Ist eine Aktivierung von Mikrogliazellen von pathophysiologischer Bedeutung?
ZusammenfassungStörungen des Immunsystems wurden bei Patienten mit Schizophrenie und depressiven Störungen beschrieben. Dazu gehört eine gesteigerte numerische Dichte von Mikrogliazellen in bestimmten Hirnarealen – neben leichtgradig vermehrten Monozytenzahlen und einer erhöhten Konzentration proinflammatorischer Zytokine im peripheren Blut. Interessanterweise wurden ähnliche Veränderungen des Immunsystems bei Suizid-Patienten beobachtet – unabhängig von ihrer zugrunde liegenden psychiatrischen Diagnose. Diese Übersichtsarbeit fasst wichtige Daten aus Studien zusammen, die peripheres Blut, Liquor cerebrospinalis und humanes Hirngewebe (Post-mortem-Histologie und In-vivo-Positronenemissionstomografie) untersucht haben, um das mononukleäre Phagozytensystem (MPS) bei diesen psychisch kranken Patienten zu bewerten. Wir diskutieren, ob die Ergebnisse eher dafür sprechen, dass Mikrogliose und eine Aktivierung des MPS mit der Akuität bzw. einem besonderen Schweregrad der Erkrankung verknüpft sind, oder ob sie auf eine eigenständige Neurobiologie der Suizidalität hinweisen. Dabei ist zu bedenken, dass sich pathophysiologische Mechanismen im langfristigen Verlauf von psychiatrischen Erkrankungen ändern könnten. Möglicherweise spielen also bei neu erkrankten andere Immunmechanismen als bei chronisch kranken Patienten eine Rolle.