Metabolische Chirurgie, mehr als nur Typ-2-Diabetes

2020 ◽  
Vol 14 (04) ◽  
pp. 214-220
Author(s):  
Annika Rühle ◽  
Andrea Boskovic ◽  
Adrian T. Billeter ◽  
Anne-Catherine Schwarz ◽  
Beat P. Müller-Stich

ZusammenfassungDie Prävalenzen von Adipositas und metabolischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 (DM2), Nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD), arterieller Hypertonie (aHT) oder Obstruktiver Schlafapnoe (OSAS) steigen. Die Adipositas-Chirurgie ist nicht nur hinsichtlich des Gewichtsverlustes der konservativen Therapie überlegen, sondern zeigt ebenfalls positive Effekte auf metabolische Erkrankungen. Die meisten Daten finden sich für den DM2, hier kommt es unabhängig vom Gewichtsverlust zu einer besseren glykämischen Kontrolle, Verbesserung mikro- und makrovaskulärer Komplikationen wie der diabetischen Nephropathie oder Polyneuropathie und Reduktion der Mortalität. Bei Patienten mit NAFLD zeigen sich sowohl laborchemisch als auch histologisch Befundverbesserungen bis hin zur Regredienz fibrotischer Veränderungen. Die antihypertensive Medikation kann nach metabolischem Eingriff nachhaltig reduziert oder gar sistiert werden, gleiches gilt für die medikamentöse Therapie der Dyslipidämie. Patienten mit diabetischer Nephropathie oder auch Adipositas-assoziierter Albuminurie profitieren von einer Erholung der Nierenfunktion und Reduktion der Dialysepflichtigkeit. Auch das OSAS, eine häufige Erkrankung adipöser Patienten mit Erhöhung des kardiovaskulären Risikos, zeigt postoperativ eine Befundverbesserung. Diese beginnt sogar schon bevor es zu einem relevanten Gewichtsverlust kommt, welcher zusätzlich die Atemmechanik erleichtert.Interessanterweise zeigen sich die beschriebenen Effekte nicht nur bei adipösen, sondern auch bei normalgewichtigen Patienten. Der DM2 stellt daher bereits in bestimmten Fällen beim normalgewichtigen Patienten eine Indikation zur metabolischen Chirurgie dar. Eine Anpassung der Leitlinien hinsichtlich anderer metabolischer Erkrankungen steht trotz zunehmender hochklassiger Evidenz diesbezüglich noch aus.

2014 ◽  
Vol 23 (02) ◽  
pp. 97-99
Author(s):  
J. M. Patsch

ZusammenfassungDie diabetische Osteopathie ist eine komplexe metabolische Knochenerkrankung mit oft normaler Knochenmineraldichte, jedoch einer paradoxen Frakturanfälligkeit. Neben niedrigem Knochenumsatz, pathologischen Knochenmatrixveränderungen, Myopathie, Neuropathie und anderen diabetischen Sekundärkomplikationen dürfte der kortikalen Porosität bei Typ-2-Diabetes mellitus eine besondere pathophysiologische Bedeutung zukommen. Während postmenopausale Typ-2-Diabetikerinnen ohne stattgehabte Frakturen einen dicken und besonders aporösen Kortex aufwiesen, war bei Frauen mit prävalenten Insuffizienzfrakturen ein hochporöser kortikaler Phäntotyp allfällig. Die biomechanische Bedeutung, zeitliche Entwicklung, morphologische Dynamik und mögliche therapeutische Modulierbarkeit dieser Ergebnisse wird in Zukunft noch im Detail zu erforschen sein.


2010 ◽  
Vol 04 (02) ◽  
pp. 79-83
Author(s):  
F. X. Felberbauer ◽  
A. Bohdjalian ◽  
F. Langer ◽  
S. Shakeri-Leidenmühler ◽  
B. Ludvik ◽  
...  

Zusammenfassung Diabetes mellitus Typ 2 stellt bereits heute in ökonomischer, medizinischer und sozialer Hinsicht ein globales Problem dar, dessen Bedeutung in den nächsten zwei Jahrzehnten noch massiv zunehmen wird. Bariatrische Chirurgie ist zweifelsohne die wirkungsvollste Behandlung von morbider Adipositas, führt zu substantiellem, anhaltendem Gewichtsverlust, Verbesserung von Begleiterkrankungen und Reduktion von Mortalität. Metabolische Chirurgie führt bei 56 bis 95 % der morbid adipösen Typ-2-Diabetiker zur Diabetesremission. Jüngste Ergebnisse zeigen für Patienten mit einem Body-Mass-Index zwischen 30 und 40 kg/m2 ebenfalls exzellente Ergebnisse. Die Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage ist auch auf eine kalorische Restriktion und Änderung der gastrointestinalen Hormonsekretion zurückzuführen. Die Etablierung von Diabeteschirurgie verlangt ein besseres pathophysiologisches Verständnis der Erkrankung und der Operationsmethoden – diese Arbeit beschreibt den Einfluss etablierter Operationsmethoden auf die diabetische Stoffwechsellage und die Hormonsekretion des Gastrointestinaltrakts. NASH (nichtalkoholische Steatohepatitis) betrifft rund ein Drittel der morbid adipösen Patienten. Es werden Prävalenz, Diagnosestellung und Beeinflussung der Erkrankung durch metabolische Chirurgie diskutiert. Der Goldstandard zur Diagnosestellung ist nach wie vor die Leberbiopsie. In mehreren Publikationen konnte die positive Beeinflussung der NASH durch metabolische Chirurgie gezeigt werden – für morbid adipöse Patienten stellt metabolische Chirurgie die effektivste Therapie der NASH dar.


Schlaf ◽  
2013 ◽  
Vol 2 (04) ◽  
pp. 213-217
Author(s):  
Joachim Ficker

Sowohl die obstruktive Schlafapnoe (OSA), als auch der Typ-2-Diabetes (DM2) sind häufige Erkrankungen, die auch oft gemeinsam auftreten. Beide Erkrankungen sind eng mit der Adipositas als gemeinsamem Risikofaktor verbunden. Epidemiologische Studien zeigen jedoch, dass sowohl Diabetiker unabhängig von ihrer Adipositas ein erhöhtes Risiko haben, an einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom zu leiden. Umgekehrt haben auch OSA-Patienten unabhängig von ihrer Adipositas ein erhöhtes Risiko, an einem DM2 zu erkranken. Epidemiologische Beobachtungen haben in den vergangenen Jahren intensive Studien veranlasst, die uns heute erlauben, zumindest manche der pathophysiologischen Mechanismen zu verstehen, welche die Krankheitsbilder der obstruktiven Schlafapnoe und des Diabetes mellitus Typ 2 miteinander verbinden.


2018 ◽  
Vol 16 (03) ◽  
pp. 112-117
Author(s):  
Stephan Scharla

ZUSAMMENFASSUNGDiabetes mellitus und Osteoporose sind häufige Erkrankungen. Deshalb gibt es viele Patienten, die an beiden Krankheiten gleichzeitig leiden. Darüber hinaus sind jedoch sowohl der Typ-1- als auch der Typ-2-Diabetes jeweils prädisponierende Erkrankungen, die das Risiko für Osteoporose und Frakturen erhöhen. Dabei ist das Risiko bei einem Diabetes mellitus Typ 1 stärker ausgeprägt, während bei Diabetes mellitus Typ 2 vor allem Patienten mit längerer Krankheitsdauer, schlechter Stoffwechsellage, Insulinpflichtigkeit und vaskulären Folgeschäden frakturgefährdet sind. Die Knochendichte ist bei Menschen mit Typ-1-Diabetes erniedrigt, während insbesondere adipöse Typ-2-Diabetespatienten auch höhere Knochendichtewerte aufweisen können. Das Frakturrisiko wird jedoch nicht nur durch Veränderungen der Knochendichte und der Knochenarchitektur erhöht, sondern auch durch veränderte Knochenmaterialeigenschaften (veränderte Kollagen-Quervernetzung). Pathogenetische Faktoren sind Hyperglykämie, hormonelle Veränderungen und der Einfluss von oralen Antidiabetika. Während Inkretine und DPP-4-Hemmer das Frakturrisiko zu senken scheinen, sind Glitazone mit höherem Risiko assoziiert. Auch SGLT-2-Hemmer könnten bei eingeschränkter Nierenfunktion mit einem höheren Frakturrisiko behaftet sein. Die Therapie der Osteoporose bei Menschen mit Diabetes mellitus unterscheidet sich nicht vom Vorgehen bei primärer Osteoporose. Die Effizienz von antiresorptiven Medikamenten wird durch den Diabetes mellitus nicht beeinflusst.


2018 ◽  
Vol 10 (02) ◽  
pp. 30-35 ◽  
Author(s):  
Roland Zerm ◽  
Matthias Kröz

ZusammenfassungHafer spielte viele Jahrzehnte lang eine wichtige Rolle in der diätetischen Therapie von Diabetes mellitus. Mit der Entdeckung des Insulins durch Frederick G. Banting und Charles H. Best 1921 und im weiteren Verlauf durch die Verbreitung oraler Antidiabetika geriet Hafer als Therapeutikum zunehmend in Vergessenheit. Doch in den vergangenen 15 Jahren erlebt er eine regelrechte Renaissance, insbesondere in der Behandlung der Insulinresistenz bei Diabetes mellitus Typ 2. Standen zunächst die guten klinischen Erfahrungen im Vordergrund, konnten in den letzten Jahren immer mehr wissenschaftliche Daten zur Wirksamkeit sowie Erkenntnisse zu möglichen Wirkmechanismen auf molekularbiologischer Ebene gewonnen werden.


2021 ◽  
Vol 19 (07) ◽  
pp. 312-316
Author(s):  
Delnaz Fard ◽  
Lars Brodowski ◽  
Constantin S. von Kaisenberg

ZUSAMMENFASSUNGZiel: Review der Literatur zu Schwangeren mit Gestationsdiabetes, die ein erhöhtes peripartales Risiko aufweisen, welches im Rahmen des geburtshilflichen Managements Beachtung finden sollte.Methodik: Systematische Literaturrecherche.Ergebnisse: Als Gestationsdiabetes wird ein erstmals in der Schwangerschaft auftretender bzw. diagnostizierter Diabetes bezeichnet. Die Pathophysiologie und das Risikoprofil entsprechen dem des Diabetes mellitus Typ 2. Eine entscheidende Rolle spielen dabei, neben einer genetischen Disposition, der mütterliche Body-Mass-Index, der Lebensstil sowie frühere Schwangerschaften mit Gestationsdiabetes. Die Diagnosestellung erfolgt durch einen 75 g oralen Glukosetoleranztest, meist bei 24–28 Schwangerschaftswochen. Die Folgen für die Mutter sind vor allem die schwangerschaftsinduzierte Hypertonie und Präeklampsie sowie im Verlauf die erhöhte Inzidenz für kardiovaskuläre Ereignisse. Intrapartal zeigen sich zudem eine erhöhte Sectio-Rate bei fetalem Large for gestational age und ein erhöhtes Risiko für höhergradige Geburtsverletzungen und atone Nachblutungen. Die Therapie schließt sowohl die Lifestyle-Modifikation als auch die medikamentöse Therapie mit Insulin ein.Schlussfolgerungen: Durch die frühzeitige Diagnosestellung durch adäquate Testverfahren und konsequent eingeleitete Therapien kann das peripartale maternale und fetale Risiko reduziert werden.


2009 ◽  
Vol 66 (10) ◽  
pp. 677-684 ◽  
Author(s):  
Silvia Schwab ◽  
Peter Diem

In den vergangenen Jahren sind neue orale Antidiabetika entwickelt worden und haben die Therapiemöglichkeiten beim Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) verändert. Inzwischen stehen mit den Biguaniden, Sulfonylharnstoffe, Gliniden, Glitazonen, α-Glucosidase-Inhibitoren und DDP-4-Hemmern sechs verschiedene Substanzgruppen zu Verfügung. Diese große Auswahl erleichtert jedoch nicht unbedingt die Wahl des für den einzelnen Diabetiker richtigen Medikaments. Im Artikel werden die spezifischen Wirkmechanismen, Nebenwirkungen, Vor- und Nachteile der Substanzgruppen besprochen. Jede medikamentöse Therapie sollte immer von Lifestyleänderungen begleitet werden, die eine vernünftige Ernährung und körperliche Aktivitäten beinhalten. Trotz der Fülle der Medikamente bleibt der T2DM eine chronische, langsam fortschreitende Erkrankung und kann nicht geheilt werden. Präventive Maßnahmen zur Verhinderung des T2DM sind deshalb wichtig.


2002 ◽  
Vol 59 (8) ◽  
pp. 402-409
Author(s):  
Wiesli ◽  
Spinas

Die Insulintherapie stellt neben der Diät und der körperlichen Aktivität die effizienteste Behandlungsoption bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 dar. Die Insulintherapie ist eine sichere Behandlungsform, welche auch bei erheblicher Komorbidität eingesetzt werden kann. Wird das individuelle und rational festgelegte Therapieziel bei einem Patienten mit einem Diabetes mellitus Typ 2 trotz adäquater Maßnahmen bezüglich Diät, körperlicher Aktivität und dem Einsatz oraler Antidiabetika nicht erreicht, ist eine Insulintherapie gerechtfertigt. Der Beginn einer Insulintherapie erfolgt am einfachsten mit der Kombination von Insulin und oralen Antidiabetika. Die Applikation eines Verzögerunsinsulins vor der Bettruhe (bedtime-Insulin) als primäre Strategie der Insulintherapie kann mit jeder oralen antidiabetischen Therapie tagsüber sinnvoll kombiniert werden. Ist mit dieser Kombinationsbehandlung die Stoffwechseleinstellung ungenügend, kann zu den Mahlzeiten ein kurzwirksames Insulinpräparat (Normalinsulin oder kurzwirksames Insulinanalogon) anstelle der oralen Antidiabetika appliziert werden. Das bedtime-Insulin wird je nach Blutzuckerverlauf über die Nacht gestoppt (prandiale Insulintherapie, mealtime Insulin) oder fortgeführt (Basis-Bolus-Therapie). Die Therapie mit Mischinsulin ist nicht die primäre Therapiemodalität bei Patienten mit Typ 2 Diabetes. Welche Strategie der Insulintherapie im Einzelfall bei einem Patienten mit Typ 2 Diabetes eingeleitet wird, muss individuell aufgrund der Bedürfnisse und Fähigkeiten des Patienten festgelegt werden. Die Indikation sollte auf jeden Fall nicht zu spät gestellt werden und die erste Dosis nie zu hoch gewählt werden.


2017 ◽  
Vol 12 (05) ◽  
pp. 372-385
Author(s):  
Matthias Weck

In den letzten Jahren wurden die Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien publiziert, die im 5-Jahres-Verlauf die metabolischen Effekte der bariatrischen Chirurgie mit konventionellen Formen der Gewichtsreduktion vergleichen. Diese Studien zeigen unisono, dass die bariatrische Chirurgie hinsichtlich der Besserung der diabetischen Stoffwechsellage den konventionellen Behandlungsformen signifikant überlegen ist. Die Diabetesremissionsraten variieren abhängig von Ausgangsparametern, Operationsmethode und Follow-up-Dauer zwischen 95 und 23 %.Ist Diabetes heilbar durch bariatrische Chirurgie? Die klare Antwort muss lauten: Nein, aberInsofern ist die bariatrische Chirurgie in Form von Roux-en-Y Gastric Bypass (RYGB), Laparoscopic Sleeve Gastrectomy (LSG) und den neueren Verfahren wie Omega Loop Bypass („Mini-Bypass“) oder biliopankreatische Diversion (BPD) eine wirkungsvolle therapeutische Option in der Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 und verringert offenbar auch das Risiko des Auftretens von mikrovaskulären Diabetesfolgekomplikationen. Je früher im Krankheitsverlauf die bariatrische Chirurgie SSherangezogen wird, desto effektiver scheinen diese Verfahren zu sein.Welche der Operationen für Patienten mit Typ-2-Diabetes am besten geeignet ist, ist derzeit nicht definitiv entschieden. Der RYGB scheint etwas effektiver zu sein. Die Verfahren der bariatrischen Chirurgie gehören in das Spektrum der differenzialtherapeutischen Überlegungen insbesondere bei adipösen Patienten mit Typ-2-Diabetes mit einem BMI > 35 kg/m².Die Mechanismen der Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage durch bariatrische Operationen werden anhand der aktuellen Literatur detailliert beschrieben. Die Indikationen, Kontraindikationen, Komplikationen und Therapiealgorithmen der bariatrischen Chirurgie bei Typ-2-Diabetes sind in den entsprechenden Leitlinien ausführlich dargestellt und nicht Gegenstand dieser Publikation.


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