Gedächtnisambulanzen in Deutschland – strukturell-organisatorische Voraussetzungen und Aufgabenfelder
Zusammenfassung Hintergrund Gedächtnisambulanzen (GA) sind auf (Differenzial‑)Diagnostik, Therapie, Aufklärung, Management und Beratung von kognitiven Störungen im Alter und deren Risikostadien spezialisierte Einrichtungen. In der Praxis haben sie sehr unterschiedliche Organisationsformen. Aufgrund der wachsenden diagnostischen Möglichkeiten bei neurodegenerativen Erkrankungen, dem steigenden Bedarf an Früherkennung und Prädiktion sowie absehbaren neuen diagnostischen Verfahren und krankheitsmodifizierenden Therapien ist eine Vereinheitlichung der strukturellen Voraussetzungen und Aufgabenbereiche für GA sinnvoll. Ziel der Arbeit Der Artikel macht Vorschläge für strukturelle und organisatorische Voraussetzungen, Aufgaben sowie einheitliche Arbeitsweisen von GA in Deutschland. Methoden Expertenkonsens von Psychiatern, Neurologen und Geriatern aus universitären und außeruniversitären Einrichtungen. Ergebnisse Gedächtnisambulanzen sollen den Facharztstandard für Psychiatrie und/oder Neurologie vorhalten und sich in ihrer Arbeitsweise bez. (Differenzial‑)Diagnostik und Therapie von Demenzen eng an der S3-Leitlinie (S3LL-)Demenz orientieren. In Bezug auf Früherkennung und Prädiktion neurodegenerativer Erkrankungen gehen sie über die S3LL-Demenz hinaus. So werden leichte kognitive Störungen (MCI) als Risiko- oder auch Prodromalstadien neurodegenerativer Demenzen verstanden und Biomarker regelhaft für eine ätiologische (Früh- und Differenzial‑)Diagnostik eingesetzt. Es soll eine enge Vernetzung mit den diagnostischen Fachdisziplinen bestehen. Ferner sollen sie Beratung zu sozialen und rechtlichen Fragen sowie Angehörigenberatung anbieten. Aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung sollen durch sie frühzeitig in die Versorgung integriert werden. GA sind damit regionale Expertenzentren. Diskussion Gedächtnisambulanzen implementieren den evidenzbasierten Standard in Diagnostik und Therapie in die klinische Versorgung von Patienten mit kognitiven Störungen im Alter. Zusätzlich führen sie diagnostische und therapeutische Innovationen in die Versorgung dieser Patienten ein. Ihre Rolle in der Regelversorgung muss gestärkt werden, wobei auch Finanzierungsfragen geklärt werden müssen, da die derzeitigen Finanzierungsmodelle in der Regel nicht kostendeckend sind.