Die diagnostische und prädiktive Bedeutung von Kit (CD117)

2006 ◽  
Vol 63 (4) ◽  
pp. 273-278 ◽  
Author(s):  
Dirnhofer ◽  
Zimpfer ◽  
Went

CD117 (Kit) ist eine transmembrane Tyrosinkinase. Es ist ein klassischer Wachstumsfaktorrezeptor und bindet spezifisch den sogenannten Stammzellfaktor (auch Kit-Ligand oder Mastzellwachstumsfaktor genannt). Kit wird physiologischerweise in hämatopoetischen Stammzellen, Keimzellen der Gonaden, den interstitiellen Zellen von Cajal (intestinale Schrittmacherzellen) und Mastzellen sowie Melanozyten exprimiert. Die Kit-mediierte Signaltransduktion reguliert Proliferation, Differenzierung und Apoptose und spielt eine Rolle bei der Gametogenese, Hämatopoiese, Mastzellentwicklung, Melanogenese und Entwicklung der Cajalzellen. Von herausragender diagnostischer Bedeutung ist der Nachweis einer CD117-Expression bei den gastrointestinalen Stromatumoren (GIST). Ungefähr 95% aller GIST sind immunhistochemisch CD117-positiv. Die überwiegende Mehrzahl aller anderen Sarkome sowie Karzinome und auch Lymphome sind CD117-negativ, sodass dieser Marker eine sehr gute Sensitivität und Spezifität für die Diagnose eines GIST aufweist. Darüber hinaus sind aktivierende Mutationen im Kit-Onkogen von entscheidender pathogenetischer Bedeutung der GIST. 80–85% aller GIST weisen derartige Mutationen auf. Da mit dem Medikament Imatinib (Glivec®) ein spezifischer Tyrosinkinase-Hemmer zur Verfügung steht, ist der Nachweis beziehungsweise die Lokalisation einer spezifischen Mutation auch der wichtigste prädiktive Faktor. Neben GIST sind systemische Mastozytosen sowie Seminome am häufigsten CD117-positiv. Diese Neoplasien weisen allerdings Mutationen in anderen Exons des Kit-Gens als GIST auf und sind nur teilweise Imatinib-sensitiv. Die CD117-Expression ist aber nicht spezifisch für diese Entitäten. Andere maligne Tumore, vor allem adenoid-zystische Karzinome, Tymuskarzinome und Melanome können das Protein ebenfalls exprimieren. Ganz selten gilt dies auch noch für andere Entitäten. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Fälle liegt aber eine Wild-Typ Kit-Gen-Konfiguration vor und damit fehlt die molekulare Basis für eine erfolgreiche Imatinib-Therapie. Der reine immunhistochemische Nachweis einer CD117-Expression stellt also – mit Ausnahme des GIST – keine verlässliche therapeutische Grundlage dar. Der molekular-pathologische Nachweis der CD117-Expression und des Mutationsstatus bei GIST (und anderen Tumoren) bringt geradezu paradigmatisch die Bedeutung moderner molekularer Diagnostik im Zeitalter der zielgerichteten, individualisierten Therapie zum Ausdruck.

2006 ◽  
Vol 63 (5) ◽  
pp. 333-337
Author(s):  
Weber

Das kolorektale Karzinom (KRK) ist die dritthäufigste Tumorerkrankung in den industrialisierten Ländern. Mortalität und Inzidenz des Kolonkarzinoms können durch Screeningverfahren effektiv gesenkt werden. Vor dem Screening muss der Risikostatus des Patienten erfasst werden. Für Personen ohne Risikofaktoren ist ein KRK-Screening ab dem 50. Lebensjahr sinnvoll. Abhängig von der individuellen Situation des Patienten sind mehrere Screeningverfahren möglich. Die vollständige Koloskopie bietet die höchste Sensitivität und Spezifität zur Detektion von Adenomen und Karzinomen im Colon und sollte daher primär angeboten werden. Alternativ sind die Sigmoidoskopie und der Test auf okkultes Blut möglich. Trotz vielversprechender Entwicklungen auf dem Gebiet der Schnittbildverfahren kann die virtuelle Koloskopie aktuell nicht zum Screening empfohlen werden.


2012 ◽  
Vol 69 (7) ◽  
pp. 394-400 ◽  
Author(s):  
Odermatt ◽  
Furrer

Zufällig entdeckte solitäre Lungenrundherde (Solitary pulmonary nodule, SPN) nehmen aufgrund des vermehrten Einsatzes von hochauflösenden CTs zu. Sie werden definiert als bis zu 3cm große Verdichtungen ohne Hinweise auf vergrößerte Lymphknoten. Radiologische Morphologiekriterien und Wachstumsdynamik sowie das Patientenrisikoprofil (Alter, Raucheranamnese, Malignomanamnese) dienen zur Einteilung des Malignomrisikos in gering, mittel oder hoch. Bei geringer Malignitätswahrscheinlichkeit wird der SPN beobachtet. Bei mittlerer Malignitätswahrscheinlichkeit wird eine transthorakale oder bronchoskopische Biopsie empfohlen. Diese ist aber nur aussagekräftig, wenn eine maligne oder eindeutig benigne Entität diagnostiziert wird. In allen anderen Fällen bleibt der SPN undeterminiert und die chirurgische Resektion ist angezeigt. Zunehmend wird bei mittlerem Malignitätsrisiko oder Patienten mit hohem Operationsrisiko das FDG-PET zur Bestimmung der Vortest-Wahrscheinlichkeit eingesetzt. Die Sensitivität ist etwa 80%. SPN mit hoher Malignitätswahrscheinlichkeit werden primär reseziert. Die chirurgische Resektion gilt als Goldstandard mit Sensitivität und Spezifität von praktisch 100%. Im Falle von Metastasen ist die Exzisionsbiopsie therapeutisch. Als chirurgisches Verfahren hat sich die videoassistierte thorakoskopische (VATS) Keilexzision etabliert. Hierfür geeignet sind periphere Herde von 1 - 2 cm Größe, die nicht tiefer als ihr Eigendurchmesser im Lungenparenchym liegen. Konzeptionell ist im Falle eines intraoperativ nachgewiesenen nicht-kleinzelligen Bronchuskarzinoms (NSCLC) die zweizeitige oder einzeitige Operation möglich. Beim einzeitigen Verfahren wird Diagnostik und onkologische Resektion in der gleichen Operation durchgeführt. Aufgrund der meist vorliegenden Frühstadien kann die Lobektomie videoassistiert erfolgen. Die diagnostische Thorakotomie mit offener Biopsie ist selten zur Klärung der Diagnose nötig. Zur Planung einer effizienten und individuellen Abklärung ist ein interdisziplinärer Approach essentiell.


2013 ◽  
Vol 61 (2) ◽  
pp. 121-125 ◽  
Author(s):  
Julia-Katharina Rißling ◽  
Hans-Christian Waldmann ◽  
Franz Petermann

Für die Einleitung von Förder- oder Therapiemaßnahmen bei Sprachentwicklungsstörungen ist eine zuverlässige Diagnostik zentral. Im Rahmen der vorliegenden Studie soll untersucht werden, inwiefern der Sprachstandserhebungstests für Kinder im Alter zwischen 5 und 10 Jahren (SET 5–10) die Identifikation von sprachauffälligen und sprachunauffälligen Kindern ermöglicht. Hierfür wurden N = 100 sprachauffällige und sprachunauffällige Kinder zwischen 7 und 10 Jahren in einer Fall-Kontroll-Studie mit dem SET 5–10 überprüft. Aus der Kreuzklassifikation wurden diagnostisch bzw. prognostisch relevante Gütemaße wie Sensitivität, Spezifität und prädiktive Werte der sprachlichen Untertests des Verfahrens bestimmt. Die Ergebnisse zeigen je nach Untertest eine Sensitivität zwischen 0,66 bis 0,96 und eine Spezifität zwischen 0,84 bis 0,96. Positive Indizierungen mit dem SET 5–10 sind mit Wahrscheinlichkeiten zwischen 85 und 96 % korrekt (prädiktive Werte). Die Ergebnisse geben einen ersten Hinweis darauf, dass in der Altersgruppe 7 bis 10 Jahre sprachauffällige und unauffällige Kinder mit dem SET 5–10 identifiziert werden können.


Praxis ◽  
2017 ◽  
Vol 106 (18) ◽  
pp. 983-989
Author(s):  
Wilhard Kottmann ◽  
Réka Veress

Zusammenfassung. Das Belastungs-EKG ist zur Erfassung einer Myokardischämie und der Leistungsfähigkeit das am weitesten verbreitete Standardverfahren in Klinik und Praxis der Kardiologie und zählt nach wie vor zu den wichtigsten Funktionsuntersuchungen des Herz-Kreislauf-Systems. Ein Belastungs-EKG sollte symptomlimitiert durchgeführt werden und ca. 10 min dauern, damit eine hohe Leistung mit möglichst hohem Doppelprodukt und damit eine möglichst hohe Aussagekraft des Tests bezüglich Ischämie und Prognose erreicht wird. Sollarbeitskapazität und Herzfrequenz sind als Abbruchkriterien nicht geeignet. Verbesserte Interpretationsmöglichkeiten durch Einbeziehung neuer Variablen (Hyper-Q) können die Diagnosegenauigkeit bei Patienten mit mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit erhöhen. Trotz hochentwickelter bildgebender Verfahren mit grösserer Sensitivität und Spezifität bleibt ein korrekt durchgeführtes Belastungs-EKG aufgrund der ubiquitären Verfügbarkeit und des guten Kosten-Nutzen-Verhältnisses ein fester Bestandteil der Basisdiagnostik.


Author(s):  
Fred Rist ◽  
Ralf Demmel ◽  
Ulfert Hapke ◽  
Georg Kremer ◽  
Hans-Jürgen Rumpf

<B>Ziele:</B> Formulierung evidenzbasierter Leitlinien, die Screening und Kurzintervention im Rahmen der medizinischen Basisversorgung erleichtern sollen. </P><P> <B>Methode:</B> Literaturrecherche in der Datenbank MEDLINE und Auswertung der seit 1995 publizierten Studien. </P><P> </B>Ergebnisse:</B> <OL><LI>Screening: Sensitivität und Spezifität einfacher »Paper and Pencil«-Verfahren sind in der Regel höher als die herkömmlicher biochemischer Marker. <LI>Intervention: Eine minimale Intervention kann zahlreiche Patienten veranlassen, den Konsum von Alkohol zu reduzieren. Kurzinterventionen sind in hohem Maße kosteneffizient.</OL> </P><P> <B>Schlussfolgerungen:</B> Vor dem Hintergrund der vorliegenden Literatur erscheint die Implementierung sekundärpräventiver Maßnahmen gerechtfertigt.


2002 ◽  
Vol 31 (1) ◽  
pp. 22-30 ◽  
Author(s):  
R.-D. Stieglitz ◽  
E. Nyberg ◽  
M. Albert ◽  
U. Frommberger ◽  
M. Berger

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Verkehrsunfälle stellen häufige Ereignisse dar, die von Personen als Trauma erlebt werden können. Oft weisen die Verletzten eine Reihe psychischer Symptome auf, die meist jedoch vorübergehend sind. Eine Minderheit entwikkelt jedoch psychische Störungen, vor allem eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTB). Fragestellung: Entwicklung eines Screeningfragebogens zur Identifizierung von Patienten mit dem Risiko der Entwicklung einer PTB oder dem subsyndromalen Bild einer PTB. Methode: Einer Stichprobe von 182 Unfallpatienten wurde kurz nach dem Unfall verschiedene Selbstbeurteilungsverfahren vorgelegt. Nach 6 Monaten wurde untersucht, welche Patienten innerhalb dieser Zeit eine PTB resp. ein subsyndromales Bild einer PTB entwickelten hatten. Diejenigen Items, die am besten zur Trennung dieser Patienten von den anderen Patienten beitrugen, wurden zu einem Screeningfragebogen zusammengestellt. Ergebnisse: Es konnte ein aus 10 Items bestehender Screeningfragebogen entwickelt werden. Erste psychometrische Analysen im Hinblick auf Sensitivität und Spezifität sowie Reliabilität und Validität können als günstig angesehen werden. Schlußfolgerung: Mit dem Screeningfragebogen liegt ein zeitökonomisch einsetzbares Verfahren zur Identifizierung von Risikopatienten für die Entwicklung einer PTB oder einem subsyndromalen Bild einer PTB vor.


2012 ◽  
Vol 41 (1) ◽  
pp. 19-29 ◽  
Author(s):  
Thomas Forkmann ◽  
Maren Böcker ◽  
Markus Wirtz ◽  
Christine Norra ◽  
Siegfried Gauggel

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Vor dem Hintergrund hoher Prävalenzraten für depressive Störungen bei somatisch Erkrankten sowie artifizieller Effekte bei wiederholten Messungen wurde das Rasch-basierte Depressionsscreening (DESC) entwickelt. Fragestellung: Der Entwicklungs-, Validierungs- und Normierungsprozess des Verfahrens wird zusammengefasst und die Nützlichkeit für die klinische Praxis diskutiert. Methoden: Ausgehend von der Aachener Depressionsitembank ( Forkmann et al., 2009 ) wurde das DESC anhand von N = 333 psychisch/somatisch erkrankten Patienten (Alter M = 43,6 Jahre; 46,2% Frauen) mittels Strukturmodellierung und Rasch-Analyse entwickelt, an verschiedenen klinischen Stichproben überprüft und bevölkerungsrepräsentativ normiert (N = 2 .509). Ergebnisse: Eindimensionalität und Rasch-Modellkonformität der Parallelformen wurden bestätigt und Cut-Off-Werte mit guter Sensitivität und Spezifität bestimmt. Die Paralleltestreliabilität war in allen Stichproben >0.9. Schlussfolgerungen: Mit dem DESC steht ein neues Verfahren mit guten psychometrischen Eigenschaften zur Verfügung, das das Instrumentarium zur Depressionsdiagnostik sinnvoll ergänzt.


Author(s):  
E Chalvatzoulis ◽  
D Cheufou ◽  
M Zahin ◽  
I Kyritsis ◽  
G Weinreich ◽  
...  
Keyword(s):  

2016 ◽  
Vol 35 (02) ◽  
pp. 7-12
Author(s):  
M. Endres ◽  
C. H. Nolte ◽  
J. F. Scheitz

ZusammenfassungKardiales Troponin (cTn) ist aufgrund der hohen Sensitivität und Spezifität für Myokardschädigungen obligater Bestandteil bei der Diagnosestellung eines akuten Myokardinfarktes. Allerdings zeigt ein erhöhtes cTn nicht die Entstehungsmechanismen der Myokardschädigung an. Bereits seit vielen Jahrzehnten ist bekannt, dass es im Rahmen akuter zerebrovaskulärer Ereignisse häufig zu kardialen Komplikationen wie Arrhythmien, kardialer Dysfunktion, autonomer Imbalance, EKG-Veränderungen und zum Anstieg kardialer Biomarker kommen kann. Dies kann im Einzelfall große differenzialdiagnostische Probleme bereiten. Die weite Verbreitung hochsensitiver cTn-Assays, die sehr geringe Mengen cTn nachweisen können, hat diese Situation weiter verschärft. Ziel dieses Übersichtsartikels ist es, die Literatur hinsichtlich Häufigkeit und prognostischer Bedeutung von cTn-Erhöhungen nach Schlaganfall zusammenzufassen, Entstehungsmechanismen von cTn-Erhöhungen nach Schlaganfall zu erläutern und dem Kliniker Hinweise für die Interpretation und den Umgang mit pathologischen cTn-Werten zu geben.


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