Veränderung des Schmerzerlebens bei Alzheimer-Patienten

2005 ◽  
Vol 16 (4) ◽  
pp. 201-209 ◽  
Author(s):  
Miriam Kunz ◽  
Stefan Lautenbacher

Zusammenfassung: Klinische Studien, die nahe legen, dass Alzheimer-Patienten im Vergleich zur Altersgruppe deutlich seltener über Schmerzen berichten und deutlich weniger Analgetika verschrieben bekommen, haben die Frage aufgeworfen, inwieweit die Alzheimer-Erkrankung zu Veränderungen im Schmerzerleben führt. Um diese Frage zu beantworten, sind experimentelle Studien unabdingbar, da nur sie erlauben, Veränderungen des Schmerzsystems selbst zu erfassen. Die bisherigen experimentellen Befunde weisen darauf hin, dass die Schmerztoleranzschwelle deutlich erhöht und die vegetative Schmerzreaktion teilweise erheblich vermindert ist. Die Schmerzschwelle und schmerzkorrelierten Hirnpotenziale zeigten sich hingegen weitestgehend unverändert. Dies spräche eher für eine Abschwächung der Schmerzreagibilität bei Alzheimer-Demenz. Als mögliche Erklärungen hierfür diskutieren wir altersbedingte Veränderungen des Schmerzerlebens und neuroanatomische Veränderungen im Rahmen der Alzheimer-Erkrankung. Erste Ergebnisse einer eigenen Studie mit alternativer Methodik (mimische Schmerzreaktion, nozifensiver RIII-Reflex, u. a.) lassen im Gegensatz zu früheren Annahmen auch an die Möglichkeit einer erhöhten Schmerzreagibilität denken. Auch die beeinträchtigte Fähigkeit der Demenzpatienten zur verbalen Schmerzkommunikation und die Notwendigkeit alternativer, nonverbaler Messmethoden sind Thema der vorliegenden Übersichtsarbeit

2020 ◽  
Vol 91 (11) ◽  
pp. 1032-1039
Author(s):  
Katharina Bronner ◽  
Lea Bodner ◽  
Ralf J. Jox ◽  
Georg Marckmann ◽  
Janine Diehl-Schmid ◽  
...  

Zusammenfassung Hintergrund Eine Demenzdiagnose konfrontiert Betroffene mit vielen gesundheitlichen und sozialen Entscheidungen. Aufgrund der Progression der Demenz ist für eine aktive Teilnahme am Entscheidungsprozess eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit diesen Themen ratsam. Eine professionelle Unterstützung kann dabei helfen, frühzeitig gemäß den eigenen Wünschen und Möglichkeiten vorauszuplanen. Material und Methoden In einem mehrstufigen Prozess wurde eine Entscheidungshilfe basierend auf „advance care planning“ und „shared decision making“ entwickelt. Der Prototyp wurde an 8 Patient-Angehörigen-Dyaden aus einer Spezialambulanz für Früherkennung vorgetestet und für deren Bedürfnisse bestmöglich angepasst. In einer Pilotstudie wurde anschließend die Anwendbarkeit der Entscheidungshilfe bei weiteren 19 Patient-Angehörigen-Dyaden (Diagnose einer Alzheimer-Demenz bzw. gemischte Form; MMSE (Mini-Mental-State-Test-Summenwert) >20 und <27) mit ausgebildeten Gesprächsbegleitern als Intervention getestet. Ergebnis Das Ergebnis ist eine schriftliche Entscheidungshilfe für Menschen mit Demenz im Frühstadium und deren Angehörige, welche den Entscheidungsprozess bei wichtigen Themen (Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Wohnen, Autofahren) unterstützt. Erste Ergebnisse weisen auf eine gute Akzeptanz und Handhabung hin. Patienten und Angehörige beschäftigten sich in hohem Maße mit den Themen und sprachen ihnen hohe Relevanz zu. Diskussion Trotz positiver Rückmeldung der Teilnehmer hinsichtlich Akzeptanz und Anwendbarkeit gab es größere Schwierigkeiten bei der Rekrutierung. Perspektivisch könnte der systematisierte Einsatz einer Entscheidungshilfe als Teil der Routineversorgung dazu beitragen, Entscheidungsprozesse dieser Patientengruppe zu unterstützen.


2007 ◽  
Vol 20 (1) ◽  
pp. 39-45
Author(s):  
Arno Reich ◽  
Jörg B. Schulz

Zusammenfassung: Die im Gehirn aller Patienten mit Alzheimer Krankheit nachzuweisende Inflammation wird als eine wesentliche Komponente des Neurodegenerationsprozesses diskutiert. Ergebnisse epidemiologischer Studien weisen bei chronischer Einnahme von Antiphlogistika auf ein vermindertes Risiko, eine Alzheimer Demenz zu entwickeln, hin. Diese Befunde legen nahe, dass Entzündungsprozesse entscheidend zur Entstehung und Progression der Alzheimer Erkrankung beitragen. Dennoch blieben bisher mehrere randomisierte, Plazebo-kontrollierte klinische Studien, die die Effekte von Antiphlogistika auf die Progression der Alzheimer Demenz untersuchten, ohne den gewünschten Erfolg. Eine weitere Therapiestrategie besteht in der Modulation des Immunsystems durch Vakzinierung. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die Inflammation bei Alzheimer Krankheit, die diesbezüglich bisher durchgeführten Therapiestudien, diskutieren Gründe, warum diese Therapiestudien bisher keinen Erfolg gezeigt haben und geben Aussicht auf zukünftige antientzündliche Therapiestrategien.


Praxis ◽  
2006 ◽  
Vol 95 (47) ◽  
pp. 1837-1839
Author(s):  
Savaskan

Das Epiphysenhormon Melatonin hat neben seiner regulierenden Rolle auf zirkadiane Rhythmen im Organismus und seiner schlafanstossenden Wirkung weitere physiologische Wirkungen wie z.B. vasoaktive und neuromodulatorische Eigenschaften. Die antioxidative Potenz des Melatonins ist die Basis seiner neuroprotektiven Funktion gegen oxidativen Stress, welcher wesentlich zur Pathologie neurodegenerativer Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz beiträgt. Auch wenn die Datenlage aus der Grundlagenforschung vielversprechend ist, fehlen bisher grössere klinische Studien, die die Wirksamkeit belegen. Im folgenden Text wird die Rolle dieser natürlichen Substanz im Alter und im Verlauf der Alzheimer- Demenz diskutiert.


2006 ◽  
Vol 25 (11) ◽  
pp. 911-918 ◽  
Author(s):  
M. Siebler ◽  
C. Dohmen ◽  
J. P. Dreier ◽  
R. Graf ◽  
J. Röther ◽  
...  

ZusammenfassungIm Subnetz „Klinische Studien“ des Kompetenznetzes Schlaganfall werden multizentrische klinische Studien zum akuten Schlaganfall koordiniert und durchgeführt. Studien über die Sicherheit und Effektivität der akuten Schlaganfallbehandlung mit dem Glykoprotein IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten Tirofiban zeigen erfolgversprechende Ansätze zur verbesserten Akuttherapie und bilden die Basis für Zulassungsstudien. In einer großen multizentrischen Studie konnte gezeigt werden, dass die intravenöse Thrombolyse mit tPA im erweiterten Zeitfenster bis sechs Stunden nach Symptombeginn bei mittels MRT-Kriterien ausgewählten Patienten sicher und effektiv ist. In einer aktuellen Studie wird untersucht, ob die multimodale MRT-Bildgebung bereits in der Akutphase die zuverlässige Identifikation von Risikopatienten für die Entwicklung eines malignen Mediainfarktes ermöglicht. Erste Ergebnisse der noch laufenden COSBID-Studie haben gezeigt, dass Periinfarkt-Depolarisationen bei malignem Mediainfarkt, Subarachnoidalblutung und intrakranieller Blutung auftreten. Im weiteren Verlauf der Studie wird die klinische Relevanz dieser transienten Depolarisationen als wesentliches Merkmal der Sekundärschädigung bei den genannten Krankheitsbildern überprüft. Insgesamt hat die Kooperation mehrerer Schlaganfallzentren in einem multizentrischen Ansatz im Subnetz „Klinische Studien“ die Durchführung von Studien ermöglicht, welche in einzelnen Zentren in dieser Form nicht zu realisieren gewesen wären.


2019 ◽  
Vol 144 (03) ◽  
pp. 161-164
Author(s):  
Elisabeth Schorb ◽  
Gerald Illerhaus ◽  
Jürgen Finke

Was ist neu? Induktionstherapie Die weltweit größte Studie mit einem randomisierten Vergleich verschiedener Induktionstherapien zeigte, dass die Hinzunahme von Thiotepa und Rituximab zu einer hochdosierten Methotrexat- (MTX) und Cytarabin- (AraC) Therapie (sogenanntes MATRix-Protokoll) sowohl Ansprechen als auch Gesamtüberleben von Patienten mit Erstdiagnose eines primären ZNS-Lymphoms (PZNSL) verbessert. Die MATRix-Kombination gilt seither in Deutschland und international als neuer Behandlungsstandard. Aktuelle retrospektive Daten belegen die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit nicht nur im Rahmen klinischer Studien, sondern auch im klinischen Alltag. Konsolidierungstherapie In den vergangenen Jahren spielt die Hochdosistherapie mit nachfolgender autologer Stammzelltransplantation (HDT-ASZT) als Teil der Erstlinientherapie von Patienten mit PZNSL eine immer wichtigere Rolle. Im Rahmen zweier kürzlich vorgestellter randomisierter Studien wurde bestätigt, dass die HDT-ASZT mit einem 2-Jahres-Gesamtüberleben > 80 % einen effektiven Therapieansatz darstellt. Ältere Patienten Aktuelle Daten aus Deutschland belegen die Effektivität einer Therapie mit hochdosiertem MTX in Kombination mit Rituximab und Procarbazin, gefolgt von Erhaltungstherapie mit Procarbazin (PRIMAIN-Protokoll). Retrospektive Daten sowie erste Ergebnisse einer prospektiven Studie zeigen außerdem, dass fitte Patienten > 65 Jahre von einer intensiveren Therapie inklusive HDT-ASZT profitieren können. Therapie bei Rezidiv/refraktärem Verlauf Daten einer kürzlich publizierten Studie zeigen bei Patienten bis 66 Jahre Ansprechraten von bis zu 50 % nach Konsolidierungstherapie mittels Thiotepa-basierter HDT-ASZT. Randomisierte Studien zur Rezidivtherapie beim PZNSL liegen derzeit nicht vor. Zielgerichtete Substanzen In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Substanzen wie z. B. Lenalidomid und Pomalidomid sowie Ibrutinib mit vielversprechenden Ergebnissen in klinischen Studien untersucht. Aktuell ist in Deutschland noch keine Substanz für die zielgerichtete Therapie von Patienten mit PZNSL zugelassen. Ausblick Intensive Induktionsstrategien sowie die konsolidierende HDT-ASZT stellen zunehmend den Therapiestandard dar. Aktuell laufen weitere große klinische Studien zum Stellenwert der HDT-ASZT sowohl bei jüngeren Patienten im Vergleich zu einer konventionellen Chemotherapie als auch bei älteren Patienten als kurativer Therapieansatz. Zusätzlich werden in Kürze neue Daten zum Einsatz zielgerichteter Substanzen erwartet.


2015 ◽  
Vol 34 (12) ◽  
pp. 1016-1025 ◽  
Author(s):  
W. Strube ◽  
T. Bunse ◽  
I. Bauer ◽  
G. Dunkel ◽  
A. Hasan ◽  
...  

ZusammenfassungZiel: Die transkranielle Gleichstromstimulation ist ein nicht invasives Verfahren zur Neuromodulation, das seit etwa zehn Jahren intensiv in der Behandlung von neuropsychia trischen Erkrankungen erforscht wird. Es wird ein Überblick über Einsatz und Entwicklung des Verfahrens bei psychiatrischen Erkrankungen gegeben. Material und Methoden: Eine Literaturrecherche wurde über die Literaturdatenbank des US-amerikanischen National Institute of Mental Health (Pubmed) durchgeführt mit den Stichworten “tDCS” bzw. “transcranial direct current stimulation” und dem jeweiligen gesuchten Krankheitsbild. Ergebnisse: Vor allem in der Behandlung der Depression liegen doppelblinde randomisierte klinische Studien vor, die eine Wirksamkeit der tDCS belegen konnten, wobei diese mit steigender Therapieresistenz abnimmt. In der Behandlung der Schizophrenie liegen wenige Studien zur Verbesserung von klinischer Symptomatik oder Kognition vor. Relativ gut erforscht ist der Einsatz der tDCS bei der Behandlung der Tabakabhängigkeit bezüglich Reduktion des Rauchverlangens, ebenso bei der Alkoholabhängigkeit. Die Modulation des Essverlangens konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden. Für die Behandlung der Alzheimer Demenz liegen gemischte Resultate aus Studien vor. Die Behandlung sonstiger psychiatrischer Erkrankungen, ebenso wie die Behandlung psychiatrischer Komorbidität bei neurologischen Erkrankungen, ist meist nur auf Ebene von Fallberichten beschrieben. Schlussfolgerung: Nur für wenige Krankheitsbilder besteht eine ausreichend gute Datenlage, um die tDCS als Zusatztherapie empfehlen zu können. Für eine Zulassung der tDCS als etablierte Therapie sind noch umfassende systematische Untersuchungen bei den meisten psychiatrischen Erkrankungen nötig. Insgesamt gilt die Anwendung als sicher und nebenwirkungsarm, selbst bei intensivierter Anwendung. Dennoch bedarf es weiterer Standardisierung des Verfahrens bezüglich Elektrodenpositionierung, Stromstärke, Dauer und Frequenz der Anwendung sowie Gesamtzahl der Anwendungen.


2018 ◽  
Vol 39 (05) ◽  
pp. 216-220
Author(s):  
Julia Vlachojannis ◽  
Sigrun Chrubasik-Hausmann

ZusammenfassungEs gibt viele klinische Studien, deren Daten in zusammenführenden Studien gepoolt wurden. Sie belegen, dass Knoblauch ein natürlicher Blutdruck- und Cholesterinsenker ist. Ein normaler Blutdruck wurde durch Knoblauch nicht beeinflusst. Unklar ist, warum manche Hypertoniker und manche Patienten mit hohen Blutfetten nicht auf Knoblauch ansprechen. Viele Studien weisen auf eine Senkung der kardiovaskulären Risikofaktoren und auf eine Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Komplikationen (Schlaganfall, Herzinfarkt) hin sowie auf die Reduktion arteriosklerotischer Gefäßveränderungen. Bei Erkältungskrankheiten ist die Wirksamkeit von Knoblauch vielversprechend, bei Krebsleiden, Rheuma, Diabetes und bei der Alzheimer-Demenz dagegen noch nicht endgültig geklärt.Knoblauch und Zubereitungen daraus können mit unerwünschten Ereignissen (UEs) einhergehen wie Ausdünstung, Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Bei der Einnahme geruchloser Knoblauchpräparate sind UEs nicht zu befürchten. Auf Wechselwirkungen von weißem Knoblauch mit Medikamenten muss geachtet werden (wohl kaum bei Einnahme geruchloser Knoblauchpräparate). Vorsichtshalber sollten aber auch die Knoblauchextrakte mit wasserlöslichen Inhaltsstoffen nicht zusammen mit synthetischen Gerinnungshemmern eingenommen bzw. vor Operationen abgesetzt werden. Obwohl Knoblauch in den empfohlenen Dosen nicht toxisch wirkt, sollten Schwangere Knoblauch nur in Maßen zu sich nehmen, bis das komplette Sicherheitsprofil erstellt ist.


2000 ◽  
Vol 13 (1) ◽  
pp. 30-37 ◽  
Author(s):  
Friedel M. Reischies ◽  
Klaus-Peter Kühl ◽  
Michael Krebs

Zusammenfassung: Die klinische Erfassung von Gedächtnisstörungen erfolgt in der Regel über die Vorgabe von drei Merkwörtern. Derzeit existieren keine besseren Verfahren, die auch klinisch im Sinne eines «bedside testing» einzusetzen sind. Mit der Zehn-Wort-Merkliste wird ein für die klinische Praxis konzipiertes Verfahren vorgestellt, das die Mängel tradierter klinischer Untersuchungsansätze zur Erfassung von episodischen Gedächtnisleistungen überwinden hilft. Die Aufgabe, sich die Wörter zu merken, wird verbunden mit der Aufforderung, sich den vom Wort abgebildeten Begriff vorzustellen und mit einem tatsächlich vorhandenen Gegenstand (z. B. einem Tisch) hinsichtlich seiner Größe zu vergleichen. Durch dieses Vorgehen wird erreicht, daß für die Merkwörter bildliche Vorstellungen generiert und zugleich mögliche Reverberationen unterbunden werden. Eine im Rahmen einer Gedächtnisambulanz durchgeführte Studie unterstreicht die - im Vergleich mit anderen Untersuchungsverfahren - hohe diskriminative Bedeutung der Zehn-Wort-Merkliste bei der Trennung dreier Diagnosegruppen (Demenz, leichte kognitive Störung, funktionell gestörte, vorwiegend depressive Patienten) und Personen ohne psychiatrische Diagnose (Wilks'λ = 0.34). Die konkurrente Validität (rtc = 0.75) des Verfahrens is hoch. Es werden erste Ergebnisse aus Untersuchungen an gesunden Personen mit Hinweisen auf die Stabilität (rtt = 0.84, rtt = 0.86) der Zehn-Wort-Merkliste berichtet.


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