Spezifische Lernstörungen

Author(s):  
Gerd Schulte-Körne
Keyword(s):  

Mit der Publikation des DSM-5 wurden Veränderungen in der Klassifikation und den Empfehlungen zur Diagnostik der spezifischen Lernstörungen vorgenommen. Die Störungskonzepte dyslexia und dyscalculia wurden wieder in das DSM aufgenommen. Drei spezifische Lernstörungen – die mit Beeinträchtigung im Lesen, mit Beeinträchtigung im schriftsprachlichen Ausdruck und mit Beeinträchtigung in Mathematik – werden unterschieden, die durch störungsrelevante Teilkomponenten näher beschrieben sind. Hierzu gehören bei der Lesestörung drei Teilkomponenten, die Lesegeschwindigkeit, die Lesegenauigkeit und das Leseverständnis. Bei der Störung des schriftsprachlichen Ausdrucks sind es die Rechtschreibfehler, Beeinträchtigung im Bereich der Grammatik und Zeichensetzung und die Beeinträchtigung in der Klarheit und Organisation der Textproduktion. Vier Teilkomponenten sind es bei der Rechenstörung: das eingeschränkte Zahlenverständnis, arithmetische Faktenwissen, schnelle und akkurate Grundrechenfertigkeiten und akkurates mathematisch schlussfolgerndes Denken. Es wird empfohlen, jede Störung einzeln zu kodieren und die Teilkomponenten zu beschreiben. Eine Schweregradbeschreibung wurde neu eingeführt. Die Diagnostik beruht auf einer Vielzahl von Methoden, hierzu gehören Anamnese, klinisches Interview, Schulbericht, Lehrerbewertung, Beurteilungsskalen und psychometrisches Tests. Das IQ-Diskrepanz-Kriterium wurde aufgegeben, das Alters- bzw. Klassen-Diskrepanzkriterium beibehalten. Zur Anwendung wird eine Diskrepanz von 1 bis 2.5 Standardabweichungen empfohlen. Bei allen drei spezifischen Lernstörungen handelt es sich um häufige (Prävalenz 5 %-15 %), früh mit der Unterrichtung beginnende Störungen, die bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben.

2015 ◽  
Vol 34 (10) ◽  
pp. 759-763
Author(s):  
S. Groß ◽  
S. Matthies ◽  
A. Philipsen

ZusammenfassungIm Rahmen der Arbeit soll der aktuelle Stand der Forschung zur ADHS im Erwachsenenalter vorgestellt werden. Die Ursachen der ADHS sind noch nicht vollständig geklärt, es werden jedoch genetische und andere Einflussfaktoren wie prä-und perinatale Komplikationen angenommen. Daneben weisen ADHS-Patienten hirnorganisch strukturelle, neurochemische und funktionelle Auffälligkeiten auf. Die Diagnostik der ADHS im Erwachsenenalter basiert auf einem klinischen Interview, biografischer und Fremdanamnese sowie psychometrischen Erhebungen. Zudem sollten organische oder andere psychische Erkrankungen, die ADHS-ähnliche Symptome hervorrufen können, differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Erfolgt die Diagnosestellung nach DSM-5 müssen die Symptome vor dem 12. Lebensjahr aufgetreten sein. Bei der Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter wird eine Kombination aus Pharmako-und Psychotherapie empfohlen. Neuere Behandlungsansätze wie die Supplementation von Vitaminen, Fettsäuren oder Mineralien, Sport oder Neurofeedback bedürfen einer weiteren Evaluation.


2020 ◽  
Vol 59 (05) ◽  
pp. 298-302
Author(s):  
Lili Kreutzer ◽  
Volker Köllner

ZusammenfassungWir berichten über einen 36-jährigen Patienten, welcher nach einer beruflichen Konfrontation mit Darstellungen von Gewalt an Tieren, sexueller Gewalt sowie körperlicher Gewalt über digitale Medien in seiner Position als social media content moderator die klassischen Symptome einer PTBS entwickelte.Nach 10 monatiger Arbeitsunfähigkeit kam der Patient zur sozialmedizinischen Einschätzung zur Rehabilitation. Obwohl aufgrund der hohen Resilienz und Motivationslage des Patienten von einer Regeneration binnen der kommenden 6 Monate und einer Neuorientierung auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen wurde, wurde seine Leistungsfähigkeit hinsichtlich seiner letzten sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit vollständig aufgehoben eingeschätzt.Diese sekundäre, digitale Art der Traumatisierung ist in der aktuell gültigen Version des ICD-10 nicht aufgeführt, wird aber bereits in den A4 Kriterien des DSM-5 beschrieben. Hier wird eine Exposition über elektronische Instrumente, Television, Filme oder Fotografien ausgeschlossen, es sei denn die Exposition ist beruflich bedingt.Anhand dieses Beispiels werden Risiken für die mentale Gesundheit durch digitale Faktoren während der Arbeit, sowie deren sozialmedizinischen und versicherungstechnischen Folgen dargestellt.


Author(s):  
Christine M. Freitag

Zusammenfassung. In dem Artikel werden die neuen Diagnosekriterien der Autismus-Spektrum-Störung nach ICD-11 der Klassifikation nach ICD-10 sowie nach DSM-5 gegenübergestellt. Es erfolgt eine Bewertung der Änderungen sowie eine Empfehlung hinsichtlich der Klassifikation nach dem multiaxialen Klassifikationsschema. Da die ICD-11 in vielen Aspekten der Klassifikation nach DSM-5 ähnelt, ist eine Konsolidierung der Prävalenz von Autismus-Spektrum-Störungen bei einem Wechsel von ICD-10 auf ICD-11 zu erwarten. Insbesondere aufgrund des Wegfalls der Diagnose „atypischer Autismus“ wird eine etwas geringer Prävalenz von Autismus-Spektrum-Störungen nach ICD-11 im Vergleich zu ICD-10 zu erwarten sein. Die Sensitivität der Diagnosekriterien wird weiterhin sehr hoch sein, die Spezifität könnte möglicherweise ansteigen. Falls ähnliche Ergebnisse für die ICD-11 wie für das DSM-5 gefunden werden, würde das für eine verbesserte diagnostische Validität der ICD-11-Kriterien gegenüber ICD-10 sprechen.


Author(s):  
Frauke Schultze-Lutter ◽  
Eva Meisenzahl ◽  
Chantal Michel

Zusammenfassung. Es wird eine Übersicht über die hauptsächlichen Änderungen des neu benannten Kapitels „Schizophrenie oder andere primäre psychotische Störungen“ (6A2) von ICD-10 zu ICD-11 gegeben und diese mit der Psychosekategorie des DSM-5 verglichen. Die Änderungen umfassen den Verzicht auf die klassischen Subtypen der Schizophrenie sowie die Aufgabe des Primats Schneider’scher Erstrangsymptome und damit verbunden die Forderung von mindestens zwei Leitsymptomen (obligatorisch mindestens ein Positivsymptom) bei der Schizophrenie (6A20) sowie Zulassung bizarrer Wahninhalte auch bei „Wahnhaften Störungen“ (6A24), die neu auch induzierte wahnhafte Störungen (F24) beinhalten. Neu sind zudem der Fokus auf die jeweils aktuelle Episode, die Beschränkung der „Akuten und vorübergehenden psychotischen Störung“ (6A23) auf die polymorphe Störung ohne Symptome der Schizophrenie (F23.0), die Kodierung wahnhafter „Zwangs- und verwandter Störungen“ (6B2) ausschließlich unter den Zwangsstörungen, die Präzisierung der „Schizoaffektiven Störung“ (6A21) und die Einführung einer eigenen Kategorie „Katatonie“ (6A4) zur Beschreibung katatoner Symptome innerhalb verschiedener Krankheitsbilder. In Analogie zum DSM-5 steht zudem die optionale Zusatzkategorie „Symptomatische Manifestation primärer psychotischer Störungen“ (6A25) zur dimensionalen Symptomquantifizierung zur Verfügung. Entwicklungsspezifischen Besonderheiten wird auch in der ICD-11 in der Definition psychotischer Störungen keine Rechnung getragen.


Author(s):  
Frauke Schultze-Lutter ◽  
Benno G. Schimmelmann

Es wird eine Übersicht über die hauptsächlichen Änderungen des Kapitels «Schizophrenie-Spektrum und andere psychotische Störungen» von DSM-IV-TR zu DSM-5 gegeben, in dem erneut etwaigen Besonderheiten von Kindern und Jugendlichen nicht Rechnung getragen wird. Diese umfassen im Haupttext den Verzicht auf die klassischen Subtypen der Schizophrenie sowie die Aufgabe des besonderen Stellenwerts der Schneider’schen Erstrangsymptome und damit verbunden die Forderung von mindestens zwei Leitsymptomen (obligatorisch mindestens ein Positivsymptom) bei der Schizophrenie sowie Zulassung bizarrer Wahninhalte auch bei Wahnhaften Störungen. Neu sind zudem die Kodierung wahnhafter Zwangs-/Körperdysmorpher Störungen ausschließlich unter den Zwangsstörungen, die Präzisierung affektiver Episoden bei der Schizoaffektiven Störung und die Einführung einer eigenen Sektion «Katatonie» zur Beschreibung katatoner Symptome innerhalb verschiedendster Krankheitsbilder. In der Sektion III (Aufkommende Messmittel und Modelle) findet sich zudem der Vorschlag einer dimensionalen Beschreibung von Psychosen. Verwirrend ist die doppelte Einführung eines «Attenuated Psychosis» Syndromes: zum einen vage umschrieben unter die «Anderen spezifizierten Schizophrenie-Spektrum und anderen psychotischen Störungen» im Haupttext, zum anderen klar definiert unter die «Bedingungen mit weiterem Forschungsbedarf» der Sektion III. Mit dieser nicht spezifizierten Aufnahme des Attenuated Psychosis Syndromes in den Haupttext ist einer befürchteten Überdiagnostizierung subschwelliger psychotischer Symptome und deren frühzeitiger psychopharmakologischer Behandlung nun doch Tür und Tor geöffnet.


2018 ◽  
Vol 1 ◽  
pp. S22
Author(s):  
C. Hingray
Keyword(s):  

Author(s):  
P. Melchers ◽  
G. Lehmkuhl

Zusammenfassung: Bei einer Vielzahl von Fragestellungen und Störungsbildern sollte neuropsychologische Diagnostik einen festen Stellenwert haben, sowohl in der initialen wie auch in der Verlaufsbeurteilung. Mit Blick auf die Anwendung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist zunächst eine beschreibende Definition dieses Bereichs psychologischer Diagnostik zu versuchen. Dabei bestehen methodisch grundlegend unterschiedliche Zugangswege, die in ihren Auswirkungen auf Psychometrie wie Interpretation zu erörtern sind. Unabhängig davon, dass die gegenwärtige Verfügbarkeit standardisierter neuropsychologischer Diagnostik nur in einigen Bereichen befriedigen kann, wird eine Darstellung der in klinischer Praxis und/oder Forschung anwendbaren Verfahren versucht. Neben einzelnen Testbatterien werden Einzeltestverfahren für die Bereiche visuelle und auditive Gedächtnisfunktionen, Aufmerksamkeitsfunktionen, sprachassoziierte Funktionen und Exekutivfunktionen besprochen. Der aktuelle Stand neuropsychologischer Diagnostik führt zu wesentlichen Aufgaben ihrer Weiterentwicklung. Dies gilt sowohl für kurzfristig erreichbare Ziele wie Adaptation oder Normierung verfügbarer Instrumente als auch für längerfristige Forschungsaufgaben.


Author(s):  
Gernot von Collani ◽  
Philipp Yorck Herzberg
Keyword(s):  

Zusammenfassung: Für die deutschsprachige Fassung der Rosenberg-Skala zum Selbstwertgefühl von Ferring und Filipp (1996) wird eine Teilrevision vorgeschlagen. Ein Item der bisherigen Skalenversion stellte sich in eigenen Analysen als psychometrisch unzulänglich heraus und weist eine mangelnde inhaltliche Validität auf. Dadurch ist möglicherweise die Vergleichbarkeit mit der Originalversion und mit Adaptationen der Rosenberg-Skala in anderen Sprachen nicht gewährleistet. Die vorgeschlagene Teilrevision der Skala versucht, diese Mängel zu beheben und erweist sich in zwei unabhängigen Untersuchungen als Verbesserung der bisherigen Skala auf Itemebene. Außerdem werden hier erstmals vollständige Kennwerte für alle Skalenitems mitgeteilt.


2001 ◽  
Vol 12 (4) ◽  
pp. 314-323
Author(s):  
Kerstin Konrad ◽  
Siegfried Gauggel

Zusammenfassung: In diesem Beitrag wird eine Übersicht über Störungen der Stimmung und des Antriebs bei Kindern und Jugendlichen mit erworbenen Hirnschädigungen unterschiedlicher Ätiologie (Hirntumoren, Schädel-Hirn-Trauma) gegeben. Obwohl es in den letzten Jahren immense Fortschritte im Bereich der Diagnostik und Therapie von kindlichen Depressionen gegeben hat, stellen die depressiven Symptome nach Hirnschädigungen im Kindesalter ein noch weitgehend unerforschtes Gebiet dar. Ausgehend von den bislang vorhandenen empirischen Studien werden Vorschläge für Diagnostik und Therapie von organisch bedingten Stimmungs- und Antriebsstörungen im Kindesalter gemacht.


1999 ◽  
Vol 56 (6) ◽  
pp. 318-323
Author(s):  
Bösch ◽  
Banic

Die frühe Erkennung und vollständige Exzision ist entscheidend für den Krankheitsverlauf des malignen Melanoms der Haut. Der Sicherheitsabstand bei der chirurgischen Resektion ist heute geringer als vor Jahren und liegt abhängig von der Tumordicke zwischen 1 und 3 cm. Die elektive Lymphadenektomie, das heißt die prophylaktische Entfernung der regionalen Lymphknoten gleichzeitig mit der Nachexzision des Primärtumors, ist umstritten. Sie ist mit einer hohen Komplikationsrate behaftet und bringt nur für eine kleine Subgruppe eine Verbesserung der Überlebensrate. Ein neues Konzept, die Sentinellymphknotenexzision, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Durch bestimmte Markierungsmethoden wird derjenige Lymphknoten ermittelt, welcher primär den Lymphabfluß aus dem vom Melanom betroffenen Hautbereich erhält. Dieser Lymphknoten ist repräsentativ für den Metastasenstatus seiner Station. Falls er bei der histologischen Untersuchung eine Metastase zeigt, wird eine vollständige Exzision der regionalen Lymphknotenstation vorgenommen. Diese Methode vermag weitere Hinweise auf die Biologie des Melanoms zu geben und dient als Grundlage für die Wahl von adjuvanten Therapien. Ob sie zu einer Verlängerung der Überlebenszeit führt, ist Gegenstand einer laufenden multizentrischen Studie. Systemische Melanommetastasen haben eine schlechte Prognose. Die chirurgische Resektion von solitären Fernmetastasen hat ihre Bedeutung in der palliativen Behandlung des Melanoms, in Kombination mit adjuvanten Therapien.


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