Angst und Depression bei Typ-1-Diabetes – Erste Ergebnisse des Screenings auf psychische Komorbiditäten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Rahmen des COACH-Konsortiums

Author(s):  
Katharina Köstner ◽  
Agnes Geirhos ◽  
Ramona Ranz ◽  
Angela Galler ◽  
Hanna Schöttler ◽  
...  

ZusammenfassungDie interdisziplinäre Forschungskooperation COACH-Konsortium (Chronic Conditions in Adolescents – Implementation and Evaluation of Patient-centered Collaborative Healthcare) untersucht die psychosoziale Situation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit chronischen körperlichen Erkrankungen. Zur Untersuchung der psychischen Komorbidität wurden bisher 1.023 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 im Alter von 12–21 Jahren bei Routinevorstellungen in der Klinik bzw. Ambulanz mittels der Screening-Fragebogen Patient Health Questionnaire (PHQ-9) und Generalized Anxiety Disorder Scale-7 (GAD-7) zu Angst- und Depressionssymptomen befragt. 29,8 % der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigten ein auffälliges Screening-Ergebnis. Dabei wurden 17,8 % der Fragebogen zu Angstsymptomen und 25,6 % der Fragebogen zu Depressionssymptomen auffällig mit Gesamtscore-Werten ≥ 7 in GAD-7 bzw. PHQ-9 beantwortet. Patienten mit erhöhten Depressions- und Angstwerten wiesen im Mittel einen deutlich höheren medianen HbA1c-Wert als Zeichen einer schlechteren Stoffwechseleinstellung auf (8,33 [8,09; 8,56]) als Patienten mit unauffälligem Screening (7,58 [7,48; 7,68]; p < 0,0001). Angesichts der hohen Prävalenz auffälliger Depressions- und Angstwerte und der Assoziation mit höheren HbA1c-Werten sollte bei allen Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 regelmäßig das Vorliegen psychischer Belastungen abgeklärt werden. Dies könnte eine frühzeitige Diagnose einer psychischen Komorbidität und Intervention ermöglichen. Auf der Basis der Studien im COACH-Projekt können nun evidenzbasierte Empfehlungen für die interdisziplinäre Gesundheitsversorgung von Jugendlichen mit chronischen körperlichen Erkrankungen erstellt werden, die die psychischen Komorbiditäten systematisch berücksichtigen.

2018 ◽  
Vol 16 (03) ◽  
pp. 112-117
Author(s):  
Stephan Scharla

ZUSAMMENFASSUNGDiabetes mellitus und Osteoporose sind häufige Erkrankungen. Deshalb gibt es viele Patienten, die an beiden Krankheiten gleichzeitig leiden. Darüber hinaus sind jedoch sowohl der Typ-1- als auch der Typ-2-Diabetes jeweils prädisponierende Erkrankungen, die das Risiko für Osteoporose und Frakturen erhöhen. Dabei ist das Risiko bei einem Diabetes mellitus Typ 1 stärker ausgeprägt, während bei Diabetes mellitus Typ 2 vor allem Patienten mit längerer Krankheitsdauer, schlechter Stoffwechsellage, Insulinpflichtigkeit und vaskulären Folgeschäden frakturgefährdet sind. Die Knochendichte ist bei Menschen mit Typ-1-Diabetes erniedrigt, während insbesondere adipöse Typ-2-Diabetespatienten auch höhere Knochendichtewerte aufweisen können. Das Frakturrisiko wird jedoch nicht nur durch Veränderungen der Knochendichte und der Knochenarchitektur erhöht, sondern auch durch veränderte Knochenmaterialeigenschaften (veränderte Kollagen-Quervernetzung). Pathogenetische Faktoren sind Hyperglykämie, hormonelle Veränderungen und der Einfluss von oralen Antidiabetika. Während Inkretine und DPP-4-Hemmer das Frakturrisiko zu senken scheinen, sind Glitazone mit höherem Risiko assoziiert. Auch SGLT-2-Hemmer könnten bei eingeschränkter Nierenfunktion mit einem höheren Frakturrisiko behaftet sein. Die Therapie der Osteoporose bei Menschen mit Diabetes mellitus unterscheidet sich nicht vom Vorgehen bei primärer Osteoporose. Die Effizienz von antiresorptiven Medikamenten wird durch den Diabetes mellitus nicht beeinflusst.


2020 ◽  
Vol 20 (01) ◽  
pp. 23-30
Author(s):  
Alena Gerlinde Thiele ◽  
Maren Heckenmüller ◽  
Heike Bartelt ◽  
Sabine Klamt ◽  
Thomas Michael Kapellen

ZUSAMMENFASSUNGEine kontinuierliche intravenöse Insulininfusionstherapie minimiert Blutzucker (BZ)-Schwankungen und damit das Risiko für Stoffwechselentgleisungen bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 (T1D), während einer Operation oder einer akuten Zweiterkrankung. Die Datenlage hinsichtlich sicherer BZ-Zielbereiche, adäquater Flüssigkeit- und Insulindosierungen während einer Insulininfusion bei pädiatrischen Patienten ist jedoch spärlich. Das hauseigene Schema zur Insulinfusionstherapie wurde nun hinsichtlich seiner Effektivität und Sicherheit in 124 Fällen bei 62 Patienten (n = 78 chirurgische Eingriffe, n = 46 akute Zweiterkrankung, mittleres Alter 9,6 ± 5,4 Jahre) evaluiert. In > 60 % der Infusionszeit lagen die BZ-Werte im Zielbereich, in nur 6 % der Zeit kam es zu kritischen Hypo- und Hyperglykämien. Damit erwies sich das Protokoll als effektiv und sicher. Allerdings erlebten Kinder < 12 Jahre signifikant mehr kritische Hypoglykämien im Vergleich zu Jugendlichen (Hypoglykämie/Fall 2,4 ± 2,7 vs. 0,9 ± 2,0; p < 0,001). Daher erscheint das Schema für Jugendliche geeigneter zu sein. Wir haben folglich das Protokoll für jüngeren Patienten durch Reduktion der Insulindosierung angepasst.


2020 ◽  
Vol 145 (05) ◽  
pp. 314-317
Author(s):  
Inga-Marlen Pontow ◽  
Jan Theil ◽  
Albert Diefenbacher

Zusammenfassung Anamnese und klinischer Befund Eine Patientin mit T1DM, Panikstörung und Hypoglykämieangst (Diabetesdauer 4 Jahre, BMI 25,6) wurde in der Tagesklinik Psychosomatik mit einem multimodalen Behandlungsansatz behandelt. Sie berichtet von ausgeprägter Angst vor Hypoglykämie und von wiederholten Hypoglykämien. Aus Angst vor Hypoglykämien veränderte die Patientin ihr Diabetes-Selbstmanagement und erlebte damit Einschränkungen in ihrer Alltagsfunktionalität. Untersuchung Nach Aufnahme wurde bei der Patientin kein Blutzuckerwert unter 3,7 mmol/l (70 mg/dl) gemessen, allerdings zeigten sich Symptome einer leichten Hypoglykämie schon bei Blutzuckerwerten im unteren Normbereich. HbA1c bei Aufnahme bei 54 mmol/mol, 7,1 %. Diagnosen Diabetes mellitus Typ 1, Panikstörung und übersteigerte Angst vor Hypoglykämien. Therapie und Verlauf Kombination aus kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) und Beschwerdeprotokollen als Methode der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) in Ergänzung zu einem multimodalen Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)-basierten Gruppenpsychotherapieprogramm. Dies führte zur Verbesserung der Symptomdiskrimination und zur Reduktion von Sicherheits- und Vermeidungsverhalten. Folgerung Die Kombination von psychotherapeutischen Maßnahmen mit CGM erscheint als hilfreicher Ansatz zur Behandlung krankheitsspezifischer psychischer Störungen bei Diabetes mellitus.


2018 ◽  
Vol 16 (02) ◽  
pp. 56-63
Author(s):  
Hannes Kalscheuer ◽  
Hendrik Lehnert

ZUSAMMENFASSUNGDer Diabetes mellitus Typ 1 nimmt weltweit zu und ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Allerdings manifestiert sich ein Typ-1-Diabetes nicht selten erst im Erwachsenenalter – dann wird die eindeutige klinische Abgrenzung zum Typ-2-Diabetes mitunter schwierig. Andere Diabetesformen und Autoimmunsyndrome müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Dieser Beitrag stellt die Möglichkeiten einer zielführenden Diagnostik zusammen.


2021 ◽  
Vol 3 (2) ◽  
pp. 86-90
Author(s):  
Roberto Franceschi ◽  
Caterina Rizzardi ◽  
Vittoria Cauvin ◽  
Federica Berchielli ◽  
Alice Liguori ◽  
...  

Zahlreiche Medien haben restriktive Diäten bei Diabetes mellitus populär gemacht und berichtet, dass Kohlenhydrate die Ursache für Blutzuckerspitzen, extrem hohe Insulin-Dosierungen und Gewichtszunahme sind. In der vorliegenden Arbeit berichten wir über zwei Fälle von Kindern mit Diabetes mellitus Typ 1, bei denen die Einhaltung einer streng kohlenhydratreduzierten Diät Wachstumsstörungen zur Folge hatte. Zwei präpubertäre Patienten mit Typ-1-Diabetes zeigten bei der Kontrolluntersuchung während der Honeymoon-Phase eine fehlende Gewichtszunahme und geringe Wachstumsgeschwindigkeit. Die Ernährungsanalyse ergab, dass eine kohlenhydratarme Diät begonnen worden war, um eine Reduzierung der postprandialen Blutzuckerspitzen zu erreichen. Nach Zufuhr entsprechender Kohlenhydratmengen begannen das Gewicht und die Körpergröße der beiden Patienten zu steigen. Es liegen nur wenige veröffentlichte Daten vor, die dafür sprechen, die Kohlenhydratzufuhr nicht zu begrenzen; darum berichten wir in der vorliegenden Arbeit über zwei Fälle von Kindern mit Typ-1-Diabetes, bei denen die Einhaltung einer solchen Ernährungsform zu Wachstumsstörungen geführt hat. Besonders hervorheben möchten wir, dass dabei die Schulung der Familien von Kindern mit Typ-1-Diabetes zu diesem Aspekt eine wichtige Rolle spielt, vor allem wenn sich die Kinder gerade in der Honeymoon-Phase befinden oder diese zu Ende geht.


Praxis ◽  
2009 ◽  
Vol 98 (18) ◽  
pp. 1001-1005 ◽  
Author(s):  
Scheidegger ◽  
Flück ◽  
Scheidegger ◽  
Diem ◽  
Mullis

Insulinsubstitution ist die einzige effektive Therapie des Typ-1-Diabetes-mellitus (T1DM). Gleichwohl sind bei dieser Krankheit viele komplementäre Therapien in Gebrauch. In dieser Studie haben wir mittels Fragebogen eruiert, dass 48 von 342 Personen mit T1DM (14%; 13.4% bei Erwachsenen, 18.5% bei Kindern; 20 männlich, 28 weiblich) zusätzlich zur Insulintherapie Komplementärmedizin (KM) verwenden. Ziele waren die Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens, Senkung und Stabilisierung des Blutzuckerspiegels, Reduktion der Insulindosis, Verbesserung der körperlichen Fitness, Reduktion von Unterzuckerungen, Verminderung des Hungergefühles. Die am häufigsten verwendeten Therapiemethoden waren Zimt, Homöopathie, Magnesium und Diabetikertees. Zur optimalen Patientenbetreuung propagieren wir gute Zusammenarbeit zwischen Spezialisten der Schul- und Komplementärmedizin.


2005 ◽  
Vol 5 (04) ◽  
pp. 184-191 ◽  
Author(s):  
Thomas Kapellen ◽  
Angela Galler ◽  
Wieland Kiess ◽  
Klemens Raile

ZusammenfassungDer Diabetes mellitus Typ 1 ist eine durch Umweltfaktoren ausgelöste Autoimmunerkrankung, die genetisch empfängliche Personen trifft. Begünstigende Umweltfaktoren sind Nahrungsmittel, wie Kuhmilchprotein, virale Infekte und unterschiedliche Umweltgifte, wie Nitrosamine. Typ-1-Diabetes wird als zellvermittelte Autoimmunerkrankung mit progressiver Zerstörung der insulinproduzierenden Beta-Zellen verstanden. Dabei spielt die Aktivierung proapoptotischer Signalwege (programmierter Zelltod) durch inflammatorische Zytokine eine Schlüsselrolle beim Zelltod der β-Zellen. Den T-Lymphozyten vom so genannten Helfer-Typ (Th1) wird dabei eine zentrale Rolle zugeschrieben. Zytokine, die überwiegend von Th1-Zellen sezerniert werden, sind Interleukin-1 (IL-1)β, Interferon (IFN)-γ und Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)α. Die Produktion dieser proinflammatorischen Zytokine wird einer Störung im fein abgestimmten Gleichgewicht zwischen Th1- und Th2-Helfer-T-Zellen zugeschrieben und führt zu einer selektiven Aktivierung von Beta-Zell-spezifischen, zytotoxischen Effektor-T-Zellen. Durch eine weitere Aufschlüsselung der Ätiopathogenese des Typ-1-Diabetes mellitus sollen neue Strategien in dessen Prävention und Heilung entwickelt werden.


2017 ◽  
Vol 17 (06) ◽  
pp. 377-380
Author(s):  
T. M. Kapellen ◽  
W. Kiess ◽  
S. Klamt

ZusammenfassungDiabetes mellitus Typ 1 bleibt die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindes- und Jugendalter. Dementsprechend überschlagen sich seit Jahren Meldungen in der Presse bezüglich Neuigkeiten im Diabetes-Management und der Diabetes-Therapie. Hochbrisant ist derzeit vor allem die seit dem GB-A-Beschluss im Juni 2016 nun für nahezu jedermann zugängliche kontinuierliche Glukosemessung, die einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur künstlichen Bauchspeicheldrüse darstellt. Schon jetzt steht fest: Die real-time kontinuierliche Glukosemessung wird für einen bedeutenden Teil unserer kleinen Patienten eine Verbesserung der Stoffwechseleinstellung, Verminderung unbemerkter bzw. schwerer Hypoglykämien und eine Verbesserung der Lebensqualität bedeuten. Dennoch sollte beachtet werden, dass diese Form der Glukosemessung nicht für jedermann geeignet ist und durchaus auch Nachteile haben kann. Indikation und Therapieziele sollten daher individuell mit den Patienten und deren Angehörigen besprochen und festgelegt werden. Des Weiteren sollte der Einsatz einer rt- CGM immer auch vor dem Hintergrund möglicher psychischer Konsequenzen für die Patienten und deren Familien gesehen werden. Ständig wird versucht, Patienten das tägliche Management mit ihrer Diabetes-Erkrankung etwas zu erleichtern, so z. B. mit Apps zur Berechnung von Kohlenhydraten. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie hilfreich und vor allem individuell diese Apps wirklich für unsere Patienten sind.Es gibt Ergebnisse von Studien mehrerer Forschergruppen zu Heilungsansätzen für Patienten mit Typ-1-Diabetes. Die Ergebnisse beruhen bisher jedoch in der Regel auf Tiermodellen mit geringen Fallzahlen und kurzer Beobachtungsdauer, sodass hier weiterer Forschungsbedarf besteht und wir auch im Jahr 2017 bis zur Möglichkeit der Heilung des Typ- 1-Diabetes noch einen weiten Weg vor uns haben.Auch deshalb wird aktuell der Früherkennung des Typ-1-Diabetes eine entscheidende Bedeutung zugeschrieben. Oberstes Ziel ist neben der Früherkennung vor allem die Reduktion schwerer Stoffwechselentgleisungen bei Manifestation der Erkrankung. In Sachsen gibt es bereits die Möglichkeit, Neugeborene auf Risiko- Gene untersuchen zu lassen. Inwieweit die erhofften Ziele erreicht werden und wir den hohen Anforderungen im Fall positiver Befunde gerecht werden, müssen die nächsten Jahre zeigen.


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