdaeme

ZusammenfassungFragestellung: Die Früherkennung von autistischen Störungen ist von entscheidender Bedeutung für die Prognose der betroffenen Menschen. Die diagnostischen Instrumente ermöglichen eine relativ sichere Einschätzung ab einem Entwicklungsalter von 18 Monaten. Es wird untersucht, in welchem Alter die ersten Symptome berichtet werden und wann die Diagnose einer autistischen Störung in der Versorgungsregion Oberbayern gestellt wird. Methodik: Die Stichprobe besteht aus 488 Patienten, bei denen zwischen 1997 und 2007 die Diagnose einer autistischen Störung gestellt wurde. Bei allen Patienten liegen ausführliche anamnestische, psychiatrische, neurologische und neuropsychologische Daten vor. Ergebnisse: Es stellt sich heraus, dass für die Kategorie ,,frühkindlicher Autismus (F84.0)“ Eltern vor dem 2. Lebensjahr über deutliche Probleme berichten. Die diagnostische Zuordnung erfolgt im Alter von sechs Jahren. Beim Asperger Syndrom (F84.5) werden die Probleme zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr deutlich, die Diagnosestellung erfolgt mit neun Jahren. Schlussfolgerungen: Obwohl autistische Störungen früh beginnen und Eltern in den ersten Lebensjahren über Auffälligkeiten berichten, wird die Diagnose erst nach mehreren Jahren gestellt.


2013 ◽  
Vol 10 (1) ◽  
pp. 24-33 ◽  
Author(s):  
Christopher Buschow ◽  
Beate Schneider ◽  
Lisa Carstensen ◽  
Martin Heuer ◽  
Anika Schoft

Fernsehsender, Start-Ups und Hardware-Hersteller setzen in zunehmendem Umfang auf soziale Interaktion während des Fernsehens – und erhoffen sich mit „Social TV“ einen Weg zur ‚Rettung‘ des linearen Fernsehens und der Erschließung neuer Geschäftsfelder. Auf der Grundlage von 34 leitfadengestützten Experteninterviews mit Marktteilnehmern diskutiert der Beitrag das Marktumfeld von Social TV und seine Perspektiven in Deutschland. Der Fokus liegt auf Nutzerinnen und Nutzern, spezifischen Fernsehformaten sowie auf technologischen Entwicklungen, zukünftigen Geschäftsmodellen sowie den damit verbundenen Chancen und Risiken von Social TV.


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