Erziehungstraining für Eltern mit einer psychischen Erkrankung – eine Pilotstudie

2013 ◽  
Vol 42 (2) ◽  
pp. 118-126 ◽  
Author(s):  
Olga Propp ◽  
Miriam Müller ◽  
Sören Kliem

Theoretischer Hintergrund: Psychische Störungen der Eltern stellen einen Risikofaktor für kindliche emotionale und Verhaltensstörungen dar. Durch evidenzbasierte Erziehungstrainings und eine alters- und entwicklungsadäquate Informationsvermittlung über die Erkrankung des psychisch kranken Elternteils kann Einfluss auf die kindliche Entwicklung und die elterliche Psychopathologie genommen werden. Fragestellung: Ziel dieser Pilotstudie ist die Untersuchung der Umsetzbarkeit und Akzeptanz eines erweiterten, verhaltenstherapeutisch basierten Erziehungstrainings für Eltern mit einer psychischen Störung. Methode: Im Rahmen eines Pilotprojektes der Stadt Wolfsburg nahm eine Stichprobe von 12 psychisch kranken Eltern an dem Triple P-Gruppentraining der Ebene 4, welches um eine zusätzliche Sitzung mit psychoedukativen Elementen zur altersangemessenen Krankheitsinformation der Kinder erweitert wurde, teil. Ergebnisse: Die Ergebnisse liefern einen ersten Hinweis für die positiven Auswirkungen auf die erzieherischen Fähigkeiten der Eltern und deren Lebenszufriedenheit. Die Symptombelastung der Eltern sowie die Verhaltens- und emotionalen Probleme der Kinder nahmen tendenziell ab. Die zusätzliche Sitzung befähigte die Eltern dazu, vermehrt über ihre Behandlung, nicht aber die psychische Erkrankung, zu sprechen. Schlussfolgerungen: Die vorliegende Pilotstudie verdeutlicht die Machbarkeit und Akzeptanz des Elterntrainings seitens der psychisch kranken Eltern und sensibilisiert für das Thema psychischer Erkrankung und Elternschaft. Nach dieser Pilotierung muss anhand einer randomisierten, kontrollierten Studie die Wirksamkeit des zielgruppenspezifisch angepassten Elterntrainings geprüft werden.

Author(s):  
Peter Brieger ◽  
Susanne Menzel ◽  
Johannes Hamann

ZusammenfassungDie Aussage, dass Suizide zu 90 % Folge psychischer Erkrankungen sind, wird häufig in der wissenschaftlichen Literatur zitiert. Neuere Analysen und Kommentare ziehen das aber in Zweifel und betonen die Notwendigkeit, vielfältigere Ursachen für Suizidereignisse zu beachten, auch um die Prävention von Suiziden nicht auf das Erkennen und Behandeln psychischer Erkrankungen zu reduzieren. Das Ziel dieser Übersichtsarbeit ist die Darstellung und Bewertung wichtiger empirischer Befunde zu der Frage, ob die Rolle psychischer Störungen beim Suizid überbewertet wird.Psychische Störungen erhöhen das Risiko eines Suizides um das bis zu 30- bis 50-Fache gegenüber der Allgemeinbevölkerung, dennoch wird dadurch nur ein Teil aller Suizide erklärt. Aus Beobachtungs- und Therapiestudien ergeben sich deutliche Hinweise, dass psychische Störungen nur ein Faktor unter mehreren sind, die zu Suizid führen. Eine Rolle spielen beispielsweise auch Beziehungsprobleme, Substanzmissbrauch, Belastungen durch schwere körperliche Erkrankungen, akute Krisen im Beruf, Probleme mit Finanzen und juristische Belastungen.Suizidales Verhalten weist auf eine tiefe Unzufriedenheit hin, aber nicht notwendigerweise auf eine psychische Erkrankung. Viele Menschen mit einer psychischen Erkrankung zeigen kein suizidales Verhalten und nicht alle Menschen, die sich ihr Leben nehmen, haben eine psychische Erkrankung. Diese Erkenntnisse haben erhebliche Konsequenzen für die universale und indizierte Prävention von Suiziden.


Author(s):  
Marisa Schnatschmidt ◽  
Angelika Schlarb

Zusammenfassung. Schlafprobleme und -störungen sind in Kindheit und Jugendalter weitverbreitet. Dieser Review beleuchtet den Zusammenhang zwischen Schlafproblemen und psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Schlafprobleme und -störungen gelten zum einen als Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Störungen, aber auch als Symptom und Auswirkung psychischer Störungen. Oft stehen Schlafverhalten und Psychopathologie in einer Wechselwirkung, sodass Schlafprobleme zur Intensität und Aufrechterhaltung psychischer Störungen beitragen. Dieser bidirektionale Zusammenhang ist sowohl in der frühen Kindheit als auch im Schulalter und bei Jugendlichen zu beobachten. Viele Studien konnten zeigen, dass es einen langfristigen Zusammenhang über die kindliche Entwicklung hinweg gibt. Sowohl Umweltfaktoren als auch genetische Faktoren scheinen bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung dieses Zusammenhangs eine Rolle zu spielen. Diverse Forschungsergebnisse zeigen, dass die Behandlung von psychischen Störungen und die Behandlung von Schlafproblemen sich wechselseitig positiv beeinflussen. Daher ist die Berücksichtigung von Schlafproblemen in der Diagnostik und Behandlung, aber auch in der Prävention von psychischen Störungen dringend anzuraten.


2016 ◽  
Vol 45 (2) ◽  
pp. 109-120 ◽  
Author(s):  
Seraina Locher ◽  
Stephanie Hefti ◽  
Alain Di Gallo ◽  
Binia Roth ◽  
Marc Schmid

Zusammenfassung. Hintergrund: Eine psychische Erkrankung eines Elternteils sowie eine niedrige Paarzufriedenheit der Eltern sind psychosoziale Risikofaktoren für eine gesunde kindliche Entwicklung. Diese psychosozialen Risikofaktoren treten in Familien häufig gleichzeitig auf und akkumulieren sich. Fragestellung: In einer Stichprobe mit einem psychisch kranken Elternteil (N = 63) und in einer nicht-klinischen Vergleichsstichprobe (N = 342) wurden die Zusammenhänge zwischen der Paarzufriedenheit und der psychischen Belastung der Eltern und den Verhaltens- und Bindungsauffälligkeiten des Kindes untersucht. Methode: Die Paarzufriedenheit (Quality of Marriage Index QMI) und die psychische Belastung der Eltern (Brief Symptom Inventory BSI) wurden im Selbsturteil erhoben. Die Verhaltens- und Bindungsauffälligkeiten des Kindes (Child Behavior Checklist CBCL/4 – 18, Relationship Problems Questionnaire RPQ) wurden durch einen Elternteil beurteilt. Ergebnisse: Psychisch kranke Eltern wiesen eine deutlich niedrigere Paarzufriedenheit auf als Eltern aus der nicht-klinischen Vergleichsstichprobe. Die Paarzufriedenheit der Eltern hing in beiden Stichproben signifikant mit den Verhaltensauffälligkeiten des Kindes zusammen. Dieser Zusammenhang verschwand, wenn die elterliche psychische Belastung als Kontrollvariable berücksichtigt wurde. Zwischen der Paarzufriedenheit der Eltern und den Bindungsauffälligkeiten des Kindes bestand in beiden Stichproben kein Zusammenhang. Die Paarzufriedenheit der Eltern wirkte nicht als Mediator zwischen der psychischen Belastung der Eltern und den Verhaltens- und Bindungsauffälligkeiten des Kindes. Schlussfolgerung: In der Behandlung psychisch kranker Eltern sollten gezielte familienzentrierte Interventionen frühzeitig berücksichtigt werden.


2015 ◽  
Vol 63 (4) ◽  
pp. 247-253
Author(s):  
Maria Theobald ◽  
Gisa Aschersleben ◽  
Julia Karbach ◽  
Reiner Hasmann ◽  
Norbert Karpinski ◽  
...  

Zusammenfassung. Kinder mit Behinderungen weisen ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen auf. Stepping Stones Triple P (SSTP) bietet einen verhaltenstherapeutisch orientierten Ansatz für Eltern behinderter Kinder. Die Studie überprüft die Effekte von SSTP in einer deutschen Stichprobe. Die Befragung von 54 Elternteilen ergab eine signifikante Verbesserung des kindlichen Verhaltens, der elterlichen Selbstwirksamkeit und eine verbesserte Selbstständigkeit der Kinder infolge des Trainings, wobei die Effekte über drei Monate stabil blieben. Die Behandlungszufriedenheit der Eltern konnte signifikant durch die elterliche Regulierung vorhergesagt werden, während die Selbstwirksamkeit der Eltern, die Erwerbstätigkeit und das Bildungsniveau der Eltern keine signifikanten Varianzanteile aufklären konnten. Die Studie konnte zeigen, dass sich die Selbstständigkeit der Kinder durch SSTP verbessert. Um die Behandlungszufriedenheit der Eltern zu gewährleisten ist eine Verbesserung der elterlichen Stressregulation vor Trainingsbeginn sinnvoll.


Author(s):  
Max Supke ◽  
Wolfgang Schulz ◽  
Kurt Hahlweg

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Die Beziehungsqualität (BQ) zwischen den Eltern und deren Allianz in der Elternrolle (Coparenting [CP]) zählen zu den wichtigsten familiären Schutzfaktoren für die kindliche Entwicklung. Fragestellung: Wie hoch ist die Stabilität der BQ und des CPs über den Verlauf von zehn Jahren mit sechs Messzeitpunkten und inwiefern hängen beide Konstrukte zusammen? Sagen die BQ und das CP psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter voraus? Methode: Die Daten von N = 219 zum ersten Messzeitpunkt verheirateten bzw. zusammenlebenden Familien mit einem Kindergartenkind wurden längsschnittlich ausgewertet. Ergebnisse: Die Stabilität der BQ ( rMütter = .71; rVäter = .75) und des CPs ( rM = .67; rV = .71) sowie die BQ*CP Interkorrelation ( rM = -.60; rV = -.57) über den Verlauf von zehn Jahren sind als hoch zu bewerten. Insbesondere CP sagte psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter voraus (β = .16 – .45). Diskussion: Aufgrund der Stabilität der beiden Konstrukte könnten frühzeitige Interventionen mit langfristigen positiven Effekten assoziiert sein.


2021 ◽  
Author(s):  
Juliane van Staa ◽  
Ilona Renner

Zusammenfassung Hintergrund Eine gelingende Unterstützung von Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil bedarf eines vertieften Verständnisses darüber, wie eine psychische Erkrankung die Ausübung der Elternrolle beeinflussen kann. Hierfür werden diese Familien aus zwei Perspektiven betrachtet: aus der Perspektive von psychisch erkrankten Müttern und aus der Perspektive von Kinderärztinnen und -ärzten. Datengrundlage Datenbasis für die Müttersicht ist die „Erreichbarkeitsstudie“ des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH), die 123 Tiefeninterviews mit Müttern zum Familienalltag und zu Unterstützungsbedarfen umfasst. Für die Ärztesicht werden Daten aus dem „ZuFa-Monitoring“ des NZFH ausgewertet, in der bundesweit repräsentativ 815 niedergelassene Kinderärztinnen und -ärzte zur Versorgung psychosozial belasteter Familien befragt wurden. Ergebnisse Eltern mit Anzeichen einer psychischen Erkrankung zeigen übereinstimmend aus Mütter- und Ärztesicht erhöhte elterliche Belastungen und Einschränkungen in den Bereichen Elternkompetenzen, Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse und Impulsivität, die sich nachteilig auf die kindliche Entwicklung auswirken können. Schlussfolgerung Aus den Erkenntnissen werden Implikationen für die Praxis abgeleitet. Das Wissen um spezifische elterliche Belastungen kann von Fachkräften Früher Hilfen genutzt werden, um psychisch erkrankte Eltern passgenau bei der Ausübung ihrer Elternrolle zu unterstützen. In der psychotherapeutischen und psychiatrischen Praxis kann das Wissen helfen, betroffene Eltern zur Annahme geeigneter familienunterstützender Angebote zu motivieren.


2001 ◽  
Vol 12 (4) ◽  
pp. 336-349 ◽  
Author(s):  
U. Müller

Zusammenfassung: Emotionale Störungen sind häufige und klinisch bedeutsame Folgeerscheinungen nach erworbener Hirnschädigung. In den letzten Jahren sind zahlreiche Original- und Übersichtsarbeiten zu epidemiologischen, pathophysiologischen und therapeutischen Aspekten neuro-psychiatrischer Störungen erschienen. Ausgehend von diagnostischen Überlegungen gibt die vorliegende Arbeit eine aktuelle Übersicht zur Pharmakotherapie von Depressionen, emotionaler Instabilität (pathologisches Weinen), organischer Manie (bipolarer Störung), Angststörungen und Antriebsstörungen (Apathie). Patienten mit Schlaganfall und traumatischer Hirnschädigung stehen im Mittelpunkt, so wie in der Forschungs- und Lehrbuch-Literatur. Psychische Störungen bei neurodegenerativen und systemischen Erkrankungen des Gehirns werden nur am Rande erwähnt. Ausführlich werden differentielle Indikationen und Nebenwirkungen neuartiger Antidepressiva diskutiert. Ausblickend werden innovative Therapiestrategien wie CRH-Antagonisten und die präventive Behandlung mit Antidepressiva vorgestellt.


2000 ◽  
Vol 57 (2) ◽  
pp. 59-61
Author(s):  
Schöpf

Eingangs wird die Wichtigkeit betont, Depressionen in der klinischen Praxis festzustellen. Der Autor weist auf die moderne Diagnostik mit operationalisierten Kriterien hin und zeigt Schwierigkeiten auf, die sich bei der Diagnosestellung ergeben können. Besonders atypische Symptome und komorbide psychische Störungen können dazu führen, daß das depressive Syndrom übersehen wird. Gelegentlich bleibt es unsicher, ob eine Depression vorliegt oder nicht. In solchen Fällen soll man im allgemeinen eine Depressionsbehandlung versuchen.


2014 ◽  
Vol 71 (10) ◽  
pp. 609-616
Author(s):  
Dieter Hofer ◽  
Franziska Wenger ◽  
Markus Kohler ◽  
Markus Badertscher

Abhängigkeitserkrankungen weisen eine hohe Prävalenz auf und kommen als komorbide Störungen gehäuft sowohl mit anderen psychiatrischen als auch somatischen Krankheiten vor. Sie werden aber leicht „übersehen“, weshalb die Diagnosestellung ein zielgerichtetes Vorgehen erfordert und komorbide psychische Störungen (Affektive- und Angsterkrankungen, Zwangsstörungen, psychotische Erkrankungen sowie ADHS) ausgeschlossen werden sollten. Bei schwerer, meist mehrfacher Abhängigkeit und in fortgeschrittenen Krankheitsstadien sind oft mehrere Therapeuten involviert, hier ist eine enge Absprache ausschlaggebend für eine wirksame Therapie. Die Therapeuten werden bei akuten, schweren Intoxikationen oder gravierenden psychosozialen und somatischen Folgeschäden mit der Frage nach fürsorgerischen Maßnahmen konfrontiert. Ärzte müssen in diesen Situationen sorgfältig zwischen therapeutischem Auftrag des Patienten und dem (in einigen Kantonen) im Rahmen einer Fürsorgerischen Unterbringung staatlich delegierten Auftrag unterscheiden. Suchterkrankungen treten im Alter vermehrt auf, werden aber nicht selten „übersehen“ oder bagatellisiert. Aber auch Low-Dose Abhängigkeiten von Beruhigungsmitteln haben eine hohe Komplikationsrate z. B. durch ein erhöhtes Sturzrisiko, weshalb bei Betagten die Verschreibung dieser Substanzen zurückhaltend erfolgen sollte.


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