Tiefe Hirnstimulation beim idiopathischen Parkinson-Syndrom

2021 ◽  
Vol 40 (10) ◽  
pp. 786-793 ◽  
Author(s):  
Robert Pfister ◽  
Walter Demmel

ZUSAMMENFASSUNGIndikationen für die tiefe Hirnstimulation beim idiopathischen Parkinson-Syndrom sind medikamentös therapieresistenter Tremor oder medikamentös nicht ausreichend beherrschbare Wirkfluktuationen, Dyskinesien und schwere Nebenwirkungen der Medikation. Die sorgfältige präoperative Beratung der Patienten bezüglich der realistischen Therapieziele ist wesentlich für die postoperative Therapiezufriedenheit. Tremor sowie alle Off-Phasen-gebundenen motorischen und nicht motorischen Symptome sind der Therapie der tiefen Hirnstimulation gut zugänglich, dagegen sind Symptome, die präoperativ auch im medikamentösen On persistieren (On-Phasen-Freezing, Gleichgewichtsstörungen), durch die tiefe Hirnstimulation nicht zu bessern. Einige vegetative Symptome (Blasenstörungen, Schlafstörungen) können sich bessern, andere (orthostatische Dysregulation) nicht. In der postoperativen Phase können – meist transiente – psychische Störungen wie Depressivität, erhöhte Impulsivität oder Hypomanie auftreten. Die Wirkung der tiefen Hirnstimulation auf die Zielsymptome Rigor, Tremor und Hypokinese hält an, die Progredienz der neurodegenerativen Erkrankung wird aber nicht aufgehalten.

2001 ◽  
Vol 12 (4) ◽  
pp. 336-349 ◽  
Author(s):  
U. Müller

Zusammenfassung: Emotionale Störungen sind häufige und klinisch bedeutsame Folgeerscheinungen nach erworbener Hirnschädigung. In den letzten Jahren sind zahlreiche Original- und Übersichtsarbeiten zu epidemiologischen, pathophysiologischen und therapeutischen Aspekten neuro-psychiatrischer Störungen erschienen. Ausgehend von diagnostischen Überlegungen gibt die vorliegende Arbeit eine aktuelle Übersicht zur Pharmakotherapie von Depressionen, emotionaler Instabilität (pathologisches Weinen), organischer Manie (bipolarer Störung), Angststörungen und Antriebsstörungen (Apathie). Patienten mit Schlaganfall und traumatischer Hirnschädigung stehen im Mittelpunkt, so wie in der Forschungs- und Lehrbuch-Literatur. Psychische Störungen bei neurodegenerativen und systemischen Erkrankungen des Gehirns werden nur am Rande erwähnt. Ausführlich werden differentielle Indikationen und Nebenwirkungen neuartiger Antidepressiva diskutiert. Ausblickend werden innovative Therapiestrategien wie CRH-Antagonisten und die präventive Behandlung mit Antidepressiva vorgestellt.


2000 ◽  
Vol 57 (2) ◽  
pp. 59-61
Author(s):  
Schöpf

Eingangs wird die Wichtigkeit betont, Depressionen in der klinischen Praxis festzustellen. Der Autor weist auf die moderne Diagnostik mit operationalisierten Kriterien hin und zeigt Schwierigkeiten auf, die sich bei der Diagnosestellung ergeben können. Besonders atypische Symptome und komorbide psychische Störungen können dazu führen, daß das depressive Syndrom übersehen wird. Gelegentlich bleibt es unsicher, ob eine Depression vorliegt oder nicht. In solchen Fällen soll man im allgemeinen eine Depressionsbehandlung versuchen.


2018 ◽  
Vol 75 (7) ◽  
pp. 448-454
Author(s):  
Thomas Grunwald ◽  
Judith Kröll

Zusammenfassung. Wenn mit den ersten beiden anfallspräventiven Medikamenten keine Anfallsfreiheit erzielt werden konnte, so ist die Wahrscheinlichkeit, dies mit anderen Medikamenten zu erreichen, nur noch ca. 10 %. Es sollte dann geprüft werden, warum eine Pharmakoresistenz besteht und ob ein epilepsiechirurgischer Eingriff zur Anfallsfreiheit führen kann. Ist eine solche Operation nicht möglich, so können palliative Verfahren wie die Vagus-Nerv-Stimulation (VNS) und die tiefe Hirnstimulation (Deep Brain Stimulation) in eine bessere Anfallskontrolle ermöglichen. Insbesondere bei schweren kindlichen Epilepsien stellt auch die ketogene Diät eine zu erwägende Option dar.


2014 ◽  
Vol 71 (10) ◽  
pp. 609-616
Author(s):  
Dieter Hofer ◽  
Franziska Wenger ◽  
Markus Kohler ◽  
Markus Badertscher

Abhängigkeitserkrankungen weisen eine hohe Prävalenz auf und kommen als komorbide Störungen gehäuft sowohl mit anderen psychiatrischen als auch somatischen Krankheiten vor. Sie werden aber leicht „übersehen“, weshalb die Diagnosestellung ein zielgerichtetes Vorgehen erfordert und komorbide psychische Störungen (Affektive- und Angsterkrankungen, Zwangsstörungen, psychotische Erkrankungen sowie ADHS) ausgeschlossen werden sollten. Bei schwerer, meist mehrfacher Abhängigkeit und in fortgeschrittenen Krankheitsstadien sind oft mehrere Therapeuten involviert, hier ist eine enge Absprache ausschlaggebend für eine wirksame Therapie. Die Therapeuten werden bei akuten, schweren Intoxikationen oder gravierenden psychosozialen und somatischen Folgeschäden mit der Frage nach fürsorgerischen Maßnahmen konfrontiert. Ärzte müssen in diesen Situationen sorgfältig zwischen therapeutischem Auftrag des Patienten und dem (in einigen Kantonen) im Rahmen einer Fürsorgerischen Unterbringung staatlich delegierten Auftrag unterscheiden. Suchterkrankungen treten im Alter vermehrt auf, werden aber nicht selten „übersehen“ oder bagatellisiert. Aber auch Low-Dose Abhängigkeiten von Beruhigungsmitteln haben eine hohe Komplikationsrate z. B. durch ein erhöhtes Sturzrisiko, weshalb bei Betagten die Verschreibung dieser Substanzen zurückhaltend erfolgen sollte.


2013 ◽  
Vol 70 (11) ◽  
pp. 695-702 ◽  
Author(s):  
Dagmar l'Allemand ◽  
Josef Laimbacher

Der Haus- oder Kinderarzt als erste Anlaufstelle kann das Übergewicht rechtzeitig erkennen, und bei Adipositas oder Komorbiditäten eine Therapie durchführen, bzw. Präventionsmaßnahmen einleiten. Übergewichts-Interventionen sind vor dem 7. Lebensjahr am effizientesten hinsichtlich kurz- und langfristiger Resultate. Da die Adipositas eine Betreuung der gesamten Familie erfordert, sind enger bzw. wiederkehrender Kontakt mit Kindern und Familie sowie die Wohnortnähe der Behandlung wichtig. Das Ändern von liebgewonnenen Gewohnheiten und des Erziehungsstils stellt die größte Herausforderung an die Eltern. Daher können Techniken der Alkohol- und Tabak-Sucht-Behandlung genutzt werden und Empfehlungen zur Verbesserung des Selbstwertes, der Bewegung sowie des Essverhaltens angeführt werden. Machbare Ziele umfassen zunächst kleine Lebensstiländerungen und Reduktion von Komorbiditäten, wenn eine extreme Adipositas mit BMI über der 99.5 Perzentile oder psychische Störungen bestehen, oder sich innert der ersten 6 Monate abzeichnet, dass die eigenen Ziele nicht erreicht werden können, ist die Weiterleitung an ein spezialisiertes Zentrum zur multiprofessionellen Behandlung indiziert, in der Spezialisten für Ernährung, Bewegung und Psychologie gemeinsam die Therapie des Kindes mit seiner Familie übernehmen. Die Adipositas ist bereits in der Kindheit eine chronische Erkrankung, die eine sehr langfristige Behandlung benötigt und meist bis ins Erwachsenalter andauert.


Author(s):  
Dirk K. Wolter

Zusammenfassung. Zielsetzung: Übersicht über Suchtpotenzial und andere Risiken von Opioidanalgetika im höheren Lebensalter. Methodik: Narrativ review. Literaturrecherche in PubMed (Suchbegriffe: opioid analgesics UND abuse; opioid analgesics UND dependence; opioid analgesics UND addiction; opioid analgesics UND adverse effects; jeweils UND elderly) sowie aktuellen einschlägigen Standardwerken; Auswahl nach altersmedizinischer Relevanz und Aktualität. Ergebnisse: Die Verordnung von Opioidanalgetika (OA) hat in den letzten 25 Jahren massiv zugenommen, die weitaus meisten Verordnungen entfallen auf alte Menschen und Menschen mit chronischen Nicht-Tumorschmerzen (CNTS). Die diagnostischen Kriterien für die Opiatabhängigkeit in ICD-10 und DSM-5 sind für die OA-Behandlung von CNTS ungeeignet. Bei langfristiger OA-Behandlung bei CNTS kann eine spezifische Form von Abhängigkeit entstehen, die nicht mit der illegalen Opiat-(Heroin-)Sucht gleichzusetzen ist. Vorbestehende Suchterkrankungen und andere psychische Störungen sind die wesentlichsten Risikofaktoren. Weitere Nebenwirkungen sind zu beachten. Schmerztherapie bei Suchtkranken stellt eine besondere Herausforderung dar. Schlussfolgerungen: Die Anwendung von OA bei CNTS verlangt eine sorgfältige Indikationsstellung. Die besondere Form der Abhängigkeit von OA ist nicht ausreichend erforscht und wird zu wenig beachtet.


2006 ◽  
Vol 17 (1) ◽  
pp. 7-13
Author(s):  
Sebastian Bodenburg ◽  
Stefanie Koenig

Zusammenfassung. Die Wahrscheinlichkeit, dass psychische Störungen, die durch eine unmittelbare Hirnsubstanzschädigung bedingt sind, gemeinsam mit weiteren psychischen Störungen bei Patienten mit erworbenen Hirnschädigungen auftreten, ist aufgrund der jeweiligen Häufigkeitsraten groá. Es wird eine Patientin vorgestellt, die infolge einer Schädelhirnverletzung an Aufmerksamkeits- und Exekutivfunktionsstörungen litt. Nach Entlassung aus der stationären Behandlung entwickelte die vor dem Unfall psychisch gesunde Patientin Angststörungen und eine Depression, die nicht durch die physikalisch-mechanische Hirnsubstanzschädigung bedingt sein konnten. Die komorbiden psychischen Störungen erforderten nicht nur den Einsatz neuropsychologischer und modifizierter verhaltenstherapeutischer Interventionen, sondern auch den mehrfachen Wechsel beider Interventionsformen während der Behandlung. Es wird dargelegt, dass die Behandlung aus “einer Hand” zu einem erfolgreichen Behandlungsoutcome führte, da erst die Berücksichtigung der durch die physikalisch-mechanische Hirnsubstanzschädigung bedingten psychischen Störungen in der Therapieplanung eine Besserung auch der Ängste und der Depression möglich machte. Gleichzeitig wurde die Auftretenswahrscheinlichkeit von Komplikationen bei dieser besonderen Störungskonstellation vermindert.


2011 ◽  
Vol 22 (3) ◽  
pp. 167-180 ◽  
Author(s):  
Bernd Leplow

Wegen ihrer psychophysiologischen und emotionalen Besonderheiten standen die Primären Dystonien viele Jahrzehnte lang im Spannungsfeld unterschiedlichster medizinischer und psychologischer Ätiologievorstellungen und Therapiestrategien. Inzwischen ist klar, dass es sich um Erkrankungen der Basalganglien handelt, deren Pathophysiologie weit über die rein motorischen Funktionen hinaus wirkt. Dieser Umstand erklärt auch die psychische, psychophysiologische und neuropsychologische Symptomatik, auf die in diesem Beitrag ausführlich eingegangen wird. Aber auch die Behandlungen am somatischen Substrat,wie sie heute durch die Botulinum Toxin Therapie und die „Tiefe Hirnstimulation“ praktiziert werden, bringen eine Vielzahl psychologischer Indikationen mit sich. Das betrifft die Verbesserung der Compliance bei der Botulinum-Behandlung ebenso wie die klinisch-psychologische und neuropsycholigische Diagnostik vor und nach einer Hirnoperation. Zusätzlich wird auf die Möglichkeiten einer Begleitbehandlung mit Hilfe formalisierter Psychotherapie eingegangen.


2018 ◽  
Vol 66 (2) ◽  
pp. 107-117 ◽  
Author(s):  
Miriam Henkel ◽  
Johannes Zimmermann ◽  
Janina Künecke ◽  
Carina Remmers ◽  
Cord Benecke

Zusammenfassung. Als Ergänzung zu deskriptiven Klassifikationssystemen für psychische Störungen hat sich im psychodynamischen Bereich die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD) etabliert. Neben einer Achse zu Krankheitserleben und Behandlungsvoraussetzungen werden auf den Achsen Beziehung, Konflikt und Struktur verschiedene psychodynamische Erklärungsansätze für die Störung eines Patienten 1 erfasst. In diesem Artikel soll gezeigt werden, wie die OPD die deskriptive Diagnose einer Persönlichkeitsstörung anreichern und vertiefen kann. Hierzu werden die OPD-Achsen vorgestellt und Zusammenhänge mit Persönlichkeitsstörungen erläutert. Zudem werden zwei Fallbeispiele beschrieben, die mit denselben drei Persönlichkeitsstörungen nach DSM-IV diagnostiziert wurden, aber unterschiedliche Beziehungsmuster, intrapsychische Konflikte und strukturelle Beeinträchtigungen aufweisen. Auf diese Weise wird der praktische Mehrwert der OPD-Diagnostik für das Verständnis der Störungen sowie für die Indikationsstellung und Behandlungsplanung deutlich.


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