Langfristige psychische Folgen von Kinderlosigkeit: Eine Übersicht

2000 ◽  
Vol 29 (1) ◽  
pp. 3-15 ◽  
Author(s):  
Jürgen Bengel ◽  
Christine Carl ◽  
Ursula Mild ◽  
Bernhard Strauß

Zusammenfassung. Die Situation ungewollt kinderloser Frauen und Männer gerät in den letzten Jahren zunehmend ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Zu den kurzfristigen Folgen von Kinderlosigkeit liegen Ergebnisse zu infertilen Paaren mit reproduktionsmedizinischer Behandlung vor. Diese belegen Belastungen in den Bereichen Lebenszufriedenheit, Gesundheit und Partnerschaftszufriedenheit. Als Risikofaktoren des kurzfristigen Bewältigungsprozesses werden die Mehrdeutigkeit der Diagnosen, Partnerschaftsprobleme, Konfession, soziale Isolation, externale Attribuierungsprozesse und medizinische Behandlungsmaßnahmen diskutiert. Erst wenige Studien beschäftigen sich mit den langfristigen Folgen von Kinderlosigkeit und kommen zu dem Ergebnis, daß sich infertile Paare im Hinblick auf ihren allgemeinen Gesundheitszustand nicht von Eltern unterscheiden. Empirische Studien weisen jedoch auch darauf hin, daß sich die ungewollte Kinderlosigkeit langfristig negativ auf die Beziehung kinderloser Paare auswirkt. Nach den Studienergebnissen haben kinderlose Frauen und Männer weniger umfassende soziale Netze, sie erleben aber keine größere Einsamkeit oder Beeinträchtigungen in der Lebenszufriedenheit aufgrund der geringeren sozialen Unterstützung. Studien zu kurz- und langfristigen Bewältigungsstrategien belegen, daß Kontrollüberzeugungen eine wichtige Rolle spielen. Auch die Fähigkeit zur Umstrukturierung der eigenen Lebenspläne und soziale Unterstützung (auch Beziehungen zu Kindern) erweisen sich als bedeutsam für den langfristigen Umgang mit der Kinderlosigkeit.

2020 ◽  
Vol 73 (1) ◽  
pp. 11-18
Author(s):  
Christian Korunka

In diesem Beitrag wird ein Überblick über empirische Studien zur Arbeitsintensivierung gegeben. Wahrnehmungen von Arbeitsintensivierung sind eine direkte Folge von sozialer Beschleunigung, die u. a. aus den Entwicklungen im Spätkapitalismus und den zunehmenden Möglichkeiten von Informations- und Kommunikationstechnologien resultiert. Aus internationalen Panel- und Längsschnittdatensätzen kann abgeleitet werden, dass sich die Arbeit zumindest seit den 1990er Jahren intensiviert hat ; seit etwa 2010 sind diese Zuwächse etwas geringer geworden. Von Intensivierungswahrnehmung ist ein beträchtlicher Teil der Arbeitnehmer*innen betroffen. Arbeitsintensivierung kann dabei zusätzlich zu Zeitdruck als ein gesundheitsrelevanter Stressor wirksam werden. Sogar die Arbeitssicherheit kann beeinträchtigt sein. Besonders hohe Wahrnehmungen von Intensivierung haben jüngere Beschäftigte und Führungskräfte. Als Schutzfaktoren sind die bekannten Ressourcen in der Arbeitswelt zu werten (Autonomie, soziale Unterstützung), wobei der Verhältnisprävention über die Definition von Rahmenbedingungen eine besondere Bedeutung zukommt.


1999 ◽  
Vol 7 (2) ◽  
pp. 53-66 ◽  
Author(s):  
Oskar Mittag

Zusammenfassung. Das Persönlichkeitsmerkmal “Feindseligkeit” ist in den letzten Jahren insbesondere in US-Forschungsarbeiten zu den Risikofaktoren der koronaren Herzerkrankung stark beachtet worden. Dabei wurde zumeist die Cook-Medley Hostility Scale (Ho-Skala) zur Messung von Feindseligkeit verwandt, die im wesentlichen Zynismus erfaßt. Vorliegende empirische Studien legen nahe, daß Feindseligkeit mit einer erhöhten koronaren Morbidität bzw. Mortalität sowie der Schwere der Erkrankung verbunden ist. Hinsichtlich der zugrundeliegenden Mechanismen liegen Befunde zur kardiovaskulären Reaktivität sowie zum Zusammenhang zwischen Hostilität und dem gesundheitsbezogenen Lebensstil bzw. dem Risikofaktorenprofil (z.B. fehlende soziale Unterstützung) vor. Die Konsequenzen für weitere Forschung werden diskutiert.


Author(s):  
B. Graf Schimmelmann ◽  
M. Schulte-Markwort ◽  
R. Richter
Keyword(s):  

Zusammenfassung: Fragestellung: Die Geschichte der Tagesklinik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist sehr kurz. Entsprechend beschäftigen sich Tageskliniken weiterhin mit Konzepten, Outcome-Studien sowie Indikationen und Kontraindikationen tagesklinischer Behandlungen. Methoden: Die englisch- und deutschsprachige Literatur zwischen 1960 und 2000 wurde auf empirische Studien zur tagesklinischen Behandlung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie hin ausgewertet. Outcome-Studien werden referiert und diskutiert. Ergebnisse: Die Ergebnisse empirischer Studien sind heterogen und lassen bislang kaum Rückschlüsse auf Indikationen und Kontraindikationen tagesklinischer Behandlungen zu. Insgesamt sind für sehr unterschiedliche Störungsbilder positive Behandlungsergebnisse dokumentiert worden. Die elterliche Mitarbeit im therapeutischen Prozess wird weitgehend übereinstimmend als prädiktiv für ein positives Behandlungsergebnis angesehen. Schlussfolgerungen: Über randomisierte kontrollierte Outcome-Studien hinaus ist in künftigen Studien zu evaluieren, für welche Patienten in einer gegebenen regionalen Versorgungslandschaft mit welchen Therapiezielen und -ergebnissen sowie mit welchen Kosten von Tageskliniken ein Beitrag zur Versorgung geleistet werden kann.


2002 ◽  
Vol 15 (4) ◽  
pp. 205-209
Author(s):  
Hans-Werner Wahl

Zusammenfassung: Psychologische Variablen werden allgemein als bedeutsam für den Verlauf und Ausgang geriatrischer Rehabilitation angesehen, jedoch liegen nur wenige empirische Studien zu dieser Thematik vor. In der vorliegenden Arbeit wurden N = 90 ältere Menschen (M = 78.8; 84 % Frauen) vor und nach Ende einer geriatrischen Rehabilitation mit einem Instrumentarium untersucht, das sowohl im engeren Sinne “geriatrische” Verfahren (wie Barthel-Index) wie auch psychologische Maße beinhaltete. Ein besonderes Auswertungsanliegen war die Untersuchung der Frage, ob sich das korrelative Gefüge der Variablen vor und nach der Rehabilitation bedeutsam unterscheidet. Hier zeigte sich, dass dieses vor allem im Kontext der Variable Autonomie, jedoch nicht hinsichtlich des subjektiven Wohlbefindens der Fall war. So ko-variierten nach Abschluss der Rehabilitationn psychologische Maße wie z. B. Ängstlichkeit und verhaltensbezogene Bewältigung stärker mit der Variable Autonomie als vor Beginn der Rehabilitation. Eine Erklärung hierfür könnte darin liegen, dass psychische Variablen (wieder) eine größere Rolle für die Aufrechterhaltung von Autonomie spielen, wenn gegen Ende der Rehabilitation die physischen Potenziale reaktiviert sind.


2014 ◽  
Vol 71 (10) ◽  
pp. 599-607 ◽  
Author(s):  
Martin Neuenschwander

Digitale Medien sind mittlerweile unentbehrlich in Schule, Beruf, Familie und Freizeit und durchdringen unseren Alltag immer stärker. Dazu vermögen sie die Menschen aller Altersstufen zu faszinieren dank vielfältiger und immer neuer Nutzungsmöglichkeiten für Kommunikation, Unterhaltung und Spiel. Von großer Relevanz sind diesbezüglich insbesondere soziale Netzwerke und Onlinespiele, an denen sich täglich Millionen beteiligen. Der Großteil der Bevölkerung nutzt diese interaktiven Medien funktional, selbstbestimmt und genussvoll. Andererseits belegen empirische Studien, dass eine Minderheit von 1 % bis 6 % ein dysfunktionales, suchtartiges Verhalten zeigt, typischerweise bei der Onlinekommunikation, beim Computerspiel oder beim Konsum von erotisch-pornografischem Bildmaterial. Das Störungsbild „Onlinesucht“ ist zwar eine Realität, figuriert bisher aber nicht als offizielle Diagnose in den Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-5. Die Fachdiskussion über die nosologische Einordnung des Störungsbildes ist noch im Gang. Für die klinische Praxis existieren allerdings bereits jetzt valide diagnostische Hilfestellungen. Da das zur Verfügung stehende professionelle Beratungs- und Therapieangebot nur spärlich in Anspruch genommen wird, kommt der medizinischen Grundversorgung für die Früherkennung und Triage hinsichtlich adäquater Interventionen eine wichtige Bedeutung zu. Im deutschsprachigen Raum stehen verschiedene webbasierte Plattformen für Prävention, Beratung und Therapie zur Verfügung.


2012 ◽  
Vol 69 (5) ◽  
pp. 315-323 ◽  
Author(s):  
Hänsel ◽  
von Känel

Die moderne psychosomatische Forschung untersucht den Einfluss psychosozialer Faktoren auf die Blutdruckkontrolle und Ausbildung einer manifesten arteriellen Hypertonie. Diese Übersichtsarbeit fokussiert zuerst auf das aktuelle Stresskonzept, verschiedene Anteile, die die Intensität der Stressreaktion mitbestimmen, und physiologische Veränderungen durch mentalen Stress. Anhand verschiedener psychosozialer Faktoren (z. B. Zivilstand, soziale Unterstützung, sozio-ökonomischer Status, Bedingungen am Arbeitsplatz), werden Auswirkungen auf den arteriellen Blutdruck analysiert. Weiter wird auf den Einfluss von Persönlichkeitsfaktoren und der Kognition auf den Blutdruck eingegangen. Im zweiten Teil werden verhaltensmedizinische Interventionen und die Auswirkungen von Entspannungstechniken zur Therapie der arteriellen Hypertonie erläutert. Zusammenfassend zeigt sich eine gute Evidenz für eine Erhöhung des arteriellen Blutdrucks und die Ausbildung einer arteriellen Hypertonie durch psychosoziale Stressoren. Ebenso gibt es Hinweise, dass verhaltenstherapeutisch orientierte und mit Entspannungstechniken kombinierte Interventionen einen Beitrag zu einer statistisch und klinisch relevanten Blutdrucksenkung leisten können.


2020 ◽  
Vol 34 (3-4) ◽  
pp. 133-148
Author(s):  
Johanna Fleckenstein ◽  
Jens Möller ◽  
Jürgen Baumert

Zusammenfassung. Die Vorverlegung des Fremdsprachenunterrichts von der Sekundar- in die Primarstufe ist im europäischen Bildungsraum innerhalb der letzten beiden Jahrzehnte annähernd flächendeckend umgesetzt worden. Grundlage dieser Politik des frühen Fremdsprachenlernens ist die Annahme, dass Kinder besser Sprachen lernten, je jünger sie seien. Der Frühbeginn soll damit neben dem erhöhten Sprachkontakt durch zusätzlichen Unterricht ( amount of exposure) auch den Vorteil größerer Lernerfolge durch geringes Alter bei Beginn ( age of onset) bieten. Der vorliegende Beitrag fasst den aktuellen Forschungsstand zusammen und beschreibt einschlägige empirische Studien, die sich mit den Effekten des Frühbeginns auseinandersetzen. Die Befundlage erweist sich dabei als ernüchternd: Der Frühbeginn führt weder zu mittel- noch zu langfristigen Vorteilen. Auch wenn die Leistungen am Ende der Grundschulzeit zufriedenstellend sind, können die höheren Lernraten bei Spätbeginn die zusätzliche Lernzeit bei Frühbeginn in den meisten Fällen vollständig kompensieren. Mögliche Erklärungsansätze hinsichtlich der Qualität des Fremdsprachenunterrichts, der Ausbildung von Grundschullehrkräften sowie des Übergangs in die Sekundarstufe werden diskutiert.


2019 ◽  
Vol 67 (3) ◽  
pp. 181-191 ◽  
Author(s):  
Philipp Pascal Victor ◽  
Jan Schürmann ◽  
Michaela Martha Muermans ◽  
Tobias Teismann ◽  
Ulrike Willutzki

Zusammenfassung. Der Wittener Ressourcenfragebogen (WIRF) ist ein mehrdimensionales Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung individuell positiv bewerteter und funktionaler Aspekte, den Ressourcen einer Person. Ressourcen werden in den drei Kontexten Alltagsleben, Krisenbewältigung und aktuelle Probleme mittels jeweils drei Subskalen (Handlungsregulation, Entspannung und soziale Unterstützung) erfasst. Auf Grundlage zweier klinischer Stichproben (ambulante Psychotherapiepatientinnen und -patienten zu Therapiebeginn; KS-1: n = 144, KS-2: n = 274) wurden die psychometrischen Eigenschaften des WIRF bestimmt. Die Überprüfung der latenten Faktorstruktur erfolgte mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse. Weiterhin wurden Korrelationen mit positiven (Wohlbefinden, soziale Unterstützung, Kohärenzgefühl, Ressourcen insgesamt) und problembezogenen Kriteriumsvariablen (Psychopathologie, Stress, psychische Inkongruenz) ermittelt. Zusätzlich wurden Vergleiche mit einer nicht-klinischen Stichprobe (NKS: n = 386) berechnet. Die interne Konsistenz der Skalen lag im klinischen Bereich bei α = .72 – .85. Die konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigte die dreifaktorielle Struktur des WIRF in allen Kontexten befriedigend bis gut. Korrelationen mit den Kriteriumsvariablen lieferten Hinweise für eine zufriedenstellende Konstruktvalidität. Im Vergleich zur NKS gaben Patientinnen und Patienten signifikant weniger Ressourcen in allen Skalen an (d = 0.33 – 1.09). Schlussfolgerungen: Der WIRF stellt ein reliables und valides Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung subjektiver Ressourcen in klinischen Stichproben dar. Zukünftige Studien zur Veränderungssensitivität und Prädiktionsrelevanz des Instruments sind notwendig.


PADUA ◽  
2016 ◽  
Vol 11 (1) ◽  
pp. 65-71 ◽  
Author(s):  
Jörg Haslbeck

Zusammenfassung. In der Gesundheitsversorgung von Menschen, die mit chronischen Krankheiten leben, wird soziale Unterstützung durch «peers» immer bedeutsamer, d. h. durch Personen, die aufgrund ähnlicher Krankheits- und Alltagserfahrungen in einer vergleichbaren Lebenssituation sind. Welche Potenziale, Chancen sowie Grenzen hat «peer-to-peer healthcare» im Kontext von Selbstmanagementförderung? Der Beitrag diskutiert dies anhand von Erfahrungen mit dem Stanford Kursprogramm «Gesund und aktiv leben».


Author(s):  
Bernhard Strauß

Angesichts der wachsenden Popularität der sog. Sex-Sucht in den Medien und der Zunahme an wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Phänomen wird in diesem Beitrag versucht, Informationen über Formen des klinischen Bildes, Auffassungen über dessen diagnostische Klassifikation, Daten zur Epidemiologie und ätiologische Konzepte zusammenzutragen. Schließlich werden Ansätze der Prävention und Behandlung der »Sex-Sucht« skizziert. Die Übersicht zeigt, dass das mit dem Terminus verbundene klinische Bild im Hinblick auf seine Phänomenologie und Ätiologie noch relativ ungeklärt ist und empirische Studien zur Diagnostik und Therapie noch selten sind.


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